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Der kleine Gerwin mochte sie schon immer. Die unwirtliche Welt der Lebendtoten, die grässlich-absurden Fratzen in den Zombiefilmen, ohne genau zu wissen, was eigentlich deren Bestreben ist außer (er)schrecklich zu wirken. Jetzt ? ein gefühltes halbes Leben später ? darf er ihren Auftritt für das Theater Regensburg inszenieren. Allerdings tauchen Eisenhauer's Zombies nicht irgendwo in der verwunschenen Oberpfälzer Prärie auf ? sondern mitten unter uns. Im Schloss zu Thurn & Taxis - und just zu jener Zeit, zu der sich das illustre Völkchen bei den Festspielen tummelt. Am 31. Januar 2015 kommt die Mischung aus Rock-Revue und Grusical ins Velodrom.

In Berlin traf sich Drummer-Guru Gerwin Eisenhauer dafür nun mit Jens Schmidl (Foto unten beim Lunch mit den Regensburger Nachrichten). Der aus Regensburg stammende Theater-Regisseur schuf bereits an verschiedenen Häusern schwierigste Musical-Produktionen. Als die Regensburger Schauspieldirektorin Stefanie Junge Chefdramaturgin an den Heidelberg Bühnen war, inszenierte Schmidl gerade dort. Ferner kreierte er "Cage aux Folles" in Heilbronn. Und da er nicht nur als Theater-Regisseur ziemlich kreativ inszeniert, sondern auch aus der Musikbranche stammt, kam Junge die Idee, ihn für diese nicht einfach umzusetzende Zombie-Idee mit ins Boot zu holen.

Gerwin Eisenhauer erzählte erstmals Ende letzten Jahres Jens Neundorff von Enzberg von seinem fiktionalen Zombie-Stück und erwartete wohl eher eine erstauntes Kopfschütteln. Doch der Intendant, inzwischen bekannt für seinen neuen, abstrakt-kreativen Wind, fand die Idee keineswegs abwegig. Im Gegenteil: "Nach einem weiteren Treffen und ersten konkreteren Gedankengängen stand fest, dass wir mit dem Stück am 31. Januar 2015 im Velodrom Premiere feiern und 25 Shows in zwei Blöcken spielen", verrät Eisenhauer. "Ich brauchte nur einen Profi an die Hand, der mich Musiker in die Abläufe eines großen Theaters einweiht."

Nachhilfe in Sachen Zombie

Im Dezember kam Jens Schmidl erstmals nach Regensburg und lernte Gerwin Eisenhauer und seine Idee kennen. "Danach machte sich jeder für sich Gedanken, wie so etwas zu realisieren sei", erzählt Schmidl. "Ich ging erstmal in die Bibliothek und wollte mir entsprechende Zombie-Litaratur holen. Doch ich musste feststellen, dass alles, was es da gibt, fast dauerhaft verliehen ist." Für den Regisseur, der das Thema zuerst noch etwas suspekt fand, war klar: Es gibt eine immense Nachfrage. Zusammen ging das kreative Duo zu Ostern in Berlin in Klausur und verbrachte viel Zeit mit dem Skizzieren von Szenarien und exzessivem Youtube-Studium.

"Zuerst muss die Geschichte stehen. Wir haben eben diese grobe Idee, aber müssen jetzt erarbeiten, wo die Story anfängt und wie das ganze nach einem dramaturgischen Bogen enden soll", beschreibt Eisenhauer den Entstehungsprozess als abstraktes Brainstorming. Im nächsten Schritt müsse man festlegen, wie die Zombies, die ja ? zumindest vorerst ? immer draußen vor dem Schloss St. Emmeram bleiben, auftauchen sollen. "Wie werden sie wahrgenommen? Wie läuft die erste Begegnung mit den Regensburgern ab? Wo kommen sie her?", so Schmidl. "Übrigens eine interessante Frage, die in wohl keinem Zombiefilm wirklich näher beschrieben wird."

Verluste sind einkalkuliert


Vor allem Fürstin Gloria sei laut Schmidl nun mal eine ideale Figur für ein solch opulentes Stück - nichtzuletzt wegen ihren oft extravaganten Looks (Foto: Archiv). Die interessante Mischung aus kindlicher Naivität und gebildeter Führungspersönlichkeit resultiere natürlich aus der Lebenssituation derer von Thurn und Taxis, weil niemand es wage, jemals zu widersprechen. "Wenn so eine geistig-moralische Gallionsfigur in Angst gerät ? das ist eine interessante Herausforderung."

