Susanne Baur ist 33 Jahre alt und machte Karriere in der Automobilbranche. Nun gönnt sie sich ein Jahr Auszeit – und arbeitet ehrenamtlich für einige Wochen bei der Notunterkunft für Obdachlose NOAH-deinTagNachtHalt der Caritas.
Susanne Baur ist dann mal raus aus ihrer Bubble. Bis vor kurzem arbeitete sie erfolgreich in der Automobilbranche, nun kommt sie dreimal wöchentlich als Ehrenamtliche in die Caritas Notunterkunft für Obdachlose NOAH-deinTagNachtHalt. Ihre Wochentermine: montags Bogenschießen, mittwochs Museumbesuch, donnerstags Deutschunterricht.
Argumente zur Freizeitgestaltung
Wenn die Ehrenamtliche Mittwochmorgen in der Notunterkunft die Leute zu überzeugen sucht, ins Museum mitzukommen, heißt es nicht gleich „klar, cool, machen wir“. Es braucht gute Argumente, das Stichwort „Kulturteilhabe“ genügt nicht. Aber ein paar kommen immer mit, raus aus der Notunterkunft am Stadtrand, rein ins Kulturleben im Zentrum, ins Haus der Bayerischen Geschichte oder das Dackelmuseum.
„Oft geraten Menschen ganz plötzlich hinein“
Seit Mitte April ist die Karrierefrau als Ehrenamtliche bei der Caritas tätig. Zwei Monate wird sie sich in der Obdachlosenhilfe einbringen. Denn im siebten Jahr ihres Berufslebens hat sich die 33-Jährige für ein Sabbatical entschieden, zwölf Monate Auszeit. Reisen wird sie auch, sagt sie. Vor allem aber will sie in unbekannte Welten eintauchen, die vor der eigenen Haustür liegen.
„Wir reden oft so lapidar über Menschen, die obdachlos sind. Als müssten sie sich nur einen neuen Job suchen, um wieder ein eigenständiges Leben zu führen“, sagt Susanne Baur. „Aber so einfach ist es nicht.“ In der Kürze der Zeit hat sie gelernt, wie komplex die Ursachen für Wohnungslosigkeit sind und es nahezu jeden treffen kann. Oft geraten Menschen ganz plötzlich hinein, durch einen Schicksalsschlag oder eine psychische Erkrankung. Und viel zu oft sind die Wege zurück in ein selbständiges Leben aussichtslos, wenn die Betroffenen keine Hilfe erhalten. „Ich möchte etwas für Menschen tun“, sagt Baur.
Frischer Wind motiviert Obdachlose
„Susanne bringt frischen Wind in die Einrichtung“, sagt Barbora Pokorny, Einrichtungsleiterin der Notunterkunft. Für das Gelingen ihrer Arbeit sei ehrenamtliches Engagement enorm hilfreich. „Das stärkt das Selbstwertgefühl, die Motivation und die Teilhabe von Obdachlosen.“
Und sich selbst tut die Ehrenamtliche auch Gutes. „Ich lerne viel über mich und über andere“, sagt Susanne Baur. In ihrem Leben gab es bislang keine Berührungspunkte zu Obdachlosen. Die neuen Begegnungen empfindet sie als bereichernd. Und als vernichtend – für Vorurteile. „Wer obdachlos ist, ist auch nur ein Mensch.“
Caritasverband für die Diözese Regensburg e.V. / RNRed