Was viele befürchtet hatten ist eingetreten – Donald Trump wurde als US Präsident wiedergewählt und wird heute offiziell vereidigt. Bereits vor seinem Amtsantritt löste er durch neue provokante Aussagen und dreiste Ansprüche einen Sturm der Empörung aus. So viel ist sicher – auf Deutschland und ganz Europa kommen herausfordernde Zeiten zu.
Die Nachricht traf viele wie ein Paukenschlag – Donald Trump ist zurück im Weißen Haus. Der Kuschelkurs mit den USA ist wohl endgültig vorbei und die Wirtschaft befürchtet große Exporteinbrüche. Wie verhandelt man mit einem Mann, der offensichtlich plant, seine Strategie „America First“ ohne Rücksicht auf Verluste durchzusetzen? Wir haben mit den Regensburger Vertretern der Parteien gesprochen und sie nach ihren Strategien für die zukünftige Zusammenarbeit mit dem neuen mächtigsten Mann der Welt gefragt.
Entscheiden Sie, wer Ihrer Meinung nach dieser Herausforderung am besten gewachsen ist.
Regensburger Nachrichten
Angesichts der Wiederwahl von Donald Trump zum US-Präsidenten und seiner protektionistischen Wirtschaftspolitik, die unter anderem höhere Zölle auf europäische Importe vorsieht, stehen viele deutsche Unternehmen vor großen Herausforderungen. Welche Maßnahmen planen Sie zur Entschärfung dieses drohenden Konflikts?
CSU, Peter Aumer
Exportweltmeister sind jetzt andere, nicht mehr wir. Trotzdem bleibt Deutschland eine Exportwirtschaft. Jeder vierte Arbeitsplatz hängt am Export – und ein Großteil unseres Wohlstands. Aber: Der Welthandel schwächelt, Protektionismus und unlautere Handelspraktiken nehmen zu, Lieferengpässe und steigende Rohstoffpreise werden zur Belastung für Unternehmen. Unser Kompass bleibt: Wir unterstützen den freien Handel, damit wir wieder aufholen und Arbeitsplätze sichern. Dabei puffern wir die internationalen und globalen Risiken besser ab. Aus Deutschland muss eine resiliente Exportwirtschaft werden.
Für unsere Interessen. Wir sorgen dafür, dass sich unsere internationale Zusammenarbeit gezielt an den strategischen Wirtschaftsinteressen Deutschlands orientiert. Außenwirtschaftsförderung und Entwicklungszusammenarbeit verzahnen wir dazu besser. Wir setzen uns auch in der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung dafür ein, dass die deutsche Wirtschaft deutlich stärker von staatlich finanzierten Entwicklungsprojekten profitiert.
Zusammen ist man stärker. Wir schließen neue Energie- und Rohstoffpartnerschaften und setzen uns auf europäischer Ebene für pragmatische Handelsabkommen ein.
Fair handeln statt abschotten. Bei marktverzerrenden Subventionen und Exportbeihilfen setzen wir auf das EU-Antisubventionsverfahren und einen wirksamen, international anerkannten Streitschlichtungsmechanismus bei der Welthandelsorganisation. Grundsätzlich sind Zölle nicht der richtige Weg.
Globaler Handel funktioniert nur auf der Basis gleicher Rechte und Pflichten. Deshalb folgen wir dem Grundsatz der Gegenseitigkeit (Reziprozität).
Exportförderung stärken. Exportorientierte Unternehmen brauchen guten Zugang zu Kapital und staatliche Garantien zur Risikoabsicherung. Wir machen die neuen klimapolitischen Sektorleitlinien für Garantien rückgängig. Eine Unterscheidung in gute und in weniger gute, in gewünschte und weniger gewünschte Wirtschaftstätigkeit deutscher Unternehmen im Ausland lehnen wir ab.
Außenhandel nicht unnötig behindern. Die Exportkontrolle muss effizienter werden. Dazu beschleunigen wir Ausfuhrgenehmigungen deutlich.
