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Die Thundorfer Straße ist die wohl wichtigste Schlendermeile für Touristen mitten im Welterbe – und bekommt mit der Eröffnung des Museums für Bayerische Geschichte als attraktive Achse zwischen den Sehenswürdigkeiten in Zukunft noch eine größere Bedeutung. Attraktiv allerdings nicht an jeder Ecke. Während sich die Altstadt fein herausputzt, lässt Erhard Adler seit fast 25 Jahren sein rußgeschwärztes Anwesen an der Lindnergasse 1 bewusst verkommen – und die Stadt kann dabei nur zusehen. Ein kleines Stück Hafenstraßen-Flair auch in Regensburg.

Die erste "Stadtrundfahrtsgesellschaft"


Ob er die historischen Adler-Züge von der Bahn einst nur kaufte, weil sie zufällig seinen Namen trugen und ihm so mit einem geschickten Werbeschachzug jede Menge Besucher für die Stadtrundfahrten in Regensburg bescheren sollten, ist ungewiss. Tatsache ist – der ehemalige Bäckermeister Erhard Adler war der erste, der die Idee einer Stadtrundfahrt in Regensburg in die Tat umsetzte.  Hierzu erwarb er Anfang der 90er Jahre mindestens drei sog. "Adler-Straßenzüge" - also Traktoren, die zwei Anhänger zogen in einer Aufmachung ähnlich der ersten Eisenbahn in Deutschland, die von Nürnberg nach Fürth fuhr.



Adler gestaltete die Züge farblich leicht um in durchaus ansehnliche Straßenzüge, wie sie noch heute in verschieden Städten als Sightseeing-Fahrzeuge eingesetzt werden. 1994 wurde ihm auch zum ersten Mal eine Konzession für seine Züge erteilt. Da Erhard Adler schon immer etwas mit der Stadt auf "Kriegsfuß" stand (oder die Stadt mit ihm), wurden ihm grundsätzlich Steine vor die Zugräder geworfen. Es war ein offenes Geheimnis, dass die Stadt die damals gerne als "Disney-Züge" titulierten Adler-Züge nicht haben wollte. So wurde Adler auch der Halt am Domplatz untersagt, um dort Fahrgäste ein- bzw. aussteigen zu lassen.

Also fasste Adler die Idee, die Fahrgäste logistisch kaum weniger prominent an der Donauuferpromenade über einen Art "Bahnhof" mit Fahrkartenschalter und Souvenirladen zu schleusen. Und zwar direkt vor seinem eigenen Haus, vor dem die "Adler-Züge" auch abgestellt waren. Bis 1993 nutzten die Adlers diese Immobilie. Im Erdgeschoss befand sich das Donau-Café, in der ersten Etage eine Wohnung. Mit der Vision eines „Bahnhofs“ wollte Adler aufstocken.

Nach Brandanschlag folgt City Tour

Dieses Vorhaben lehnte das Bauordnungsamt aber ab, weil es offenbar nicht mit dem Status Weltkulturerbe vereinbar war. Über elf Verfahren in einer einzigen Streitsache lagen dem Gericht vor. Denn Erhard Adler, selbst ernannter "Direktor" der von ihm gegründeten "Königlich Bayerischen", der er eine "Königlich Preußische" und eine "Königlich Sächsische" folgen ließ, klagt namens aller drei "Dampfeisenbahngesellschaften", zudem mit eigenem Namen, im Namen seiner Frau und dem seiner Tochter. Doch die Prozesse brachten keine wirkliche Einigung.

Die Adler-Züge konnten aber auch nicht vor dem Anwesen rangieren, da die Stadt vor dem Grundstück Parkplätze ausgewiesen und Parkuhren installiert hatte. Die Züge vielen irgendwann einem Brandanschlag zum Opfer. Nachdem Adler die Konzession für seine Stadtrundfahrten verlor, hatte die Stadt hat mit der Firma "CityTour" selber einen "Disney-Zug" ins Leben gerufen. Doch der „fahrbare Touristenkäfig“ – wie er bei Anwohnern gerne genannt wird – brachte optisch jedenfalls keine Verbesserung.

Das verwahrloste, brandgeschwärzte Adler-Haus steht indes seit mehr als 20 Jahren leer.  Wer aber nun der Schuldige an dem „Schandfleck“ ist, darüber streiten sich die Gemüter: Die Eigentümer werfen der Stadt Verhinderungstaktik vor, die Stadt den Eigentümern Verzögerungstaktik. „Natürlich ist das ist kein schöner Anblick, wenn man das an so einer prominenten Meile über Jahre ertragen muss. Aber uns fehlen  einfach die rechtlichen Handlungsmöglichkeiten, um diesen Zustand endlich mal zu ändern“, bedauert Anton Sedlmeier, Leiter des Amtes für Stadtentwicklung.

