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Deutschlandweit arbeiten die Gesundheitsämter am Limit – so auch in Regensburg. Die hohen Infektionszahlen erschweren das sogenannte Contact Tracing, die Nachverfolgung der Kontakte und damit der Infektionsketten, hinzu kommt – wie im kompletten Gesundheitssystem – eine Personalnot. Anfang November schlugen deshalb mehr als zehn Prozent der bundesweiten Gesundheitsämter Alarm und bekundeten beim Robert-Koch-Institut (RKI) Überbelastung. Wir haben uns mit
Dr. Matthias Pregler, Leiter des Gesundheitsamtes Regensburg, unterhalten und nachgefragt, wie der Alltag für Mitarbeiter aktuell aussieht und ob Kontaktpersonen überhaupt noch vollständig nachverfolgt werden können.

Herr Pregler, die Kontaktverfolgung wird für die Bekämpfung der Corona-Pandemie als unabdingbar empfunden, gleichzeitig kommen deutschlandweit die Gesundheitsämter an ihre Belastungsgrenze. Wie sieht die Kontaktverfolgung am Gesundheitsamt Regensburg aus? Können noch alle Kontakte nachverfolgt werden oder werden Prioritäten gesetzt?
 

Die Arbeitsbelastung des Gesundheitsamtes ist derzeit sehr hoch. Mit großem Einsatz gelingt es noch, die positiv Getesteten zu informieren und deren Kontaktpersonen zu ermitteln und zu kontaktieren. Eine absolut lückenlose Nachverfolgung lässt COVID-19 grundsätzlich nicht zu, da eine Infektiosität schon vor Symptombeginn vorliegt, es typische, aber nicht spezifische Symptome dafür gibt und Überträger auch asymptomatisch sein können. Die Nachverfolgung wird selbstverständlich mit zunehmender Fallzahl schwieriger, selbiges gilt für das Containment als solches.  

Aus Ihren bisherigen Erfahrungen: Wo infizieren sich die meisten Menschen mit dem Corona-Virus? 

Das Infektionsgeschehen hat – wie landes- oder bundesweit auch – flächendeckend zugenommen. Aus Sicht des Gesundheitsamtes sind von wenigen Ausnahmen abgesehen keine grundsätzlichen „Infektions-Hotspots“ auszumachen, in denen es räumlich und institutionell zu einem erhöhten Aufkommen von Ansteckungen kommt. Gelegentlich identifizierte Häufungen von Infektionen stehen im Zusammenhang mit privaten Treffen und Feiern sowie dort, wo viele Menschen ohne ausreichenden Abstand zusammenleben. 

Ab welchem Inzidenzwert hat sich die Lage am Gesundheitsamt besonders verschärft?  

Unabhängig von der Überschreitung eines konkreten Signal- oder Schwellenwertes bei den Inzidenzzahlen muss man sich immer die ganz konkrete Lage anschauen. Aber bei einem Wert von 100 oder mehr wird die Nachverfolgung der einzelnen Kontakte natürlich immer schwerer, weil umfangreicher. Ansonsten gilt: Es wird einfach versucht, mit großem Einsatz und Engagement das hohe Arbeitsaufkommen zu bewältigen.  

Die Gesundheitsämter haben wegen steigender Corona-Fallzahlen nach Mitarbeitern gesucht und suchen noch immer. Welche Anforderungen gibt es an die Bewerber?  

Das Gesundheitsamt Regensburg wurde vom Freistaat mit Mitarbeitern deutlich verstärkt, insbesondere auf Ebene der sogenannten Contact Tracing Teams (CTT, Anm. der Redaktion), die uns enorm unterstützen und hervorragende Arbeit leisten. Leider sind viele davon nur für zwei bis drei Wochen abgestellt und kehren dann wieder an ihre ursprüngliche Dienststelle zurück. Notwendig wären außerdem auch mehr Fachkräfte, vor allem im praktischen Infektionsschutz erfahrene Ärzte, Fachärzte für Öffentliches Gesundheitswesen und Hygienekontrolleure, die aber aktuell auf dem Markt nicht zur Verfügung stehen.   

