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Eine Sekunde der Unaufmerksamkeit kann schnell unser Portemonnaie um einen höheren dreistelligen Betrag erleichtern. Die Rede ist nicht von einem übersehenen Stopp-Schild oder dem Überqueren einer roten Ampel. Die Rede ist von etwas viel Banalerem:

Man geht in Eile aus dem Haus, die Tür fällt zu und eine Sekunde später spürt man, wie das Herz für einen Moment aufhört zu schlagen – der Schlüssel steckt noch von innen! Verzweifelt schlagen wir die Hand vor die Stirn… vorwurfsvoll fluchen wir leise vor uns hin. Warum ausgerechnet heute? Heute ist Feiertag! Ich hatte Pläne! Warum ausgerechnet jetzt? …Es gibt Menschen, die zunächst die Ruhe bewahren und überlegen, wie sie am besten vorgehen sollten, sich vor Augen führen, dass ein Schlüsseldienst an einem Feiertag einen doppelten Zuschlag berechnen wird (so etwas weiß man doch), und sich am Ende nach langem Sinnieren für eine Nacht im Hotel entscheiden. Dann gibt es diejenigen, denen sowas gar nicht erst passiert, weil ihnen das Tagträumen fremd ist. Und zuletzt gibt es die Unerfahrenen, Impulsiven unter uns. Sie wählen in Panik die erstbeste Nummer, die bei Google angezeigt wird und warten stundenlang vor verschlossener Tür auf einen Schlüsseldienst, der nach weniger als 15 Minuten Einsatz knapp 600 € verlangen wird, die sofort bezahlt werden müssen. Ratenzahlung ausgeschlossen. Nach einer wahren Geschichte…