Adler - Provokatuer, Opfer und Idealist in einem?



Seit vielen Jahren bemühe man sich bei der Stadt Regensburg um eine Verbesserung der Situation – sei es auf kleinem Dienstweg oder dem Rechtsweg. Schon nach dem Brandanschlag 2007 seien die Eigentümern des Gebäudes aufgefordert worden, „unverzüglich die rußgeschwärzte und brandgeschädigte Nordfassade zu streichen, die Fensterrahmen und Fensterscheiben zu reparieren und die Fenster- und Türöffnungen im Erdgeschoss auf denkmalverträgliche Weise zu schließen“.

Doch die Familie Adler dachte nicht daran. Auch der Versuch einer „Ersatzvornahme“ scheiterte, bei der das Gebäude hätte zwangsrenoviert und die Kosten bei den Eigentümer eingetrieben werden sollen. Einige Investoren zeigten bereits Interesse an dem Filetstück im Weltkulturerbe. Doch Adler wollte nicht verkaufen – zumindest nicht zu akzeptablen Preisen.

Immer wieder prangten neue Transparente  an der Fassade, auf denen „Direktor Adler“ horrende Summen für Vermietung oder Verkauf ausrief, dies aber an bestimmte Nutzungsbedingungen knüpfte. Vor wenigen Tagen dann eine angebliche Sinneswandlung: Auf zwei neuen  Transparenten – geschrieben im gleichen Stil – wurde das Haus nun sogar kostenlos angeboten. Zum Verschenken quasi. Doch zu früh gefreut: Das Angebot zur „Verschenkung zur Wiedergutmachung wegen historischer Vergammelung“ stamme laut Erhard Adler gar nicht von ihm.

„Das waren die Freimaurer“, so Adler gegenüber unserer Redaktion am Telefon. Ja – die Freimaurer machte er über die Jahre des Öfteren gerne für verschiedene Dinge verantwortlich. Auf dem nicht von ihm stammenden Transparent sei ausdrücklich jede Nutzung, die profitgeile Spekulanten und korrupte Stadtpolitiker ärgere, erlaubt. Verboten dagegen „kapitalistischer Kultur-Schickimicki“. Die angegebene Telefonnummer war natürlich echt – und zwar die von Adler persönlich.

Doch wer voller Vorfreude auf ein Immobilien-Schnäppchen zum Hörer griff und zuschlagen wollte, der wurde vom Direktor höchstpersönlich auf den Boden der Realität zurückgeholt. „Natürlich wird das Haus nicht verschenkt“, betont Adler. Schließlich könne damit ohnehin niemand etwas anfangen, da die Stadt die für jegliche Nutzung zugehörigen Stellplätze einfach einkassiert habe. „Zwei oder vier Stellplätze sind für die Größe des Hauses viel zu wenig“, so Adler.

Keine Nutzungspläne - keine Aussichten



Zu Zeiten des Donau-Cafés hätten zu seinem Haus ganze zehn Stellplätze gehört. Als er das Lokal aufgab, habe die Stadt diese Zahl handstreichartig auf vier gekürzt. „Was bitte kann man mit vier Stellplätzen schon anfangen?“, fragt sich der in Regensburg nicht unumstrittene Unternehmer. Obwohl Adler diesbezüglich schon etliche Prozesse verloren hatte, sieht  Juliane von Roenne-Styra von Seiten der Stadt Regensburg durchaus Möglichkeiten: „Wenn es Herrn Adler einzig um dieses Problem geht, würde die Verwaltung für Gespräche die Stellplätze betreffend jederzeit zur Verfügung stehen.“

Stellplätze würden je nach Nutzung einer Immobilie festgelegt. Von Adlers Seiten gäbe es aber keine vorliegenden Nutzungspläne. Bei der Stadt kann man nur hoffen, dass sich der verbitterte Eigentümer die gereichte Hand annimmt. „Die Rechtslage ist derart kompliziert, dass man sonst keine Handhabe hat – es sei denn das Gebäude ist einsturzgefährdet,“ bedauert Juliane von Roenne-Styra. Durch das Eigentumsrecht seien der Verwaltung die Hände gebunden.  Wenn Direktor Adler also sein Haus verfallen lassen will – dann kann er das tun. Vielleicht wird es ja auch in diesem Zustand ein gefragter Selfiespot für Touristen aus aller Welt. Welterbe-Vintage quasi.

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