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Die Oberpfalz hat sich in den letzten Jahren zu einer der am stärksten wachsenden Wirtschaftsregionen in Deutschland entwickelt. Das bestätigen auch die geringe Arbeitslosenquote sowie ein florierender Arbeits- und Immobilienmarkt. Die Global Players und starke mittelständische Unternehmen versorgen die wirtschaftliche Landschaft mit einem vielseitigen Angebot. Auch der Output von knapp 3000 Studien- und Ausbildungsabsolventen sorgt für Nachwuchs. Doch wie kam es dazu, dass sich ein ehemals schwacher Wirtschaftsstandort innerhalb weniger Jahre zu einer boomenden Region entwickelte?

Prognosen wie der PROGNOS Zukunftsatlas zeigen ein positives Zukunftsbild, Bau und Tourismus sind optimistisch – kurzum: für 2019 wird ein gutes Geschäftsjahr erwartet. Schon seit vielen Jahren belegt Regensburg unter allen Wirtschaftsregionen in Deutschland hervorragende Platzierungen bei der Bewertung der Wirtschaftskraft und Dynamik. Die Weiterentwicklung, Optimierung und Förderung der regionalen Stärke stehen deshalb weiter im Fokus der Wirtschaft. Allerdings verliert die Konjunktur auch in der Oberpfalz zum Jahresbeginn an Dynamik. Das zeigt sich beim näheren Betrachten der unterschiedlichen Branchen. Dienstleister erleben derzeit eine gute Auftragslage, während sich der Einzelhandel, die Automobilindustrie und deren Zulieferer doch beeinflusst von den globalen Veränderungen sehen. Das liegt auch daran, dass das Exportgeschäft schon lange als Wachstumsmotor der Region gilt. Es zeigten sich deutschlandweit schon Ende 2018 Einbrüche im Auslandsgeschäft. Internationale Handelsstreits, der Brexit und Trump spielen hierbei sicher eine wichtige Rolle, aber auch die deutsche Wirtschaftspolitik trägt ihren Teil dazu bei. Laut der IHK halten 18 Prozent der Industrieunternehmen aufgrund internationaler Handelskonflikte Auslandsinvestitionen zurück. 21 Prozent fahren deshalb sogar Inlandsinvestitionen vorerst zurück. Aber nichtsdestotrotz erwartet die Industrie zu zwei Drittel auch für 2019 eine unveränderte Geschäftslage.

Auf die Frage, was getan werden muss, um auch in Zukunft attraktiv und zukunftsfähig zu bleiben und wo sich die Stadt Regensburg derzeit beim Thema Digitalisierung sieht, äußert sich die Bürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer wie folgt: „Derzeit steht Regensburg ganz weit oben: Wir gehören zu den zwölf Top-Standorten bundesweit und haben eine Blütezeit, wie sie Regensburg nur selten erleben durfte. Deshalb müssen wir alles tun, um uns unsere wirtschaftliche und wissenschaftliche Stärke zu erhalten. Den aktuellen Wohlstand als Gott gegeben und Selbstverständlichkeit zu sehen, wäre nachlässig. Wir müssen am Ball bleiben, neue Entwicklungen vorhersehen und bereit sein zu Veränderungen. Die Digitalisierung wird uns hier fordern, aber sie hält für Standorte wie Regensburg auch riesige Möglichkeiten offen. Neue Geschäftsmodelle, neue Unternehmen, neue Märkte, aber auch die Chance, im klassischen produzierenden Gewerbe durch mehr Intelligenz und ein enges Miteinander von Mensch und Technik an Wettbewerbsfähigkeit zu gewinnen. Unsere Unternehmen sind hier schon aktiv dabei. Digitalisierung wird unser Leben in vielen Bereichen verändern, nicht nur in der Arbeitswelt oder Kommunikation. Hier müssen wir uns zwei wichtige Eigenschaften bewahren: die Offenheit für Neues und die Fähigkeit zur Reflexion.“

