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Die Organspende ist ein Thema, das auch weiterhin zu polarisieren scheint wie seinerseits die Impfpflicht. Warum das so ist, leuchtet nicht ganz ein.

Was, glauben Sie, ist die günstigere Variante einer Nierenersatztherapie: Die Transplantation oder die Dialyse? Je nach Dialyseart betragen die Kosten für eine meist ambulant und regelmäßig durchgeführte Blutwäsche pro Patient rund 40.000 Euro pro Jahr. Laut Krankenkassenangaben kostet zum Beispiel eine Nierentransplantation im Durchschnitt zwischen 50.000 und 65.000 Euro. Die anschließende Nachsorge liegt bei zirka 6.000 bis 12.500 Euro im Jahr. In Deutschland werden jährlich mehr als 2.000 Nieren transplantiert, davon mehr als 600 nach einer Lebendorganspende. Demgegenüber stehen etwa 7.500 Patientinnen und Patienten, die auf eine Nierentransplantation warten. Krankenhäuser melden jährlich etwa 2.600 neue Patientinnen und Patienten, die eine Spenderniere benötigen. Die Wartezeit auf ein postmortal gespendetes Organ beträgt durchschnittlich sechs Jahre. Postmortal, also nach dem offiziell einwandfrei festgestellten Hirntod, können auch die Leber, die Bauchspeicheldrüse, die Lunge und das Herz transplantiert werden. Es leuchtet sicher ein, dass letztgenannte Organe nur schwierig lebend gespendet werden können. Ebenso, dass eine Transplantation dieser Organe ungleichmäßig schwieriger und damit auch kostenintensiver ist.

Laut der Richtlinie für die Regeln zur Feststellung des Todes und die Verfahrensregeln zur Feststellung des endgültigen, nicht behebbaren Ausfalls der Gesamtfunktion des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstamms heißt es: „Mit der Feststellung des endgültigen, nicht behebbaren Ausfalls der Gesamtfunktion des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstamms (irreversibler Hirnfunktionsausfall) ist naturwissenschaftlich-medizinisch der Tod des Menschen festgestellt.“ Dabei müssen die „Ursache und die Schwere der zum Tod führenden Hirnschädigung… zweifelsfrei belegt sein“. Nur in diesem Fall kann einem hirntoten, nicht infektiösen und nicht von bestimmten Krebsarten betroffenem Menschen ein Organ zur Transplantation entnommen werden – sofern er das zu Lebzeiten bei voller Entscheidungsfähigkeit festgelegt hat. Viele wollen sich auch nach dem Tod nicht von unnötigem Ballast trennen: Mit 11,2 Spendern pro eine Million Einwohnern belegt Deutschland im internationalen Vergleich einen der hinteren Plätze. In Spanien sind es im Vergleich 48 Spender pro eine Million Einwohner, was am Ende auch nicht für wesentlich kürzere Wartelisten sorgt.

Zustimmungslösung setzt sich durch

Im Januar wurde die sogenannte „Widerspruchslösung“ für die Organspende, also die jederzeit erlaubte Entnahme bei nicht vorliegendem schriftlich niedergelegtem Widerspruch oder bekanntem entgegenstehendem Willen (z.B. aus weltanschaulich-religiösen Gründen) zu Lebzeiten, diskutiert: Unzulässig wäre eine postmortale Organentnahme nur bei den Menschen gewesen, die nicht in der Lage sind, Wesen, Bedeutung und Tragweite einer Organspende zu erkennen oder bei Jugendlichen unter 16 Jahren. Ein Widerspruch hätte ab dem 14. Lebensjahr, also mit dem Beginn der Religionsmündigkeit, erstmalig abgegeben werden können. Die Umsetzung hätte etwa 375 Millionen Euro Kosten verursacht, die nicht den Krankenkassen, sondern dem Steuerzahler aufgelastet worden wären. Alles in allem keine gute Werbung für eine Sache, der viele Menschen offensichtlich immer noch skeptisch gegenüberstehen. Kein Wunder, dass diese „Lösung“ mit Mehrheit abgelehnt wurde.

Stattdessen setzte sich die sogenannte „Zustimmungslösung“, ein „Gesetz zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende“, durch. Mit dessen Beschluss ändert sich an der bisherigen Praxis nur so viel:

  • Wer erstmalig ab einem Alter von 16 Jahren einen Personalausweis beantragt, ihn verlängern oder sich einen Pass besorgt, soll auf der jeweiligen Behörde über die Möglichkeit der Organspende informiert werden und diesbezüglich Informationsmaterial erhalten.
  • Während eines solchen Behördengangs ist es bald möglich, sich in ein Online-Register zur Spende einzutragen. Dies kann auch von zu Hause aus erfolgen und die Entscheidung, Ja oder Nein, jederzeit wieder korrigiert werden.
  • Die regelmäßige fachliche Aufklärung soll über den Hausarzt erfolgen: Dieser soll im Turnus von etwa zwei Jahren über Organspenden informieren und zum Eintragen ins Register ermuntern. Dabei sollte dies ergebnisoffen vonstattengehen und auch darüber informiert werden, dass es eigentlich keine Pflicht zur Abgabe einer solchen Erklärung gibt.
  • Darüber hinaus sollen bei Erste-Hilfe-Kursen im Rahmen der Führerscheinprüfungen die Basics der Organspende vermittelt werden.
  • Der Organspende-Ausweis bleibt uns erhalten, und dessen Mitführen bleibt bei willigen Spendern weiterhin obligatorisch.

Damit wird sich am gängigen Zulauf und auch an der Umsetzung der Organspende post mortem nicht viel ändern. Schreckensberichte über Patienten, deren Hirntod vermeintlich falsch diagnostiziert wurde und denen dann trotzdem die Organe entnommen wurden, machen immer wieder im Netz die Runde. Natürlich wird dabei bei Berufung auf fragliche Quellen weder auf konkrete Zahlen noch auf eine wissenschaftlich basierte Erklärung der falschen Diagnose eingegangen. Vielmehr könnte man beim Lesen mancher Berichterstatter meinen, die Betroffenen wurden von zehn Leuten niedergerungen, während ein weiterer sich mit dem Dosenöffner an die Organe machte. Allein: Überzeugt sie das?

Und nach einigen Skandalen hält sich auch die Mär vom lukrativen Organhandel tapfer weiter. Kaum lässt ein reicher Scheich oder ein Fürst mal einen sechsstelligen Betrag springen, schon liegt ein frisches Organ am Tisch. Ob das wirklich so einfach ist, nachdem dies eben aufgrund der wenigen, aber schwerwiegenden Entgleisungen stärker reguliert und beobachtet wird? Wohl kaum. Am Ende – und zwar im wahrsten Sinne des Wortes – verweigern viele die postmortale Organentnahme aufgrund von irreführender Information oder eben Misstrauen, und das, obwohl mit Hilfe eines kleinen Kreuzchens einem oft dramatischen und meist unfreiwilligen Frühableben eine kleine positive Note abgewonnen werden kann: einem anderen meist ebenfalls dramatisch und unfreiwillig vom Frühableben bedrohten Menschen eine zweite Chance zu geben. Und allein diese Gewissheit könnte nach reiflicher Überlegung und gründlicher Abwägung des Für und Wider den Zweifel überwiegen.

Ein Gastbeitrag von Dr. Heinz Lehmann

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