60 ist das neue 40! Warum das Alter nur eine Zahl ist und wie man auch mit über 60 noch in die Form seines Lebens kommen kann, erklärt uns Weltmeister im Bankdrücken, Franz Nerb.
Der Regensburger Franz Nerb hat dieses Jahr in seiner Alters- und Gewichtsklasse innerhalb von vier Wochen drei Titel geholt: Deutscher Meister, Europa- und Weltmeister. Auch oder gerade mit 62 Jahren fühlt er sich fit wie nie. Warum es nie zu spät ist mit Fitness und Kraftsport zu beginnen und wie jeder von uns seinen inneren Schweinehund dauerhaft überwinden und langfristig fit bleiben kann, hat er uns verraten.
Kraftsport als Jungbrunnen?
Jeder wäre gerne fit und gesund und würde ganz nebenbei auch noch gerne danach aussehen. Kraftsport stellt hierbei eine ausgezeichnete Möglichkeit dar, seinen Körper jung und kräftig zu halten – unabhängig vom biologischen Alter. Doch wie oft trainiere ich am besten, spielt Ernährung überhaupt eine so wichtige Rolle und wie ziehe ich meine hart erarbeitete Sportroutine endlich dauerhaft durch?
Sieben Mal die Woche Sport? - Franz Nerb sagt "nein"
Nur wer jeden Tag Sport macht, erhält einen gesunden und trainierten Körper – das denken viele. Doch tatsächlich ist auch ein „Übertrainieren“ des Körpers nicht gesund und kann sich sogar negativ auf den Muskelzuwachs auswirken. Darüber hinaus spielt auch die Regenerationszeit eine tragende Rolle. Diese ist bei jedem Menschen individuell und auch das Alter stellt einen entscheidenden Einflussfaktor dar. Aus diesem Grund trainiert Franz Nerb nur zweimal pro Woche für circa zwei Stunden relativ hart und zielgerichtet. Er macht deutlich: „Obwohl es im Alter schwieriger ist, Muskeln aufzubauen, muss man sich immer an der Regenerationszeit seines Körpers orientieren. Denn ab einem gewissen Alter erholt der Körper sich nicht mehr so schnell von einem harten Training.“ Sein Körper brauche beispielsweise etwa ein halbe Woche, um sich zu regenerieren, während bei einem 30-Jährigen oft schon ein Tag ausreiche. „Der kann dann auch fünf oder sechs Mal pro Woche trainieren“, so Nerb. Aber auch jüngeren Menschen empfiehlt er, nicht öfter als vier Mal pro Woche Kraftsport zu betreiben. Das Ziel solle immer sein, an seine Leistungsgrenze zu gehen, diese aber nicht zu überschreiten, da dies sonst kontraproduktiv wirken und sogar zu einem Leistungsverlust führen könne, erläutert Franz Nerb.
Wie trainiere ich am besten?
Es wird darüber hinaus auch immer wieder diskutiert, welche Wiederholungszahl innerhalb einer Übung ein maximales Muskelwachstum generiert. Fitnessexperten sprechen oft von einem optimalen Wiederholungsbereich von sechs bis zwölf Wiederholungen.
Franz Nerb hingegen ist ein Verfechter vom Fünf-Mal-Fünfer-System. Das bedeutet, dass man fünf Sätze mit jeweils fünf Wiederholungen macht und dabei jedes Mal an sein Limit geht, anstatt zehn oder zwölf Wiederholungen zu machen und dafür mit einem niedrigeren Gewicht zu arbeiten. Er begründet das damit, dass sein Körper so im Wettbewerb schon stärker an ein höheres Gewicht gewöhnt sei, betont aber auch, dass hier jeder unterschiedliche Prioritäten hätte.
Ist die Ernährung wirklich so wichtig für meinen Trainingserfolg?
Die Antwort ist „Ja“. Das Thema Ernährung wird von vielen unterschätzt, spielt aber tatsächlich eine gewaltige Rolle für die Gesundheit und auch den Muskelaufbau. Franz Nerb erläutert hierzu: „Unabhängig davon, ob man Kraftsport oder Fitness macht – für jeden, der auf Muskelaufbau aus ist, ist eine ausreichende Proteinzufuhr unabdingbar. Für einen Mann, der 80 kg aufwärts wiegt, würde ich eine Zufuhr von mindestens 150 Gramm Eiweiß pro Tag empfehlen.“ Unabhängig vom Geschlecht sollte man als Hobby- oder Kraftsportler täglich zwischen 1,5 und 2,3 g Protein pro Kilogramm Körpergewicht zu sich nehmen.