Lovestory mit Biss

Ziel der Zombies soll es sein, das Schloss samt dem Regensburger Inner-Circle unmittelbar nach den Festspielen zu stürmen. "Die interessanteste Frage wird sein: Wie verhalten sich Menschen eines eher nur selbstgefühlten elitären Kreises, wenn sie diese Bedrohung spüren? Führt Angst oder Ausweglosigkeit dazu, dass innen unter den Eingeschlossenen der Tanz auf dem Vulkan oder das gegenseitige Zerfleischen erst so richtig los geht?", beschreibt Gerwin Eisenhauser seine Gedankengänge. Allerdings dürfe man den ganzen Stoff natürlich nicht zu ernst nehmen, sondern eher mit einem Augenzwinkern sehen.

Das klingt ein bisschen wie "Tanz der Vampire". "Warum nicht? Wir versuchen natürlich, mit passender Musik diese Dynamik entsprechend zu transportieren. Das ganze wird auf jeden Fall sehr viel Rock'n'Roll haben", stellt der in ganz Europa gefragte Schlagzeuger klar.
"Im Mittelpunkt der Geschichte könnte natürlich auch eine amorphe Lovestory stehen ? zwischen Nicht-Gebissener und Gebissenem", verrät Schmidl. Das wiederum klingt fast wie "Romeo und Julia".

Spannend werde für Eisenhauer auch die Verquickung von Vollblutsängern wie den hier längst bewährten Steffi Denk oder Markus Engelstädter mit reinen Theater-Schauspielern.

Flashmob auf dem Haidplatz

Wichtig sei vor allem auch rechtzeitig zu unterscheiden, was in einem Film machbar ist und welche Geschichte dann tatsächlich auf einer Regensburger Theaterbühne realisiert werden kann. "Bei George Romero, dem wichtigsten Vertreter des modernen Horrorfilms, gibt es beispielsweise einen Erzähler, der immer außerhalb ist und den Stand des Zombie-Wesens dokumentiert und man das ganze über einen Leinwandeinspieler präsentiert", sagt Schmidl. Klingt ein wenig wie "We will Rock You".

Aber allein im Vorfeld einen Flashmob mit mehreren Hundert als Zombies gestylten Statisten zum Beispiel am Haidplatz zu filmen, werde eine große Herausforderung. "Es gibt praktisch nichts, was wir nicht im Hinterkopf haben", versucht Gerwin Eisenhauer den kreativen Prozess in Worte zu fassen. "Und im Velodrom haben wir auch ganz andere Möglichkeiten als beispielsweise in einem kleinen Turmtheater". Dort lief Eisenhauer's letzter Bühnenausflug "Santaland Diaries" erfolgreich in der Vorweihnachtszeit.

Liebeserklärung an Regensburg

Übrigens seien alle mehr oder minder auftauchenden Ähnlichkeiten zu aktuellen Nicht-Zombies in der Welterbestadt völlig unbeabsichtigt. "Niemand muss Angst haben, im Stück schlecht weg zu kommen, da es keinerlei Abrechnung mit der Regensburger Gesellschaft ist. Im Gegenteil ? es ist eher eine versteckte Liebeserklärung an unsere wundervolle Stadt", verspricht Eisenhauer. Der Arbeitstitel wurde übrigens bereits entschärft - von "Regensburger Zombie-Massaker" zu "Sommernachts-Alptraum auf St. Emmeram".


Letztendlich liegt es am Regensburger Publikum, diesen grusikalischen Ausflug in die Welt der Zombies und Schlossbesucher anzunehmen. Eine kurzweilige Mischung aus Horror, Rock'n'Roll, Lovestory, Glamour, Klatsch, Drama und Satire ? gespickt mit ganz viel Regensburger Lokalkolorit. Obwohl Intendant Jens Neundorff von Enzberg der Produktion dieser Mischung aus Revue und Musical das Vertrauen geschenkt hat, sei er aber noch nicht durch und durch Zombie-Fan. Vielleicht plagen ihn noch Bauchschmerzen wegen einiger ABO-Kunden. Doch Regisseur Schmidl beruhigt unsere Bedenken: "Wir müssen natürlich in vielerlei Hinsicht einen gewissen Kompromissfaktor ausloten." Auch wenn es sich nicht vermeiden lasse, dass der eine oder andere gegessen wird. Mahlzeit.

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