Am Sonntag sind in Bayern Landtagswahlen. Viele Wählerinnen und Wähler sind nach wie vor unsicher, welcher Partei sie ihre Stimme geben. Sie fühlen sich von der Politik unverstanden und werden empfänglich für populistische Parolen und Fehlinformationen. Wir haben acht Parteien – von den Grünen bis zur AfD – zum Thema Populismus befragt.
Wir haben vor der bevorstehenden Landtagswahl am Sonntag acht Parteien befragt, wie sie zu unterschiedlichen relevanten Themen stehen. Von Inflation bis Migration. Heute geht es darum, dass sich viele von der Politik unverstanden fühlen. Populismus und Fehlinformationen sind an der Tagesordnung. Viele Wählerinnen und Wähler sind dagegen jedoch nicht immun und lassen sich durchaus davon beeinflussen. Wir haben mit acht Parteien über das Thema Populismus gesprochen und sie gefragt, wie sie es schaffen wollen, dass Bayern wieder näher zusammenrückt.
Viele Menschen fühlen sich von der Politik unverstanden und nicht repräsentiert. Populistische Parolen und Fehlinformationen scheinen dadurch wieder salonfähig, ein normaler politischer Diskurs wirkt in vielen Fällen unmöglich. Wie schaffen wir es, in Bayern wieder näher zusammenzurücken? Welche Ansätze hat Ihre Partei, um wirklich jeden wieder mit ins Boot zu holen?
Die Linke
Wir setzen uns als Partei der sozialen Gerechtigkeit besonders für soziale Sicherheit in unserem Land ein. Das heißt auch, es dürfen keine Ängste geschürt werden, die die Menschen verunsichern. Wir wollen daher Armut und Niedriglöhne überwinden und die Demokratisierung der Gesellschaft vorantreiben. Für uns gilt der Paragraph eins im GG: Die Würde des Menschen ins unantastbar als wichtigster Grundsatz. Daher gilt es für die unmittelbaren Bedürfnisse der Menschen zu sorgen: bezahlbare Mieten, Lebensmittel und eine funktionierende Infrastruktur (wie etwa die Aufrechterhaltung der Krankenhäuser und der Pflege) Dadurch nimmt man der AfD und rechten Gruppierungen den Nährboden. Wir wollen die extreme Rechte zurückdrängen und die antifaschistischen Grundwerte mit allen demokratischen Mitteln verteidigen.
Freie Wähler
Das politische Geschäft mit der Angst hat wieder Hochkonjunktur. Wenn sich die Menschen verunsichert fühlen und den eigenen sozialen Abstieg fürchten, erhalten die etablierten Parteien einen Denkzettel und die politischen Randparteien werden gestärkt. Die daraus resultierende Schwäche der Parteien in politischer Verantwortung erschwert wiederum das Regieren, da unliebsame Bündnisse eingegangen werden müssen und die Fliehkräfte in solchen Koalitionen (siehe Berliner Ampel) schnell offensichtlich werden. Ich möchte den Menschen in der Stadt Regensburg und in der ganzen Oberpfalz mit harter transparenter Arbeit, Gestaltungswillen, respektvollem Umgang und Entschlusskraft beweisen, dass es sich noch immer lohnt, eine Partei aus der Mitte des politischen Spektrums zu wählen.
ÖDP
Wir versuchen unsere Politik besser zu erklären als es die aktuelle Politik macht. Allerdings ist es wirklich schwer, gegen den Populismus anzukommen. Als Partei mit sehr erfolgreichen Volksabstimmungen und Bürgerbegehren ist für uns Bürgerbeteiligung sehr wichtig. Wenn die Menschen mitgenommen werden, sind politische Entscheidungen auch tragfähiger.
Außerdem sind wir der festen Überzeugung, dass mehr Gemeinwohl wieder für ein friedliches Miteinander sorgt. Viele Menschen haben täglich Existenzsorgen und Angst, dass sie gesellschaftlich abgehängt werden. Das führt zu einer Ellenbogengesellschaft. Dabei wären wir alle besser dran, wenn wir als Gesellschaft wieder enger zusammenrücken und füreinander einstehen.
Bündnis 90 / Die Grünen
Populismus kann man nur inhaltlich entkräften. Statt sich mit populistischen Positionen gemein zu machen, müssen sich gerade Politiker:innen zum Respekt vor demokratischen Institutionen und unserer repräsentativen Demokratie bekennen. Damit unsere Verfassung stark bleibt und mehr Menschen unter ihr partizipieren, braucht sie ein wohldosiertes Update. Mit uns gibt es im ersten Schritt das Wahlalter 16 für Kommunal-, Bezirks- und Landtagswahlen sowie Volks- und Bürgerentscheide. Zugleich wollen wir mithilfe eines Transparenzgesetzes sowie der Senkung der Hürden für Bürger- und Volksbegehren die demokratische Mitwirkung der Bürger:innen erhöhen. Mit der Einrichtung einer „Koordinierungsstelle Demokratie“ fördern wir zivilgesellschaftliches Engagement und sensibilisieren für den Umgang mit Demokratiefeindlichkeit. Auch verbalen Hass im Netz sowie die Verbreitung von Falschinformationen, die die Verrohung des Diskurses vorantreiben, müssen wir unter Achtung der Meinungsfreiheit unterbinden.
