Trotz vierter Welle hat die bayerische Staatsregierung in einer Kabinettssitzung weitere Lockerungen beschlossen: Clubs und Diskotheken sollen wieder öffnen dürfen. Zudem soll im Freistaat der Inzidenzwert durch eine Krankenhausampel abgelöst werden.
Die vierte Welle der Corona-Pandemie erreicht den Freistaat. Jedoch gelten nun andere Voraussetzungen und Rahmenbedingungen: Denn impfen wirkt. Rund 65 Prozent der Bürgerinnen und Bürger Bayerns über zwölf Jahre haben sich nach Angaben der bayerischen Staatsregierung vollständig impfen lassen. Zugleich ist ausreichend Impfstoff vorhanden, sodass jeder, der noch nicht geimpft ist, sofort ein Impfangebot annehmen kann.
Die fortgeschrittene Impfkampagne erlaube es, mit neuen Leitindikatoren einer Krankenhausampel vor allem die Belastung des Gesundheits- und Krankenhaussystems in den Blick zu nehmen. Bisherige Beschränkungen sollen im Freistaat vereinfacht werden und Detailregelungen so weit wie möglich aufgehoben werden. Basis für Öffnungen bleiben das 3G-Prinzip mit Freiheiten für Geimpfte, Genesene und Getestete. Das ging aus der Kabinettssitzung am Dienstag hervor.
„Krankenhausampel“ löst Inzidenzwert als Indikator ab
Ab dem 2. September wird in Bayern der Inzidenzwert durch eine Krankenhausampel als Indikator für die Belastung des Gesundheitssystems abgelöst. Das hat das Kabinett beschlossen. Konkret bedeutet das:- Stufe Gelb ist erreicht, sobald bayernweit innerhalb der jeweils letzten sieben Tage mehr als 1.200 Patienten mit einer COVID-19-Erkrankung in Krankenhäuser aufgenommen werden mussten. Das entspricht einer Hospitalisierungs-Inzidenz von 9,13 je 100.000 Einwohner. Sobald Stufe Gelb erreicht ist, beschließt die Staatsregierung weitergehende Maßnahmen, beispielsweise eine Anhebung des Maskenstandards auf FFP2, Kontaktbeschränkungen oder Personenobergrenzen für öffentliche und private Veranstaltungen.
- Stufe Rot ist erreicht, sobald mehr als 600 Patienten mit einer COVID-19-Erkrankung auf den bayerischen Intensivstationen liegen. Sobald Stufe Rot erreicht ist, wird die Staatsregierung neben den bereits für Stufe Gelb geltenden Regelungen umgehend weitere Maßnahmen verfügen, um die dann akut drohende Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern.
3G-Grundsatz neue Hauptregelung für Innenbereiche
Ab einer 7-Tage-Infektionsinzidenz von über 35 im Landkreis oder in der kreisfeien Stadt gilt in Innenräumen breitflächig der 3G-Grundsatz: Persönlichen Zugang haben deshalb nur Geimpfte, Genesene oder aktuell Getestete. Dies betrifft öffentliche und private Einrichtungen, Sportstätten, die gesamte Kultur, Gastronomie, Hochschulen, Krankenhäuser und weitere Freizeiteinrichtungen. Für Kinder, die noch nicht eingeschult sind, gibt es Ausnahmen. Schüler gelten mit Blick auf die regelmäßigen Tests in der Schule als getestet. In Alten- und Pflegeheimen, auf Messen und bei größeren Veranstaltungen über 1.000 Personen gilt 3G inzidenzunabhängig im Innen- und Außenbereich. Die Einhaltung der 3G-Regeln muss vom Betreiber kontrolliert werden. Gäste und Besucher sowie Betreiber, die sich nicht daran halten, müssen mit einem Bußgeld rechnen.Ausgenommen vom 3G-Grundsatz sind Privaträume, Handel, der ÖPNV, Veranstaltungen ausschließlich unter freiem Himmel bis 1.000 Personen, Gottesdienste sowie Versammlungen im Sinne von Art. 8 Grundgesetz. Für Schule und Kita gelten die bereits bekannten Sonderregelungen.
OP-Masken statt FFP2 – im Innenbereich weiterhin Pflicht
Die FFP2-Maskenpflicht entfällt: Die medizinische Maske („OP-Maske“) ist der neue Maskenstandard. Auch hierfür verkündete die Staatsregierung neue Regelungen:- Unter freiem Himmel gibt es künftig generell keine Maskenpflicht mehr. Ausgenommen sind lediglich die Eingangs- und Begegnungsbereiche größerer Veranstaltungen (ab 1.000 Personen).
- In geschlossenen Räumen gilt umgekehrt immer eine generelle Maskenpflicht. Ausgenommen sind Privaträume, außerdem der Platz in der Gastronomie sowie jeder feste Sitz- oder Stehplatz, wenn er zuverlässig den Mindestabstand von 1,5 m zu anderen Plätzen einhält, die nicht mit eigenen Haushaltsangehörigen besetzt sind. Für Beschäftigte gelten wie bisher auch die arbeitsschutzrechtlichen Bestimmungen.
- Im ÖPNV und im Fernverkehr gilt die Maskenpflicht (künftig OP-Maske) ausnahmslos. In Schule und Kita sowie Alten- und Pflegeheime gelten Sonderregelungen.