Wie viele Menschen arbeiten aktuell am Gesundheitsamt und wie viele waren es vor der Pandemie und wie sieht aktuell der Tagesablauf eines Mitarbeiters aus?   

Beim Staatlichen Gesundheitsamt Regensburg arbeiten derzeit 77 festangestellte Mitarbeiter und 57 CCT-Kräfte. Von der Stammbelegschaft sind zwölf ebenfalls in der Kontaktverfolgung eingesetzt. Vor der Pandemie waren es 68 Mitarbeiter und keine CTT-Kräfte. 

Die Mitarbeiter erfassen dabei neue Fälle, die per Fax als positives Laborergebnis übermittelt werden, und rufen die positiv getesteten Personen und die Kontaktpersonen an. Auch eine Quarantänezeit wird ermittelt und mitgeteilt. Zu den Aufgaben gehören beispielsweise auch Beratungsgespräche für Schulen, wenn es in einer Klasse eine Positiv-Testung gibt. Grundsätzlich ist der Tagesablauf individuell abhängig vom Einsatzbereich der jeweiligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Gemeinsam ist den Mitarbeitenden, dass alle mit vollem Einsatz ihr Bestes geben – und das schon seit vielen Wochen und Monaten.   

Wie muss man sich eine Kontaktnachverfolgung und die Arbeit eines Corona-Contact-Tracers vorstellen? 

Das wichtigste Arbeitsmittel eines CT-Team-Mitglieds ist das Telefon, um Infektionsketten nachzuverfolgen. Wann hatte der Infizierte erste Krankheitssymptome? Mit wem hatte er ab diesem Zeitpunkt und in den beiden Tagen davor engeren Kontakt? Konkret fragen die Contact Tracer dabei nach Begegnungen, die länger als 15 Minuten gedauert haben, mit einem Abstand von weniger als 1,5 Meter. So werden Kontaktperson ersten Grades ermittelt, die dann ebenso für 14 Tage in Quarantäne müssen wie alle, mit denen ein Infizierter in einem Haushalt lebt. 

Wie reagieren Menschen auf die angeordneten Maßnahmen? Hat sich hier die Stimmung im Laufe der Pandemie verändert?  

Die weit überwiegende Mehrheit verhält sich nach wie vor kooperativ und hält sich auch an die ausgesprochene Quarantäne oder andere Maßnahmen. Bei Hinweisen auf Verstöße wird dem nachgegangen.  

Übernimmt das Gesundheitsamt aktuell auch noch andere Kontrollfunktionen oder dreht sich alles nur noch um das Corona-Virus? 

Mit Ausbruch der Corona-Pandemie wurden einige reguläre Aufgaben des Gesundheitsamtes – zum Beispiel im Gutachten-Bereich oder Begehungen – heruntergefahren. Mit zunehmend rückläufigen Infektionszahlen zu Beginn des Sommers konnten viele der regulären Aufgaben wieder aufgenommen werden, die jedoch aktuell wieder stärker in den Hintergrund treten müssen. Wir haben aber trotz der Pandemie im alten Schuljahr alle Kinder ohne U 9 bei uns im Amt noch vor dem Schuleintritt für das Schuljahr 2020/21 schulärztlich untersuchen können. Wir sind zuversichtlich, dass es uns auch dieses Jahr gelingen wird. 

Was müsste aus Ihrer Sicht getan werden, damit die Fallzahlen wieder sinken und die Mitarbeiter im Gesundheitswesen wieder entlastet werden? 

Unabhängig von den Maßnahmen, die die Politik zur Eindämmung des Infektionsgeschehens trifft, kann jeder einzelne etwas tun – nämlich die grundlegenden Hygienemaßregeln befolgen, die seit Beginn der Pandemie bekannt sind, und nicht notwendige Kontakte so weit als möglich vermeiden.

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