Abkommen schließen. Mercosur ist ausverhandelt und muss jetzt zügig in Kraft treten. Dabei haben wir die Sicherstellung fairer Wettbewerbsbedingungen zum Schutz unserer Landwirtschaft besonders im Blick. Wir unterstützen in der EU neue Abkommen mit Indien und den ASEAN-Staaten und vertiefen Partnerschaften insbesondere mit den USA für einen umfassenden transatlantischen Wirtschafts-, Handels- und Zukunftsraum.
„De-Risking“, aber richtig. Wir wollen an engen Wirtschaftsbeziehungen zu China festhalten, sofern sie auf dem Prinzip der Gegenseitigkeit beruhen. Zugleich werden wir kritische wirtschaftliche Abhängigkeiten verringern, etwa durch die stärkere Diversifizierung von Absatzmärkten, Rohstoffquellen und Lieferketten sowie den Schutz kritischer Infrastruktur und sicherheitsrelevanter Technologie.
Abhängigkeiten verringern, heißt souveräner werden. Die Produktion von Halbleitern und Batteriezellen in Europa muss stark angekurbelt werden. Dazu füllen wir das Europäische Chipgesetz zügig mit Leben und nutzen die Europäische Halbleiterallianz ESRA stärker.
Innovationen „Made in Germany“. Gerade in Afrika, aber auch im gesamten globalen Süden und im asiatisch-pazifischen Raum, wollen wir Wirtschaftsbeziehungen intensivieren auch um das Feld nicht China und Russland zu überlassen. Deshalb ist es in unserem Interesse, die Afrikanische Union und andere regionale Zusammenschlüsse dauerhaft zu stärken. Mit Blick auf Klimaschutz durch Zukunftstechnologien bieten sich für Technologien aus Deutschland große Chancen. Deshalb unterstützen wir Wirtschaftswachstum auf dem afrikanischen Kontinent und die afrikanische Freihandelszone.
Rohstoffe von hier. Wir sichern die Versorgung auch durch einen verantwortungsvollen, heimischen Abbau. Zudem verstehen wir die aus Recycling entstandenen Wertstoffe als Rohstoffe 2.0. Sie erfüllen die höchsten Ansprüche und sind zugleich nachhaltig. Wir reizen das privatwirtschaftliche, nichtspekulative Anlegen von Vorräten durch eine Rohstoffbevorratungsrücklage an.
SPD, Dr. Carolin Wagner
Deutschland als Exportnation würden die von Trump angekündigten Zölle ganz besonders hart treffen. Deutsche Exporte in die USA könnten um bis zu 15 Prozent zurückgehen. Die Zölle träfen aber nicht nur Deutschland, sondern Europa insgesamt. Die Lösungen müssen also auch europäisch sein: Zunächst gilt es, den europäischen Binnenmarkt zu stärken – in dem über 450 Millionen Menschen leben und über 24 Millionen Unternehmen ansässig sind. Zur Stärkung des Binnenmarktes gehört eine funktionierende, digitale Infrastruktur für den grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehr. Gerade die tiefere Integration des EU-Dienstleistungsmarktes ist ein zentrales Element, würde sie doch den europäischen Markt für Unternehmen aus den USA deutlich interessanter machen. Das erhöht in der Folge direkt die Marktmacht der EU und würde die Gefahr von Zöllen verringern. Um den Dienstleistungsmarkt in der EU zu verbessern, müssen zum Beispiel unterschiedliche Meldepflichten angepasst, die Anerkennung von Qualifikationen vereinfacht und Versicherungsfragen geklärt werden. Wichtig ist außerdem ein funktionierender europäischer Kapitalmarkt. Wir werden entsprechend die Banken- und Kapitalmarktunion vorantreiben und das Umfeld für Innovationen und Zukunftstechnologien durch privates Kapital dauerhaft stärken. Ein scharfes Schwert sind aber auch Vergeltungszölle: Die EU hat mit der Anti-Coercion-Verordnung ein Instrument geschaffen, das wirksame Gegenmaßnahmen für wirtschaftliche Zwänge aus einem Nicht-EU-Staat ermöglicht. Zur Wahrheit gehört: Die höheren Zölle würden auch die weniger wohlhabenden Menschen in den USA treffen, die bereits jetzt unter hohen Lebenshaltungskosten zu leiden haben. Und Modellrechnungen zeigen: Europäische Vergeltungsmaßnahmen würden in den USA hohe wirtschaftliche Schäden anrichten. Trump müsste das dann auch vor seinen eigenen Wählerinnen und Wählern rechtfertigen.
