Seit bekannt wurde, dass am Unteren Wöhrd am Rande der Regensburger Altstadt eine Mobilitätsdrehscheibe für 18 Millionen Euro geplant ist, wird diese heiß diskutiert. Einer der letzten kostenlosen Innenstadt-Parkplätze ist damit nämlich Geschichte. Doch wie könnte die Drehscheibe überhaupt aussehen? Denkbar sind viele Optionen – von DHL-Shops über Ladestationen bis zum Hotelempfang.
Angesichts der geplanten Mobilitätsdrehscheibe am Unteren Wöhrd in Regensburg stellen einige in Frage, ob es derzeit überhaupt noch mehr Parkplätze brauche, da doch die Verkehrswende angetrieben und in dem Zuge vom Auto auf öffentliche Verkehrsmittel oder das Fahrrad umgestiegen werden solle.
Es kursieren zudem Gerüchte, dass die Lindenallee dem Mobilitätsprojekt zum Opfer fällt, zudem wird befürchtet, dass wieder zusätzliche versiegelte Flächen entstehen. Und was geschieht, wenn die Verkehrswende vorangetrieben wird und wir in Zukunft die Parkplätze nicht mehr brauchen? Und was sollen die Parktickets überhaupt kosten? Viele Fragen scheinen offen. Wir haben deshalb mit der Stadt Regensburg, dem Hotelverein, der Stadtratsfraktion Bündnis 90 / Die Grünen, die das Vorhaben mehrfach öffentlich kritisiert haben, und dem das Stadtwerk.Regensburg, das für die Umsetzung der Parkierungsanlage am Unteren Wöhrd zuständig ist, gesprochen und einen Einblick in die Pläne und Ideen rund um die Mobilitätsdrehscheibe erhalten.
Die Bagger rollen bereits
Geht man am Unteren Wöhrd vorbei, sieht man bereits die Bagger rollen: „Derzeit läuft die Baufeldfreimachung für das Parkhaus. Das alte Eisstadion wurde seinerzeit nur bis zur Geländeoberkante abgebrochen, das heißt, die Fundamente und Keller befinden sich noch im Erdreich. Diese müssen vor einer Bebauung und weiteren Nutzung entfernt werden“, erklärt Marion Brasseler vom das Stadtwerk.Regensburg. Das Tiefbauamt der Stadt Regensburg hat zudem mit dem Rampenbau begonnen, da die Zufahrt zum Unteren Wöhrd künftig hauptsächlich über die aktuell stark abfallende nördliche Seite erfolgen soll, um die Anwohner am Winterhafen zu entlasten.
Die tatsächlichen Bauarbeiten beginnen jedoch erst, sobald der Bebauungsplan im September vom Stadtrat genehmigt wurde. Laut dem das Stadtwerk.Regensburg soll der Baubeginn dafür im ersten Quartal 2025 sein. Mit einer Fertigstellung wird im ersten Halbjahr 2026 gerechnet.
Warum kostet das Parken am Unteren Wöhrd bereits jetzt etwas?
Handelte es sich hier zuvor um einen kostenfreien Parkplatz, den auch viele Anwohner und Studierende als Dauerparkplatz genutzt haben, werden seit einigen Monaten 1 Euro für 12 Stunden und 2 Euro für 24 Stunden fällig. Viele fragen sich: Warum kostet das Parken bereits jetzt etwas? Tanja Flemmig von der Stadt Regensburg rechtfertigt dies mit der Möglichkeit zur Messung der aktuellen Bedarfe. Mit einer Unterteilung in einen öffentlichen Bereich, auf dem nur Anwohner mit einem Anwohner-Parkausweis gebührenfrei parken dürfen, und einen kostenpflichtigen Bereich möchte die Stadt messen, wie viele Anwohner im Verhältnis zu anderen Parkenden dort stehen. So soll auch evaluiert werden, wie viele Dauerparker – die dort häufig monatelange standen – wegfallen. Die Stadt beobachte – seit der Bereich kostenpflichtig ist – etwa, dass kostenfreie Parkplätze im Umkreis (etwa der Parkplatz am Dultplatz) nun stärker frequentiert seien. Mit diesen Daten soll der künftige Bedarf bestimmt werden.
Bisherige Evaluierungen hätten etwa eine hohe Auslastung im Bereich der Anwohner ergeben, weshalb in Erwägung gezogen werde, die Anwohner-Parkplätze künftig zu erhöhen. Aktuell stehen 75 Stück zur Verfügung.
