section_topline
Redaktions-Hotline: +49 (0)941 59 56 08-0
section_mobile_logo_top
section_header
section_navigation
section_breadcrumbs
section_component

Die private Verschuldung verstärkt sich nicht nur deutschlandweit immer mehr, auch in Regensburg ist die angespannte Situation deutlich spürbar. Fast 12.000 Einwohner sitzen derzeit in der Schuldenfalle, damit ist jeder zehnte Erwachsene in der Domstadt überschuldet. Experten prognostizieren auch für die kommenden Jahre keine Besserung. 

Der typische verschuldete Regensburger ist männlich, Mitte 50 und geriet durch Trennung, Scheidung oder eine gescheiterte Selbstständigkeit in den finanziellen Ruin. Die Zahl der überschuldeten Verbraucher stieg 2015 im Vergleich zum Vorjahr um 381 Personen, das sind 3,3 Prozent in der Stadt Regensburg. Damit ist knapp jeder zehnte Erwachsene überschuldet (9,91 Prozent). Die Schuldnerquote, die die Zahl der überschuldeten Personen zur erwachsenen Bevölkerungszahl ins Verhältnis setzt, ist damit um 0,16 Prozent gestiegen. So  liegt Regensburg etwas über dem bayerischen Landesdurchschnitt. Der Creditreform Schuldneratlas erfasst die Daten zur Überschuldung von Verbrauchern und analysiert dabei nach geografischen Regionen. Überschuldung liegt dann vor, wenn eine Person die Summe ihrer fälligen Zahlungsverpflichtungen auf absehbare Zeit nicht begleichen kann.

Allein im vergangenen Jahr 2015 suchten rund 500 Menschen professionelle Hilfe bei der Caritas Schuldnerberatung in Regensburg. Hinzu kommen noch unzählige anonyme Kontakte am Telefon und in der Onlineberatung. Alfred Damberger von der Schuldnerberatung Caritas Regensburg kennt die Gründe dafür nur zu gut. „Die hohe Arbeitslosigkeit ist da als erstes zu nennen. Menschen verlieren oft plötzlich und unerwartet ihren Arbeitsplatz, haben aber natürlich weiterhin Verbindlichkeiten.“ Hinzu kommen aber auch Haushaltsgründung, Trennung, Scheidung oder gescheiterte Selbstständigkeit. „Problemloses Bezahlen in Raten und Bestellen per Internet spielen auch eine große Rolle. Die Banken vergeben oft zu leichtfertig und zu schnell Kredite. Vielen Menschen wird wegen ihrer Schulden ein Girokonto verwehrt“, weiß Damberger. „Ohne Konto oder bei der Kontopfändung wird das Leben für diese erst recht teuer. Die Banken verlangen nämlich Gebühren für Bar-Einzahlungen.“

Rund acht Prozent der Klienten sind älter als 60 Jahre, die Nachfrage nach Hilfe steigt vor allem bei der älteren Generation. Das liegt zum einen daran, dass sie sich schneller von Leuten beeindrucken lassen, die durch zwielichtige Gewinnversprechen ihr Geschäft mit der Armut machen wollen, zum anderen  daran, dass das Einkommen mit Rentenbezug deutlich niedriger wird. Das belegen auch die Daten des Creditreform Schuldneratlas, die Altersgruppe der 50- bis 59-Jährigen weist in Regensburg die höchste relative Schuldnerbetroffenheit auf. In der Innenstadt sind es sogar Senioren ab 70 Jahren, während in den übrigen Stadtteilen die junge Generation meist deutlich höhere Schuldnerquoten verzeichnen als die älteren Bewohner. Ein deutlicher Unterschied lässt sich bei den Geschlechtern feststellen, so dominieren die Männer mit 13,56 Prozent gegenüber den Frauen mit einer Schuldnerquote von 6,75 Prozent.