Bündnis 90 / Die Grünen, Stefan Schmidt
Die Antwort auf „America first“ ist „Europe united“. Wir brauchen ein geeintes Europa und mehr Europa, um im Wettbewerb mit den USA und China zu bestehen. Wir wollen wieder die treibende Kraft beim technologischen Fortschritt werden. Deswegen müssen wir den europäischen Binnenmarkt weiter vertiefen und um eine Digitalunion ergänzen. Nur so schaffen wir mehr Wachstum und Innovationen in Europa.
FDP, Ulrich Lechte
Die USA bleiben der engste Partner und Verbündete Deutschlands, dennoch werden Deutschland und Europa mehr in die eigene Sicherheit investieren müssen. Gerade deshalb brauchen wir in Deutschland jetzt den Befreiungsschlag durch eine echte Wirtschaftswende, um für Wachstum, Jobs und Wohlstand zu sorgen. Dazu gehören Investitionen in die eigene Sicherheit.
Deutschland muss in jedem Fall mehr Eigenverantwortung für sich und innerhalb der EU tragen.
Es muss ein Ziel der deutschen und EU-Wirtschaftspolitik sein, die Handelsbeziehungen mit den USA möglichst krisenfest zu gestalten. Auf europäischer Ebene gibt es verschiedene Möglichkeiten, um den Markt für US-Unternehmen attraktiver zu gestalten und die eigene Marktmacht somit zu erhöhen. Beispielsweise könnte eine tiefere Integration des EU-Dienstleistungshandels den EU-Binnenmarkt für US-Unternehmen deutlich interessanter machen. Die EU muss sich allerdings auch auf höhere Zölle vorbereiten. Dazu gehört es auch, Stärke zu zeigen und ernstgemeinete Vergeltungsmaßnahmen anzudrohen, etwa durch das kürzlich von der EU geschaffene AntiCoercion-Instrument. Deutschland und die EU müssen die Kooperation mit den US-Bundesstaaten sowie im Rahmen des schon bestehenden Koordinationsgremiums Trade and Technology Council (TTC) intensivieren. Nur so kann das Fundament der transatlantischen Partnerschaft erhalten und möglicherweise sogar gestärkt werden.
Freie Wähler, Regina Seebauer-Sperl
Ein strategischer und koordinierter Ansatz ist unerlässlich, um auf potenziell höhere Zölle zu reagieren und langfristige Schäden für die europäische Wirtschaft zu minimieren.
Zunächst einmal müssen Maßnahmen auf europäischer Ebene abgestimmt werden, da Deutschland mit seiner derzeit schwächelnden Volkswirtschaft allein keine starke Verhandlungsposition hat. Nur durch ein geeintes Europa können wir wirtschaftliche Stärke zeigen und auf Augenhöhe mit den USA verhandeln.
Wir setzen uns für faire und partnerschaftliche Handelsbeziehungen mit den USA ein. Der transatlantische Handel ist für unsere Wirtschaft und Arbeitsplätze von zentraler Bedeutung. Deutschland und die EU müssen selbstbewusst auftreten, ihre Interessen klar vertreten und dennoch Handelskonflikte vermeiden. Einseitige protektionistische Maßnahmen wie Strafzölle sollten vermieden werden, da sie den freien Handel gefährden.
Die Wiederaufnahme von Verhandlungen über ein transparentes Handelsabkommen mit den USA ist ein zentraler Schritt. Ein solches Abkommen muss den Mittelstand sowie regionale Wirtschaftskreisläufe stärken und gleichzeitig europäische Standards in den Bereichen Umwelt, Verbraucherschutz und Arbeitnehmerrechte schützen.
Eine starke Wirtschaft ist die Voraussetzung für erfolgreiche Verhandlungen. Vorrangige Maßnahmen sollten darauf abzielen, das Wirtschaftswachstum Europas – und insbesondere Deutschlands – zu fördern. Nur so kann Europa seine Interessen effektiv durchsetzen und sich als gleichwertiger Partner präsentieren.
