section_topline
Redaktions-Hotline: +49 (0)941 59 56 08-0
section_mobile_logo_top
section_header
section_navigation
section_breadcrumbs
section_component

Corona bringt den Branchen Licht und Schatten. So lautet das Fazit einer IHK-Umfrage bei regionalen Unternehmen. Während Industrie und Tourismus ihre Umsätze aktuell nur schwer steigern können, zählen digitale Geschäftsmodelle zu den strahlenden Gewinnern der derzeitigen Krise. 

Eine leichte gesamtwirtschaftliche Erholung ergibt die Herbst-Konjunkturumfrage der IHK Regensburg für Oberpfalz / Kelheim bei 362 regionalen Unternehmen aller Größen und Branchen. Seit der letzten Umfrage im Mai, die noch vom Lockdown geprägt war, steigt der IHK-Konjunkturklima-Indikator um 22 Punkte auf 107,5 Punkte.   

„Die Corona-Krise wirkt sich jetzt unterschiedlich stark auf die Branchen aus. Selbst innerhalb der Branchen, etwa im Handel und bei Dienstleistern, gibt es Gewinner und Verlierer“, resümiert IHK-Präsident Michael Matt die Ergebnisse. Während die von ihm genannten Branchen von Nachholeffekten ihrer Kunden profitierten, befänden sich Tourismus und Industrie in Summe gesehen noch immer im negativen Bereich. Da zudem Überkapazitäten die Preise drückten, fehle vielen Firmen die Luft für Umsatz-Steigerungen. Vor allem die weitere Entwicklung der Inlandsnachfrage nennen die von der IHK befragten Unternehmen als Risikofaktor. 

Nur jedes fünfte Unternehmen derzeit auf Vorkrisen-Niveau 

Die insgesamt bessere Beurteilung der Geschäftslage könne nicht darüber hinwegtäuschen, dass die überwiegende Mehrheit der Betriebe noch im Krisenmodus sei. „Nur jedes fünfte Unternehmen im IHK-Bezirk befindet sich im Herbst 2020 auf Vorkrisenniveau. In der Industrie sind die Auftragseingänge bereits seit Herbst 2019 im roten Bereich“, sagt Matt. Auch die Umsatzprognosen für 2020 zeigen Gewinner und Verlierer: Jeder fünfte Betrieb erwartet Steigerungen über 25 Prozent, gleichzeitig rechnen 35 Prozent mit deutlichen Einbußen. „Gerade digitale Geschäftsmodelle und Serviceleistungen erfreuen sich einer hohen Nachfrage“, so Matt.

„Finanzpolster ist nicht unendlich“

90 Prozent der Unternehmen bewerten ihre Liquidität aktuell als gesichert. Das liege zum einen an den Finanzpolstern, die die Betriebe in den guten Ertragsjahren vor Corona aufgebaut hätten, zum anderen an den unmittelbar wirkenden Corona-Hilfsprogrammen, massiven Kosteneinsparungen und der Kurzarbeit zur Sicherung der Arbeitsplätze.  

Aktuell spüren 55 Prozent durch Corona keine negativen Auswirkungen auf ihre Finanzlage, 40 Prozent benötigen keine Fremdfinanzierung. „Allerdings ist das Finanzpolster nicht unendlich und in vielen Tourismusbetrieben bereits aufgebraucht“, so IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Helmes. Sorgen bereiten rund einem Fünftel der Befragten ihre sinkende Eigenkapitalquote. „Unser Mittelstand erwies sich bereits bei der Finanzkrise vor über einem Jahrzehnt als besonders robust, weil die hohen Eigenkapitalquoten schnelle Investitionen ermöglichten“, erklärt Helmes.  

60 Prozent der Befragten fordern vom Staat Maßnahmen, die das Eigenkapital der Unternehmen stärken. „Die regionale Wirtschaft plädiert für eine Senkung der Steuern auf einbehaltene Gewinne und Zuschussprogramme für Modernisierungen. Damit würde Deutschland direkt in die Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit der Firmen investieren“, so Helmes. 

Normalität erst 2022 wieder?  

Wann ist die Pandemie überwunden, wird es wieder mehr Einschränkungen des Wirtschaftslebens geben? Bleiben die Grenzen für Waren und Berufspendler offen? Corona erschwert die unternehmerische Planbarkeit insgesamt. „Leider halten angesichts der unsicheren Zukunft vier von zehn Unternehmen Investitionen zurück, oft zu Lasten der Innovationen, die wichtig wären, um den Transformationsprozess ihrer Branche zu meistern“, so IHK-Präsident Matt. Insgesamt fahren viele Unternehmen auf Sicht und planen nur noch wenige Monate im Voraus. In der Industrie sind die Auftragsvorläufe im Schnitt auf zwei Monate gesunken. 30 Prozent erwarten eine Rückkehr zur normalen Geschäftstätigkeit erst nach 2021.

Beschäftigung stagniert

Eine Verbesserung bei der Beschäftigung ist derzeit nicht in Sicht. 35 Prozent der Befragten müssen aufgrund der schwächeren Nachfrage Personalmaßnahmen ergreifen, bei der letzten Umfrage der IHK waren es noch 51 Prozent. Die Mehrheit dieser Befragten gibt an, dass dies über Kurzarbeit, flexible Arbeitszeiten und natürliche Fluktuation, etwa Renteneintritte, erfolgen soll. Betriebsbedingte Kündigungen schließen 17 Prozent nicht aus.

