Viele alte Bräuche drohen in der Hektik des Alltags zu verschwinden. Doch Krippenbauer und Glasbläser aus der Regensburger Region halten lebendige Weihnachtstraditionen am Leben. Mit handgefertigten Krippen und Christbaumschmuck schaffen sie Stücke, die Geschichte, Handwerk und festliche Stimmung verbinden.
Weihnachten steht vor der Tür – die sogenannte „staade Zeit“, wie die Wochen vor dem Heiligen Abend früher hießen. So ruhig und besinnlich ist sie leider nicht mehr. Viele Traditionen sind unserem hektischen Alltag zum Opfer gefallen – und doch haben manche von ihnen die Zeichen der Zeit überdauert.Die Herstellung von traditionellem Kunsthandwerk ist solch eine Tradition, die fest in der Region verwurzelt ist. Besonders zur Weihnachtszeit schmückt regionale Handwerkskunst die Wohnzimmer, denn für viele Menschen gehört sie so selbstverständlich zu Weihnachten wie der Tannenbaum. Und es gibt sie tatsächlich noch: die Krippenbauer und Glasbläser aus dem Regensburger Umland, die in liebevoller Handarbeit wahre Kunststücke anfertigen und somit das Weihnachtsfest zu etwas ganz Besonderem machen.
Die Weihnachtskrippe – Eine italienische Erfindung aus dem Mittelalter
Besonders in Bayern sowie im gesamten alpenländischen Raum haben holzgeschnitzte Weihnachtskrippen eine lange Tradition. Von kleinen Arrangements – nur bestehend aus Jesuskind, Maria und Josef – bis hin zu vielteiligen Sets, bei denen auch Ochs und Esel nicht fehlen dürfen, gibt es verschiedene Variationen und Stile. Egal ob orientalisch, klassisch oder bäuerlich – für fast jeden Geschmack ist etwas dabei. Doch woher kommt diese Tradition eigentlich?
Der Brauch geht zurück ins Jahr 1223, als der Heilige Franz von Assisi erstmals am 24. Dezember im Wald von Greccion – in den Bergen Umbriens – anstelle einer Predigt ein Krippenspiel inszenierte, um den Menschen die Weihnachtsgeschichte näherzubringen. Lebende Personen stellten dabei Maria und Josef sowie das Jesuskind dar – auch ein echter Ochs und Esel waren mit von der Partie.
Kirchliche Orden wie die Jesuiten und Franziskaner griffen die Idee auf, ersetzten lebende Darsteller durch prächtige hölzerne, lebensgroße Figuren und stellten sie in Kirchen und Klöstern auf. Von Italien aus trugen sie diese neue Tradition zu ihren Ordensbrüdern nach Österreich und Deutschland. Dort fand sie – aufgrund der kirchlichen Verbundenheit – vor allem im süddeutschen und alpenländischen besonderen Anklang. Die Nachfrage nach den geschnitzten Kunstwerken stieg und das heimische Handwerk erfuhr durch den Krippenbau einen enormen Aufschwung. Die Künstler entwickelten die Krippen unter Verwendung heimischer Materialien und regionaler Traditionen weiter. Dadurch entstanden unterschiedliche Stile und bald wurden die prächtigen Weihnachtskrippen in vielen Kirchen Bayerns und Österreichs ausgestellt. Doch im Zuge der Aufklärung im 18. Jahrhundert wurden Krippen als lächerlich und kindisch bezeichnet und schließlich durch ein Dekret von Kaiser Joseph II. von Österreich im Jahr 1784 verboten.
Für die Menschen war die Krippe jedoch zwischenzeitlich fest mit dem Weihnachtsfest verbunden und sie wollten sich diese besondere Tradition nicht nehmen lassen – auch vom Kaiser nicht. So entschlossen sich die Krippenbauer kurzerhand Krippen in Miniaturformat anzufertigen und an Privathaushalte zu verkaufen. Die neuen Modelle fanden reißenden Absatz und so fand eine bisher den Kirchen vorbehaltene Weihnachtstradition, Einzug in die Wohnstuben den Menschen.
