Seit die Menschheit sesshaft wurde, geißeln sie die Zivilisation: Infektionskrankheiten. All diese Seuchen sollten uns nicht nur daran erinnern, was die ungehinderte Verbreitung eines neuen Virus anrichten kann, sondern auch vor Augen führen, von welchem Wert Impfungen für die moderne Zivilisation sind. In unserer Serie stellen wir Ihnen jeden Samstag eine Infektionskrankheit vor – heute: Cholera.
Das Auftauchen des Coronavirus SARS-CoV-2 hat die Krone der Schöpfung nicht nur auf seine grundsätzliche Verletzbarkeit zurückgeworfen, vielmehr schafft das Fehlen eines wirksamen Medikaments oder Impfstoffs gegen COVID-19 ähnliche Verhältnisse, wie sie noch vor über 100 Jahren herrschten, als sich Infektionserkrankungen ungehindert durch die Bevölkerung seuchen konnten.
Wir haben ein Lexikon der am meisten gefürchteten Infektionskrankheiten in der Geschichte der Menschheit zusammengestellt und stellen Ihnen jeden Samstag eine vor. Lesen Sie heute mehr zum Thema Cholera.
Cholera
Als Ursprungsort des Erregers der Cholera gilt nach heutigem Stand der Wissenschaft das Delta des Ganges in Indien, wo er in der Vergangenheit immer wieder lokal begrenzte Epidemien verursachte. Die Handelsrouten des britischen Imperialismus haben allerdings dafür gesorgt, dass sich das Erregerbakterium Vibrio cholerea in mehreren Pandemien über den gesamten Erdball verteilte.
Infolge von sechs weltweiten Cholera-Pandemien zwischen 1817 und 1923 starben in Deutschland rund 500.000 Menschen an den Folgen einer Cholera-Infektion. Der letzte große Ausbruch in Hamburg im Jahr 1892 forderte in zehn Wochen über 8.500 Menschenleben. Allein am 27. August 1892 starben 441 Cholera-Kranke. Da Cholera über verunreinigtes Trinkwasser übertragen wird, verschwand die Krankheit mit dem Ausbau der Kanalisationen in Europa abrupt. Heute gilt sie vor allem in Katastrophengebieten als gefürchtete Krankheit.
Verlauf
Die Cholera löst eine akute Entzündung des Darms, insbesondere des Dünndarms, aus. Es kommt zu massiven Durchfällen mit Erbrechen, die binnen kürzester Zeit zu einem lebensgefährlichen Flüssigkeitsmangel führen. Pro Tag verliert ein Betroffener bis zu 20 Liter hochinfektiöser Flüssigkeit, bei der sich die Darmauskleidung der Betroffenen ablöst. Durch die Dehydration verfärben sich die Augen und die Wangen charakteristisch blau, was der Cholera den Namen „Blauer Tod“ einbrachte. Oftmals verläuft die Infektion auch ganz ohne Symptome.
Letalität
Zwischen 20 und 70 Prozent.
Medikation
Hauptziel der Therapie besteht im Ausgleich des horrenden Flüssigkeitsverlusts und dem damit verbundenen Elektrolytmangel. Die Gabe von Antibiotika geschieht nur begleitend. Inzwischen existiert eine effektive Schluckimpfung gegen Cholera.
Verbreitung
In Regionen, in denen Trink- und Abwasser nicht voneinander getrennt sind, treten immer wieder kleinere Cholera-Epidemien auf. Betroffen sind vor allem ärmere Regionen in Südamerika, Afrika und Asien. Auch in Katastrophengebieten verbreitet sich der Erreger sehr schnell. Weltweit infizieren sich heute jährlich zwischen drei und fünf Millionen Menschen mit Cholera – über 100.000 Menschen versterben daran. Der bisher größte bekannte Cholera-Ausbruch in der Geschichte der Menschheit ereignete sich allerdings zwischen 2016 und 2019 im Jemen. In den am stärksten betroffenen Gebieten erkrankte jeder zehnte Bewohner an der bakteriellen Infektionskrankheit. Insgesamt haben sich über 1,7 Millionen Menschen im Jemen binnen drei Jahren mit dem Erregerbakterium infiziert.
Lexikon der Infektionskrankheiten: Cholera
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