Nach der Abstimmung über den Unions-Antrag zur Verschärfung der Migrationspolitik, der im Bundestag mit den Stimmen der AfD angenommen wurde, wächst die Zustimmung zu einer möglichen schwarz-blauen Koalition. Das ergab eine aktuelle Umfrage des Markt- und Sozialforschungsinstituts Ipsos. CDU-Chef Friedrich Merz wird weiterhin als Kanzlerkandidat favorisiert.
Ipsos befragte von Donnerstag, den 30. Januar, bis Freitag, den 31. Januar, insgesamt 1.000 Wahlberechtigte, die aus einer Liste möglicher Regierungsoptionen und Kanzlerkandidaten die ihrer Meinung nach beste Koalition bzw. den geeignetsten Politiker für das Amt des Bundeskanzlers auswählen sollten.
Schwarz-Grün immer unbeliebter, ein Drittel von keiner Koalition überzeugt
Jeder fünfte Deutsche (19 Prozent) würde nach der Bundestagswahl eine Große Koalition aus CDU/CSU und SPD bevorzugen. Dieser Anteil hat sich seit der letzten Umfrage vor zwei Wochen nicht verändert. Eine schwarz-grüne Koalition wird dagegen nach der Migrationsdebatte nur noch von fünf Prozent der Deutschen favorisiert, drei Prozentpunkte weniger als bei der letzten Befragung. Ähnlich gering ist die Zustimmung für eine schwarz-rot-grüne Kenia-Koalition (acht Prozent | -1), eine schwarz-rot-gelbe Deutschland-Koalition (sieben Prozent | +1) und eine schwarz-gelb-grüne Jamaika-Koalition (drei Prozent | ±0).
Unter allen denkbaren Regierungskonstellationen erreicht die schwarz-blaue Koalition aus Union und AfD mit 23 Prozent den höchsten Wert. Im Vergleich zur letzten Ipsos-Umfrage von Mitte Januar bedeutet dies einen Anstieg um fünf Prozentpunkte. Der größte Anteil der Befragten ist jedoch von keiner der möglichen Regierungsoptionen überzeugt. Mehr als ein Drittel der Deutschen (35 Prozent | -2) will sich auf keine der abgefragten Koalitionen festlegen.
Dr. Robert Grimm, Leiter der Politik- und Sozialforschung bei Ipsos in Deutschland, ordnet die Verschiebung ein: „Der offensive Vorstoß von Friedrich Merz, eine restriktive Migrationspolitik mit den Stimmen der in Teilen gesichert rechtsextremen AfD durch den Bundestag zu peitschen, hat die politische Mitte in unserem Land pulverisiert. Ja, es ist richtig, die Entscheidung von Merz zu hinterfragen, mit rechtspopulistischen Geschichtsrevisionisten zusammenzuarbeiten. Aber dem Aufschrei von SPD und Grünen müssen konkrete Lösungen folgen. Denn die Bürgerinnen und Bürger sind es leid, die immer wiederkehrenden Bilder brutaler Gewalttaten tatenlos hinzunehmen. Deshalb hat Merz mit seiner Entschlossenheit, den Unions-Antrag kompromisslos mit den Stimmen der AfD durchzusetzen, einige Wählerinnen und Wähler durchaus beeindruckt."
Scholz bei K-Frage auf dem letzten Platz
Zusätzlich wurden die Wahlberechtigten gefragt, welcher Kanzlerkandidat ihrer Meinung nach am besten für das Amt des Bundeskanzlers geeignet sei. Neben dem bisherigen Oppositionsführer und CDU-Bundesvorsitzenden Friedrich Merz standen den Befragten der amtierende Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) sowie die AfD-Kandidatin Alice Weidel zur Auswahl. Die meisten Stimmen erhält Friedrich Merz mit unverändert 18 Prozent. Er bleibt damit auch nach seinem Vorstoß in der Migrationspolitik der bevorzugte Kanzlerkandidat der Deutschen. An zweiter Stelle folgt Alice Weidel von der AfD mit 17 Prozent (+1).
Dahinter liegt der grüne Wirtschaftsminister und Kanzlerkandidat Robert Habeck mit 12 Prozent (-1) auf dem dritten Platz, dicht gefolgt von Olaf Scholz, den nur 11 Prozent (+1) für den geeignetsten Kandidaten halten.
Bemerkenswert: Ein Drittel der Wahlberechtigten (33 Prozent) hält keinen der zur Wahl stehenden Politiker für das Kanzleramt geeignet, weitere neun Prozent können oder wollen sich zu dieser Frage nicht äußern.
Merz und Weidel Punkten vor allem bei Männern
Unionskandidat Friedrich Merz überzeugt vor allem die männliche Wählerschaft. 21 Prozent der Männer halten ihn für den geeignetsten Kandidaten. Bei den weiblichen Wählerinnen kann er dagegen nur 15 Prozent für sich gewinnen. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei Alice Weidel: Auch die Bundessprecherin der AfD kommt bei Männern besser an als bei Frauen. Während 20 Prozent der männlichen Befragten sie für die geeignetste Kandidatin halten, sind nur 14 Prozent der Frauen dieser Meinung. Bundeskanzler Olaf Scholz überzeugt 12 Prozent der Männer und 9 Prozent der Frauen, bei Robert Habeck gibt es mit jeweils 12 Prozent Zustimmung keine geschlechtsspezifischen Unterschiede.
Auffällig ist, dass der Anteil derjenigen, die keinen Kandidaten für geeignet halten oder unentschieden sind, bei den Frauen mit 50 Prozent deutlich höher liegt als bei den Männern mit 35 Prozent.
Methode
Quotierte Online-Befragung von 1.000 Wahlberechtigten zwischen 18 und 75 Jahren in Deutschland, repräsentativ gewichtet nach Alter, Geschlecht, Bildung, Region und Wahlverhalten bei der letzten Bundestagswahl. Die Befragung wurde von Donnerstag, den 30. Januar, bis Freitag, den 31. Januar, durchgeführt.
Ipsos GmbH / RNRed