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Gestern ab 16 Uhr versammelten sich auf Initiative von Bürgermeister Joachim Wolbergs mehrere Hundert Demonstranten gegen eine Kundgebung der NPD. Sie zeigten: Regensburg sieht nicht weg und wehrt sich.

Als am Montag, dem 02. September, die Kundgebung der NPD bekannt gegeben wurde, organisierte Wolbergs als Privatperson eine Gegendemonstration, da die Stadt Regensburg als Körperschaft selbst keine Auftritte der Nationalsozialisten verbieten darf. Mit dieser Tat durchbrach Wolbergs die bisherige Vorgehensweise der Stadt mit solchen Ereignissen und nahm einen neuen Kurs auf, wofür er parteiübergreifendes Lob erntete. Sprecher waren neben Joachim Wolbergs selbst Eckhard Herrmann, Dekan des Evangelisch-Lutherischen Dekanatsbezirk Regensburg, Philipp Graf von und zu Lerchenfeld, Vorsitzender des Diözesankomitees im Bistum Regensburg und Andreas Schmal, Sekretär des Deutschen Gewerkschaftsbundes.

"Wir passen auf Sie auf!"

Joachim Wolbergs bedankte sich zunächst bei den rund 1.100 Demonstranten, darunter die Regensburger Spitzen aller demokratischen Parteien. Er erklärte, dass man sich zwar derzeit im Wahlkampf befinde, diese Tatsache aber nun außen vor lassen, da es bei dieser Gegendemo um etwas Wichtiges ginge und alle Demokraten zusammenstehen müssten.

Weshalb er nun die bisherige Vorgehensweise durchbrochen hat, belegte der dritte Bürgermeister mit drei Gründen: Erstens sei es entscheidend, aufzustehen und Zivilcourage zu zeigen, wenn die Demokratie in Gefahr ist: "Wir leben in einem wunderschönen Land, in einer wunderschönen Stadt und es ist deshalb so schön, weil es demokratisch zugeht, weil es allen Menschen hier gut gehen soll und weil wir diejenigen hier nicht haben wollen, die Menschen verachten." Zudem betonte er, dass Regensburg schon immer aufgestanden sei, wenn es gegen die NPD ging. Beispielsweise veranstaltet die Stadt seit dem in Regensburg abgehaltenen NPD-Bayerntag im Jahr 2006 am Grieser Spitz jedes Jahr zwei Tage lang das Bunte Wochenende.

Bei der Erwähnung des letzten Grundes richtete er das Wort "an alle Mitbürger und Mitbürgerinnen, die aus anderen Ländern hierher gekommen sind, die einen anderen Glauben haben ? besonders an unsere jüdische Gemeinschaft ? an Menschen mit einem Handicap, an Menschen, die zu Minderheitsgruppen gehören, an Homosexuelle. Alle, die ich jetzt genannt habe: Sie alle schützen wir in dieser Stadt ganz besonders. Wir passen auf Sie auf, Sie brauchen keine Sorgen zu haben vor einem rechten Mob, wir passen auf Sie auf. Sie sind Bestandteil unserer Stadt und unserer Gesellschaft."

Tolerant und bunt

Abgelöst wurde Wolbergs daraufhin von Dekan Eckhard Herrmann, der sich bei allen Teilnehmern für ihr Erscheinen bedankte und für ihre Bereitschaft, ein klares Bekenntnis für eine tolerante und bunte Gesellschaft abzulegen. Er sei froh, in einer Gesellschaft und in einer Stadt leben zu können, in der jeder Mensch so leben dürfe, wie es ihm beliebt, "unabhängig von seinem Alter, von seinem Geschlecht, seinem Beruf, egal ob er etwas glaubt und egal, was er glaubt und egal, wo er herkommt." Laut Herrmann dürfe man nicht tatenlos zusehen, wenn "einige wenige Verirrte und Verwirrte" die Errungenschaften unserer Kultur und unserer Gesellschaft missbrauchten und die Würde der Menschen missachteten. Er beendete seine Rede mit den einprägenden Worten: "Bleiben Sie, bleiben wir alle tolerant und bunt!"

Deutschlands dunkelste Zeit

Als nächster Redner trat Philipp Graf von und zu Lerchenfeld auf, dessen Onkel, Max Graf von Drechsel, im
Graf Lerchenfeld erzählte außerdem von seinem verstorbenen, jüdischen Freund Hans Rosengold und was es für diesen bedeutete, wenn Neo-Nazis in seiner Heimatstadt zusammentrafen: Erinnerungen an Deutschlands dunkelste Zeit und die damit einhergehende Angst, aber auch das Schöpfen von Mut angesichts des schon damals großen Aufstands der Regensburger gegen den Nationalsozialismus.

Abschließend richtete er eine Bitte an alle Teilnehmer: "Lassen Sie uns deshalb alle gemeinsam dafür kämpfen, dass sich nie wieder auf deutschem Boden menschenverachtende Systeme etablieren können, die unsere freiheitlich demokratische Grundordnung in Frage stellen und gefährden."

Vergangenheit ohne Zukunft

Abschließend sprach Andreas Schmal zu den Teilnehmern und Teilnehmerinnen der Demonstration und stellte die Frage, ob man die "paar Hansln" der NPD nicht einfach ignorieren sollte, beantwortete jedoch seine eigene Frage sogleich mit einem klaren Nein: "Wir wollen alles unternehmen, was die Rechten ärgert, was ihre Anhänger frustriert und ihre Mitläufer abschreckt." Funktionäre wie beispielsweise Heidrich Klenhart, NPD-Vorsitzender der Oberpfalz, sowie Sascha Roßmüller, Mitglied im Bundesvorstand und des Rockerclubs Bandidos Regensburg, würden durch derartige Aktionen zwar nicht davon überzeugt werden, dass Hass der falsche Weg ist, aber sie würden zeigen, dass Regensburg nicht schweigend zusieht.

Er betonte zudem, dass nicht nur die NPD-Anhänger ein großes Problem seien, sondern auch ihre Ideologie, die vielerorts Wiederhall findet. Schmal zitierte die beeindruckenden Worte des Zentrumspolitikers Josef Wirt: "Da steht der Feind und darüber ist kein Zweifel: Dieser Feind steht rechts." Er pointierte, dass die Bewohner der nördlichsten Stadt Italiens nicht erst aufstehen und sich wehren, wenn es zu spät ist und dass in der Stadt Regensburg kein Platz für Nazis sei: "Heute machen wir klar: Sie werden nicht mehr erstarken, sie werden nicht mehr werden, sie bleiben, was sie politisch und geistig sind: Vergangenheit ohne Zukunft."

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