Wenn die Tür zufällt und von innen kein Schlüssel steckt, hat man Pech gehabt. Aber das Pech ist begrenzt. Vielleicht hat man ja irgendwo einen Zweitschlüssel versteckt oder beim Nachbarn deponiert. Wenn aber die Tür ins Schloss fällt und der Schlüssel von innen steckt, hilft auch ein Zweitschlüssel nicht viel. Wer passende Materialien zur Hand hat und ein bisschen handwerkliches Geschick besitzt, kann die Tür selbst öffnen. Für alle anderen heißt es dann wohl oder übel: Schlüsseldienst. Der erste Fehler geschieht bereits, wenn man die erste Nummer wählt, die Google einem vorschlägt. Selbst bei der Sucheingabe „Schlüsseldienst Regensburg“ macht gezielte Suchmaschinenoptimierung es sehr wahrscheinlich, dass eine überregional tätige Agentur unter den ersten Ergebnissen erscheint. Diese macht sich jedoch als solche nicht kenntlich und gibt sich als regionaler Schlüsseldienst aus. Passieren kann es, dass die Hauptzentrale in NRW (genauer Düsseldorf) liegt, und die gewählte Nummer den Anrufer mit einem Ableger in Regensburg verbindet. Da sind höhere Preise vorprogrammiert. Die Wartezeiten können unterschiedlich lang sein (20 Minuten bis 2 Stunden). Wenn man über eineinhalb Stunden warten muss und die Monteure, die sich bereits im Auto befinden, mit unterdrückter Nummer zurückrufen, sollte man bereits Verdacht schöpfen. Das nächste, was einen stutzig werden lassen sollte, ist die Tatsache, dass sie nicht prüfen, ob man tatsächlich in der Wohnung wohnt. Wenn es sich um einen Vorfall handelt, der kurz nach Einzug in das neue Wohnobjekt geschehen ist und man den Schlüsseldienst-Monteuren weder auf seinem Ausweis noch sonst irgendwie beweisen kann, dass man dort bereits gemeldet ist oder zumindest wohnt (durch einen Mietvertrag im Haus etc.), wäre es Aufgabe des Schlüsseldienstes, an dieser Stelle innezuhalten, den Vermieter zu kontaktieren, oder nach Öffnen der Tür zumindest die Vorlage des Mietvertrags zu verlangen. Es gibt jedoch Schlüsseldienste, die gar nicht erst fragen. Die keinen Ausweis sehen wollen, oder die bei fehlender Meldebescheinigung mit den Worten kontern: „Na gut, wir gehen schon davon aus, dass Du hier wohnst“. Könnte man dann mit ein bisschen Glück nicht einfach jede Tür ohne Anmeldebestätigung öffnen lassen? Was müsste von Seiten eines seriösen Schlüsseldienstes in solch einem Fall eigentlich getan werden? Zumindest den Mietvertrag müssten sie nachträglich verlangen. Darauf bestehen. Das steht fest. Denn wie kann man es einer jungen, unschuldig dreinblickenden Person „ansehen“, dass sie bestimmt in diesem Wohnobjekt wohnt und nicht lügt…? Nun gut. Der Schlüsseldienst nimmt sich also der verschlossenen Tür an. Der Schlüssel steckt nur von innen, die Tür an sich ist nicht abgeschlossen. Wie sich im Nachhinein durch Recherche im Internet und verschiedene Youtube-Tutorials herausstellte, ist es für einen erfahrenen und seriösen Schlüsseldienst ein Leichtes, die Tür mit einem sogenannten Dolchpfeiler zu öffnen. Es handelt sich hierbei um ein weißes, quadratisches Stück „Karton“, das in den Türspalt geschoben wird und bei einer Abwärtsbewegung das Schloss im Normalfall problemlos öffnet. Eine nicht verschlossene Tür kann deshalb auch mit ähnlichem Material leicht selbst geöffnet werden. Gut, wenn man das weiß und kann. Nicht so gut, wenn der Schlüsseldienst die eigene Unerfahrenheit wittert und aus einem einfachen Fall mehr Profit schlagen möchte. Zwei Bewegungen reichen bei einem Schlüsseldienst dieser Art aus, um dem Ausgeschlossenen klarzumachen, dass die Tür nicht so leicht geöffnet werden könne. Es müsse härteres Material zum Einsatz kommen. Zum ersten Mal traut man sich zu fragen, wie viel das insgesamt kosten werde. Die Antwort wird lauten, dass man das in solch einem Falle nicht richtig einschätzen könne,… noch sei der Einsatz ja nicht vorbei und noch wisse man ja nicht, ob der Zylinder eventuell ausgetauscht oder durchgebohrt werden müsse. Zudem sei heute Feiertag, das hieße ohnehin 100 Prozent Zuschlag. Dann gebe es ja noch die Anfahrtspauschale, die Materialkosten, die Einsatzzeit… Hier können einem bereits nach den „100 Prozent Zuschlag“ die Ohren sausen. Leichter bis mittelstarker Schwindel inklusive. Eine Rechnung im Kopf traut man sich gar nicht erst zu machen. Immer wieder wandert der eigene Blick angstvoll zu dem Kartenlesegerät, das die beiden jungen Männer dabeihaben werden, sobald sie wissen, dass sie auf eine Goldgrube gestoßen sind. Menschen, die noch nie in Kontakt mit Schlüsseldiensten gekommen sind, wissen natürlich nicht, dass im Normalfall kein Kartenlesegerät Teil der Ausstattung ist… Mittlerweile sind sechs Minuten Einsatzzeit vorbei und für die Männer steht fest, dass der Zylinder ausgewechselt und durch einen neuen ersetzt werden muss. So etwas muss hinterfragt werden, denn der Zylinder war weder beschädigt noch war die Tür von innen verschlossen. Doch was tun, wenn es einem als ultima ratio verkauft wird? Man sieht zu, wie die Bohrmaschine ihren Weg in die eigene Haustür findet und eine Minute später der Zylinder im Inneren des Hauses liegt und die Tür geöffnet ist. Neu eingesetzt werden kann der durchgestoßene Zylinder auch nicht. Es muss ein neuer her, einer „der es dir erlaubt, den Schlüssel von innen stecken zu lassen! Denn mit dem neuen kannst du die Tür auch öffnen, wenn ein Schlüssel von innen steckt!“ Das sei für tagträumende, unaufmerksame Menschen besonders ratsam, da man sich so den nächsten Schlüsseldiensteinsatz erspare.