Die Evaluierung läuft laut der Stadt Regensburg seit Juli und dauert noch bis Baubeginn an. Die Grünen im Stadtrat hätten sich nach eigener Aussage eine längere Probephase gewünscht, um den Bedarf besser abschätzen zu können.
Ein großes, gigantisches Parkhaus? Das Konzept der Mobilitätsdrehscheibe
Viele befürchten nun, dass ein riesiges Parkhaus einen Großteil der Fläche versiegeln und kaum mehr Begrünung zulassen könnte. Dem ist jedoch nicht so.
Der Bebauungsplan schafft, entsprechend den Vorgaben des Stadtrates, die Option, insgesamt maximal 1.400 Stellplätze (auf dem vorherigen Gelände standen etwa 650 zur Verfügung, in der derzeitigen Übergangssituation sind es 410) auf dem Gelände zu schaffen. Dabei muss nicht das gesamte Potenzial genutzt werden. Danach sieht es aktuell auch nicht aus. Martin Gottschalk vom das Stadtwerk.Regensburg teilte nämlich auf Nachfrage mit, dass mit dem Parkhaus, das circa 580 Plätze umfassen wird, künftig rund 1.000 Parkplätze zur Verfügung stehen sollen. Eine Erweiterung ist jedoch bei Bedarf weiterhin möglich.
Visions-Skizze von Tanja Flemmig: So könnte die Mobilitätsdrehscheibe am Unteren Wöhrd künftig aussehen.
© Bayerisches Landesamt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung (LDBV)
Graue Fläche = Parkhaus
Im grau eingezeichneten nördlichen Teil der Skizze, auf dem ehemaligen Gelände des Eisstadions, ist das Parkhaus geplant. Hier finden sowohl Besucher, Touristen, Arbeitnehmer als auch Dauerparker Platz.
Weiße Fläche = kreative Nutzungsfläche
Die Bereiche rund um die Stellplätze, die im Plan weiß dargestellt sind, sind noch deutlich offener. So ist ein Platz für Sharing-Angebote angedacht. Aktuell stehen bereits eine E-Scooter-Verleihstation, eine Fahrradreparaturstation und eine E-Lade-Station bereit. „Zusätzlich wird es wahrscheinlich Leihfahrräder und ein Car-Sharing-Angebot geben, für diejenigen, die bereits heute ohne eigenes Auto auskommen“, erläutert Flemmig. Auch separate Stellmöglichkeiten für Tagesgäste mit Wohnmobilen könne sie sich gut vorstellen.
Paketlieferungen per Fahrradkurier und ein DHL-Shop vor Ort?
Noch in Planung ist ein sogenanntes Micro Depot. Wobei handelt es sich dabei? „Geplant war, dass bestimmte Lieferungen im Bereich der Mobilitätsdrehscheibe abgeladen und mit dem Lastenrad in die Altstadt gebracht werden“, erläutert Flemmig. Dann könnten zum Beispiel Lieferungen einer Firma, die an unterschiedliche Betriebe gehen im Micro Depot zwischengelagert werden und anschließend die Feinverteilung mittels Lastenrad erfolgen. Bestimmte Paketdienste nutzen diese Option für die Altstadt bereits. Natürlich funktioniert das nicht bei allen Betrieben, wenn zum Beispiel größere Mengen geliefert werden. Wichtig ist der Stadt, die Fahrten mit dem LKW in der Altstadt zu vermeiden, die vermeidbar sind. Es gebe aber durchaus Betriebe, die dieses Angebot bereits nutzen. So wird über die Lastenräder von Feine Räder zum Beispiel bereits der Kaffee zum „What the Kiosk“ transportiert.
In der Skizze findet man zudem einen DHL-Paketshop vor. So könnten Parkende sich ihre Pakete direkt hierher liefern lassen. Langfristig könnte außerdem Raum für ein Café entstehen.
Hotelempfang am P+R?