SPD
Wer mit spaltender Rhetorik lediglich auf kurzfristigen Erfolg abzielt, trägt Mitverantwortung für dieses Problem. Meine Partei und ich stehen für eine Politik des Respekts und der Toleranz. Gleichzeitig müssen Probleme klar benannt und gelöst werden – und das unterscheidet uns von anderen! Die SPD versteht sich nicht als Interessenvertretung einer bestimmten Gruppe, sondern als Vertreterin der vielen. Als Bürgermeister meiner Gemeinde Wenzenbach habe ich gezeigt, wie entschlossenes Voranschreiten und gleichzeitiges Einbeziehen der breiten Bevölkerung gelingen kann. Als Landtagsabgeordneter werde ich daran anknüpfen.
FDP
Gerade in Zeiten sinkender Wahlbeteiligung und dem erstarken populistischer Bewegungen sehen wir eine erhöhte Notwendigkeit von politischer Bildung an Schulen. Dazu gehören auch neutrale Informationsmöglichkeiten über politische Parteien und deren Ziele. Deshalb wollen wir es den Schulen erleichtern, mehr politische Veranstaltungen mit den Vertretern politischer Parteien und somit auch den Verfechtern verschiedener Positionen während und außerhalb der Schulzeit abzuhalten.
Die Schulen müssen es als ihre Aufgabe sehen, den Schülern ein - an die regionalen und bundesdeutschen Umstände angepasstes und trotzdem so breit wie möglich gefächertes - politisches Bild zu vermitteln. Mögliche Formen dieses Diskurses sind Townhall-Meetings, Podiumsdiskussionen, Debatten oder ähnliche Veranstaltungen. Zudem müssen die Schulen sicherstellen, dass die Schüler sich - beispielsweise durch Redebeiträge oder Fragen - an den Vorträgen, Diskussionen und Debatten beteiligen können und die Möglichkeit erhalten, Aussagen der Vertreter der politischen Parteien auch kritisch zu hinterfragen.
CSU
Das ist eine schwierige Frage. Man muss aufpassen, dass man nicht gegen die eigene Bevölkerung regiert, ein gutes Beispiel ist das Gendern. Die Umfragen schwanken dahingehend zwischen 74 und 85 Prozent Ablehnung, nur eine kleine Minderheit ist klar dafür. Wenn man jetzt so etwas flächendeckend gegen den Willen der Menschen einführen will, trägt das zu Spaltung der Gesellschaft bei. Man muss Populisten von rechts und auch von links klar entgegentreten, das kann man aber nur mit einer unideologischen und an den tatsächlichen Problemen der Menschen orientierten Politik bewerkstelligen. Eben mit Wegen, die alle mitgehen können.
AfD
Wir haben in Deutschland ein teilweise vergiftetes Meinungsklima, das es vielfach nicht mehr erlaubt, frei und ungezwungen ohne zu befürchtende Konsequenzen seinen Standpunkt zu äußern. Pluralismus und der offene, ehrliche Diskurs auf Augenhöhe sind ein wichtiges Gut und müssen wieder die Basis beim argumentativen Ringen um Lösungen sein. Sachliches, gern auch leidenschaftliches Debattieren, aber ohne Ausgrenzung und Diffamierung von anderslautender Meinungen sollte der Maßstab sein.
Die Politik muss endlich wieder die Probleme der Bürger aufgreifen. Das ist nicht „populistisch“, sondern schlichtweg die Kernaufgabe unserer gewählten Vertreter. Mut zur Wahrheit statt beschönigen und beschwichtigen bei unangenehmen Themen.
Ich frage Sie, Rente mit 70, in 10 Jahren dann die Rente mit 73 – Rentenhöhe von 53 Prozent? Aus welchem Grund soll die Inflation zurückgehen bei weiter zentralbankgedrucktem Geld?
Die Leute haben verständlicherweise Zukunftsängste! Wir müssen unser erwirtschaftetes Geld erstmal wieder bei uns ausgeben! Die Bildung auf Vordermann bringen! Es kann nicht sein, dass Menschen, die illegal zu uns kommen, unter dem Strich so viel bekommen, wie eine Rentnerin, die ihr Leben lang ihre Kinder und Enkel erzogen hat.
Statement zur Aufnahme der AfD
Wir haben uns lange damit auseinandergesetzt, diskutiert und auch gestritten, ob wir die AfD hier mit abbilden sollen. Am Ende haben wir Verleger beschlossen, dass ein Weglassen der falsche Weg der Auseinandersetzung in einer Demokratie ist, zumindest solange zu wählenden Parteien und deren aufgestellten Repräsentanten nicht von unserer Justiz ein entsprechendes Fehlverhalten nachgewiesen wird. Setzen Sie sich als Wähler mit den Programmen, und vor allem dem, was dahintersteckt, verantwortungsvoll auseinander, denn in schwierigen Zeiten gibt es meist keine einfachen Lösungen. Populismus lässt die Mitmenschlichkeit und ein nötiges Miteinander – denn nur gemeinsam sind wir stark – schnell zur leeren Worthülse werden. Das gilt für alle Parteien.
Nick Lengfellner und Peter Gnilka, Geschäftsführende Gesellschafter.
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