Von Ruß und Armut

Doch bevor Regensburg zu dem heute zukunftsorientierten und wirtschaftlich erfolgreichen Standort wurde, musste die Stadt einige Veränderungen durchleben. Es war nicht von Beginn an absehbar, dass sich aus der anfangs ärmlichen Provinzstadt ein boomender Wirtschaftsstandort entwickeln würde. Regensburg wirkte lange Zeit „grau und trostlos“. Auf der Suche nach Gründen und Faktoren, die die positive Entwicklung der Stadt maßgeblich beeinflussten, unterhielten wir uns auch mit Professor Dr. Mark Spoerer, dem Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschafts- und Sozialgeschichte an der Universität Regensburg. „Eine Reihe von Daten zeigt deutlich, dass Regensburg überproportional Aufschwung genommen hat. Ein wichtiger Motor war hier sicher auch die Gründung der Universität Regensburg Mitte der 1960er Jahre, durch welche dann auch ab der zweiten Hälfte der 1980er Jahre die Zuzüge größer geworden sind“, so Spoerer.

High-Tech-Standort auf Zeit

Prof. Dr. Spoerer erzählt weiter: „Jedoch erlebte Regensburg noch vor Beginn des Zweiten Weltkrieges schon einmal ein Hoch und war eine Art damaliger High-Tech-Standort, was jedoch im öffentlichen Bewusstsein der Stadt kaum vorhanden ist.“ Die Rede ist hier von dem Bau des Messerschmitt-Werkes Ende der 1930er Jahre. Der Standort Regensburg wurde unter dem damaligen Aufsichtsvorsitzenden der Bayerischen Flugzeugwerke (BFW), Theo Croneiß, ausgewählt. Grund hierfür war, dass die Stadt Augsburg die vom Reichsluftfahrtministerium geforderte Erweiterung des BFW-Stammwerkes ablehnte. 1936 wurde deshalb die Tochtergesellschaft Bayerische Flugzeugwerke Regensburg GmbH gegründet. Schon im Folgejahr erfolgte ein Serienauftrag für die Produktion der Messerschmitt Bf 108 Taifun. Dank der Produktion wurden viele Arbeitsplätze in den verschiedensten Bereichen geschaffen. So erlebte das damalige Notstandsgebiet samt der Region einen Aufschwung, der jedoch nach Ende des Zweiten Weltkrieges aufgrund des Herstellungsverbots für Flugzeuge ein jähes Ende nahm. So hatten die Messerschmittjahre auch keine Langzeitwirkung auf den heutigen Wirtschaftsstandort. Der wirkliche Boom kam erst deutlich später mit BMW. Jedoch nahm die Industrialisierung der Stadt schon vorher seine ersten Anfänge. So fertigt beispielsweise Siemens seit über 70 Jahren in Regensburg. Nach dem Zweiten Weltkrieg 1948 verlagerte man das Siemens-Werk für Installationsgeräte nach Regensburg. Der Geschäftsführer des IHK-Gremiums, Dr. Martin Kammerer, betont im Gespräch, dass es auch schon lang ansässige Firmen wie Schneider Electric, das frühere Sachsenwerk oder die von Andreas Scheubeck gegründete Maschinenfabrik Reinhausen gab, die mit ihren Produkten den Standort Regensburg in der Welt bekannt machten.

