section_topline
Redaktions-Hotline: +49 (0)941 59 56 08-0
section_mobile_logo_top
section_header
section_navigation
section_breadcrumbs
section_component


Tag 2. Wenige Minuten nach neun Uhr begann der zweite Prozesstag mit der Zurückweisung des Antrags zur Einstellung des Verfahrens. Es mag Verfahrensfehler gegeben haben, jedoch keine Verfahrenshindernisse - so die Richterin. Kurz darauf ergreift ein anfangs gefasster Joachim Wolbergs das Wort.
 
Zu Beginn richtete Wolbergs sich an die Presse und widerlegte was in der Presse letztlich über ihn geschrieben wurde. Nach einer Skizzierung seines Werdegangs erzählt er von seinen ersten Berührungspunkten mit der Politik und Komunalpolitik.  Immer wieder erwähnt er, dass er sich ungerecht behandelt fühlt, weshalb er seinen Beitrag dazu leisten möchte, dass die Wahrheit gesprochen wird. "In dieser Gesellschaft neigen viele zur Verurteilung", deshalb sei er froh dass der Prozess nun begonnen hat und er die Möglichkeit hat sich zu äußern. Dies sei die einzige Chance sich einmal zu äußern.

Anschließend geht er auf sein normales Leben ein, welches er bis kurz vor der Verhaftung geführt hatte. Weiter ging er auf den Tag der Übergabe des Durchsuchungsbefehls ein.

Er wandte sich folgend direkt an die Staatsanwältin Christine Ernstberger :“Sie haben sich bei der Durchsuchung korrekt verhalten. Das rechne ich Ihnen hoch an. Und Sie haben mir versprochen, Sie würden in Richtung Schuld und in Richtung Unschuld ermitteln. Das habe ich Ihnen geglaubt - bis ich verhaftet wurde.”

Schlagartig wurde es, laut Wolbergs erst furchtbar, anschließend grausam. Er betonte, dass er zuvor nie vor Gericht war. Es folgte eine ausführliche Erläuterung der Geschehnisse des Tages seiner Verhaftung. Wolbergs sprach von unbegründeten Vorwürfen und einer Ermittlung die als Grundlage folgendes definierte: "das man Zeitungsartikel gesammelt hatte, auf denen ich mit bestimmten Leuten zu sehen war".

Beim Berichten über den, laut Wolbergs - unbegründeten Aufenthalt in der Psychiatrie in Straubing wird Wolbergs sichtlich emotional. Es folgten Erläuterungen über die Bedingungen und die Videoüberwachung zu dieser Zeit.

Im folgenden Teil ging Wolbergs auf die Vorwürfe ein:“Ich will vorausschicken, dass es Dinge gibt, die ich so nicht mehr machen würde.” In diesem Zuge räumt er außerdem Fehler ein, “vielleicht war ich auch schlampig.” Er sei natürich “kein fehlerfreier Mensch. Aber ich habe niemals etwas strafrechtlich Relevantes getan. Und schon gar nicht bewusst.”

Ausführlich sprach er von der Regelung und Praxis der Handhabung von Spenden im Parteienkontext und betonte des öfteren - es handelte sich immer um Parteispenden für den Wahlkampf und nie um Personenspenden. Des Weiteren richtete er den Blick immer wieder an die beiden Staatsanwältinnen und versuchte darzustellen, wie wenig Ahnung die Anklagebehörde offenbar vom politischen Tagesgeschäft habe.

Nach dem Thema Spenden, wandte er sich dem Punkt Nibelungenkaserne zu. Joachim Wolbergs betonte, mit Unterlegung der Aussagen - durch einige Dokumente, er wäre nie direkt in den Verkauf und die Entwicklung des Areals involviert gewesen. Laut Wolbergs gab es nie Zusammenhänge zwischen den Spenden und der Vergabe von Aufträgen.

Anschließend ging Wolbergs direkt auf seine amtlichen Vorgänger ein und sprach auch immer wieder parteispezifische Handhabungen bestimmter Vorgänge des Koalitionspartners an. Er zitierte außerdem aus dem Fraktionsprotokoll.