Eine Idee, die vor allem den Hotels und Touristen zu Gute kommen würde, wären ein Hotelempfang und ein Hotelshuttle. Hier wünscht sich Flemmig einen engen Austausch mit den Hotels. Ideal wäre es ihrer Auffassung nach, wenn am P+R eine Person sitzen könnte, bei der die Gäste gleich einchecken können: „Die Koffer werden abgegeben, ins Hotel transportiert und die Touristen können entweder zu Fuß, mit den Sharing-Fahrzeugen oder dem E-Bus emil in die Stadt kommen.“ Dieser soll dann in kurzen Taktfrequenzen die Mobilitätsdrehscheibe anfahren und zusätzlich zu den Altstadtbussen verkehren. „Für unsere Hotelgäste gilt als Minimalanforderung: Das Angebot muss attraktiv sein!“, betont Kathrin Fuchshuber, Vorsitzende des Hotelvereins, und führt aus: „Dies beinhaltet einen sauberen Tarif, den kostenlosten Emil mit einer Bus-Hotelroute, ein digitales Infodisplay mit den wichtigsten touristischen Informationen und einem charismatischem Chatboot. So können wir langfristig unsere aktuell circa 45.000 parkenden Gastautos im Jahr (Tendenz steigend), sicherlich zum Großteil auf die Mobilitätsdrehscheibe umleiten.“
Doch nicht nur Touristen, sondern auch andere Parkende können mit diesem vielseitigen Angebot schnell und komfortabel in die Stadt gelangen.
„Leider wurde das ursprüngliche Konzept einer vollumfänglichen Mobiltitätsdrehscheibe aus Kostengründen sehr stark reduziert“, wendet Kathrin Fuchshuber ein und ergänzt: „Nach letzten Absprachen zwischen dem Hotelverein und den Stadtwerken kristallisierte sich heraus, dass auch die Kosten für einen nachhaltigen ‚Empfangs-Container‘ außerhalb des Parkhauses mit der nötigen Infrastruktur und dem Gepäckshuttle vom Hotelverein alleine finanziert werden müsste. Leider stehen wir alle wirtschaftlich aktuell mit dem Rücken zur Wand, deshalb kann dies nur mit einer Förderung gelingen, um die wir uns bemühen.“
Gelbe Fläche - Parken Anwohner hier kostenlos?
Über der Straße am Winterhafen wird es einen öffentlichen Bereich (gelb skizziert) geben, in dem das Anwohnerparken geregelt ist. Diese Aufteilung besteht übrigens bereits in der aktuellen Probeversion. Wie bereits erwähnt, zeichnet sich ab, dass die aktuelle Anzahl von 75 Stellplätzen nicht ausreicht und zukünftig erhöht wird. Mit ihrem Anwohner-Parkausweis, für den sie jährlich circa 30 Euro bezahlen, können Bewohner dort weiterhin ohne Zusatzkosten parken. Der Preis für den Anwohner-Parkausweis ist bayernweit aktuell noch einheitlich geregelt.
Orange Fläche - Parken Berufstätige separat?
Im Visions-Plan der Stadt ist auch ein eigener Bereich außerhalb des Parkhauses für Arbeitnehmer geplant. Ob es einen abgegrenzten Bereich oder ggf. besondere Tickets für ArbeitnehmerInnen geben wird und ob diese separat ausgewiesen werden oder im floating System, muss noch abschließend geklärt werden. „Hier ist eine angemessene Tarifstruktur, 1 Euro für 12 Stunden für die Mitarbeiter der Altstadt wesentlich. Diese gilt es beizubehalten“, fordert die Vorsitzende des Hotelvereins Fuchshuber.
Wie innovativ wird das Parkhaus gestaltet?
Bezüglich der weiteren Ausgestaltung wurden ebenfalls bereits Ideen gesammelt. So wird es eine Fassadenbegrünung geben, „hauptsächlich an der Südfassade“, beschreibt Flemmig. Ansonsten muss die Fassade so gestaltet sein, dass der Lärmschutz in Richtung Jugendherberge und der Nordseite gewährleistet ist: „Das ist bei Parkhäusern immer sehr diffizil, weil ich auf der einen Seite eine hinreichende Durchlüftung brauche, um die Abgaswerte einzuhalten, und auf der anderen Seite benötige ich eine hinreichende Dichte, dass es nicht nach draußen schallt“, erklärt Flemmig. Es wird außerdem E-Lade-Stationen im Parkhaus geben – davon stehen bereits jetzt einige zur Verfügung. Auf dem Dach wird eine Photovoltaikanlage angebracht.
Was kostet die Mobilitätsdrehscheibe eigentlich?