Freie Märkte entscheiden

Der Außenhandel läuft nun wieder besser als erwartet. Ostbayerns Exportwirtschaft ist aufgrund wachsender Hürden im Exportgeschäft seit Jahren bereits leidgeprüft und deshalb breit auf den Weltmärkten aufgestellt. Diese Diversifizierung zahlt sich nun aus. Wenn etwa aufgrund von Grenzschließungen Märkte wegbrechen, werden andere bedient oder Waren dort bezogen oder produziert. Allerdings berichten nur 35 Prozent der Unternehmen über gestiegene oder neue Auslandsaufträge.  

Gerade internationale Kundengespräche oder der Service vor Ort seien global stark eingeschränkt. Die wieder bessere Lage in China spiegelt sich noch nicht in den regionalen Auftragsbüchern wider. Hinzu kommen Unsicherheiten zu den Auswirkungen der US-Präsidentschaftswahl mit Blick auf die weiteren Geschäftsbeziehungen zu den USA und China. Die Industrie zeigt sich für die nächsten Monate im Auslandsgeschäft deutlich optimistischer als Großhandel und Dienstleister. Dabei fokussieren sich die Erwartungen auf den EU-Binnenmarkt.  

Automotive verunsichert

„Unsere Kunden in der Automobilzulieferindustrie fahren derzeit einen strikten Sparkurs“, beobachtet Harald Grünbauer von der Gefasoft Automatisierung und Software GmbH in Regensburg. Das Unternehmen entwickelt und produziert mit seinen 150 Mitarbeitern Sondermaschinen, mit denen seine Kunden im Automotive-Bereich innovative Produkte vollautomatisch fertigen und prüfen können – etwa Head-up-Displays oder Airbags. Der sich schon vor der Corona-Pandemie abzeichnende strukturelle Wandel im Automotive-Bereich hatte sich bei Gefasoft nicht wesentlich bemerkbar gemacht. „Zum Jahreswechsel sind wir noch mit einem sehr komfortablen Auftragsbestand ins Jahr 2020 gestartet“, so Grünbauer.  Dann kam Corona: „Seit dem zweiten Quartal 2020 sind unsere Auftragseingänge massiv eingebrochen.“  

Wie groß die Verunsicherung in der Branche ist, zeigten bei Gefasoft nicht nur die global rückläufigen Auftragseingänge, sondern auch die drastischen Sparmaßnahmen namhafter Leitkunden aus dem Automobil- und Automotive-Sektor. „Die Verunsicherung unserer Kunden bremst sowohl die Absatzperspektiven bei etablierten Antriebskonzepten als auch die breite Markteinführung neuer Antriebe wie Elektro oder Wasserstoff, auf die wir mit unserem Technologieportfolio bestens vorbereitet wären“, meint Grünbauer. Bisher hielt sich die Kurzarbeit bei Gefasoft noch auf niedrigem Niveau. Sie dürfte jedoch in den nächsten Monaten zunehmen. Mittelfristig hofft der Unternehmer auf konjunkturelle Erholung und führt dafür aktuell viele neue Konzeptentwicklungen und Voruntersuchungen durch. Eine Prognose für den Zeitpunkt einer deutlichen Geschäftsbelebung will er jedoch nicht wagen.

Durchbruch fürs digitale Geschäft

Auch bei der Samhammer AG in Weiden – einem 560 Mitarbeiter starken Dienstleister für Lösungen im Kundenservice – war zu Beginn des Corona-Lockdowns die Verunsicherung groß. „Erstmals in der Firmengeschichte mussten wir Personal in Kurzarbeit schicken, weil viele unserer Auftraggeber von heute auf morgen ihre Geschäftstätigkeit eingestellt hatten“, erinnert sich CEO Thomas Hellerich. Während sich bei den Kunden im Maschinenbau und im Automotive die Lage bis heute nicht erholt habe, war das Thema Kurzarbeit bei Samhammer dank der Kunden im Retail, in der Medizin und bei Finanzdienstleistern bald vom Tisch.  

„Corona verschafft neuer Technik den Durchbruch, etwa kontaktlosem Bezahlen, Selbstbedienungskassen, digitalen Preisetiketten im Supermarkt und digitalen Rezepten in den Apotheken.“ Samhammer hat sich darauf spezialisiert, diese gesamte „Telematik-Infrastruktur“ als Dienstleister in den Geschäften zu installieren und im Nachgang Support zu leisten. Auch beim Boom im Online-Handel sei der Kundenservice ein zentrales Thema. „Hier kommen jetzt überall die Themen Künstliche Intelligenz (KI) und digitale Helpdesks auf“, so Hellerich, denn sein Unternehmen sei in diesen Bereichen bereits seit Jahren in Vorleistung gegangen. „Wir haben schon frühzeitig die digitale Wissenslogistik verfolgt.“ KI sei bei alledem nicht allwissend, sie müsse vom und mit dem Menschen lernen. Die Akzeptanz für den Einsatz von KI sei erst seit Corona seitens der Unternehmen und auch der Endverbraucher flächendeckend gekommen. „Die Corona-Krise hat den Entscheidern in den Unternehmen den Mut gegeben, die Digitalisierung voranzubringen. Dabei heißt Digitalisieren vor allem: Verändern – Arbeitsprozesse und Berufsprofile in den Unternehmen neugestalten.“

Eventfilter

section_breadcrumbs
footer
Cookie-Einstellungen
nach oben