Nachkriegszeit                                           

Der Zweite Weltkrieg brachte für Regensburg nichtsdestotrotz herbe Nachwirkungen mit sich, die lange zu spüren waren. Zeitzeugen, wie die Regensburgerin Irmgard G., erzählen von den oft ärmlichen Verhältnissen, in denen ein großer Teil der Stadtbewohner lebte, sowie von den finanziellen Problemen der Stadt. Die Wohnverhältnisse in der Altstadt waren derart besorgniserregend, dass sogar geplant wurde, ganze Wohnblöcke zu entfernen und neu zu bauen. Bauten brachen in sich zusammen, wie etwa ein ganzes Treppenhaus im Posthorngässchen. Betrachtet man die heutige Altstadtwohnungs- und Mietlage mit der damaligen, so findet man das direkte Gegenteil vor. Die bevorzugte Wohnlage befand sich bis in die 1980er Jahre eher am Stadtrand in den komfortablen Neubauten, da die Altstadt lange einem Armenviertel glich. Bis 1966 gab es im Stadtosten sogar noch eine Art Ghetto, das sogenannte „Pulverturm“-Notunterkunftsviertel. In den Sechzigern entschied man sich jedoch für die Altstadtsanierung, die nach und nach Fortschritte zeigte und dank der Regensburg heute den Titel Unesco-Weltkulturerbe trägt. Eine Negativentwicklung, so beteuern viele Regensburger noch heute, zeigt sich jedoch anhand der Maximilianstraße. „Früher war diese eine wahre Einkaufsstraße, durch die man gerne schlenderte und seine Einkäufe erledigte“, so der Zeitzeuge Helmut P. Heute zählen diese sowie einige umliegende Straßen jedoch eher zu denen, die man nur aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf dem Weg in die Altstadt passiert. Nicht umsonst sind optische Veränderungen der damaligen Hauptstraße geplant. Wäre Regensburg jedoch nicht so arm gewesen, würde die Autobahn wohl mitten durch die Stadt führen und einige architektonische Schmuckstücke mit ihrer historischen Bausubstanz würden nicht mehr stehen. Somit hat diese Zeit auch positiv dazu beigetragen, dass Regensburg zu dem heute so attraktiven Standort geworden ist.

Provinzstadt mit Köpfchen?

Seitens der Landeshauptstadt München gab es ein großes Interesse, strukturschwache Regionen wie Regensburg und seine Umgebung aufzuwerten. Wie auch die Bürgermeisterin Maltz-Schwarzfischer bestätigt, hat „Regensburgs dynamische Entwicklung ihren Ursprung in zwei Schlüsselereignissen, der Gründung der vierten Landesuniversität in den 60er Jahren und die BMW- Ansiedlung in den 80er Jahren“. Es war 1962, als die Universität Regensburg gegründet wurde. Ganz so einfach führte das jedoch noch nicht zum Wachstum. Wie im Gespräch mit dem Althistoriker Hans Kaletsch, einer der ersten Mitglieder des Akademischen Rats, späterer Oberrat sowie Akademischer Direktor der Universität Regensburgs, deutlich wird, hatten viele Regensburger zu Beginn einige Vorurteile gegenüber der Universität und den Lehrenden. „Das sind doch alles Kommunisten“, hieß es von vielen Seiten misstrauisch. Nach und nach wusste man die Lehre jedoch zu schätzen, und heute hat die Hochschulstadt ein Output von knapp 3000 Studien- und Ausbildungsabsolventen.

Vom verschlafenen Nest zum Innovationsstandort

Wir haben bei der Regensburger Bürgermeisterin nachgefragt, wie es nach Meinung der Stadt dazu kam, dass Regensburg im Vergleich zu ähnlich großen Städten in der Umgebung einen überdurchschnittlichen Boom erlebt hat und zu dem heute so attraktiven Standort für viele Firmen werden konnte. Neben den beiden Schlüsselereignissen, der Gründung der Landesuniversität und der BMW-Ansiedelung, führt die Regensburger Bürgermeisterin aber noch einen weiteren Faktor an: „(…) diese beiden Großereignisse sind aber nicht hinreichend, um erklären zu können, warum sich Regensburg aus einer verschlafenen Provinzstadt mit toller Vergangenheit aber wenig spannender Industrie zu einem der erfolgreichsten Innovationsstandorte Deutschlands entwickeln konnte. Dazu gehört mehr. Einen wichtigen Anteil an der Entwicklung hat sicherlich eine über Jahrzehnte die wirtschaftliche Entwicklung fördernde Stadtpolitik, über die Parteigrenzen hinweg berechenbar und trotzdem mutig.“