Laut Aussage der Stadt wird die Parkierungsanlage selbst um die 11,5 Millionen Euro inklusive Wartung kosten. Wie viel die südliche Umfeldaufwertung kosten werde, könne noch nicht abschließend berechnet werden. Dies sei auch abhängig von den Angeboten, die auf der Fläche geschaffen werden sollen. Dazu würde zum Beispiel auch eine Filteranlage gehören, die das Oberflächenwasser in den Fahrgassen künftig gereinigt in die Donau abgebe. Zum jetzigen Zeitpunkt gehe die Stadt davon aus, dass die im Haushalt veranschlagte Gesamtsumme von 18 Millionen Euro voraussichtlich eingehalten werde.
© Stadt Regensburg, Bilddokumentation
Kritik, Vorteile und Zielsetzung der Mobilitätsdrehscheibe
Nun klingt die mögliche Ausgestaltung der Mobilitätsscheibe doch ganz vielversprechend. Trotzdem werden immer wieder kritische Stimmen und Zweifel laut.
Entstehen nun zusätzlich versiegelte Flächen?
Angesichts des zurückliegenden Hochwassers stellen sich viele die Frage, ob durch die Entstehung des Parkhauses noch mehr versiegelte Fläche entsteht, sprich Fläche, auf der Wasser nicht natürlich versickern kann. Wie aber bereits beschrieben wurde, befindet sich an der Stelle derzeit noch eine Bodenplatte des alten Eisstadions, das heißt, die Fläche war bisher ohnehin versiegelt. In Zuge der Entfernung der Platte sollen übrigens so viele Baustoffe und Baumaterial wie möglich recycelt werden.
Sorge um den Baumbestand und die Lindenallee
Die Bedenken, dass aufgrund der Parkierungsanlage viele Bäume gefällt werden müssen, kann Flemmig ausräumen. Im Bereich, in dem das Parkhaus entstehen soll, befänden sich keine Bäume und die umliegende Fläche bleibe ein Parkplatz, wie im Bestand auch schon, mit einer teil-versiegelten Fläche. Hier könnten also noch mehr Bäume gepflanzt werden. „Nur im Falle einer Erweiterung des Parkhauses müssten einige geschützte Bäume gefällt werden. Diese sind im Bebauungsplan daher bereits jetzt ausgeglichen worden, unabhängig davon, ob die Erweiterung jeweils kommt“, erläutert Flemmig. Wie diese Ausgleichsfläche aussieht, wie viele Bäume also etwa für einen großen Baum neu gepflanzt werden müssen, bewertet das Umweltamt der Stadt Regensburg.
Seitens Naturschutzorganisationen und der Bevölkerung wird immer wieder die Sorge laut, dass die Lindenallee mit den großen, alten Bäumen, die sich am Rand des Parkplatzes befindet, in Mitleidenschaft gezogen werde könnte. Die Gerüchte würden laut Flemmig schlichtweg nicht stimmen. Im Bebauungsplan gebe es sogar Auflagen, wie diese Bäume zu schützen seien, wenn die Parkplätze neu geordnet werden.
Sind die zusätzlichen Parkplätze unnötig?
Die Grünen in Regensburg stellen den Bedarf weiterer Parkplätze grundsätzlich in Frage. Flemmig hält dem entgegen, dass nur zu bestimmten Zeiten keine volle Auslastung gegeben sei. Im Durchschnitt seien die Innenstadtparkhäuser bereits jetzt voll ausgelastet, so dass sie den Wegfall von Stellplätzen aus dem öffentlichen Raum der Altstadt nicht mehr aufnehmen könnten.
Flemmig ergänzt, dass die Mobilitätsdrehscheibe am Unteren Wöhrd den nötigen Raum schaffe, um den öffentlichen Raum der Innenstadt vom Parksuchverkehr zu entlasten. Das Ziel der Stadt ist langfristig die Verkehrsberuhigung der Innenstadt.
Befeuert die Verkehrsberuhigung das Altstadt-Sterben?
Kann es sein, dass durch diese neuen Pläne noch weniger Menschen zum Bummeln in die Innenstadt kommen und das Altstadt-Sterben so noch befeuert wird? Im Gegenteil, ist Flemmig überzeugt. Denn obwohl einige natürlich gerne weiter mit dem Auto bis unmittelbar vor den Laden fahren würden, ist sie überzeugt, dass für die Mehrheit der Besucher und auch für die Anwohner die Aufenthaltsqualität deutlich ansteige, wenn der öffentliche Raum nicht von Durchgangsverkehr dominiert werde. Das könne man in vielen anderen deutschen, aber auch Städten im Ausland beobachten. Sie betont, dass die Altstadt für Logistikunternehmen soweit erreichbar bleibe und die Anwohner weiterhin vor Ort parken könnten. Auch ausreichend Behindertenparkplätze sollen weiterhin zur Verfügung stehen. Flemmig entkräftete in diesem Zusammenhang ebenfalls die Gerüchte, dass Parkhäuser in der Innenstadt in Bewohner-Parkplätze umgewandelt werden sollen.
