Die Stadt Regensburg hat rund sieben Hektar Land auf dem Keilberg gekauft, um dort neue Wohnungen zu errichten. Doch bereits kurz vor dem Baubeginn wurde ein Baustopp verhängt. Der Grund: Das Gebiet sei ein geschütztes Biotop und damit nicht bebaubar. Ein brisanter Umstand, den die Stadt offenbar lieber unter Verschluss gehalten hätte – bis er in einer Sitzung plötzlich zur Sprache kam.
Am Donnerstag, den 03. Juli, tagte der Regensburger Stadtrat. Zum Ende hin ging es in die Fragerunde, bei der über das Bauprojekt am Keilberg gesprochen wurde. Bereits 2021 begannen erste Planungen für neue Wohnhäuser. Zwei Jahre später beschloss der Stadtplanungsausschuss sogar, das Baugebiet zu verdoppeln. Seit 2023 steht der Bebauungsplan fest, dennoch kann das Projekt nun nicht weiter voranschreiten, da man ein gesetzlich geschütztes Biotop entdeckt hat. Politiker Christian Janele spricht von einem Skandal, nachdem er das in einer öffentlichen Sitzung angesprochen hatte und seine Frage im Protokoll plötzlich nicht mehr vorfinden konnte. Das möchte Janele nicht hinnehmen und äußert sich empört über das Verhalten der Stadt. Wir haben mit dem Politiker und der Stadt Regensburg über die aktuellen Geschehnisse gesprochen.
„Skandal“ bei Stadtratssitzung enthüllt
Während der Stadtratssitzung stellte Christian Janele, Vorsitzender der Christlich-Sozialen Bürger (CSB) in Regensburg, eine Frage an Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer (SPD): „Frau Oberbürgermeisterin, können Sie uns zu dem aktuellen Sachstand des Neubaus am Hollerweg (Keilberg) etwas Erhellendes berichten?“ Noch bevor er die Frage vollständig formulieren konnte, wurde er von der Oberbürgermeisterin unterbrochen. Die Begründung: Es handle sich um nicht öffentliche Informationen, die in einer öffentlichen Sitzung nicht behandelt werden dürften.
„Das ist skandalös“
Die Audioaufnahme der Frage wurde später aus dem Protokoll entfernt – für Janele vollkommen unverständlich: „Das ist skandalös, dass diese Audioaufnahme gelöscht wurde. Die Informationsfreiheit wird somit unterdrückt. Für mich hat die Stadt das Thema unter den Teppich kehren wollen, aber genau damit haben sie es nur hochkochen lassen“, sagt er im exklusiven Interview mit Regensburger Nachrichten.
Die Stadt Regensburg reagiert auf die Nachfrage, warum Janeles Frage gelöscht wurde, wie folgt: „Es wurde keine Löschung veranlasst, sondern eine Entfernung eines Wortbeitrags, da sich Herr Janele auf eine Information, die ihm in einem nichtöffentlichen Rahmen bekannt gemacht wurde, berufen hatte.“ Auf diese Begründung der Stadt reagierte Christian Janele empört: „Ich habe keine Belangen Dritter bezüglich Käufer oder Kaufpreise genannt. Der aktuelle Sachstand bezüglich des Baugebiets am Keilberg ist auch für die Bürger von zentraler Bedeutung“, sagt er.

Vorsitzender der Christlich-Sozialen Bürger (CBS) Christian Janele. © CSB
„Sowas kennt man nur aus Diktaturen“
Für Christian Janele steht nun die Frage im Raum, wer das Entfernen seiner Frage veranlasst hat. „Das nehme ich nicht in Kauf – so etwas kennt man nur aus Diktaturen. Ich erwarte Konsequenzen für denjenigen, der das zu verantworten hat“, sagt er.
Wie es nun mit dem Baugebiet am Keilberg weitergeht, ist derzeit unklar. Sollte es sich tatsächlich um einen sogenannten Magerrasen auf dem Grundstück handeln, wäre dieser gesetzlich geschützt – und damit von jeglicher Bebauung ausgeschlossen.