Wie auch im Gespräch mit Herrn Dr. Martin Kammerer, dem Geschäftsführer des IHK-Gremiums Regensburg, deutlich wird, diente die gezielte Ansiedlungs- und Clusterpolitik insbesondere der Wirtschaftsförderung. Einrichtungen wie z.B. der Biopark, der TechCampus – dem ehemaligen IT-Speicher –, die Cluster E-Mobilität, Sensorik, IT-Sicherheit, aber auch das „Degginger“ mit dem Kultur- und Kreativwirtschaftscluster sind ebenfalls Ausdruck dieser Ballungspolitik. Bei den wirtschaftlichen Clustern handelt es sich um Netzwerke von eng zusammenarbeitenden Unternehmen, die über gemeinsame Austauschbeziehungen entlang einer Wertschöpfungskette entstehen oder die sich aufgrund gemeinsamer günstiger Standortfaktoren örtlich ballen. Frau Gertrud Maltz-Schwarzfischer sagt hierzu: „Regensburg war eine der ersten Städte, die auf Clusterpolitik setzte und damit den Weg ebnete von der verlängerten Werkbank zu Produktionsstätten mit eigener technologischer Entwicklerkompetenz. Mit dieser Strategie hat es Regensburg geschafft, einen nach wie vor hohen Anteil im produzierenden Gewerbe zu sichern und eine starke Entwickler-Community aufzubauen, die sich nach wie vor sehr positiv entwickelt. Hier sind die Hochschulen am Standort mit derzeit über 32.000 Studierenden sowohl Partner im Innovationsprozess als auch wichtige Quelle für bestens ausgebildete junge Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das enge Miteinander von Wirtschaft und Wissenschaft und der Fokus auf Zukunftstechnologien wie z.B. Life Science, Sensorik oder IT Sicherheit waren hier der Schlüssel zum Erfolg. Damit verbunden ist eine kluge Flächenbevorratungspolitik und die Ausweisung sehr attraktiver Gewerbeflächen etwa im Bereich der Entwicklungsmaßnahme Burgweinting – dort sitzen heute Global Players wie OSRAM Opto Semiconductors oder Schneider Electric, aber auch erfolgreiche Mittelständler wie die graphische Druckanstalt Fr. Ant. Niedermayr oder der High Tech Maschinenbauer Amicra oder jüngst auf dem Areal der ehemaligen Nibelungenkaserne, wo heute der TechCampus Erfolgsgeschichte schreibt.“

Durch die Globalisierung wird der Druck auf die kleinen und mittleren Unternehmen zwar stärker und eine Professionalisierung der Unternehmensführung daher immer wichtiger, jedoch bleibt unbestritten, dass der gewerbliche Mittelstand zum Fundament der Wirtschaft gehört, mittelständische Unternehmen wettbewerbsstark und anpassungsfähig sind, und dass sie für zahlreiche Innovationen sowie für die Schaffung von Arbeitsplätzen sorgen. Nicht grundlos wird der Mittelstand als Rückgrat der sozialen Marktwirtschaft gesehen.

Glory Days

Dank der Marktführerschaft der in Regensburg ansässigen Unternehmen und deren Investitionstätigkeiten zählt die Hauptstadt des Regierungsbezirks zu den technologischen Hochburgen im deutschen Automobilbau. Auch in der Biotechnologie ist Regensburg bayernweit ganz vorne mit dabei – direkt nach München die Nummer zwei. Im Regensburger BioPark sind über 30 Unternehmen mit rund 600 Mitarbeitern ansässig. Ein weiterer wichtiger Bereich ist die Informations- und Kommunikationstechnologie. In der Vergangenheit hat sich die Stadt zum Zentrum und Motor der IT-Region Oberpfalz entwickelt und ist nach München und Nürnberg der drittstärkste IT-Standort in Bayern. Hierfür leisten auch die renommierten IT-Lehrstühle der Ostbayerischen Technischen Hochschule und der Universität Regensburg einen wesentlichen Beitrag, um nur ein paar Beispiele der vielen erfolgreichen Wirtschaftsbereiche der Stadt zu benennen.

