Seit Generationen verzaubern die Regensburger Christkindlmärkte die Adventszeit. Der Weihnachtsmarkt am Neupfarrplatz blickt bereits auf über 200 Jahre Geschichte zurück. Doch wie sahen die Märkte früher aus, welche Waren gab es – und warum war ausgerechnet Glühwein einst verboten? Vieles hat sich verändert, doch einige Traditionen bestehen bis heute.
Einige Weihnachtsbräuche haben im Laufe der Zeit an Bedeutung verloren – doch ebenso viele sind bis heute lebendig geblieben: Neben dem gemeinsamen Abendessen an Heiligabend, dem festlich geschmückten Weihnachtsbaum und der Bescherung gibt es eine Tradition, die den Deutschen besonders am Herzen liegt: Der Besuch eines Christkindlmarkts. Fröhliche Klänge, liebevoll dekorierte Buden, eine bunte Vielfalt an Weihnachtsleckereien und dabei ein dampfendes Glas Glühwein in der Hand – für viele ist das der Inbegriff der Vorweihnachtszeit.
So besuchen jedes Jahr unzählige Menschen von nah und fern unsere Christkindlmärkte, die in Deutschland eine jahrhundertealte Tradition haben. Der älteste Markt Regensburgs liegt mitten im Stadtzentrum und verbreitet bereits seit dem 18. Jahrhundert echte Weihnachtsfreuden.
Ein Blick zurück offenbart, wie die Christkindlmärkte in Regensburg früher aussahen, welche Waren angeboten wurden und welche speziellen Regeln und Besonderheiten dort galten. Warum die Vorweihnachtszeit lange von Verzicht geprägt war und weshalb unser liebstes Weihnachtsgetränk, der Glühwein, damals verboten war – bis ein findiger Händler in Erscheinung trat.
Sowohl Ablauf als auch Sortiment haben sich im Laufe der Zeit immer wieder verändert und doch ist so vieles gleich geblieben – dabei bestehen einige liebgewonnene Traditionen bis heute.
200 Jahre Weihnachtszauber am Neupfarrplatz
Zu Weihnachten liegt ein ganz besonderer Zauber über Regensburg. Jede Gasse ziert eine individuelle Weihnachtsbeleuchtung, die Schaufenster der Geschäfte und Cafés sind hübsch dekoriert – und dann sind da natürlich noch die Christkindlmärkte. Einer der bekanntesten in Regensburg ist wohl der am Neupfarrplatz. Ein Grund dafür ist seine lange Tradition. Seit sage und schreibe mehr als 200 Jahren rahmen die hell erleuchteten Buden die evangelische Neupfarrkirche ein. Laut Überlieferungen begannen um das Jahr 1796 Frauen auf dem damaligen Nikolai- und Christmarkt in der Vorweihnachtszeit damit, selbst gefertigte Spielwaren anzubieten. So beschreibt es Wolfgang Schörnig in seinem Artikel „Der Regensburger Christkindlmarkt: Von den Anfängen bis zur Gegenwart“ aus dem Jahr 2003.

Dr. Wolfgang Schörnig: Bis Dezember 2018 war er Rechts- und Regionalreferent der Stadt Regensburg. Zudem war er für den Christkindlmarkt am Neupfarrplatz verantwortlich. Über mehrere Jahrzehnte hat er diesen mit Umsicht und Leidenschaft geprägt und mit seinem Engagement dazu beigetragen, dass er zu einem Ort der Begegnung und des Miteinanders wurde. © Wolfram Schmidt
Holzspielzeug und Nüsse statt Glühwein und Baumstriezel
Kaum vorstellbar, dass vor über 200 Jahren die Menschen am gleichen Platz standen, um die Vorweihnachtszeit zu zelebrieren. Bereits damals gab es eine große Warenvielfalt: Schörnig berichtet von einer Beschickerliste aus dem Jahr 1826, die verrät, dass es bereits damals 40 Stände gab. Zwölf davon haben Spielwaren verkauft. Es seien aber auch „Säckler, Gürtler, Spengler, Drechsler, Taschner, Zinngießer, Gerber, Nadler, Kammmacher, Haffner, Uhrmacher, Kürschner und ein Zeugschmied“ sowie Konditoren, Lebzelter (Bäcker oder Konditoren, die auf Lebkuchen spezialisiert waren) und ein Stand mit Ulmer-Zucker-Brot genannt worden.
Weihnachtliche Schmankerl gab es also durchaus bereits früher, wenn auch in deutlich geringerer Vielfalt.
Hundert Jahre später sieht die Beschickerliste bereits etwas anders aus, vor allem die Handwerksware hatte sich verändert: „An 13 Ständen gab es Christbaumschmuck, Weihnachtsartikel an zwölf und Spielwaren an zehn“, erklärt Schörnig. Zudem habe es Südfrüchte, Konditor-, Parfümerie- und Zuckerwaren sowie Fleckenseife gegeben.