Eine erneute Verschwendung von Steuergeldern?
Christian Janele zweifelt an der Vorgehensweise der Stadt: „Mich wundert, wer das damals überprüft haben soll, ob das Gebiet für einen Neubau geeignet ist. Das muss ja jemand schon vor zwei Jahren gewusst haben, dass die Fläche dafür nicht genutzt werden kann, da ein Magerrasen nicht von heute auf morgen entsteht. Wenn man viel Geld für ein Biotop ausgibt, welches man nicht bebauen kann, dann hätte die Stadt es nicht kaufen sollen. Bei solch enormen Investitionen brauchen wir eine offene, ehrliche und transparente Diskussion. Es sind Steuergelder ausgegeben worden, daher haben die Steuerzahler das Recht, umfassend informiert zu werden. Wenn Fehlentscheidungen getroffen wurden, müssen die Zuständigen auch Verantwortung übernehmen“, sagt Janele.
Die Stadt Regensburg äußerte sich zu der Frage, woher das Geld für das rund sieben Hektar große Land stammt, klar: „Eine Stadt finanziert ihre Ausgaben durch eine Kombination aus eigenen Steuereinnahmen, Zuweisungen vom Land und Bund sowie Gebühren und Beiträgen“, erklärt Juliane von Roenne-Styra, Sprecherin der Stadt.
„Das Vertrauen ist massiv gestört“
Politiker Christian Janele äußert schwere Kritik: „Es ist skandalös, was unter dieser SPD-Regierung passiert. Das Vertrauen ist nun massiv gestört und man weiß ja auch nicht, ob da nicht schon öfter was gelöscht wurde. Man spricht immer von Transparenz und Einbindung, und dann schneidet man eine Nachfrage einfach raus.“
Biotop war bereits bekannt – Stadt verteidigt Vorgehen
Die Stadt Regensburg beteuert, dass die Grundstücke vor dem Kauf von einem Experten begutachtet worden seien. „Die Grundstücke wurden vom Liegenschaftsamt im Vorfeld des Erwerbs geprüft. Entsprechend den marktüblichen Gepflogenheiten basierte diese Prüfung auf den zum Ankaufszeitpunkt vorliegenden bzw. öffentlich einsehbaren Informationen wie Biotop-, Denkmal- und Altlastenkartierung und umfasste darüber hinaus die Prüfung des Grundbuchs auf etwaige Belastungen und Hinweise sowie die Prüfung der rechtlichen Gegebenheiten wie Miet-/Pachtverträge“, sagt Juliane von Roenne-Styra.
Jedoch räumt die Stadt auf die Nachfrage der Redaktion ein, dass das Biotop der Verwaltung bereits bekannt war: „Im Rahmen der Kartierungsarbeiten zur amtlichen Biotopkartierung, die für das gesamte Stadtgebiet im März 2022 beauftragt worden ist und noch im Juli 2025 durch Veröffentlichung abgeschlossen werden soll, wurde das bislang unbekannte Biotop festgestellt. Das genaue Kartierungsergebnis des Biotops (eine Teilfläche des Grundstücks) ist der Verwaltung seit Ende Mai 2025 bekannt“, teilt Juliane von Roenne-Styra mit.
Sollte das Gebiet nicht bebaut werden dürfen, wäre es laut Janele „ein Fiasko“, da in Regensburg kaum noch geeignete Bauflächen verfügbar seien. Zudem gehört der Stadt nun ein 7,2 Hektar großes Biotop – ohne erkennbare Nutzungsperspektive.
Für Donnerstag, den 24. Juli, kündigte Christian Janele an, das Thema erneut in einer Sitzung ansprechen zu wollen. Doch die Stadt selbst weiß offenbar noch nichts von diesem Termin: „Derzeit läuft die Erarbeitung diverser Gutachten im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens. Parallel wird der städtebauliche Entwurf weiterentwickelt. Wann die nächsten öffentlichkeitsrelevanten Schritte im Verfahren erfolgen, kann derzeit noch nicht benannt werden“, teilt Juliane von Roenne-Styra schriftlich mit.
Sarah Solleder / RNRed