Geladen erzählte er bis 15:10 seine Sicht der Dinge, bis er sich nach einem letzten gesellschaftspolitisch-philosophischen Exkurs bedankte.

Nachdem Richterin Elke Escher einige Worte zum Umgang mit E-Mails, der Besetzung von Gremien und der Akquise von Spendern sagte, folgte ein Exkurs von Tretzels Verteidiger Florian Ufer, u.a. zu den Mitschnitten und Aufnahmen.

Ein langer Prozesstag endete gegen 17:30 Uhr.

Weiteres folgt...



Tag 1. Pünktlich um neun Uhr begann der Mammutprozess der Regensburger Korruptionsaffäre. Nach der Verlesung der Anklageschrift dauerte es nicht lange, bis sich die Verteidigung zu Wort meldete und die Zulässigkeit der Anklageschrift mit einem Antrag infrage stellte.
 
Am frühen Nachmittag wurde die Sitzung dann fortgesetzt. Wolbergs Verteidigung begann die Opening Statements mit den Worten, dass die Anklageschrift "kein schönes Bild" des Oberbürgermeisters zeichnet. Und es ginge hier schließlich um "das Schicksals eines Menschen".
 
Große Kritik fiel auch gegenüber der medialen Berichterstattung. Diese fiel oftmals nicht gut recherchiert und plump formuliert aus, was somit zur Verbreitung von Gerüchten und falscher Tatsachen führte. In diesem Zusammenhang kritisierte der Verteidiger Peter Witting außerdem ein, nach seiner Aussage unrechtmäßiges und falsches Verhalten seitens der Staatsanwaltschaft.

Folgend kam er zum Thema Parteispenden, welche Witting als den zentralen Punkt des Verfahrens definiert. Es wäre von Nöten, sich den generellen Umgang mit Spenden genauer unter die Lupe zu nehmen. Die Abgrenzung von strafbarem zu straffreiem Handeln sei in Fällen wie diesem besonders schwierig.

Mit seinem fast 1,5 stündigen Eröffnungsstatement wollte Wolbergs Verteidiger auf die mediale Vorwertung hinweisen und das Gericht sensibilisieren.
 
Es folgte das Opening Statement von Florian Ufer, dem Verteidiger von Volker Tretzel.
“Ich finde, der Kollege hat sehr gut wesentliche Punkte zusammengefasst, um die es hier geht und gehen wird” Sein Kommentar zu den Aussagen über die Medienberichterstattung über Wolbergs: “Was hier geschrieben worden ist, war abartig.”

Weiteres folgt...


Über den Prozess:

4 Angeklagte, 10 Verteidiger, 65 Zeugen und 100 Verhandlungstage: Heute beginnt der Mammutprozess der Regensburger Korruptionsaffäre.
 
Korruption im Regensburger Rathaus?

Es liest sich wie ein Krimi: Hausdurchsuchungen, U-Haft, Abhördienste und aus dem Zusammenhang gerissene Mitschriften auf der einen Seite – rund 475.000 € an Spenden, augenscheinliche Vergünstigungen von 80.000 €, Strohmänner und ein akzeptierter Strafbefehl wegen Bestechung und Vorteilsgewährung auf der anderen. Bis zu 98 Tage hat das Regensburger Landgericht angesetzt, um zu einer Urteilsfindung in der Regensburger Korruptionsaffäre zu gelangen. Neben Joachim Wolbergs müssen sich auch drei weitere Beschuldigte vor dem Landesgericht verantworten: Bauunternehmer Volker Tretzel, ein ehemaliger Tretzel-Mitarbeiter sowie Norbert Hartl, früherer SPD-Fraktionschef im Regensburger Stadtrat.