1948 war dies der Eingang zum Christkindlmarkt am Neupfarrplatz. © Stadt Regensburg, Bilddokumentation
2002 wurden laut den Beobachtungen des Autors selbst Christbaumschmuck, Spielwaren, Kunstgewerbe- und Geschenkartikel sowie Konditoreiwaren, Lebkuchen und andere weihnachtliche Naschereien angeboten. Außerdem gehörten nun zum Beispiel auch Pralinen sowie Silber- und Goldschmuck, Töpfe, Pfannen, Produkte aus Naturtextilien, Strickmützen und Porzellan zum Angebot.
Viele dieser Waren und Leckereien findet man bis heute auf dem Christkindlmarkt. Für 2025 wurden 68 Beschickerinnen und Beschicker zugelassen – darunter alleine neun Glühweinstände, zehn Imbissbetriebe und vier Süßwarenstände. Die Kulinarik ist inzwischen stärker ins Zentrum des Marktes gerückt. Daneben finden Besucherinnen und Besucher weiterhin eine große Auswahl an kunsthandwerklichen Erzeugnissen – von Seifen über Socken bis hin zu Holzfiguren und Krippen.
Der Trick mit dem Glühwein
Wenn man heute über die Christkindlmärkte Regensburgs streift, so findet man dort ein enormes Angebot verschiedenster alkoholischer Heißgetränke – von Schlehenglühwein über Bratapfelpunsch bis hin zu Feuerzangenbowle. Anders als heute wurde früher auf den Weihnachtsmärkten kein Glühwein ausgeschenkt, genauer gesagt kein Alkohol. Schörnig erläutert in seinem Text, dass der Ausschank „geistiger Getränke“ verboten gewesen sei. Nur in Gast- und Wirtshäusern durfte ge-trunken werden. Bis Werner Guderley kam.

Ein Blick von oben auf den Christkindlmarkt am Neupfarrplatz im Jahr 1962. © Stadt Regensburg, Bilddokumentation
Der Marktbeschicker und Kaufmann überzeugte 1969 die Verantwortlichen davon, dass warmer Heidelbeerwein „kein richtiger Alkohol sei, weil er nicht berausche, sondern anrege.“ Das Resultat: 1970 gab es zum ersten Mal Heidelbeerglühwein auf dem Christkindlmarkt – nur zum Aufwärmen, versteht sich. Somit war der erste Glühwein, den es bei uns am Christkindlmarkt gab, ein Heidelbeerglühwein. Die Firma „Guderley“ versorgt die Menschen übrigens bis heute mit ihrem traditionellen Heidelbeerglühwein auf dem Christkindlmarkt am Neupfarrplatz.
„Knackersemmel mit Allem“
Eine weitere Besonderheit der Regensburger Weihnacht ist die „Knackersemmel mit Allem“. Während wir heute auf fast jedem Christkindlmarkt von dem würzigen Geruch frisch gegrillter Würstchen empfangen werden, gab es dort bis zum Zweiten Weltkrieg keine Wurtsbratereien.
So taucht „die Regensburger Knackwurstsemmel“ in den Nachkriegsjahren erstmalig in den Akten der Marktverwaltung auf. Schnell hat sich die Knackersemmel mit Senf, Meerrettich und Gurke als Regensburger Besonderheit etabliert. Für die Menschen in der Nachkriegszeit symbolisierte sie Hoffnung und Aufbruch. Und obwohl es heute ein vielseitiges kulinarisches Angebot auf dem Christkindlmarkt gibt, greifen viele weiterhin zum traditionellen Original. Vielleicht, weil es uns an unsere Kindheit erinnert und dieses einzigartige wohlige Gefühl von Geborgenheit in uns hervorruft.
Vorweihnachtliches Fasten
Denkt man an all die leckeren Schmankerl, die heute auf den Christkindlmärkten locken, so kann man sich kaum mehr vorstellen, dass die Adventszeit früher als Fastenzeit galt. Noch bis in die 1970er-Jahre wurde diese von den meisten Familien sehr streng eingehalten. Ähnlich wie vor Ostern wurde unter anderem auf Fleisch verzichtet. Das letzte Mahl war die Martinigans am 11.11. Trotz aller Entbehrungen wurde eines in der Vorweihnachtszeit nur allzu gerne verspeist: Lebkuchen. Aufgrund der beinhalteten Gewürze wie Zimt, Kardamom und Piment galten sie damals als gesund für den Körper und waren somit offenbar erlaubt.
