Micaela Sabatier ist seit mehr als drei Jahrzehnten in der Fashion-Branche tätig – als langjährige Managing Partnerin bei Strenesse und kreative Kraft hinter zahlreichen Fashion-Shows hat die gebürtige Regensburgerin ein ganz besonderes Gespür für Stil, Haltung und Markenidentität entwickelt. Ihr Beruf führte sie unter anderem bereits nach London, Mailand, Paris, in die USA und viele andere internationale Mode-Metropolen.
Wir durften einen Blick hinter die Kulissen dieser besonderen Frau werfen: Wie sie in die Fashion-Welt gekommen ist und warum ihr schnell klar wurde, dass sie Mode nicht nur tragen, sondern Geschichten darüber erzählen wollte. Im Gespräch gab sie spannende Einblicke, wie man eine Show auf die Beine stellt – von den Castings bis zur Inszenierung – und erinnerte sich an besondere Momente, auf die sie mit Stolz zurückblickt.
Als Unternehmerin und Kreativdirektorin bist du eine feste Größe in der Fashion-Szene. Wie hat deine Reise in die Modewelt begonnen und wie hat sich deine berufliche Laufbahn entwickelt?
Ich habe als Model angefangen – das war mein erster Zugang zur Welt der Mode. Doch recht schnell wurde mir klar: Mich interessiert nicht nur das Tragen von Kleidung, sondern das Erzählen von Geschichten durch Bewegung, Musik, Dramaturgie. Ich habe begonnen, Choreografien für Fashion Shows zu entwickeln – und dann THE SHOW-Studio gegründet.
In den letzten Jahren habe ich Strenesse intensiv begleitet – konzeptionell, gestalterisch und strategisch. Die Marke hat eine lange Geschichte, und ich habe sie sehr bewusst in die Gegenwart mitgetragen. Auch heute bin ich noch mit ihr verbunden und für die Marke tätig.

Strenesse Show © Micaela Sabatier
| Strenesse ist eine zeitlose Modemarke, die für minimalistische Designs und hohe Qualität. |
Außerdem habe ich das archival_studio_gegründet, weil ich überzeugt bin: Wir müssen Mode anders denken. Bei diesem Konzept geht es darum, Second-Hand statt neu produzierter Kleidung zu kaufen. „Archival Fashion“ geht dabei weit über das klassische Vintage-Shoppen hinaus. Der Fokus liegt darauf, seltene und stilprägende Stücke aus früheren Designer-Kollektionen zu entdecken. Es geht aber auch um Verantwortung: Diese Art, Mode zu konsumieren, ist die einzige, die den Planeten nicht stärker belastet als zuvor. Das ist ein zentraler Gedanke, den ich immer wieder betone – auch als Kreative, auch in meinen Shows.
Ist Archival-Shopping als Gegenentwurf zu Fast Fashion ein neuer Trend in der Fashion-Branche?
Ja, das gezielte Shoppen in Archiven oder das Anlegen eines eigenen Mode-Archivs ist Ausdruck eines neuen Zeitgeistes in der Modewelt geworden. Darin spiegelt sich auch ein wachsendes Bewusstsein für Nachhaltigkeit und den achtsamen Umgang mit unserem Planeten wider – was ganz klar einen Gegenentwurf zur Schnelllebigkeit der Fast Fashion darstellt.