Regionale Wirtschaftsmotoren als attraktive Arbeitgeber

„Stadt und Landkreis Regensburg stünden heute nicht so gut da, wenn es in der Vergangenheit nicht immer wieder wichtige politische Weichenstellungen und Impulse gegeben hätte: Die Gründung der Universität und der Hochschule, die Ansiedlung des BMW-Werks 1986 und weiterer bedeutender Arbeitgeber, die Errichtung von Kliniken waren mit entscheidende Infrastrukturmaßnahmen. Heute beschäftigen allein die ‚Big 7‘, die sieben größten Regensburger Unternehmen BMW, Continental, Krones, Osram, die Maschinenfabrik Reinhausen, Siemens und Infineonm, zusammen rund 32.000 Mitarbeiter. Ergänzt wird diese Wirtschaftskraft von innovativen mittelständisch geprägten Dienstleistungsbetrieben, Handwerksunternehmen sowie dem Groß- und Einzelhandel – viele davon oftmals international tätige ‚Hidden Champions‘“, so Dr.

Kammerer von der IHK Regensburg. Weiter verweist er auf die Zahlen des statistischen Jahrbuchs der Stadt Regensburg 2018, die deutlich machen, dass die verarbeitende Industrie mit den Kernbranchen Automobilbau/Automotive, Energie- und Elektrotechnik, Mikrosystemtechnik/Halbleitertechnik sowie Maschinen- und Anlagenbau das Rückgrat der Wirtschaftsregion Regensburg bilden. Während in Bayern 27% der Bruttowertschöpfung auf die verarbeitende Industrie entfallen, sind es in Regensburg 38,8% (2016). Dementsprechend verzeichnet die Stadt Regensburg mit 215,2 (Industriebeschäftigte je 1.000 Einwohner) die höchste Industriedichte im IHK Bezirk Oberpfalz/Kelheim (2017). Von 14,5 Mrd. Euro Gesamtumsatz im verarbeitenden Gewerbe 2018 in der Stadt Regensburg waren 10,6 Mrd. Euro Auslandsumsatz (73% Auslandsgeschäftsquote = Anteil des Auslandsumsatzes am Gesamtumsatz). Dies spiegelt eine hohe Exportintensität der Regensburger Unternehmen in der verarbeitenden Industrie wider. Insgesamt steht die Stadt Regensburg mit einem Bruttoinlandsprodukt von 82.967 Euro je Einwohner in der Liste der zehn Städte mit der höchsten BIP-Rate je Einwohner in Deutschland (2016) noch vor Metropolen wie Nürnberg und München.

„Regensburg liegt gar schön. Die Gegend musste eine Stadt herlocken.“ – Johann Wolfgang Goethe, Italienische Reise

Auf die Frage nach den Gründen für die Attraktivität des Standorts bekommt man von Mitarbeitern und Geschäftsführern verschiedener Unternehmen häufig ähnliche Antworten. Es sind vor allem der Charme und die vielen kulturellen Angebote der doch sehr jungen und vielfältigen Stadt, die nicht nur immer mehr Touristen anziehen, sondern auch Besucher, Studierende, Arbeitnehmer und Arbeitgeber dazu verleiten, sich auf Dauer in der Weltkulturerbestadt niederzulassen. Regensburg bietet aufgrund der einzigartigen Altstadt und des modernen Wirtschafts- und Wissenschaftsstandorts einen Mix, den man nicht oft findet. Urige Gemütlichkeit gepaart mit einem vielseitigen Arbeitsmarkt.

Das Universitätsklinikum und das Krankenhaus Barmherzige Brüder gehören wie auch die Unternehmen Bayernwerk, Gerresheimer, OSRAM und der Transformatorenhersteller SGB-SMIT zu den größten Arbeitgebern Regensburgs. Neben Global Playern wie BMW und Continental sind es aber auch die vielen Handwerksbetriebe, Familienunternehmen und anderen kleinen und mittelständischen Firmen, die das Arbeitsangebot aufleben lassen.

