Das Bleicher-Anwesen in Hemau steht seit zehn Jahren leer – nun soll über seine zukünftige Nutzung entschieden werden. Im Rahmen des Projekts ,Sorgende Stadt Hemau´ erarbeitet die Stadt gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern kreative Ideen, wie das Areal genutzt werden kann. Im Raum steht ebenfalls die Frage, ob es saniert oder neugebaut werden muss.
Bei einem Spaziergang entlang der Regensburger Straße in Hemau reihen sich gepflegte Häuser aneinander, in den Vorgärten blühen Sommerblumen in leuchtenden Farben. Doch ein Grundstück fällt aus dem Bild: Die Fassaden der Gebäude sind verblasst, die einst grüne Wiese färbt sich bereits leicht braun, und kein Mensch ist auf dem Gelände zu sehen. Die Rede ist dabei vom sogenannten „Bleicher-Anwesen“. Einst diente es als Betrieb für den Handel und die Reparatur von Landmaschinen – jedoch steht es mittlerweile seit zehn Jahren leer. Zu diesem Zeitpunkt erwarb die Stadt Hemau das Anwesen. Erst seit Beginn dieses Jahres wird über die mögliche Zukunft des weitläufigen Grundstücks debattiert. Soll es umfangreich saniert oder abgerissen und neu gebaut werden?
Der Stadt Hemau ist es eine Herzensangelegenheit, die Bürgerinnen und Bürger in diese Entscheidung miteinzubeziehen. Dafür hat sie das Projekt ,Sorgende Stadt Hemau´ ins Leben gerufen. Ziel ist es, den Sozialraum der Stadt gemeinsam mit den Anwohnerinnen und Anwohnern neu zu gestalten – auch über das Bleicher Anwesen wird innerhalb des Projektes diskutiert.
Arztpraxen und Wohnungen oder Räume für Bewegung und Begegnung? So unterschiedlich sind die Ideen der Bürgerinnen und Bürger.
Ein Jahr Beteiligungsphase zugunsten des „Filetstücks der Stadt“
Um Ideen, Konzepte und Vorschläge der Anwohnerinnen und Anwohner zu berücksichtigen, hat die Stadt Hemau vier Beteiligungsphasen ins Leben gerufen. Die ersten fanden bereits im März und Juni dieses Jahres statt – die dritte soll am 15. November 2025 erfolgen. Bürgerinnen und Bürger können sich auf der Online-Plattform „PUBinPLAN“ anmelden und ihre Ideen einreichen sowie die Vorschläge anderer kommentieren und bewerten.

Bürgermeister Herbert Tischhöfer bewirbt die Plattform „PUBinPLAN“. © Doris Wirth
„Mittlerweile wurden 74 Beiträge zum Projekt ,Sorgende Stadt Hemau´ online erfasst“, sagt Dr. Sven Schmuderer, Betreuer der Beteiligungsplattform PUBinPLAN der TH Deggendorf.
Die letzte Umfrage ist für das Frühjahr 2026 geplant. Ziel ist es, bis zum 30. September 2026 ein fertiggestelltes Konzept zu entwickeln. Neben der Plattform gibt es für Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit, ihre Ideen bei öffentlichen Informationsveranstaltungen der Stadt miteinzubringen.
Dazu zählt etwa ein „Standort-Spaziergang“, der am 14. April dieses Jahres stattfand. Dabei konnten Anwohnerinnen und Anwohner mit dem ersten Bürgermeister der Stadt Hemau, Herbert Tischhöfer, sowie Projektleiter Dr. David Rester und Beteiligungsexperte Dr. Sven Schmuderer auf dem Anwesen gemeinsam über Ideen diskutieren.

