Ich (er-)fahre zugegeben seit langem selbst 11er. Sauger, dann Turbo. Die Motoren von Porsche hatten immer eine eigene Charakteristik. Gegenüberliegende Zylinderbänke (Bankwinkel 180 Grad) sorgen für einen flachen Motor, der zudem sehr kurz baut und dank Masseausgleich der gegenüberliegend laufenden Kolben schwingungsarm läuft: ein leichter Motor - ideal für einen Sportler. Die Leistung lag dabei immer breit verteilt in einem großen Drehzahlband an – egal ob mit historischen 2.0 oder jüngeren 3.8 Litern Hubraum. Leistung braucht Kühlung – und somit führte Porsche mit dem 996 die Wasserkühlung ein. Ein Tabubruch für alle Anhänger der luftgekühlten Fraktion, eine neue Zeitrechnung in Sachen haltbarer Leistung. Dabei wurden auch die Service- und Wartungskosten grob halbiert, die Autos wurden absolut alltagstauglich. Nun gibt es ein Upgrade in Sachen „Punch“.
Beim 911er gab es bislang „Turbos“ (als Topmodell mit brachialer Leistung) und Saugermotoren wie z.B. in den „Carreras“. Mit dem Facelift des 991 bricht Porsche ein weiteres Tabu: Saugmotoren werden eliminiert, hubraumreduziert und ebenfalls turbodruckbeatmet (außer in R, GT3/4). Unser Cabrio hat dabei den stärksten Biturbo mit 3.0 Litern Hubraum verbaut. Satte, brachiale 420 PS leistet das S-Triebwerk. Damit geht es in 3,9 Sekunden auf 100km/h! Der Basis-Carrera hat übrigens auch schon 370 PS.
Turbo - alles gut? Neben aufwändigeren Komponenten gab es noch zwei 11er-unfreundliche Nachteile. Erstens: er hört sich nicht wie ein Elfer an, da die Lader das „Brabbeln“ zerhackstücken, das Abgas treibt Turbinen an, welche wiederum den Ladedruck erzeugen. Es säuselt also mehr, kein Bollern. Bei höheren Drehzahlen saugt dafür ein startender Kampfjet Hund, Katzen, Kleinkinder und auch Kühe lautstark ein.
Zweitens: Das minimale Turboloch. Porsche hatte zwar die Ansprechzeiten und das Drehzahlband, in dem die Lader Druck machen, extrem verbessert (variable Ladergeometrie), aber trotzdem liegt die Turboleistung je nach Situation im schlechtesten Fall auch mal eine knappe Sekunde verzögert an. Das mag der Kurvenräuber nicht, auch wenn es im Vergleich zum 964er Turbo (Witwenmacher) aus den 70ern schon sehr kultiviert zugeht.
Das Loch ist weg. Die Leistungsverzögerung der „großen“ Turbos der letzten Generationen gibt es schlicht nicht mehr - trotz sogar fehlender variabler Ladergeometrie im 3.0 Liter. Kick ins Gas und der Druck liegt an. Dazu röhrt es schon ohne offene Klappenanlage wie es soll, das zusätzliche Öffnen der Hurratüte ist wirklich nicht nötig. Porschesound trotz Turbo. Für mich der stimmigste Motor, den Porsche bislang für den 911 gebaut hat. Ein extrem breites, sportliches Drehzahlband gepaart mit dem Drehmoment eines 5 Liter V8. Testen Sie es, die Überraschung ist ehrlich versprochen!
Auch am Papier lässt sich dies erahnen: Ab 1700 U/min liegt quasi schon das volle Drehmoment an: satte 500 NM und erst bei 7500 U/min setzt der Begrenzer ein! Glückwunsch. 1535 kg mit Fahrer (ca. 100kg mehr beim Cabrio mit 4-Rad), ein Gewicht, das bei dieser Leistung viel Fahrvergnügen garantiert. Trotz größerer Karosserie ist der 991 damit nur so schwer wie der schwächere Basisvorgänger 997. Bei 130 km/h haben wir 8,3 Liter auf 100km verbraucht. Schubabschaltung, der Segelmodus des Doppelkupplungsgetriebes und Start-Stoppautomatik setzen den Gesamtverbrauch ebenfalls herab.
Am Lenker befindet sich nun auch endlich Wahlschalter fürs Fahrzeugsetup. Von Normal über Sport, Sportplus und einer individuellen Programmierung kann somit bequem gewählt werden, ohne irgendwo in der Mittelkonsole Knöpfe suchen zu müssen, selbst wenn man das Auto kennt.
Das beim 11er das Interieur stimmig und bestens verarbeitet ist, braucht seit dem 997er Modell nicht mehr erwähnt zu werden. Dach weg und nach 20 Sekunden Knopf halten gibt es Frischluft im Überfluss. Sonne und blauer Himmel lassen die Landstraßen Richtung Straubing entlang der Donau zum Urlaub werden. Vielleicht doch schnell über die Alpen nach Italien? Wenn es mal feuchtelt, regelt gegebenenfalls die Elektronik den Schlupf oder fängt das Auto ein Stück weit ein. Jedoch müssen Sie da schon ganz schön provozieren, denn der Vierradantrieb des 4S mit seinen breiten Hinterbacken beißt ordentlich zu. Wir sind bereit für den Sommer.
Ob es wieder einmal der neue beste 11er aller Zeiten geworden ist, wird er beweisen müssen und dürfen. Die Anlagen im gesamten Setup dazu hat er allemal! Den Carrera gibt es ab 96.605 Euro, das schönste bislang gebaute Cabrio ab 123.856 Euro.
911 Carrera 4S Cabrio
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