Handel am Neupfarrplatz – rund um den Christkindlmarkt
Statt für Genuss und fröhliche Völlerei besuchten die Menschen den Christkindlmarkt, um sich mit Lebensmitteln einzudecken und (vorweihnachtliche) Besorgungen zu erledigen. Auch die Öffnungszeiten unterschieden sich von den heutigen: In den ortspolizeilichen Vorschriften von 1882 wurden diese auf 7 Uhr morgens bis 18 Uhr abends festgelegt – elf Stunden Christkindlmarkt. Schörnig schildert in seinem Artikel, dass die Bevölkerung sich noch bis weit in das 19. Jahrhundert hinein auf täglichen, wöchentlichen oder jährlichen Märkten mit wichtigen Nahrungsmitteln und Gütern versorgt habe. Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts habe sich immer mehr stehendes Gewerbe angesiedelt – und zwar genau um den Bereich, wo der Christkindlmarkt gehalten wurde. So wuchs rund um den Neupfarrplatz ein „modernes Handelszentrum“ heran.

Nikolaus und Krampus posieren für eine Werbeaktion von Autohaus Sieber für dessen Lambrettas. © Stadt Regensburg, Bilddokumentation
Ein Ende des Christkindlmarktes?
Trotz seiner großen Bedeutung und Beliebtheit forderte die Stadtverwaltung immer wieder ein Ende des Marktes am Neupfarrplatz und wollte sich als Veranstalter zurückziehen – zu hoch waren die Ausgaben. In diesem Fall hätten sich die Beschicker der Verkaufsstände selbst um die Beschaffung ihrer Buden sowie den Auf- und Abbau kümmern müssen. Doch das konnten sich die meisten nicht leisten, weshalb Bürger dagegen auf die Straße gingen. So wurde stets aufs Neue eine Weiterführung des Christkindlmarktes beschlossen – lediglich die Gebühren hat die Stadtverwaltung mehrmals drastisch erhöht. Bis heute gehören die meisten Buden der Stadt Regensburg – aufgebaut werden sie vom Werkhof. Einige Händler, darunter die Betreiberinnen und Betreiber der Glühwein- und Süßwarenstände sowie Imbissbetriebe, verfügen über eigene Buden, die sie auch selbst aufbauen.
Heute geht man davon aus, dass der Markt seit seinen Anfängen vor über 200 Jahren fast durchgehend am Neupfarrplatz stattgefunden hat – mit ein paar Ausnahmen. Eine davon stellte das Jahr 1939 dar. Damals wurde der Platz für den Bau eines Luftschutzbunkers benötigt, weshalb der Christkindlmarkt auf die Nordseite des Alten Kornmarktes auswich, wo deutlich weniger Platz zur Verfügung stand. Von 1940 bis 1947 fand er dann auf dessen Südseite statt. Während des Kriegs kamen die Geschäfte jedoch fast vollständig zum Erliegen – so beschreibt es der Text von Wolfgang Schörnig. In der Zeit nach dem Krieg fand der Markt wieder zu alter Beliebtheit zurück: Ab 1948 kehrte er zudem zurück an den Neupfarrplatz.

So sah der Christvbaumverkauf im Jahr 1962 aus. © Stadt Regensburg, Bilddokumentation
Ein Christbaum vom Neupfarrplatz: Von der Pflicht zur (vergessenen) Tradition
Früher war es üblich, seinen Christbaum auf dem Christkindlmarkt zu kaufen. Der sogenannte „zentrale Christbaumverkauf“ fand in Regensburg am Neupfarrplatz statt und unterlag strikten Regeln. So erwähnt Schörnig, dass die Verkäufer beispielsweise „den redlichen Erwerb der Christbäume gleich durch mehrere Zeugnisse nachweisen“ mussten. Während des Zweiten Weltkriegs hat der Neupfarrplatz seine Bedeutung als zentraler Christbaumverkaufsplatz verloren: Nachdem sich der Ort des Marktes verlagert hatte, verteilten sich auch die Christbaumverkäufer auf verschiedene Stadtteile Regensburgs. Der Christbaumverkauf in Kumpfmühl und Stadtamhof entstand.
Obwohl heute die meisten ihre Weihnachtsbäume anderswo erstehen, gibt es immer noch jene, die die Tradition pflegen und dafür auf den Christkindlmarkt gehen. Auch in diesem Jahr bietet wieder ein Christbaumhändler am Neupfarrplatz eine Auswahl an Bäumen zum Kauf an.
Der Lucrezia-Markt: Ein Gegenentwurf
Obwohl er – anders als der Mark am Neupfarrplatz – noch nicht auf eine jahrhundertealte Geschichte zurückblicken kann, hat auch der Lucrezia-Markt, der am Haidplatz und am Alten Kohlenmarkt stattfindet, mittlerweile Traditionsstatus erlangt. Seit 1982 gibt es ihn – viele haben ihn bereits von Kindesbeinen an erlebt. Ursprünglich als Gegenentwurf zum bisherigen Weihnachtsmarkt geplant, sollte er ein authentischeres Warenangebot mit Kunsthandwerk und Spezialitäten bieten.