„Für die Altstadt ist es essenziell, dass es weiterhin ausreichend Park- und Kurzparkzonen gibt, denn die Dienstleistungsunternehmen wie Ärzte, Physiotherapeuten, etc. müssen angefahren werden können“, ergänzt Fuchshuber an der Stelle.
© Stadt Regensburg, Bilddokumentation
Steht die Mobilitätsdrehscheibe am falschen Platz?
Viele sagen prinzipiell: Mobilitätsscheibe ja, aber bitte außerhalb des Stadtzentrums. Die Grünen sind der Meinung, dass es in jeder Himmelsrichtung eine Park-and-Ride-Möglichkeit am Stadtrand geben sollte: „Im Süden gibt es den Parkplatz am Jahnstadion, im Westen das P+R Regensburg West. Es bräuchte noch Parkmöglichkeiten im Osten (z. B. beim Walhalla Bahnhof) und im Norden der Stadt (Nähe der Autobahnausfahrt), um den Verkehr bestmöglich vor der Stadt abzufangen.“ Also warum nicht einfach dort eine Mobilitätsdrehscheibe planen?
Es stellt sich nämlich durchaus die Frage, ob die zentrale Lage der Mobilitätsdrehscheibe nicht dem Vorhaben, Autos aus der Innenstadt fernzuhalten und mehr Menschen zum Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel zu motivieren, entgegensteht. „Ich bin bei allen, die sagen, wir wollen die Verkehrswende. Wir wollen, dass auf andere Verkehrsmittel umgestiegen wird“, so Flemmig, hält es jedoch im Moment für unrealistisch zu denken, dass die Menschen aus dem Umland, die nicht gut an den ÖPNV angebunden sind, wenn sie dann schon im Auto sitzen, am Stadtrand parken und mit dem Bus die letzten Kilometer zurücklegen. „Denjenigen, die in der Stadt wohnen und bequem mit dem Fahrrad fahren können, fällt es natürlich leicht, zu sagen, dass die Landkreisbewohner am Jahnstadion parken und mit dem Bus fahren sollen“, beschreibt Flemmig.
Sie habe Bedenken, dass genau diese Bewohner aus dem Umkreis dann tatsächlich den Altstadt-Kaufleuten wegfallen würden, wenn keine zentrumsnahen Parkmöglichkeiten geschaffen werden: „Die Altstadt muss für alle Nutzergruppen attraktiv erreichbar sein.“
Auch Fuchshuber findet, dass der Platz am Alten Eisstadion perfekt für eine Mobilitätsdrehscheibe mit allen Funktionen sei: „Sie ist stressfrei erreichbar und man hat die Altstadt bereits im Blick. Die Besucher sind sozusagen optisch schon vor Ort und deshalb gerne bereit, noch zu Fuß, mit einem Wassertaxi oder mit dem Bus die letzten Meter inklusive Gepäck zu überbrücken. Ein Parkhaus am Alten Eisstadion ist eine lebensnotwendige Infrastrukturmaßnahme für die Altstadt.“
Sind die P+R Angebote zu unattraktiv?
Beobachtet man etwa die Situation am P+R am Jahnstadion, stellt man tatsächlich fest, dass dieser häufig relativ leer ist. Es scheint verwunderlich, dass so wenige Besucher und Berufspendler die günstigen Tarife nutzen, um so in die Stadt zu kommen. Es gibt hier zum Beispiel ein Park- und Busticket für insgesamt einen Euro. Dieses gilt von 06:00 bis 21:00 Uhr und ist gültig für alle Insassen eines Pkws für eine Hin- und eine Rückfahrt von der Haltestelle Jahnstadion Regensburg zu den Haltestellen Hauptbahnhof, Dachauplatz oder Haus der Bayerischen Geschichte und zurück. Es gibt aber auch andere Tarife, wenn etwa alle Busse in der Stadt den ganzen Tag über genutzt werden sollen. Außerdem kann ein vergünstigtes Monatsticket erworben werden.