Auch wenn die USA unter Trump einen protektionistischen Kurs verfolgen, wird Europa als verlässlicher Handelspartner unverzichtbar bleiben – besonders im Bereich Hochtechnologien und Präzisionsfertigung. Umso wichtiger ist es, Europas Innovationskraft zu sichern und weiter auszubauen.
Ausserdem ist eine stärkere Resilienz gegenüber globalen Handelsschwankungen essenziell. Dazu gehört vor allem die Förderung des europäischen Binnenmarktes, um den Einfluss wegfallender Exporte abzufedern. Dies wird nicht nur im Hinblick auf die USA, sondern auch im Umgang mit China von entscheidender Bedeutung sein.
Mit einer klaren Strategie, wirtschaftlicher Stärke und einem geeinten Europa können wir die Herausforderungen des globalen Handels erfolgreich meistern.
BSW, Irmgard Freihoffer
Sollte der BDI Recht haben, wäre es möglich mit Trump entsprechend zu verhandeln, wenn Europa zu Kompromissen bereit sei und den USA Vorschläge mache, wie Zölle auf beiden Seiten vermieden werden könnten. "Die Vergangenheit hat gezeigt, dass erfolgreiche Vereinbarungen und Abkommen mit Trump möglich sind", sagte der BDI-Präsident Russwurm. (Tagesschau, 6.11.24)
In jedem Falle müssen Deutschland und die EU ihren Wirtschaftsstandort und den Binnenmarkt dringend stärken. Dazu braucht es auch eine entsprechend große Nachfrage durch höhere Löhne. Ebenso muss unsere Industrie durch günstige Energie wettbewerbsfähig bleiben bzw. es wieder werden. Ein rohstoffarmes Land wie Deutschland braucht einen starken industriellen Sektor. Das ist ohne billige Energie nicht möglich. Des Weiteren darf sich Deutschland nicht in den Wirtschaftskrieg der USA mit China einspannen lassen. Genauso wenig sollten sich Deutschland und andere europäische Staaten an den meist völkerrechtswidrigen Sanktionen, insbesondere auch nicht an den sogenannten Sekundärsanktionen, die die USA gegenüber vielen Ländern verhängen, beteiligen.
Die Linke, Sebastian Wanner
Die zweite Amtszeit von Donald Trump ist niederschmetternd für Antifaschist:innen, Migrant:innen, Frauen und viele weitere Menschen in den USA. Mit Trump ziehen rechtsradikale, fundamentalistisch-christliche und rassistische Minister:innen in die Regierung ein und der Hass wird noch allgegenwärtiger sein. Um gegen die protektionistische Wirtschaftspolitik anzukommen, wollen wir den Binnenmarkt in Deutschland und der EU stärken. Statt umweltschädliche Exporte über tausende Kilometer, sollen nachhaltige Produkte entstehen, die ihre Abnehmer:innen nah am Produktionsort haben. Die EU und auch Deutschland müssen nun eigenständiger agieren und dürfen sich nicht von einer rechten Regierung in den USA abhängig machen oder treiben lassen.
AfD, Carina Schießl
Die Wiederwahl von Donald Trump macht eines deutlich: Die USA stellen ihre Interessen an erste Stelle – das sollten auch wir tun. Statt uns von Zöllen einschüchtern zu lassen, müssen wir auf Stärke und Qualität setzen. Deutschland kann mit der Rückkehr zur bewährten deutschen Wertarbeit und Exzellenz überzeugen – Produkte, die weltweit geschätzt werden. Mit weniger Bürokratie, niedrigeren Steuern und bezahlbarer Energie machen wir unsere Wirtschaft fit für die Zukunft. Gleichzeitig braucht es kluge Verhandlungen mit den USA, um faire Partnerschaften auf Augenhöhe zu sichern.
Die deutsche Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen wird eine der größten Herausforderungen der neuen Bundesregierung sein. Daher legen wir einen besonderen Fokus auf diese Rubrik. Verpassen Sie nicht die nächsten Fragen und Antworten zum Thema, hier auf den Regensburger Nachrichten sowie in der Februar Ausgabe es filterMagazins.
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Kathrin Gnilka | fiterRedaktion