Bei der Suche nach weiteren Faktoren für den Zuwachs äußert sich Prof. Dr. Spoerer vom Lehrstuhl für Wirtschaft und Sozialgeschichte folgendermaßen: „Auch die kleineren Unternehmen generieren viele Arbeitsplätze. Einige tätigen Dienstleistungen für große Werke. Da spielt es natürlich eine große Rolle, dass man – wie im Falle von Regensburg – beispielsweise ein großes BMW-Werk vor der Haustür hat. Und betrachtet man die Universität, so wird deutlich, dass sie in vielen Bereichen weit führend ist. Hier gibt es auch Förderungen, und auch aus diesem Grund bleiben die Leute gerne in der Region. Weiter werden immer mehr Berufe akademisiert, was auch dazu führt, dass die OTH Regensburg stetig wächst. Und auch an der Universität selbst merken wir das. Im Vergleich zu den traditionellen Universitäten wie Heidelberg oder Tübingen haben wir einen viel höheren Prozentanteil aus dem Umkreis. Hier bleiben die Leute einfach gerne in der Gegend.“

Negative Wechselwirkungen mit der Wohnungspolitik?

Um das Gewerbe und den Wachstum voranzutreiben, hat die Stadt Regensburg frühzeitig begonnen, eine große Anzahl an Gewerbeflächen zu kaufen. Auf die Frage, ob sich dies negativ auf die soziale Wohnungsbaupolitik ausgewirkt hat und ob es Wechselwirkungen gibt, heißt es seitens der Regensburger Bürgermeisterin: „Das attraktive Angebot an Gewerbeflächen war sicherlich ein Grund dafür, warum sich Regensburg so positiv entwickelt hat und warum Regensburg eine Zuzugsstadt ist. Ohne eine starke Wirtschaft und Wissenschaft wäre Wohnraum in Regensburg sicherlich weniger knapp und auch günstiger. Allerdings auf Kosten derer, die in Regensburg leben und arbeiten möchten. Unsere niedrige Arbeitslosenquote macht deutlich, dass in Regensburg Wohlstand für viele möglich ist. Sozialer Wohnungsbau und attraktive Gewerbeflächen sind kein Widerspruch, sondern fördern sich gegenseitig. Nur eine wirtschaftlich starke Stadt ist auch eine handlungsfähige Stadt, die in der Lage ist, zu investieren – auch in den sozialen Wohnungsbau.“

Die Regensburger Mieter sowie Haus- und Wohnungssuchenden finden sich aufgrund der teils horrenden Mieten und des für viele unbezahlbaren Wohnraums oft in finanziellen Problemlagen wieder. Von der Bevölkerung werden dahingehend stets neue Ideen von der Stadt gefordert. Zudem „sollte es sich bei Baugrund um Allgemeingut handeln und nicht ausschließlich von Geldgebern und Investoren besessen werden“, so der Zugezogene Stefan Müller. Jedoch führt die derzeitige Lage dazu, dass genau dies immer mehr der Fall wird. Da die Einwohnerprognosen deutlich zeigen, dass sowohl Einwohner- als auch Unternehmenswachstum stetig steigen, sollte dieser Punkt weiter fokussiert werden.

Herausforderungen für die Zukunft

Das Wachsen der Stadt birgt neben den vielen Chancen eben auch vielfältige Herausforderungen. Angesichts der sich beim Verkehr und der Mobilität abzeichnenden Umbrüche in Regensburg sowie des fortdauernden Wachstumsprozesses wird die Stadt nur dann die wirtschaftliche Attraktivität und Lebensqualität erhalten können, wenn es Stadt und Landkreis gelingt, sich mit einer gemeinsamen Wachstumsstrategie weiterzuentwickeln. „Ziel muss aus Sicht der Wirtschaft daher ein Leitbild sein, das künftige Strategien zu den Themenfeldern Mobilität, Digitalisierung, Wirtschaft, Arbeiten und Wohnen beinhaltet. Gefragt ist dabei ein intelligenter Wachstumspfad, der auf die aktuellen Herausforderungen Antworten gibt und insbesondere der engen Stadt-Umland-Verflechtung Rechnung trägt“, so Kammerer von der IHK.