Neue Personenobergrenzen für öffentliche Veranstaltungen
Die allgemeinen Kontaktbeschränkungen entfallen ersatzlos. Die bisherigen Personenobergrenzen für private und öffentliche Veranstaltungen entfallen. Für folgende Veranstaltungen (Sport, Kultur, Kongresse etc.) gilt:- Bis 5.000 Personen darf die Kapazität zu 100 Prozent genutzt werden. Für den 5.000 Personen überschreitenden Teil darf 50 Prozent der weiteren Kapazität des Veranstaltungsorts genutzt werden. Per Beschluss der Bundesregierung sind aber maximal 25.000 Personen zulässig.
- Innerhalb dieses Rahmens dürfen unbegrenzt auch Stehplätze ausgewiesen werden.
- Wird der Mindestabstand in geschlossenen Räumen unterschritten, gilt nach den allgemeinen Regeln allerdings ständige Maskenpflicht, die vom Veranstalter zu gewährleisten ist. Bei Verletzung der Maskenpflicht wird auch hier ein Bußgeld fällig.
- Bei Veranstaltungen ab 1.000 Personen muss der Veranstalter ein Infektionsschutzkonzept nicht nur ausarbeiten und beachten, sondern auch unverlangt der Kreisverwaltung zur Durchsicht vorlegen.
Nach anderthalb Jahren: Clubs und Diskotheken dürfen Betrieb wieder aufnehmen
Es ist geplant, Clubs und Diskotheken mit Blick auf Reiserückkehrer aus den Ferien mit einem zeitlichen Sicherheitsabstand ab Anfang Oktober wieder zu öffnen. Der Zugang soll dann nur für Geimpfte und Genesene sowie für Getestete mit PCR-Test möglich sein. In der Gastronomie entfällt die bisherige coronabedingte Sperrstunde. Auch in Clubs und der Gastronomie werden die Regelungen zu 3G und der Maskenpflicht durchgesetzt.Gesangsverbot bei religiösen Veranstaltungen entfällt
Gottesdienste und Versammlungen in geschlossenen Räumen nach Art. 8 GG können künftig ohne die bisherigen Beschränkungen der Personenzahl durchgeführt werden, wenn an ihnen nur Geimpfte, Genesene oder Getestete teilnehmen. Andernfalls bleibt es bei den bisherigen Beschränkungen nach Platzangebot. Die Maskenpflicht richtet sich künftig nach den neuen allgemeinen Regeln. Das im Gottesdienst bisher geltende Gesangsverbot ab Inzidenz 100 entfällt ebenso wie das bisherige Verbot von großen religiösen Veranstaltungen.Präsenzunterricht als wichtigstes Ziel für Schulen
Die bestehenden Regelungen zum Wechselunterricht ab einer Inzidenz von 100 werden ersatzlos gestrichen. Zum Unterrichtsbeginn im neuen Schuljahr gilt als besondere Schutzmaßnahme bis auf weiteres eine inzidenzunabhängige Maskenpflicht - auch nach Einnahme des Arbeitsplatzes. In der Grundschule können dabei wie bisher Stoffmasken verwendet werden, für Lehrkräfte sowie für Schülerinnen und Schüler ab Jahrgangsstufe 5 gilt die Pflicht zum Tragen einer medizinischen Gesichtsmaske.Die Tests an den Schulen werden nochmals ausgeweitet:
- In der Grundschulstufe sowie an Förderschulen mit den Schwerpunkten geistige Entwicklung, körperliche und motorische Entwicklung sowie Sehen wird – sobald hierfür die organisatorischen Voraussetzungen geschaffen sind – zwei Mal pro Woche ein PCR-Pool-Test („Lollitest“) durchgeführt. An anderen Schulformen sowie an weiterführenden Schulen wird drei Mal pro Woche ein Selbsttest durchgeführt. Bis die Lollitests in der Grundschule zur Verfügung stehen, wird auch dort drei Mal wöchentlich getestet.
- Im Interesse eines möglichst verlässlichen Schulunterrichts in Präsenz und zur Gewährleistung einer Betreuung der Kinder in den Kindertageseinrichtungen ist die Anordnung einer Quarantäne von Kontaktpersonen möglichst auf wenige Fälle zu beschränken. Gibt es einen Infektionsfall in der Klasse, soll anders als bisher nicht immer für die gesamte Klasse Quarantäne festgelegt werden, sondern Quarantäne mit Augenmaß. Sie ist dann auf die Schülerinnen und Schüler einzugrenzen, die unmittelbaren und ungeschützten engen Kontakt zum erkrankten Schüler hatten. Die Quarantäne kann bei negativem PCR-Test nach fünf Tagen auch schnell wieder enden. Beim korrekten Einsatz von Luftfiltern kann auf eine Quarantäne der anderen Schüler sogar vollständig verzichtet werden. Bei den übrigen Schülerinnen und Schülern der Klasse können für eine gewisse Zeit tägliche Testungen durchgeführt werden.
- Schließlich kann im Rahmen der angepassten STIKO-Impfempfehlung für Kinder und Jugendliche eine Corona-Schutzimpfung auch während der Unterrichtszeit angeboten und durchgeführt werden.