Hugo von Hofmannsthals „Jedermann“ wird in einer modernen Inszenierung von Nicolai Tegeler bei den Thurn und Taxis Schlossfestspielen 2025 aufgeführt. Im exklusiven Interview sprechen Cast und Regisseur über Tod, Glaube und die besondere Magie der Regensburger Schlosskulisse.
Bei den Thurn und Taxis Schlossfestspielen kommt der Theaterklassiker „Jedermann – das Spiel vom Sterben des reichen Mannes“ von Hugo von Hofmannsthal am Samstag, den 26. Juli 2025, in einer Inszenierung von Nicolai Tegeler (Produktion der I Like Stories GmbH) auf die fürstliche Schlossbühne – mit einer herausragenden Star-Besetzung, darunter Schauspielgrößen wie Erol Sander und Hardy Krüger jr. Freuen Sie sich auf ein unvergessliches Theaterspektakel – live, hautnah, ergreifend und unterhaltsam!
Das Theaterstück wirft die Fragen zur menschlichen Existenz auf: Was zählt im Leben wirklich? Was macht ein gutes Leben aus? Und wie gehen wir mit dem Tod um?
Wir haben „Jedermann“-Darsteller Julian Weigend, die Schauspielerinnen Marie Zielcke und Alma Rehberg sowie Regisseur Nicolai Tegeler zum Interview getroffen – und sprachen mit ihnen über ihre Regensburger Inszenierung des Werkes.
In der heutigen Zeit hat der Tod keine gesellschaftliche Relevanz mehr und trotzdem ist er das zentrale Thema des Jedermanns. Wie gehen Sie mit diesem Spagat in Ihrer Inszenierung um?
Nicolai Tegeler: Gerade weil der Tod in unserer Gesellschaft oft verdrängt wird – sei es aus Angst oder Bequemlichkeit –, ist es umso wichtiger, ihn in den Mittelpunkt zu stellen. „Jedermann“ hält uns einen Spiegel vor und zwingt uns, uns mit der Endlichkeit auseinanderzusetzen. In meiner Inszenierung versuche ich, diesen Kontrast spürbar zu machen: Die Rastlosigkeit unseres heutigen Lebens trifft auf eine existenzielle, unausweichliche Wahrheit. Ich möchte dabei keine künstliche Distanz aufbauen, sondern Nähe schaffen – emotional, menschlich und ohne Pathos.
Herr Weigend, Sie spielen die Rolle des „Jedermann“. Heutzutage wirken die Texte von Hugo von Hofmannsthal wie aus der Zeit gefallen. Wie begegnen Sie als Schauspieler in Ihrer Rolle, diesem interessanten Spannungsfeld?
Julian Weigend: Hofmannsthals Sprache ist eine Herausforderung – aber auch ein Geschenk. Ich begegne diesen Texten mit großem Respekt, aber auch mit dem Willen, sie emotional zugänglich zu machen. Wenn ich verstehe, was Jedermann im Kern bewegt, wird auch der Monolog lebendig. Es ist eine Freude, sich in diese Sprachwelten zu begeben – wie ein Tanz mit der Zeit.

Hauptdarsteller Julian Weigend © Jedermann Produktion
Ist das historische Ambiente und die beeindruckende Kulisse des Schlosses eher Fluch oder Segen für eine zeitgemäße Inszenierung?
Nicolai Tegeler: Für mich ist es ganz klar ein Segen. Die Atmosphäre des Schlosses schafft einen Rahmen, der wie gemacht ist für ein Spiel zwischen Ewigkeit und Endlichkeit. Natürlich besteht die Herausforderung darin, nicht in historisierende Klischees zu verfallen – aber ich sehe genau darin die große Chance: Geschichte trifft Gegenwart. Das Authentische, Unverrückbare dieses Ortes bildet einen spannenden Kontrast zu den flüchtigen Lebensentwürfen unserer Zeit.
Anders als zu Hoffmannsthals Zeiten, ist der Glaube in unserer modernen Gesellschaft größtenteils zur privaten Angelegenheit geworden. Wie wollen Sie den Glauben als zentralen Aspekt des Stücks dem Publikum wieder näherbringen?
Nicolai Tegeler: Glaube – im Sinne von Vertrauen, Hoffnung, innerer Haltung – ist für mich universell. Ich glaube nicht, dass wir ihn verloren haben, sondern dass er sich verändert hat. Ich möchte nicht missionieren, sondern inspirieren. In unserer Inszenierung wird der Glaube nicht als religiöse Institution verhandelt, sondern als Kraft, die den Menschen über sich hinauswachsen lässt – gerade in Momenten der Krise. Vielleicht kann das Stück so einen Raum öffnen, in dem jeder seinen ganz persönlichen Zugang dazu findet.
Frau Rehberg, Sie spielen die transzendente Rolle des „Glaubens“. Wie nähern Sie sich so einer symbolhaften Rolle, einer Figur, die nicht Mensch, sondern Idee ist?
Alma Rehberg: Für mich ist der Glaube auch eine stille, tragende Präsenz. Ich nähere mich dieser Rolle über innere Bilder und Körperwahrnehmung – der Glaube als Lichtquelle, als innerer Kompass. Nicht laut, nicht dramatisch, sondern klar, ruhig, mit Tiefe. Ich frage mich: Wo spüre ich selbst Vertrauen? Wo trägt mich etwas, das größer ist als ich?