Beim Thema Mobilität und Verkehrsinfrastruktur sind für die Region Regensburg dringend zukunftsorientierte Lösungen erforderlich. Die weitere positive Entwicklung der Region und damit auch der Wohlstand werden von der Lösung dieser Herausforderungen abhängen. Dazu braucht es weiter eine bessere interkommunale Abstimmung mit dem Landkreis Regensburg und den Umlandgemeinden. Vor allem beim Thema Mobilität und Verkehrsinfrastruktur fordert auch die IHK vor diesem Hintergrund von Stadt und Landkreis ein gemeinsames Verkehrs- und Mobilitätskonzept, das die Verkehrsträger miteinander (intermodal) verknüpft: „Verbesserungen im ÖPNV und im Schienennahverkehr sind nur ein Baustein. Gerade in einer Flächenregion wie unserer, bei der viele Pendler auf das Auto angewiesen sind, braucht es Verbesserungen auch für den motorisierten Individualverkehr.“

Die Umsetzung innovativer Verkehrskonzepte ist von Nöten, um den oft altertümlichen Erscheinungen des Individualverkehrs zu Stoßzeiten entgegenzuwirken und dadurch die hohe Lebensqualität nicht weiter zu schmälern.

Ein Damoklesschwert über Regensburg?                                                              

Regensburger Unternehmen haben in der verarbeitenden Industrie eine sehr hohe Exportintensität. Die Entwicklung ist besonderes in diesem Bereich stark von der Wirtschaft und dem Auslandsumsatz abhängig. Politische Ungereimtheiten, Trump sowie der Brexit verunsichern die Wirtschaft, was auch an den zurückgehenden Investitionen und Aufträgen ersichtlich wird. Auch Regensburger Großunternehmen wie Osram und BMW ergreifen aufgrund dessen schon Sparmaßnahmen.

Ein Markteinbruch mit Folgen? Wie viele andere Experten hat auch Wirtschaftshistoriker Prof. Dr. Spoerer dazu eine klare Meinung: „Die nächste Krise kommt. Die Frage ist, wann sie kommt und wie tief sie sein wird. Es gibt immer ein wirtschaftliches Auf und Ab, und es kann gar nicht anders sein, als dass irgendwann die Arbeitslosenzahlen wieder ansteigen werden. Aber wann das ist, das weiß keiner.“

Die aktuelle politische Situation beeinflusst und verlangsamt die Globalisierung, was zwar einerseits positiv ist für einen Standort wie Regensburg mit seiner großen Automobil- Zuliefererbranche, aber andererseits auch spürbare Negativfolgen haben kann. Wie man auch an den aktuellen Prognosen der führenden Wirtschaftsinstitute erkennen kann, wird eine leichte Wachstumskorrektur in China mit einem hohen Multiplikationsfaktor nach Deutschland übertragen. Jedoch ist hierbei zu beachten, dass sich die Unternehmen durchaus dessen bewusst sind und aktiv nach neuen Märkten suchen, um sich in diesen auch weiterzuentwickeln.

Auf längere Sicht könnte ein langfristiger Einbruch in der Automobilbranche aufgrund ihrer lokalen Abhängigkeit zu einem Problem werden, weshalb die Stadt hier auf eine breitere Aufstellung setzen sollte. Nichtsdestotrotz gibt es in Regensburg auch heute schon genügend innovative Firmen und ein großes Spektrum an qualifizierten Arbeitnehmern. Langfristig sollte dieser Einbruch dementsprechend nur geringe bis mittlere Auswirkungen nach sich ziehen.

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