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Weil eine Krankheit häufig nicht an der Kliniktür endet, arbeiten das Krankenhaus Barmherzige Brüder Regensburg und die Kontakt- und Informationsstelle für Selbsthilfegruppen (KISS) seit sechs Jahren daran, die Klinik selbsthilfefreundlicher zu gestalten. Die langjährige Kooperation erwies sich als sehr erfolgreich: Der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband ernannte das Krankenhaus Barmherzige Brüder am Donnerstag, 4. Dezember, zum ersten "Selbsthilfefreundlichen Krankenhaus" in Bayern.

Walther B. (43) hatte Darmkrebs. Für ihn hieß es: Operieren lassen oder sterben. Er entschied sich für die rettende OP und muss seitdem mit einem künstlichen Darmausgang leben. Wie ihm geht es etwa 100.000 Menschen in Deutschland. 70.000 erkranken jedes Jahr neu an Darmkrebs. Betroffene mit einem künstlichen Darmausgang ? dem so genannten Stoma ? müssen sich zur Bewältigung ihres Alltages mit vielen Fragen auseinander setzen: "Wie kann ich ein einigermaßen normales Leben führen?", "Was muss ich bei meiner Ernährung beachten?", "Welche Hilfsmittel benötige ich zur Versorgung meines Stomas?" Viele Patienten fühlen sich zunächst überfordert. Zudem kann das Tabuthema "künstlicher Darmausgang" zu Vereinsamung und Depression führen. Genau hier setzen Selbsthilfegruppen mit ihrer Unterstützung an. Sie klären wichtige Fragen zum Alltagsleben und ermöglichen den Betroffenen den Erfahrungsaustausch sowie Freizeitaktivitäten mit anderen Betroffenen.

Das Krankenhaus Barmherzige Brüder Regensburg arbeitet seit 2008 eng mit der Kontakt- und Informationsstelle für Selbsthilfegruppen (KISS) zusammen. Selbsthilfegruppen, KISS und Vertreter des Krankenhauses haben ein umfassendes Konzept erarbeitet, wie Selbsthilfeaktive die Arbeit der Ärzte, Krankenschwestern, Therapeuten und Sozialdienstmitarbeiter unterstützen und ergänzen können. Für seine patientenorientierte und selbsthilfenahe Ausrichtung hat das Krankenhaus nun das Gütesiegel "Selbsthilfefreundliches Krankenhaus" vom Deutschen Paritätischen Gesamtverband verliehen bekommen ? als erstes Krankenhaus in Bayern. Der Verband stellte fest, dass das Krankenhaus auf vorbildliche Weise seinen Patienten schon während ihres stationärenAufenthaltes konkrete Hilfestellungen für die Bewältigung ihres Alltags zu Hause gibt. Antje Liesener von der Berliner Geschäftsstelle des Gesamtverbandes überreichte Krankenhaus-Geschäftsführer Dr. Andreas Kestler gestern (am Donnerstag, 4. Dezember) auf einem Festakt das Gütesiegel. Oberbürgermeister Joachim Wolbergs betonte, er sei stolz darauf, dass in Regensburg das erste selbsthilfefreundliche Krankenhaus Bayerns steht: "Die Hilfe zur Selbsthilfe ist ein wichtiger Pfeiler unserer Gesellschaft, denn Ärzte, Therapeuten und Pflegepersonal können nicht alles leisten, was notwendig ist, um kranke Menschen wieder gesund werden zu lassen oder ein Leben mit einer chronischen Erkrankung lebenswert zu gestalten. Gerade die Vernetzung mit den Selbsthilfegruppen in unserer Stadt ist hier ein wichtiges Hilfsangebot für die Betroffenen, die oft nicht in der Lage sind, sich selbst aktiv um zusätzliche Unterstützung zu bemühen."

"Wir binden die Selbsthilfe systematisch ein, um erkrankten Menschen eine umfassende Versorgung und Betreuung sowohl im Krankenhaus als auch zu Hause zu ermöglichen", erklärt der Selbsthilfe-Koordinator des Krankenhauses, Dr. Heribert Stauder. Durch die Kooperation besteht eine enge Vernetzung der Selbsthilfegruppen mit dem Arzt- und Pflegebereich sowie dem Sozialdienst und der psychologischen Betreuung. "Erkrankte Menschen werden von uns aktiv auf die passende Selbsthilfegruppe aufmerksam gemacht. Und interessierte Patienten erfahren bereits während ihres stationären Aufenthaltes, wann welche Selbsthilfegruppe wo im Krankenhaus präsent ist", so Dr. Stauder. Das Krankenhaus Barmherzige Brüder stellt kostenfrei ein Büro und einen Raum für Gruppentreffen zur Verfügung. Außerdem bietet das Haus jährlich eine Fortbildung für Selbsthilfe-Aktive an und bindet die Selbsthilfe in Patientenveranstaltungen ein. Dr. Stauder erklärt: "Vertreter von Selbsthilfegruppen sind Fachleute in eigener Sache. Als Betroffene kennen sie beide Seiten - Krankenhaus und Privatumfeld. Was liegt also näher, als diese besonderen Experten gezielt einzubinden und so für beide Seiten daraus einen  Nutzen zu ziehen?"

Walther B. wurde schon kurz nach der Operation von den Ärzten des Krankenhauses Barmherzige Brüder der Kontakt zu der Deutschen ILCO, einer bundesweit organisierten Selbsthilfegruppe für Stomaträger und Menschen mit Darmkrebs, vermittelt. "Die Ärzte haben mir das Leben gerettet", so Walther B. "Die Selbsthilfegruppe hat mich aus meiner Lebenskrise geholt."

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Antje Liesener (r.) vom Paritätischen Gesamtverband überreicht das Gütesiegel an Selbsthilfekoordinator Dr. Heribert Stauder des Krankenhauses Barmherzige Brüder und KISS-Koordinatorin Lisbeth Wagner.
Foto: Kristina Lehner

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