Schauspielerin Alma Rehberg © Nicolai Tegeler
Frau Zielcke, Ihre Rolle, die „gute Gesellin“, ist keine allegorische Größe, sondern ein Mensch aus Fleisch und Blut. Wie haben Sie versucht, dieser Person Tiefe und Persönlichkeit zu geben?
Marie Zielcke: Die gute Gesellin ist für mich die emotionale Mitte des Stücks. Sie liebt Jedermann – nicht wegen seines Reichtums, sondern trotz seines Egoismus. Ich wollte ihr keine Heiligkeit geben, sondern Menschlichkeit. In unserer heutigen Welt zwischen Selbstinszenierung und Schnelllebigkeit ist das eine große Qualität – sich selbst treu zu bleiben, auch wenn’s schwierig wird.

Schauspielerin Marie Zielcke © Christine Kurz
Gibt es eine Szene auf der Bühne, auf die Sie sich besonders freuen?
Ensemble: Viele. Aber die Szene mit dem Tod bleibt für uns alle ein innerer Wendepunkt. Sie ist nicht nur düster, sondern voller Erkenntnis. Die „Tischgesellschaft“ wiederum spiegelt die Dekadenz der Gegenwart – mit Humor, Biss und Tempo. Und natürlich das Ende: Wenn Jedermann alles verliert – und zum ersten Mal bei sich selbst ankommt.
Die zentrale Szene des „Jedermann“ ist die „Tischgesellschaft“. Darin werden Persönlichkeiten des Regensburger Stadtlebens Seite an Seite mit Schauspielgrößen auf der Bühne stehen. Können Sie uns verraten, ob es einen speziellen Bezug zu Regensburg geben wird?
Nicolai Tegeler: Unbedingt. Ich finde es wichtig, dass ein Stück wie „Jedermann“ nicht wie ein Fremdkörper über einen Ort gestülpt wird, sondern in Resonanz mit ihm tritt. In der Tischgesellschaft möchten wir regionale Persönlichkeiten einbinden, um das Stück vor Ort zu verankern – nicht nur als Theater, sondern als gesellschaftliches Ereignis. Regensburg bringt so seine eigenen Geschichten, Gesichter und Stimmen mit ein.
Ihr Cast liest sich wie das „Who is Who“ der deutschen Schauspielriege. Nach welchen Kriterien haben Sie die jeweiligen Rollen zugeteilt?
Nicolai Tegeler: Mir ist bei der Besetzung besonders wichtig, dass die Menschen hinter den Rollen stehen – und nicht nur glänzen. Ich suche nach Persönlichkeiten, die etwas zu sagen haben, die Haltung zeigen, die Lust auf diesen Stoff haben. Natürlich spielen Erfahrung und Können eine Rolle, aber noch entscheidender ist die innere Verbindung zur Figur. „Jedermann“ verlangt Tiefe, Mut zur Verletzlichkeit und ein echtes Miteinander auf der Bühne – genau das habe ich bei diesem Cast gespürt.

Ein kleiner Einblick in das bewegende Theaterstück © Carsten Böttinger
Viele verbinden mit dem Jedermann die Salzburger Festspiele und den alljährlichen Hype um die Besetzung der Buhlschaft. Wie emanzipieren Sie sich von diesem Nimbus?
Nicolai Tegeler: Ich habe großen Respekt vor der Salzburger Tradition, aber ich möchte unseren „Jedermann“ ganz bewusst aus diesem Schatten herausholen. Unsere Inszenierung soll kein Abklatsch, sondern eine eigenständige künstlerische Auseinandersetzung sein. Wir holen das Stück aus der „Event-Schublade“ heraus und bringen es dorthin, wo es berührt, herausfordert, überrascht. Der Fokus liegt bei uns nicht auf medialem Glamour, sondern auf künstlerischer Klarheit und Relevanz.
Wie in Salzburg weht auch in Regensburg im Juli Festspielluft durch die Gassen. Werden Sie die nördlichste Stadt Italiens erkunden und diese besondere Atmosphäre genießen?
Ensemble: Absolut! Regensburg hat einen eigenen Zauber – Geschichte, Kopfsteinpflaster, Sommerlicht. Wir freuen uns auf Abende an der Donau, spontane Gespräche, italienisches Flair. Theater ist immer auch Begegnung – und was könnte schöner sein als so eine Kulisse?
Vielen lieben Dank, dass Sie sich während Ihrer Proben Zeit für uns genommen haben. Wir freuen uns schon sehr auf die Inszenierung „JEDERMANN“ am Samstag, den 26. Juli, bei den Thurn und Taxis Schlossfestspielen in Regensburg!
Odeon Concerte Regensburg / filterMagazin / RNRed