Kunst und Kultur stehen bis heute im Mittelpunkt des Marktes, immer wieder treten verschiedene Bands auf, wobei verschiedene soziale Initiativen das bunte Kulturprogramm ergänzen. So gibt es dort bis heute einen sogenannten Wunschbaum. Gegen eine kleine Spende können Besucherinnen und Besucher ein buntes Bändchen erwerben und an den Baum hängen, wobei jedes einen ganz persönlichen Wunsch symbolisiert. Diese liebgewonnene Tradition geht auf einen Brauch in Tibet zurück, bei dem der Wind die Wünsche hinaus in die Welt tragen soll. Deshalb kommt der Erlös jedes Jahr einem Hilfsprojekt in Tibet zu Gute.
Der Lucrezia-Markt gilt außerdem als Vorreiter beim Thema Nachhaltigkeit. So gibt es dort seit jeher Mehrweggeschirr und zudem vegetarische Angebote. 2007 war er einer der ersten Weihnachtsmärkte deutschlandweit, der mit Ökostrom betrieben wurde und LED-Lampen verwendete.
Für den kulinarischen Genuss sorgen sowohl traditionellen Gerichten als auch Speisen aus aller Welt.
Adventsmarkt im St. Katharinenspital – Neue Traditionen
Ein weiterer schöner, heimeliger Markt findet im Spitalgarten statt. Dieser entstand im Jahr 2008 und zählt damit zu den jüngeren. Dennoch hat er sich mittlerweile fest in das Bild der Regensburger Christkindlmärkte eingereiht und viele können sich die Adventszeit ohne die schönen Gespräche an der Feuerschale und den ikonischen Blick auf die nächtlich erleuchtete Silhouette der Altstadt nicht mehr vorstellen. Bereits beim Spaziergang über die Steinerne Brücke Richtung Stadtamhof leuchten einem die vielen Lichter der hübsch geschmückten Buden entgegen.

Auf dem Weg vom Haidplatz zum Alten Kohlenmarkt passiert man ein ganz besonderes Weihnachts-Wahrzeichen der Stadt: den Christbaum vor dem Alten Rathaus. Heute noch als „Christbaum für Alle“ bekannt, stand er dort bereits 1928. Zu einer festen Tradition wurde er erst in den 1950er-Jahren.© links: Stadt Regensburg, Bilddokumentation im Jahr 1946; rechts: filterVERLAG im Jahr 2025
Bekannt ist der Adventsmarkt im St. Katharinenspital mittlerweile auch für Musik, Konzerte und Andachten in der Spitalkirche. In diesem Jahr finden erneut Live-Konzerte rund um die Feuerstelle des Marktes statt, die Jahr für Jahr Regensburgerinnen und Regensburger sowie Gäste gleichermaßen verzaubern.
Eine Tradition, die sich am Adventsmarkt im St. Katharinenspital zudem etabliert hat, ist das speziell für den Markt gebraute Glühbier. Während die einen es als Hochgenuss betrachten, stößt es bei Ver-fechtern des bayerischen Reinheitsgebots auf Skepsis. Neben den typischen Zutaten Wasser, Hefe, Hopfen und Malz werden hier nämlich geheime winterliche Gewürze beigemischt.
Wie auf den anderen Märkten auch, bietet der Adventsmarkt ein reiches Angebot an Getränken und Speisen. Er ist ein perfektes Beispiel dafür, wie Bewährtes erhalten bleiben und zugleich Neues die festliche Vielfalt bereichern kann.
Zeitlose Magie
Christkindlmärkte ziehen Menschen seit Jahrhunderten in ihren Bann. Damals wie heute verbinden sie Tradition und Freude, bieten Raum für Besinnliches, Genuss und gemeinsame Zeit. Sie strahlen eine ganz besondere Magie aus, die es einem ermöglichen, vom hektischen Alltag abzuschalten – und echte Weihnachtsfreude zu erleben.
Möge diese besondere Atmosphäre noch viele Jahre fortbestehen, alte Bräuche bewahrt werden und neue Traditionen entstehen – denn Gewohnheiten von heute können eines Tages zu liebgewonnen Traditionen von morgen werden.
Wir wünschen eine wundervolle Weihnachtszeit!
Neben diesen traditionsreichen Christkindlmärkten gibt es in Regensburg noch weitere stimmungsvolle Märkte mit freiem Eintritt. Einen Überblick finden Sie auf www.regensburger-nachrichten.de
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