Man fühlt sich angesichts der Lage machtlos. Das Schloss ist bereits durchbohrt, der Zylinder laut Aussage der Monteure unbrauchbar, der Einsatz sowieso nicht mehr aufzuhalten… was folgt ist die Genehmigung eines neuen Zylinders inklusive drei neuer Haustürschlüssel. Dieser Preis wird jedoch genannt: Über 100 € alleine für den Zylinder. Sein Einsatz wird jedoch separat berechnet, versteht sich. Doch vielleicht versteht so mancher an dieser Stelle gar nichts mehr. Die Freude, wieder in den eigenen vier Wänden zu stehen, kann bei solchen Aussagen schnell einer dunklen Vorahnung weichen. Während nun einer der Mitarbeiter im Firmentransport nach einem neuen Zylinder sucht, klärt der andere über den Endpreis auf. Dieser beläuft sich vorläufig bereits auf 500 €. Was zuvor nur geahnt und verdrängt wurde, schlägt in blankes Entsetzen um. Vorläufig 500 € ? Mehr als eine Monatsmiete? Mehr als das, was man überhaupt einen Monat überhaupt ausgeben kann? „Du musst an den Sonntags- bzw. Feiertagszuschlag denken! Außerdem war die Tür nicht einfach zu, der Schlüssel steckte von innen“. Am Ende ist der neue Zylinder in Nullkommanichts eingesetzt, die Rechnung beläuft sich mit Mehrwertsteuer auf insgesamt 592 € und der Schlüsseldienst selbst kreuzt auf der Quittung an, er sei über 40 Minuten da gewesen (Echtzeit: höchstens 20), habe den Kunden über den endgültigen Betrag im Voraus informiert und den Einsatz nur auf ausdrücklichen Wunsch nach vorherigem Aufklärungsgespräch ausgeführt. All das ist millimetergroß über dem für die Unterschrift vorgesehenen Platz gedruckt. Man unterschreibt und begleicht die Rechnung. Die Details auf der Quittung fallen erst im Nachhinein richtig auf; zu groß ist der Schock über den verlorenen Betrag.

Die Alarmglocken hätten früher schlagen sollen. Bereits am Anfang, bevor überhaupt Hand angelegt wurde. Ein seriöses Unternehmen informiert über die entstehenden Kosten und lässt dem Kunden Bedenkzeit. Es verlangt einen Beweis dafür, dass man tatsächlich dort wohnt. Es tauscht nicht ganz so leichtfertig einen Zylinder aus und ersetzt ihn durch einen neuen, ohne zu fragen, ob es im Haus eventuell eine zentrale Schließanlage gebe. Ob denn Probleme mit dem Vermieter entstehen könnten, sobald Änderungen am Mietobjekt vorgenommen werden. Auch für den Betroffenen selbst gilt: Nachfragen. Nachhaken. Bei Verdacht auf Betrug den Einsatz abbrechen, sich besser informieren und auf jeden Fall nur einen Teil des Betrags anzahlen, sofern dieser überhöht erscheint. Unseriöse Schlüsseldienste gibt es viele. Aus der Notsituation eines Menschen Profit zu machen, ist bei ihnen keine Seltenheit. Man sollte in jedem Fall nach einem wirklich regional sesshaften Schlüsseldienst erkundigen, vorher einen Kostenvoranschlag einholen und an Feier- oder Sonntagen, sofern man nicht unbedingt zurück ins Haus muss, eine Nacht wo anders in Betracht ziehen. Sonderzuschläge gibt es bei allen Schlüsseldiensten, jedoch fallen diese unterschiedlich hoch aus. Ein regional tätiges Unternehmen hätte bei einem Einsatz, wie er hier geschildert wurde, maximal 150 € verlangt. Gesundes Misstrauen und sich vorher gut zu informieren und nicht die erstbeste Nummer zu wählen, die man findet, kann sich am Ende auszahlen.

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