Shoppen in Archiven © archival_studio
THE SHOW by Micaela Sabatier – Inszenierte Mode als Gesamtkunstwerk
Unter der Leitung von Micaela Sabatier konzipiert und realisiert das Studio Veranstaltungen, Fashion-Shows, Messen sowie Sport- und Tanz-Performances – stets mit einem hohen Anspruch an Ästhetik und Aussagekraft. Von Catwalk- oder Bodywear-Shows bis zu Präsentationen von Kollektionen.
Zum Repertoire von THE SHOW gehören zudem professionelle Foto- und Videoproduktionen für Kampagnen, Lookbooks, Online-Shootings oder Social-Media-Inhalte. Für Micaela Sabatier ist THE SHOW ein Manifest für Mode als lebendige Kunstform. Jede Inszenierung hat dabei ein klares dramaturgisches Konzept.
Wenn ihr bei THE SHOW ein Event plant, übernimmst du die komplette Organisation – von der Auswahl des Veranstaltungsorts und der Erstellung eines Konzepts über die Castings von Models und Tänzer:innen sowie der Auswahl von Influencer:innen und VIPs bis zur Aftershowparty. Wo hast du dir dieses umfassende Know-how angeeignet?
Da ich selbst als Model gearbeitet habe, wusste ich von Anfang an, wie eine Show hinter den Kulissen abläuft. Geholfen hat mir auch, dass ich als kleines Kind Ballett getanzt habe: Hier habe ich früh gelernt, Musik zu zählen und Bewegungsabläufe im Takt zu denken. Als ich im Club Med (Club Méditerranée) gearbeitet habe, war ich auch schon für die Shows verantwortlich. Gewisse Details, wie dass ein Model maximal eine Minute zum Umziehen brauchen darf, lernt man dann ganz automatisch.
Wenn ich unterwegs bin, erhalte ich immer neue Eindrücke – etwa auf verschiedenen Fashion-Weeks, wie etwa der in Paris. Sie dienen mir auch als Inspirationen für Bühnenbilder, Konzepte und Ideen.
Zudem besuche ich regelmäßig Trendforen wie jenes von Li Edelkoort, verfolge über Social Media laufend aktuelle Trends und integriere auch KI in meinen kreativen Prozess.
| Lidewij „Li“ Edelkoort ...zählt zu den weltweit renommiertesten Trendforscherinnen im Bereich Mode und Design. Die gebürtige Niederländerin prägt seit mittlerweile 35 Jahren die internationale Trendforschung und gilt als Pionierin auf diesem Gebiet. Sie berät weltweit bekannte Marken wie Gucci, L’Oréal oder Coca-Cola und ist zugleich eine wichtige Stimme für mehr Nachhaltigkeit in der Modeindustrie. |
Bei THE SHOW übernehmt ihr auch die Castings und Buchungen von Models. Wie laufen diese ab?
Zuerst erfolgt ein detailliertes Briefing an die Agenturen, in dem wir die Anforderungen, Looks, Rollen und das Konzept der Show beziehungsweise der Produktion definieren. Anschließend erhalten wir Vorschläge aus dem Pool der Agenturen, aus denen ich persönlich eine Vorauswahl treffe. Die ausgewählten Models werden dann zum Live-Casting eingeladen, das wir je nach Projekt in verschiedenen Städten durchführen – zum Beispiel in München, Berlin, Mailand oder Prag.

Bogner Show © Micaela Sabatier
Was macht für dich ein gutes Model aus?
Ein gutes Model ist weit mehr als nur ein schönes Gesicht oder ein perfekter Körper. Es bringt eine besondere Mischung aus Ausstrahlung, Professionalität und Persönlichkeit mit. Die Fähigkeit, verschiedene Rollen, Stimmungen und Stilrichtungen glaubwürdig zu transportieren, ist essenziell.
Wie erkennst du einen guten Foto- bzw. Videographen?
An den Bildern beziehungsweise Videos: Ich schau mir die Arbeit an – wenn sie Emotion, Timing und Haltung hat, weiß ich: Der oder die kann’s.
Besondere Momente und Begegnungen
Dein Unternehmen und auch du selbst hast dich laufend weiter entwickelt. Welche Weggefährten haben dich und deine Arbeit geprägt?
Ich durfte mit so vielen außergewöhnlichen, kreativen und engagierten Menschen arbeiten. Viele von ihnen sind nicht nur Kolleg:innen gewesen, sondern über die Jahre zu Freunden geworden. Die Weggefährten waren vielleicht das Schönste an meinem Weg. Jeder hat auf seine Weise Spuren hinterlassen und meine Arbeit bereichert. Ohne dieses Netzwerk an Talenten, Persönlichkeiten und Charakteren wären viele meiner Shows nicht das geworden, was sie waren.
Gibt es Momente, auf die du besonders gerne oder mit Stolz zurückblickst?
Eines meiner persönlichen Highlights war die Pierre Cardin-Show zur BMW-Eröffnungsgala in Regensburg. Die Show wurde später in der Wiener Hofburg und in Frankfurt erneut aufgeführt – Pierre Cardin war bei allen Terminen persönlich anwesend. Auch die Champion Shows in Atlanta, Mailand und Paris hatten eine ganz eigene Energie. Für Arena haben wir weltweit gearbeitet – u. a. in London, Mailand, Malaga und Mykonos. Und ich erinnere mich gut an die Triumph Opening-Show in München mit Lena Gercke zur Fußballmeisterschaft – ein großartiger Moment der Verbindung von Sport, Mode und Bühne.
Auch die Strenesse-Tournee in Dubai, Abu Dhabi und die Alai war ein großartiges Erlebnis.
Vielen Dank für die tollen Einblicke, Micaela!
Ein Portrait von Marina Triebswetter