Viele träumen davon, unabhängig vom Alter, fit und sportlich zu sein. Franz Nerb hat bewiesen, dass es geht. Er drückt mit über 60 Jahren 170 kg beim Bankdrücken und hat dieses Jahr gleich drei Titel geholt. Er hat uns im Interview verraten, wie er das geschafft hat und wie jeder sich gesund und fit halten kann.
Fit und sportlich in jedem Alter – für viele ein Traum. Franz Nerb lebt diesen Traum. Erst kürzlich hat er innerhalb von nur vier Wochen die Deutsche Meisterschaft, die Europameisterschaft und die Weltmeisterschaft im Bankdrücken in seiner Alters- und Gewichtsklasse gewonnen. Doch dass das nichts mit Glück zu tun hat, sondern mit harter Arbeit, hat er uns im Interview erklärt. Wir haben deshalb mit ihm über seine Motivation gesprochen, auch im Alter von über 60 Jahren sportlich noch einmal so richtig durchzustarten. Wie wichtig für ihn Sport ist und warum jeder die Möglichkeit hat, sich gesund und fit zu halten, hat er uns im Interview verraten.
Franz Nerb: Vom Krawattenträger zum Kraftsportler
Franz Nerb ist in Saal an der Donau geboren und in Kelheim aufgewachsen. Seine Lehre zum Elektriker hat er in Regensburg absolviert und daher auch seine Jugend dort verbracht. Mittlerweile wohnt er seit Langem in der Domstadt und war auch immer dort beschäftigt. Nach seiner Ausbildung arbeitete er acht Jahre auf dem Bau, bevor er zum „Krawattenträger“ wurde. Denn obwohl er zu seinem Vater immer gesagt hätte, dass er nie eine Krawatte tragen wolle, war diese letztlich über 20 Jahre lang Teil seiner täglichen Garderobe. Obwohl Franz Nerb schon immer Sport betrieben hat, hat er erst mit Ende 50 angefangen, richtig Kraftsport zu betreiben und ist nun mit über 60 Jahren so stark wie noch nie zuvor in seinem Leben. Sie wollen fit sein wie Franz Nerb. Lesen Sie hier seine Sporttipps.
Erfolge im Bankdrücken 2021 von Franz Nerb:
- Deutsche Meisterschaft in Chemnitz: 172,5 kg (in Gewichtsklasse 105 kg). Neuer bayerischer Rekord in der Klasse.
- Europameisterschaft: 170 kg (in Gewichtsklasse bis 93 kg). Neuer deutscher und bayerischer Rekord.
- Weltmeister: 165 kg (in Gewichtsklasse bis 93 kg)
Du hast erst kürzlich drei Titel in nur vier Wochen geholt – hast du schon dein ganzes Leben lang auf diesen Erfolg hintrainiert?
Ich habe zwar schon mein ganzes Leben lang Sport gemacht, habe aber tatsächlich erst mit 58 Jahren richtig mit dem Kraftsport angefangen und mich erst noch später zum ersten Wettbewerb angemeldet. Als Jugendlicher war ich Ringer in Kelheim. Mit 18 Jahren hatte ich dann allerdings einen schweren Unfall, bei dem ich unter anderem meine Sehkraft am linken Auge verloren habe, weshalb ich mit dem Ringen aufhören musste. Dann habe ich mit Hundesport begonnen. Den habe ich sehr lange gemacht und konnte auch einige Erfolge verbuchen. Zudem habe ich Fitness gemacht, aber eben nicht immer regelmäßig, sondern nur um mich einigermaßen fit zu halten.
Wie kam es zur späten Motivation, im Kraftsport derart aktiv zu werden? Gab es dafür einen bestimmten Auslöser?
Ich bin mit 53 Jahren beruflich kürzer getreten und habe dann auch zugenommen. In der Zeit danach habe ich durch meinen alten Freund Xaver Islinger, der Trainer in Regenstauf im CleverFit ist, wieder angefangen zu trainieren.
Zu diesem Zeitpunkt war ein Mann im Studio, der 160 kg auf der Bank gedrückt hat – deutlich jünger als ich und megafit. Dann fragte ich Xaver, ob er es für möglich hält, dass man in meinem Alter nochmal 160 kg drücken könnte. Dieser meinte aber, dass das völlig unmöglich sei – ab dem Zeitpunkt war meine Motivation geweckt.
Nach sechs monatigem gemeinsamem Training habe ich schon 150 kg auf der Bank gedrückt. Xaver sagte mir, dass ich damit aktuell Bayerischer Meister werden würde und machte einen Termin für mich mit Klaus Deis, dem ersten Vorsitzenden vom Bodyfit in Bad Abbach, aus. Dieser arbeitet dort auch als Trainer und sollte sich meine Leistung anschauen, um mich dann eventuell fit für einen Wettkampf zu machen.
Was macht das Bodyfit für die Wettkampfvorbereitung so besonders?