Doch wie hilft die Schuldnerberatung in solchen Fällen? „Das kommt ganz auf den Hilfesuchenden an. Will er nur Informationen, zum Beispiel zur Höhe der Pfändungsgrenzen oder zu Hilfen bei Kontopfändung? Will er seien Möglichkeiten aufgezeigt bekommen? Wir begleiten die Menschen beim Schuldnerschutz, auch ins Insolvenzverfahren bis hin zur Restschuldbefreiung.“, erklärt Damberger. Der erste Schritt ist dabei immer die Erstellung eines Haushaltsplanes. „Das erste Ziel muss es sein, Einnahmen und Ausgaben zumindest in die Waage zu bringen.“ Der Haushaltsplan ist auch für jeden einzelnen eine gute Maßnahme, um gar nicht erst in die Schuldenfalle zu tappen. Es gibt dafür Hilfen und Formulare, mit denen die persönliche Situation langfristig im Blick behalten wird. „Außerdem sollten wir den Umgang mit Geld in den Familien und in der Schule stärker thematisieren“, weiß Damberger. „Finanzkompetenz kommt dort oft zu kurz.“ 

Blickt man genauer auf die verschiedenen Regensburger Stadtteile, lassen sich auch hier Unterschiede feststellen. Gegen den Trend sank die Schuldnerquote sogar in den Stadtteilen Regensburg-West und Regensburg-Süd um 0,17 bzw. 0,03 Prozent. Deutlich gestiegen ist die Schuldnerquote dagegen im Kasernenviertel mit 0,63 Prozent. Die Innenstadt weist wie schon in den Vorjahren die höchste Schuldnerdichte (12,68 Prozent) auf. Am geringsten ist diese in Regensburg West mit 6,59 Prozent. Gerade die Zahl an stark und mehrfach verschuldeten Personen, die zum Beispiel einen Antrag auf Privatinsolvenz anmelden müssen, verfestigt sich in der Domstadt. 5.945 überschuldete Personen zeigen bereits solche harten Überschuldungsmerkmale, im Jahr 2014 waren es mit 5.644 Personen noch deutlich weniger. Mittlerweile weist knapp die Hälfte der überschuldeten Verbraucher in Regensburg eine hohe Überschuldungsintensität auf. In diesen Fällen wird der Weg aus den Schulden immer schwieriger.

Zieht man in Regensburg einen längerfristigen Vergleich gegenüber dem Jahr 2008, fällt ebenfalls eine erhebliche Verschärfung der privaten Überschuldungssituation auf. Im Gegensatz dazu war in diesem Zeitraum in Bayern ein leichter Rückgang um 0,16 Prozent festzustellen. Allerdings gab es in Bayern im vergangenen Jahr wie auch schon 2014 eine Zunahme der Zahl an überschuldeten Personen. Während 2014 ein Plus an 9.000 Personen festzustellen war, gab es 2015 schon 18.000 Personen mehr, die in die Schuldenfalle geraten sind. So erhöhte sich die Schuldnerquote sogar stärker als im Bundestrend. Der Kern an stark und mehrfach überschuldeten Personen verfestigt sich auch in Bayern. Blickt man auf das gesamte Deutschland, so sind über drei Millionen Haushalte überschuldet. Die Schuldnerquote lag 2015 bei 9,92 Prozent, im Jahr 2014 noch bei 9,90 Prozent. Damit stieg die Zahl der überschuldeten Personen um rund 44.000 auf mittlerweile 6,7 Millionen Personen an.

„Die Überschuldung wird auf Grund der Entwicklung der letzten Jahre – Stichwort Altersarmut - auf diesem hohen Niveau konstant bleiben“, schätzt Damberger die Situation für die kommenden Jahre ein. „Der Rentensatz wird sinken, private Vorsorge ist angebracht.“ Hilfreiche Maßnahmen gegen die Überschuldung wäre ein weiterer Abbau der Arbeitslosigkeit, sowie höhere und gezielte Bildungsinvestitionen um die Finanzkompetenz zu fördern. Noch dazu würde eine stärkere politische Sensibilisierung für die Belange überschuldeter Personen in vielen Situationen helfen. Weitere Möglichkeiten wären Stärkung und Ausbau der Insolvenz- und Schuldnerberatung, die Förderung einer verantwortungsbewussten Kreditvergabe und eine stärkere Einbindung der Schuldnerforschung in die Armuts- und Bildungsdebatte.

Ein Weg aus den Schulden ist zu schaffen. „Allerdings kostet es viel Kraft und Anstrengung. Wichtig sind Wille und Motivation, seine Finanzen und die Lebenssituation wieder in Ordnung zu bringen. In dem meisten Fällen ist der Gang zum Insolvenzgericht mit anschließender Restschuldbefreiung der richtige Weg.“ 

--------------------

Eventfilter

section_breadcrumbs
footer
Cookie-Einstellungen
nach oben