Gemüse und Obst sind essenziell
Zum Frühstück gibt es bei Franz Nerb deshalb immer drei Spiegeleier, Toast und Obst, aber auch die Vitaminaufnahme durch verschiedenes Obst und Gemüse ist für ihn wichtig: „Ich versuche meine Nahrung mit möglichst natürlichen Lebensmitteln abzudecken. Ich tracke auch keine Kalorien – mein (Gewichtheber-)Gürtel ist mein Maß.“
Kein Verbot von Lebensmitteln
Ihm sei es aber trotzdem wichtig, auch noch zu leben, macht Franz Nerb deutlich und stellt klar, dass er nicht immer nur total vernünftig isst: „Ich esse meinen Schweinebraten genauso wie mein, Ganserl‘ zu Weihnachten.“
Insgesamt sollte man aber für optimale Trainingserfolge auf eine möglichst gesunde und auch eiweißbetonte Nahrungszufuhr und wenig Alkohol achten – kann sich aber auch ohne schlechtes Gewissen ab und an etwas Süßes oder eine Pizza gönnen. Wichtig ist, dass der Großteil der Nahrung aus gesunden und unverarbeiteten Lebensmitteln und einer ausreichenden Wasserzufuhr besteht.
Können Supplemente meinen Trainingserfolg unterstützen?
Oft diskutiert ist auch das Thema Nahrungsergänzungsmittel – doch sind diese eine bloße Geldmacherei oder eine wirkliche Unterstützung für Trainingserfolge? Tatsächlich supplementieren viele Protein in Form von Proteinshakes, da beispielsweise das klassische Whey-Protein das gesamte Aminosäurenspektrum abbildet und so den Körper mit gutem Eiweiß versorgt – man spricht hier von einer hohen biologischen Wertigkeit.
Shakes als Ergänzung
Franz Nerb versucht mit möglichst wenigen Nahrungsergänzungen auszukommen. Vor und nach dem Training gehört aber jeweils ein Shake zu seiner Routine: „Ich nehme circa eine halbe Stunde vor dem Training einen Protein Shake, zusammen mit Arginin, Citrullin, Glutamin und Kalzium. Letzteres ist besonders für meine Gelenke und Sehnen wichtig. Und direkt nach dem Training – noch vor dem Duschen – nehme ich einen Eiweiß-Shake zusammen mit Kreatin ein. Und ansonsten trinke ich ab und zu einen Eiweißshake als Nahrungsergänzung.“ Ansonsten versucht er seinen Eiweißbedarf größtenteils durch Nahrung abzudecken, beispielsweise mit Hühnchen oder Pute.
Wie überwinde ich meinen Schweinehund?
Viele beginnen dann auch damit, Sport zu treiben, und sind anfangs hochmotiviert – doch schon nach kurzer Zeit lässt die Begeisterung nach und der innere Schweinehund meldet sich. Die Intervalle zwischen den Fitnessstudiogängen werden länger und die Motivation sinkt. Doch wie kann man dem entgegenwirken und endlich dauerhaft fit und sportlich bleiben?
Training als fester Termin
Wichtig ist laut Franz Nerb, dass man als allererstes eine Sportart findet, die einem Spaß macht – sei es Schwimmen, Radfahren oder eben Kraftsport. Darüber sollte man sich Routinen schaffen, um es sich möglichst leicht zu machen. Legen Sie also am besten bestimmte Tage fest, an denen Sie immer trainieren. Extratipp: Tragen Sie sich diese als feste Termine in den Kalender ein! Auch Franz Nerb unterstreicht: „Trainingserfolg entsteht natürlich auch nur durch eine gewisse Selbstdisziplin, was einem wiederum auch Selbstbewusstsein vermittelt. Ich bin auf jeden Fall voll überzeugt, dass 60 bis 70 Prozent der Wille ausmacht, um dabei zu bleiben!“
Im Interview hat Franz Nerb außerdem beantwortet, warum auch ein Trainingspartner enorm wichtig für Erfolg und Motivation ist und wie er sich mit über 60 nochmal zum Kraftsport motivieren konnte.
Sich langfristig stark und fit fühlen
Franz Nerb erläutert auch, dass es einem – gerade wenn man nicht mehr 20 ist – das Alltagsleben enorm erleichtert und auch mit Stolz erfüllt, im Alter noch so fit zu sein: „Das fängt beim Getränke heimbringen an und hört beim Einsteigen in den Bus auf.“ Zusätzlich fühle man sich einfach jünger und habe weniger Schmerzen, wenn der Körper im Alter stark und trainiert ist. „Und natürlich sieht es auch besser aus, wenn nicht alles runterhängt, wenn man in den Spiegel schaut“, fügt Franz Nerb mit einem Augenzwinkern hinzu.
RNRed