Das Bodyfit in Bad Abbach, ist bekannt dafür, dass es schon viele Teilnehmer für Deutsche-, Europa- und Weltmeisterschaften hervorgebracht hat. Deshalb absolviere ich speziell die leistungsbezogene Vorbereitung in Bad Abbach. Klaus bot mir dann an, dass ich mit Werner Wieninger trainieren könne. Dieser hat auch schon mehrfach große Titel gewonnen. So habe ich jetzt mit Werner einen tollen Trainingspartner und mit Klaus einen super Trainer.
Obwohl man in Bad Abbach alles trainieren kann, ist das Besondere an diesem Fitnessstudio die optimale Unterstützung und Expertise für die Wettkampfvorbereitungen. Bei Klaus kann man sich sicher sein, dass man immer eine ausgezeichnete fachliche Auskunft bekommt.
Noch dazu mag ich die Art dieses Fitnesscenters sehr gern – denn dort gibt es keine Maschinen, sondern Eisen. Und als ich zu meiner Jugendzeit mit Fitness anfing, gab es keine Maschinen. Da hieß es: „Du musst Eisen fressen!“
Was waren die ersten Erfolge, die du verbuchen konntest?
2017 wurde ich bereits zum ersten Mal zur deutschen Meisterschaft in Greifswald angemeldet. Doch dort verletzte ich mich beim Aufwärmen so schwer, dass ich letztendlich nicht teilnehmen konnte. Der Grund dafür war, dass ich immer den sogenannten Suizid Griff verwende – das bedeutet beim Bankdrücken, dass ich die Stange nicht mit dem Daumen umgreife, die Stange also nur auf meinen Handflächen aufliegt. Dabei fiel mir die Stange mit einem Gewicht von 130 kg auf die Brust und ich habe mir das Brustbein gebrochen.
So eine schwere Verletzung bedeutet für viele das Aus – wie hast du es geschafft, nur wenige Jahre später trotzdem drei Titel zu holen?
Viele haben sich genau das auch gefragt und dann gesagt: ‚Jetzt hast es mal probiert, aber das war’s.‘ Das hat mich dann aber geärgert und so habe ich ziemlich genau ein Jahr später im Dezember, mit 59 Jahren, wieder begonnen zu trainieren und dann tatsächlich im Folgejahr 2019 die Niederbayerische, die Bayerische und die Deutsche Meisterschaft gewonnen – und jetzt 2021 eben sogar neben der Deutschen auch noch die Europa- und die Weltmeisterschaft.
Ein durchschnittlicher Mann, der Trainingsanfänger ist, drückt etwa 70 oder 80 kg auf der Bank – bei einem Körpergewicht von durchschnittlich 83 kg. Wie erklärst du dir, dass du in nur wenigen Jahren über 170 kg drücken konntest?
Ich muss dazu sagen, dass ich schon früher immer um die 120 kg gedrückt habe, auch ohne intensives Training. Da spielt auch die Genetik eine wichtige Rolle. Unter 120 kg habe ich noch nie gedrückt. Und dann habe ich einfach richtig und mit Blick auf ein konkretes Ziel hin trainiert.
Du sprichst immer wieder von Trainingspartnern, mit denen du trainiert hast. Wie wichtig sind diese für den Trainingserfolg?
Ein Trainingspartner, auch Spotter, genannt ist das allerwichtigste. Auch Trainingsanfängern würde ich immer einen Partner empfehlen, der sich auskennt. Im Training brauchst du keinen, der dich streichelt, sondern jemanden, der realistisch deine Chancen einschätzt und dich auch mal blöd anredet – er muss dich fordern.
Was war für dich der Schlüssel zum Erfolg?
Also Nummer eins ist für mich, dass es mir einfach wirklich Spaß macht und ich auf das konkrete Ziel hingearbeitet habe, einen Wettbewerb zu gewinnen.
Zudem ist natürlich das Training selbst von großer Bedeutung: Klaus vom Bodyfit schreibt mir immer Ernährungs- und Trainingspläne, die mir vorgeben, dass ich an einem bestimmten Tag eine bestimmte Kilogramm-Anzahl drücken können muss.
Aber Motivation spielt natürlich auch eine Rolle – für mich, ganz offen gesagt, gibt es nichts Geileres, als wenn zwei „alte Männer“ ein paar Jungs zeigen, wo der Hammer hängt. Wenn einer zu mir sagt: ‚Mach mal langsam Väterchen, sonst verletzt du dich nur‘ und dann mache ich fünf Wiederholungen mit 150 kg und er macht mit 130 kg gerade mal eine – das Gefühl mag ich einfach.
Hast du Vorbilder?
Ich habe nicht wirkliche konkrete Vorbilder. Aber ich schaue, was die in meiner Altersklasse leisten. Und dann versucht man, sich jemanden rauszusuchen, der besser ist und denjenigen dann zu schlagen. Man schaut sich natürlich immer auch etwas ab, wenn jemand etwas gut macht und man vermeidet die Sachen, die jemand anderes schlecht macht. Aber ein direktes Vorbild habe ich nicht. Denn wenn man jemanden kopieren will, bleibt man immer eine Kopie – man wird nie ein Original.
RNRed