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Für kommenden Donnerstag meldete die NPD äußerst spontan am Montag vormittag beim Ordnungsamt eine Kundgebung mitten in der Regensburger Altstadt an. Bislang nahm man diese Hiobsbotschaften in der Stadtverwaltung zähneknirschend zur Kenntnis, entschied sich aber, deren Existenz weitestgehend unter den Mantel der Verschwiegenheit zu hüllen, um nicht zusätzlich Trittbrettfahrer einzuladen oder den ungewünschten Wahlkämpfern zusätzliche Aufmerksamkeit zu verschaffen.

Die Haltung der Stadt an diesem 2. September war aber eine andere: Bürgermeister Joachim Wolbergs verkündete der versammelten Presse nicht nur, dass es für die Behörde keinerlei rechtliche Grundlage gebe, die rechtzeitig (48 Stunden vorher) angemeldete Kundgebung zu verbieten. Er appellierte zudem an die Bürgerinnen und Bürger der Stadt, gemeinsam mit ihm Farbe zu bekennen.

Das vom NPD-Vorstand angekündigte Thema in diesem Jahr: "Asylflut und Europawahn stoppen". Nichts neues. "Die Parolen bleiben immer die gleichen. Es liegt an uns, dass sie in Regensburg ungehört bleiben", bekräftigt der Bürgermeister. Bereits vor fast genau einem Jahr schafften es die Regensburger, den rechtsgesinnten NPD-Anhängern die Lust auf ihre Versammlung jäh zu nehmen.

Nachdem friedliche Gegendemonstranten dem NPD-Tourbus die Zufahrt in die Altstadt extrem erschwerten, schafften sie es nach einer Irrfahrt durch die Gassen doch noch, am Neupfarrplatz Station zu machen. Doch die Rechnung hatten sie ohne die pfeifenden und grölenden Bürger sowie das Dauergeläut der Neupfarrkirche gemacht. Von braunen Parolen war so gut wie nichts zu hören.


Darauf zu hoffen, dass die NPD-Kundgebung wie in früheren Jahren fast ohne wahrgenommen zu werden vorübergeht, wollte Wolbergs nicht. "Es sind heute andere Zeiten, in denen diese Versammlungstermine längst über das Internet verbreitet werden", weiß auch Dr. Wolfgang Schörnig, Rechts- und Umweltreferent der Stadt, bei dem die Anmeldung der NPD am Montag vormittag per Email einging.

Gemeinsam mit Bürgermeister Joachim Wolbergs habe er alle rechtlichen Möglichkeiten geprüft, eine derartige Veranstaltung zu untersagen. Doch die einzig greifbare Begründung, dass eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit bestünde, komme nicht in Betracht. "In Deutschland hat jeder Staatsbürger das Recht, sich ohne behördliche Genehmigung friedlich zu versammeln.", so Schörnig.

"Wir sind darüber sicher nicht glücklich", bekräftigt Wolbergs. "Aber es ist die Chance für uns, Rückrat zu zeigen. Daher lade ich alle Bürgerinnen und Bürger Regensburgs ein, sich am Donnerstag ab 16 Uhr uns auf dem Haidplatz zu einer Gegenkundgebung anzuschließen". Ohne größes Zögern waren Bischof Voderholzer, die evangelische Kirche, die Jüdische Gemeinde sowie die DGB sofort unterstützend mit im Boot.

Auch wenn Wolbergs zu verstehen gibt, dass die von ihm angemeldete Gegenveranstaltung rein gar nichts mit dem aktuellen Wahlkampf zu tun habe, haben neben seiner SPD auch alle anderen derzeit um Stimmen ringende Politiker der Region in Kommen zugesagt. Während es von der CSU heißt: "Wir setzen ein klares Zeichen gegen Rechtsextremismus der NPD, deshalb werden wir auch persönlich an der Demonstration teilnehmen", fordern die Grünen: "Keine Handbreit den Nazis in Regensburg!". Und auch die FDP will am Haidplatz Flagge zeigen. So lassen sich am Donnerstag ab 16 Uhr prima zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Zum einen sich gemeinsam deutlich gegen die Ultrarechten bekennen, zum anderen den anwesenden Wählern die eigene Positionierung unmittelbar vor den Wahlen noch einmal mit auf den Weg geben.

Vor zwei Wochen war es Rüsselsheim

"Wir hatten die Wahl, es still und heimlich aus zu sitzen, oder offensiv den Rechten ein klares Signal zu geben: Nicht mit uns in Regensburg! Ich entschied mich für Letzteres", betont Wolbergs, der sowohl aus biografischem Hintergrund als auch durch Erlebtes und Erzähltes von engen Freunden ganz klar gegen die Ultrarechten Farbe bekennen möchte. "Ein Verbot der Veranstaltung hätten wir nie durchbekommen," erklärt er. Das habe bereits die Stadt Rüsselsheim vor drei Wochen versucht und ist damit am Verwaltungsgericht böse gescheitert.

"Diese Blöße wollten wir uns nicht geben. Damit hätten wir solchen Gruppierungen einen heimlichen Triumph zugespielt." Nachdem die Stadt Rüsselsheim für ihren Verbots-Versuch sogar gerügt wurde, bereitete man sich am Rhein also auf die NPD vor. Auf dem Gelände um den Rüsselsheimer Bahnhof kamen etwa 300 Bürger zu einer Gegendemonstration zusammen. Wer sich nicht blickien ließ, das war die angemeldete rechtsextreme Partei.

Auf dem Bahnhofsvorplatz wurde mit Absperrgittern ein kleines Viereck gebaut. In diesem Viereck sollte die NPD auftreten. Gut abgeschirmt von den Gegendemonstranten, die auf der anderen Seite des Bahnhofsplatzes ihren Lautsprecherwagen in Position brachten. Oberbürgermeister Patrick Burghard (CDU) hatte seinen Mitarbeitern für die Teilnahme an der Gegendemonstration Dienstbefreiung erteilt, ebenso die städtische Wohnungsbaugesellschaft, deren Bürogebäude direkt am Bahnhof steht.

Vor einem Zeitschriftenladen am Rüsselsheimer Bahnhof saß ein verdächtiger junger Mann, der permanent sein Handy am Ohr und das Treiben auf dem Bahnhofsplatz im Visier hatte. Vermutlich wurden die NPD so über die Ereignisse vor dem Bahnhof informiert. Kurz vor Veranstaltungsbeginn ging ein Anruf der NPD bei Ordnungsamt Rüsselsheim ein. Man ziehe den Antrag auf eine Wahlkampfveranstaltung auf dem Bahnhofsvorplatz wegen "logistischer Probleme" zurück, hieß es in diesem Gespräch lapidar.

"Vielleicht schaffen wir Regensburger es ja auch, durch unser friedliches Aufeinandertreffen auf dem Haidplatz der NPD deutlich zu zeigen, dass in Regensburg für sie nichts zu gewinnen ist. Weder Wählerstimmen, noch irgendein anderer brauner Blumentopf", so Wolbergs. Die Gegenkundgebung für Donnerstag um 16 Uhr am Haidplatz habe er vorsorglich für 1000 und mehr Personen angemeldet. Die NPD kündigte dagegen nur eine Versammlung für zehn bis 25 Personen am Kohlenmarkt an. Aber schon zehn Nazis in Regensburg wären zehn zuviel.

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