Vorteilsannahme anstelle von Bestechlichkeit

Entgegen des ersten Antrags der Staatsanwaltschaft und dem Strafbefehl gegen Thomas D., Gründer des Immobilien Zentrums Regensburg, erwartet die vier weiteren in der Korruptionsaffäre involvierten Personen kein Verfahren wegen Bestechlichkeit bzw. Bestechung, sondern lediglich wegen (Beihilfe zur) Vorteilsannahme bzw. Vorteilsgewährung. Beide Anklagepunkte unterscheiden sich nur durch die Auswirkungen der angenommen bzw. offerierten Vorteile auf die Dienstpflicht eines Amtsträgers, hier Joachim Wolbergs. Nimmt ein Amtsträger die Vorteile an, ohne im Gegenzug seine Dienstpflichten zu verletzen, handelt es sich um Vorteilsannahme/-gewährung mit einer maximalen Haftstrafe von 3 Jahren, verletzt der Amtsträger als Gegenleistung seine Dienstpflichten, ist die Rede von Bestechlichkeit/Bestechung (max. 10 Jahre Haft) – beides fällt jedoch unter die Kategorie „Korruption“.

Und auch die neuen Vorwürfe haben es in sich. Eine nachgewiesene Vorteilsannahme in 24 Fällen könnte sich in der Summe juristisch deutlich schwerer auswirken als die zuvor angesetzte Anklage der Bestechung in zwei Fällen. Inwiefern sich die vorzeitige Verurteilung von Thomas D. auf den Strafprozess auswirken wird, bleibt allerdings fraglich. Insbesondere weil das relativ milde Strafmaß (500 Tagessätze und ein Jahr Bewährung) auf einen „Deal“ mit der Staatsanwaltschaft hinweist. Der mutmaßliche Kronzeuge des kommenden Prozesses hatte den Strafbefehl auf Rat seines Verteidigers akzeptiert, um weiteren Schaden für das Immobilien Zentrum Regensburg zu verhindern – selbst wenn die Verteidigung D.s den Vorwurf der Bestechung „für falsch“ erachtet. Dennoch bleibt die Frage im Raum, ob es sich beim kommenden Prozess nur um die Ouvertüre für weitere Verfahren innerhalb der Korruptionsaffäre handelt.

Neben der Vorteilsannahme in 24 Fällen werden auch die Verstöße gegen das Parteiengesetz untersucht. Im Fokus des Verfahrens stehen vor allem die in kleine Tranchen gestückelten Spenden der Baufirma Tretzel. Der Spendenfluss soll von einem Tretzel-Mitarbeiter über mehrere Strohmänner koordiniert worden sein, um deren Herkunft zu verschleiern. Behilflich soll ihm hierbei Norbert Hartl gewesen sein.

Prozessablauf

Auftakt des Prozesses bildet die Involvierung des SSV Jahn in die Korruptionsaffäre. Denn nicht nur Wolbergs wurde über Jahre hinweg von Tretzel finanziell unterstützt. Auch hier geht die Staatsanwaltschaft davon aus, dass die Spenden mit dem Interesse am Baugrund auf dem Nibelungenareal zusammenhängen. Im Anschluss stehen 12 Tage für die Klärung der tretzel’schen Spendenpraxis an, um im Nachfeld die Vergabe des Nibelungenkasernenareals zu klären. Im Jahr 2019 startet schließlich die Beweisaufnahme für diverse Vergünstigungen von Volker Tretzel bei Immobilienrenovierungen und -käufen für das Wolbergsumfeld. Dieser soll sowohl Nachlässe auf zwei Eigentumswohnungen an Familienmitglieder gewährt als auch die Renovierungskosten für eine Immobilie übernommen haben, dessen Miteigentümer Wolbergs ist. Schlusslicht des Prozesses stellt schließlich der Millionenkredit der Sparkasse an Volker Tretzel dar. Zum Zeitpunkt der Kreditvergabe war Oberbürgermeister Wolbergs der Verwaltungsratsvorsitzende der Sparkasse.

Am 09. Mai 2019 könnte bereits das Urteil verlesen werden. Aufgrund der Komplexität und der riesigen Anzahl der Zeugen hat sich das Gericht jedoch weitere Termine bis zum 12. September 2019 reserviert.

Eventfilter

section_breadcrumbs
footer
Cookie-Einstellungen
nach oben