Auch im Bistum Regensburg haben Weihnachtskrippen eine lange und lebendige Tradition. Der Bayerische Wald eignete sich durch seine weitläufigen Wälder als hervorragender Holzlieferant und entwickelte sich somit zu einer bedeutenden Region für die Anfertigung von Weihnachtskrippen. Bis heute gibt es hier noch traditionelle Krippenbauer, wie die Gebrüder Pindl in Regendorf, die ihrem Handwerk bereits in dritter Generation nachgehen. Rund 700 Krippen bauen sie pro Jahr und verkaufen sie auf Weihnachtsmärkten oder an Kunden aus der ganzen Welt – eine Leidenschaft, die hoffentlich noch viele Generationen anhält.

Handwerkliches geschick schenkt eine Krippe mit Maria, Josef und dem Jesus Kind. © pixabay /maxmann
Vom Tannenbaum zum Christbaumschmuck
Doch nicht nur der traditionelle Krippenbau, sondern auch die Glasbläserei blickt in der Region auf eine lange Tradition zurück. Bereits im Jahr 1487 wurde die erste Glashütte in Frankenreuth bei Waidhaus – im Landkreis Neustadt an der Waldnaab – gegründet. Der Bayerische Wald lieferte auch hier genügend Holz als Energiequelle. Weiterhin war Quarz, der Hauptbestandteil von Glas, reichlich vorhanden. Die Glashütten damals hatten noch keine festen Standorte. War ein Stück Wald verbraucht, wurde die Hütte abgebaut und an einen anderen Ort verlegt. Zu Beginn der Glasproduktion wurden vor allem Butzenscheiben für Fenster und Perlen für den Rosenkranz hergestellt, später kamen Gebrauchs- und Ziergläser hinzu.
Bis heute gilt der Bayerische Wald als einer der bedeutendsten Regionen der Glasherstellung. Die Glasstadt Zwiesel ist international bekannt für die Fertigung hochwertiger Kristallgläser.
Die Glasbläserei verschönert jedoch nicht nur unsere festlich gedeckten Tische, sondern auch herrlich geschmückten Weihnachtsbäume. Der Weihnachtsbaum – ursprünglich eine heidnische Tradition zum Vertreiben böser Geister in der Wintersonnwende – wurde im Mittelalter von den Kirchen in den christlichen Glauben übernommen. Von da an wurden Krippen meist mit einer Tanne als immergrüner Paradiesbaum bereichert.
Das Schmücken der Bäume hat seinen Ursprung im Elsass. Bereits im 16. Jahrhundert wurden dort Weihnachtsbäume mit echten Nüssen, Gebäck und kandierten Äpfeln behängt, die die Kinder am Heiligen Abend von den Zweigen naschen konnten. Von dort aus breitete sich der Brauch auch in Deutschland aus. Mitte des 19. Jahrhunderts schmückten Weihnachtsbäume viele Wohnzimmer der reichen Leute. Für die restliche Bevölkerung waren Nüsse und Zucker jedoch unerschwinglich. Ein Glasbläser aus dem Thüringischen Lauscha machte aus dieser Not eine Tugend und fertigte Äpfel und Nüsse aus Glas an. Grundbestandteil dafür war eine hohle gläserne Kugel – die Christbaumkugel war erfunden. Diese günstige Alternative zu Obst, Nüssen und Zuckerwerk entwickelte sich zu einem echten Exportschlager und die Christbaumkugeln wurden von Deutschland über Europa in die ganze Welt bis in die USA exportiert.
Auch wenn die Christbaumkugel ihren Ursprung nicht im Bayerischen Wald hatte, so wird sie dort bis heute, oft noch traditionell von Mundbläsern, hergestellt – wie zum Beispiel von der Firma JOSKA Kristall in Bodenmais, in der Bergglashütte Weinfurtner in Freyung und bei Theresienthal sowie bei der Firma Poschinger in Frauenau. Vor allem an Weihnachten werden alte Traditionen geehrt und gelebt. Weihnachtskrippen und Christbaumschmuck werden oft von Generation zu Generation weitergegeben – ein Stück gelebter Geschichte direkt in unserem Wohnzimmer.
Kathrin Gnilka I filter Magazin