Die Grünen finden, dass die Park-and-Ride-Busanbindung nicht attraktiv genug sei: „Es braucht deutliche Anreize für Autofahrer*innen, die Parkplätze am Stadtrand zu nutzen. Solange in der Innenstadt so viele preiswerte Parkplätze zur Verfügung stehen, wird dort nach einem Parkplatz gesucht.“ Sie schlagen zudem eine schnellere Busverbindung wie etwa eine Express-Buslinie mit den Haltestellen Jahnstadion/Dachauplatz/Unterer Wöhrd vor. Sie können sich vorstellen, dass so auch mehr Menschen die P+R Angebote annehmen würden.
„Wir sind keine Metropole!“, entgegnet Fuchshuber. Die Wege seien insgesamt zu kurz, um zwei- oder dreimal umzusteigen: „Für unsere Hotelgäste gilt: Der P+R am Jahnstadion liegt direkt an der Autobahn und ist unbewacht (Diebstahl) – bei Reisen hat man im Kofferraum meistens auch noch Gepäck. Hier lässt man sein Auto ungern über das Wochenende stehen. Zusätzlich ist er auf Grund der Jahnspiele nicht immer verfügbar.“
Was passiert, wenn die Verkehrswende geschafft ist und man die Parkplätze nicht mehr braucht?
Was geschieht eigentlich mit all den überschüssigen Parkmöglichkeiten, wenn die Verkehrswende geschafft ist? „Ich sage immer, wenn wir die Verkehrswende geschafft haben, alle Landkreisbewohner happy sind, weil der Bus im 5-Minuten-Takt kommt und keiner, der in die Stadt fährt noch ein Auto braucht, dann können wir Boccia-Bahnen, einen Park oder sonst etwas an den südlichen Teil der Mobilitätsdrehscheibe umsetzen“, stellt Flemmig überspitzt dar. Sie erläutert, dass die Mobilitätsdrehscheibe sehr anpassungsfähig sei. So könnte das Parkhaus etwa zu Anwohnerparkplätzen umgewandelt werden und die Parkplätze im Südbereich sukzessive rückgebaut werden. Somit könnte in der Zukunft tatsächlich ein begrünter Park mit Freizeitmöglichkeiten entstehen.
Fuchshuber glaubt hingegen nicht an eine Verkehrswende in dem Sinne: „Alle Trendforschungen gehen in die gleiche Richtung: Die Straße bleibt attraktiv und der Verkehr wird mehr werden, darauf müssen wir uns einstellen. Die Menschen werden auf ihre Individualität, fahren zu können, wann sie wollen und wohin sie wollen, nicht verzichten“, denkt Fuchshuber. Das E-Auto werde ihrer Meinung nach irgendwann vom Wasserstoffantrieb ersetzt werden, aber ein Auto bleibe ein Auto und beanspruche seinen öffentlichen Raum.
Es bleibt spannend
Es scheint also nicht das Monster-Parkhaus zu werden, das viele befürchten. Tatsächlich klingt das Konzept der Mobilitätsdrehscheibe interessant und könnte – je nach Umsetzung – spannende neue Möglichkeiten bieten. Arbeitnehmende müssten nicht mehr extra früh aufstehen, um am Altstadtrand nach den letzten verbleibenden Parkplätzen zu suchen, was wiederum auch die Anwohner in dem jeweiligen Gebiet entlasten würde. Ob die Parkplätze am Unteren Wöhrd wirklich angenommen werden, hängt allerdings mit Sicherheit von einem ganz zentralen Punkt ab: den Parkgebühren. Diese stehen derzeit allerdings noch nicht fest. Das Stadtwerk.Regensburg und die Stadt Regensburg müssen noch eine Tarifinfrastruktur abbilden. Die Preise sollen sich dann zwischen Dauerparkern, Touristen beziehungsweise Hotelgästen und Arbeitnehmenden unterscheiden. So werde es laut Flemmig etwa einen günstigeren Tarif für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geben: „Es wird versucht, einen Tarif anzubieten, den sich auch diejenigen leisten können, die kein überdurchschnittlich hohes Gehalt beziehen.“
Es bleibt also spannend, wie sich das Areal um das ehemalige Eisstadion entwickelt und wie es von den Parkenden letztendlich angenommen wird.
Marina Triebswetter | filterMAGAZIN