Während sich das Jahr dem Ende zuneigt und die Adventszeit beginnt, besucht der Heilige Nikolaus die Kinder in Regensburg. Mit seinem langen weißen Bart, einem roten Gewand, einer Kopf-bedeckung – der sogenannten Mitra, einem Hirtenstab in der linken und einem goldenen Buch in der rechten Hand, bringt er den braven Kindern Mandarinen, Nüsse und Geschenke.
Um Einblicke in die Tradition und den Alltag eines echten Nikolaus zu bekommen, haben wir mit einem ehrenamtlichen Nikolaus aus Regensburg gesprochen. Bevor wir jedoch hinter die Kulissen eines gutherzigen Nikolaus blicken, klären wir noch, woher der Nikolaus eigentlich kommt und welche Rolle Knecht Rupprecht, der für die unartigen Kinder zuständig ist, dabei spielt.
Der Beschützer der Seefahrer
Der Heilige Nikolaus oder auch „der Bischof von Myra“ genannt, lebte im 4. Jahrhundert in der Region der Türkei. Er beschützte die Seefahrer vor schwerem Unheil und versorgte die Bedürftigen an Klosterschulen mit Essen. Dabei entwickelte sich der heutige Brauch des Schenkens in Europa.
In Begleitung: The Bad Guy
Begleitet wurde der Nikolaus erst Ende des 16. Jahrhunderts von Knecht Rupprecht – in Bayern und Österreich auch als Krampus bekannt. Sein Gefährte ähnelte – laut Überlieferungen – dem Teufel. Mit spitzen Hörnern und einem Gesicht wie eine Gestalt der Walpurgisnacht, einer Rute und einem Sack auf den Schultern, zog er mit dem Nikolaus um die Häuser. So kam dieser zu den Familien nach Hause und fragte, ob die Kinder brav gewesen seien. In den meisten Fällen war der Nikolaus mit der Bescherung beschäftigt, während der böse Teufel danebenstand und den Kindern riet, artig zu bleiben.

© Die Stadtamhofer Nikoläuse
Der Besuch des Nikolaus vermittelt heute vor allem Freude, Freundlichkeit und den Gedanken des Schenkens. Diese Werte bleiben den ursprünglichen Legenden und Traditionen des Heiligen Nikolaus treu und lassen auch den bösen Gefährten nicht mehr ganz so fürchterlich erscheinen.
Ein Tag als heiliger St. Nikolaus in Regensburg
Nach der geschichtlichen Seite des Brauches wird es nun Zeit, einen Blick hinter die Kulissen eines echten Regensburger Nikolaus zu werfen. Wer könnte einem in der Vorweihnachtszeit besser beibringen, Kinderaugen zum Leuchten zu bringen, als der gutherzige Nikolaus?
Die ehrenamtlichen Stadtamhofer Nikoläuse in Regensburg sind jedes Jahr am 5. und 6. Dezember unterwegs und verbreiten die Geschichte des Heiligen St. Nikolaus. Mit ihrem Einsatz sammeln sie seit über 50 Jahren Spenden für gemeinnützige Organisationen und bedürftige Familien, die mit schwierigen Lebensumständen zu kämpfen haben. Unser filter-Team hat einem der über 30 freiwilligen Nikoläusen ein paar Fragen zu den Aufgaben als Heiliger St. Nikolaus gestellt.
Der Nikolaus im exklusiven filter-Interview
Wie wird man Nikolaus bzw. Nikoläusin?
Wenn man Interesse hat, darf man ein „Praktikum“ als Krampus machen und sich den Einsatz als Nikolaus erst einmal anschauen. Falls man danach immer noch begeistert ist, steigt man in den Dienst als Heiliger Nikolaus ein. Nicht nur Männer sind bei uns sehr gefragt – auch Frauen, die als Krampus, Fahrer oder rund um die Organisation aushelfen, sind immer gern gesehen.
Wie läuft eine Bewerbung als Nikolaus ab? Braucht man besondere Talente und Voraussetzungen?
Bisher haben sich die Nikoläuse durch Mundpropaganda gefunden. Oft werden diese im Bekanntenkreis von bestehenden Mitgliedern gefunden. Bei Interesse kann man gerne über unsere Homepage Kontakt zu uns aufnehmen. Von Vorteil ist es natürlich, wenn man den Umgang mit Kindern liebt. Unser Hauptanliegen ist es, die Tradition des Besuchs des St. Nikolaus zu bewahren und in die Familien zu bringen. Eine laute und imposante Stimme des Heiligen Nikolaus trägt immer zu großen Kinderaugen bei.
Was macht einen guten Nikolaus aus?