Dr. David Rester (links) und Dr. Sven Schmuderer (rechts) beim Standort-Spaziergang mit den Bürgerinnen und Bürgern. © Doris Wirth
Ein Trichter voller Ideen
Sowohl die Online-Plattform als auch die Workshops sollen den Anwohnern in Hemau ausreichend Zeit geben, um der Stadt sämtliche Ideen mitzuteilen. „Die Bürgerbeteiligung im Projekt ,Sorgende Stadt Hemau´ muss man sich vorstellen wie einen Trichter. Zunächst ist dieser weit geöffnet und wird zum Schluss hin enger. Aktuell befindet sich die Bürgerbeteiligung in der weit geöffneten Phase, in der zunächst alle Gedanken, Ideen, Anregungen und Meinungen aufgenommen werden“, erklärt Dr. Sven Schmuderer, Beteiligungsexperte der Stadt Hemau. Nach den vier Beteiligungsphasen werden die realisierbaren Projekte herausgefiltert. Schlussendlich bewerten Expertinnen und Experten die verbleibenden Projektideen und deren Umsetzbarkeit.
Bürgermeister Herbert Tischhöfer erklärt auf Nachfrage der Redaktion, weshalb er so vielen Beteiligungsphasen zugestimmt hatte, dass es sich beim Bleicher-Anwesen um ein echtes Filetstück der Stadt handle, weshalb ihm die Partizipation so wichtig sei: „Wir reden hier nicht einfach nur über den Bau eines Gebäudes, sondern über ein Konzept, das weit über Architektur hinausgeht. Es geht darum, gemeinsam mit den Menschen etwas zu schaffen, das für alle einen echten Mehrwert hat. Ein so umfassender Beteiligungsprozess braucht Zeit.“
Wird das Bleicher-Anwesen zur Hundewiese?
Von Wünschen nach Räumen für Vereine und Musik über ein Reparaturcafé bis hin zu zahlreichen Wohnflächen sei alles dabei. Aber auch eine demenzgerechte Gestaltung des Außenbereichs mit Orientierungspunkten, rutschfesten Wegen und schattigen Sitzmöglichkeiten sei vorgeschlagen worden. Sogar Flächen für Hunde und deren Halterinnen und Halter seien zur Sprache gekommen.
Wieder andere würden sich an dieser Stelle Gesundheits- und Betreuungseinrichtungen sowie Arztpraxen wünschen.

Das „Bleicher-Anwesen“ besteht aus mehreren Gebäuden und einer großen Freifläche und bleibt aktuell für die Bürger unzugänglich. © Architekturbüro Schönberger
Einen vorläufigen Favoriten gäbe es noch nicht, da die zweite Bürgerbeteiligung aktuell ausgewertet werde. „Mit den Ergebnissen wird nun bis Ende Juli ein erstes Grobkonzept erarbeitet. Das wird im Stadtrat vorgestellt und diskutiert“, teilen Bürgermeister Tischhöfer und Projektleiter Dr. Rester mit.
Wertvolle Impulse für den Stadtrat
Was letztendlich aus dem Anwesen wird, entscheidet der Stadtrat, der aus den gewählten Vertreterinnen und Vertretern der Bürgerschaft besteht. „Sie tragen die Verantwortung, all die unterschiedlichen Interessen zusammenzubringen und eine Entscheidung zu treffen, die für Hemau als Ganzes tragfähig ist“, sagt Herbert Tischhöfer. Dennoch betont er: „Trotzdem ist es mir wichtig, dass die Menschen im Vorfeld die Möglichkeit haben, sich einzubringen. Deshalb wird es auch weiterhin verschiedene Formen der Bürgerbeteiligung geben – online und in Präsenz. Die Rückmeldungen daraus liefern wertvolle Impulse und zeigen, was den Bürgerinnen und Bürgern wichtig ist.“
Sanierung oder Neubau?
Wie viel Geld die Stadt Hemau für das Projekt investieren wird, ist derzeit unklar. Eine Kostenobergrenze gibt es bisher noch nicht, da sich erst nach der Bürgerbeteiligung herauskristallisieren wird, ob das Anwesen restauriert oder neu gebaut werden muss. „Meines Erachtens ist ein Großteil der Gebäude nicht mehr sanierungsfähig, sondern müssen komplett abgerissen werden. Es wird sich aber im Laufe des Verfahrens herausstellen, ob alte Bausubstanz in das neue Konzept integriert werden kann“, erklärt Tischhöfer.
Hemau muss sich noch gedulden
Da sich das Projekt in einem frühen Stadium befindet, kann erst in einigen Jahren entschieden werden, ob saniert oder neu gebaut wird. „Erst wenn klar ist, wie man Projektanten und Investoren in das Projekt einbinden kann, kann man abschätzen, wann es zu einer Umsetzung kommt“, schließt Bürgermeister Tischhöfer ab.
Ob dort künftig eine neue Arztpraxis entsteht oder die Fläche vielleicht zur Hundewiese wird, bleibt vorerst noch offen. Wie es mit dem „Bleicher-Anwesen“ in Hemau weitergeht und welche kreativen Ideen die Bürgerinnen und Bürger in den kommenden Beteiligungsphasen noch miteinbringen, erfahren Sie auf www.regensburger-nachrichten.de.
Ein Report von Sarah Solleder I filterMagazin