Ein guter Nikolausbesuch endet immer mit strahlenden Kinderaugen, die sich über den Besuch gefreut haben. Der Nikolaus kommt nicht nur zum Loben, etwas Tadel ist meist auch dabei – hier kommt es darauf an, auf die Kinder einzugehen.
Was sind die Aufgaben eines Nikolaus?
Den Brauch beziehungsweise die Tradition zu erhalten. Die Geschichte des Heiligen Nikolaus reicht bis ins Jahr 270 zurück. Er zeigt den Kindern deren positives und negatives Verhalten auf.
Was genau machen die Freiwilligen am Nikolaus-Tag?
Da wir nur nebenberufliche Nikoläuse haben, finden wir uns alle erst nach Feierabend zusammen. Nach dem Umziehen von Nikolaus und Krampus werden diese mit einem Fahrer von Familie zu Familie gebracht, die einen Nikolaus-Besuch gebucht haben. Dort angekommen, liest sich der Nikolaus in die positiven und negativen Stichpunkte der Kinder ein. Im goldenen Buch ist das alles niedergeschrieben.
Der Krampus verstaut währenddessen in seinem Sack die Geschenke der Kinder. Der Besuch an sich beginnt immer mit einem Gedicht, welches wir schon seit über 50 Jahren im Einsatz haben. Nach der Übergabe der Geschenke wird oft noch etwas auf Instrumenten gespielt, gesungen oder ein Gedicht vorgetragen. Auch das Ende des Besuchs wird mit einem kurzen Reim abgerundet. Anschließend ziehen Nikolaus und Krampus zur nächsten Familie weiter.
Welche Geschenke werden zumeist an die Kinder verteilt?
Die Geschenke an die Kinder werden von den Eltern selbst gestellt. Diese werden uns entweder vor Ort heimlich überreicht oder vor der Haustür deponiert. Der Trend geht allmählich wieder zu kleinen Nikolausgeschenken zurück, was besonders unsere Krampusse freut, die nicht mehr so schwer zu schleppen haben. Die Tradition mit Äpfeln, Mandarinen, Nüssen und Schokolade wird auch immer mehr, meist ist auch ein kleines Spielzeug mit dabei. Früher wurden Nüsse als Gabe des Sommers geschenkt, da sie die Leute nahrhaft über den Winter bringen sollten. Äpfel und Mandarinen hingegen zählen als wahre Vitaminbomben. Die Schokolade kam erst deutlich später zur Tradition hinzu.
Warum sollte man als ehrenamtlicher Nikolaus arbeiten anstatt über ein Portal gegen Geld gebucht zu werden?
Das Ehrenamt als Nikolaus gibt einem so viel zurück. Für unsere Mitglieder zählt das schon zur besinnlichen Weihnachtszeit und ist jedes Jahr fest eingeplant. Besonders in der Vorweihnachtszeit ist es schön, anderen Menschen etwas Freude zu schenken. Es macht Spaß und bereichert einen selbst immer wieder, Teil eines schönen Nikolausabends zu sein. Außerdem ist der Dienst als Nikolaus begrenzt und deutlich zeitsparender als andere Hobbies.
Ein Heiratsantrag – persönlich überliefert vom Nikolaus
Nach diesem interessanten Interview haben die Stadtamhofer Nikoläuse uns noch ein Highlight aus ihrer Zeit als Nikolausverein verraten: Sie durften vor einigen Jahren der Überbringer eines Heiratsantrags sein. Dabei wurden sie ganz normal gebucht, nur wurde bereits im Voraus übermittelt, dass es nicht um Kinder, sondern um einen Heiratsantrag gehe – der am Ende auch angenommen wurde. „Man merkt hier, der Nikolausbesuch ist nicht nur etwas für die Kleinen“, beenden die ehrenamtlichen Stadtamhofer Nikoläuse das Interview.
Der Job als Nikolaus ist wirklich etwas Besonderes. Die ehrenamtlichen Stadtamhofer Nikoläuse verbreiten alle Jahre wieder eine weihnachtliche Stimmung, erhalten den Brauch des St. Nikolaus und sammeln Spenden für gemeinnützige Projekte wie das VKKK Nachsorgezentrum, das Jugendhospiz, die Tafel Regensburg, die Rengschburger Herzen und viele mehr.
Damit ist der Heilige St. Nikolaus nicht nur ein prägendes Erlebnis für Klein und Groß, sondern auch ein sehr wichtiger Teil der ehrenamtlichen Arbeit in unserer Domstadt. Dafür möchten wir uns recht herzlich bei allen engagierten Menschen bedanken und wünschen allen eine schöne Adventszeit!
Sarah Solleder | filterMagazin