Die deutsch-ukrainische Bürgerinitiative „Information Front Activists" (INFRA) organisiert gemeinsam mit ukrainischen Gemeinden der Stadt Regensburg am kommenden Sonntag am Emmeramsplatz in Regensburg eine Kundgebung unter dem Titel: „Keine Bühne für Kreml-Propaganda, #NoNetrebko“.
Am Sonntag, den 27. Juli, findet anlässlich des Auftritts der Opernsängerin Anna Netrebko um 18:00 Uhr bei den Thurn und Taxis Schlossfestspielen in Regensburg eine Kundgebung am Emmeramsplatz statt.
Eindeutige Distanzierung vom Krieg sei bisher nicht vollzogen
Die Initiative INFRA teilte in einer öffentlichen Pressemitteilung ihre Beweggründe zum Protest mit:
„Anna Netrebko steht seit Langem in demokratischen Ländern in gesellschaftlicher Kritik. So warb sie während Putins Wahlkampf im Jahr 2012 öffentlich für ihn und fungierte als seine Vertrauensperson. Sie begrüßte die Annexion der Krim im Jahr 2014 und übergab noch im selben Jahr öffentlich eine Million Rubel an den Anführer der pro-russischen Terroristen, Oleh Zarjow (sanktioniert in Europa, in der Ukraine zur Verhaftung ausgeschrieben). Zu ihrem 50. Geburtstag, den sie 2021 im Kreml feierte, setzte sie ein weiteres Zeichen ihrer Nähe zum Regime. Eine eindeutige Distanzierung vom Krieg und von Putin nach dem Jahr 2022 hat sie bis heute nicht vollzogen. Als sie am 30. März 2022 eine Erklärung gegen den Krieg in der Ukraine abgab, nannte sie nicht einmal den Aggressor. Wegen der offenen Unterstützung des rechtswidrigen Angriffs Russlands auf die Ukraine wurde Anna Netrebko im Jahr 2023 von dem Präsidenten der Ukraine Volodymyr Zelenskiy auf die Sanktionslisten eingetragen.“
Weiter beschreibt Die Initiative INFRA mit:
„Seit Jahren unterstützt sie außerdem als Patin ein SOS-Kinderdorf bei Moskau, in dem laut Medienberichten 2022 verschleppte ukrainische Kinder untergebracht worden sein sollen. Anna Netrebko hat diesbezüglich bis jetzt keine Erklärung abgegeben und hat die Finanzierung dieser Einrichtung nicht beendet, obwohl sich die Organisation SOS-Kinderdorf selbst nach diesem Skandal von der Moskauer Filiale distanziert hat. Noch am 07. Mai 2023 sagte sie in einem bei den Wiesbadener Maifestspielen im Staatstheater aufgenommenen russisch-englischen Instagram-Post: „Wir werden immer durchbrechen, immer. Wir lassen uns nicht unterkriegen! Ein Russe, ein Russe, kann niemals, niemals, durch etwas gebrochen werden!" Diese Worte, die unter anderem während der blutigen Kämpfe um Bachmut geäußert wurden – als die ukrainische Stadt von „Wagner"-Truppen gestürmt wurde, – tragen eine deutlich propagandistische Färbung. Wen sie mit dieser Beschwörung des russischen Narrativs von einer besonderen Leidens- und Widerstandsfähigkeit motivieren wollte, bleibt offen – oder ist zumindest mehrdeutig. Es war auch nicht das erste Mal, dass Anna Netrebko solche Propaganda-Narrative öffentlich verbreitete: Bereits 2010 posierte sie in einem Kleid mit dem revanchistischen Motto „Auf nach Berlin" (d. h. „Berlin militärisch besetzen"), der heute als Symbol des russischen Militarismus dient, und mit dem Sankt-Georgs-Band, der zum Symbol des russischen Faschismus wurde.“
Wird die russische Kultur für Propagandazwecke instrumentalisiert?
Die Initiative INFRA erklärt in der Pressemitteilung:
„Der Fall von Anna Netrebko ist leider nur ein auffälliges, aber bei Weitem nicht das einzige Beispiel dafür, wie die russische Kultur für Propagandazwecke instrumentalisiert wird. Jahrhunderte lang wurden die Kulturen anderer Völker durch den russischen und später sowjetischen Staat unterdrückt und ausgelöscht. Die inner-russische Kultur hingegen war Gegenstand einer sorgfältigen imperialen Selektion. In ihr wurden imperiale Narrative gepflegt, die dem Regime nützlich waren, und sie wurde zu Propagandazwecken eingesetzt. Das Bild der „großen russischen Kultur" diente als Demonstration der Macht und Größe Russlands.
Putin-nahe Künstlerinnen und Künstler, ein romantisiertes Russlandbild sowie russische Kultureinrichtungen werden heute vom russischen Regime bewusst als Instrumente im gegenwärtigen völkerrechtswidrigen Krieg eingesetzt. Einerseits wird ein idealisiertes Russlandbild gepflegt, das die aggressive Außenpolitik Russlands verschleiert und an westliche Sehnsüchte nach Normalität im Umgang mit Russland appelliert. Andererseits erhalten regimetreue Kulturschaffende gezielten Einfluss, um in westlichen Gesellschaften Spaltung zu erzeugen, sensible Themen zu manipulieren oder sogar offen für Putin zu werben – wie es Anna Netrebko bereits getan hat.
Und nicht zuletzt verbreiten Regime-nahe Künstlerinnen und Künstler sowie kulturelle Einrichtungen gezielt Narrative, die eine Toleranz gegenüber imperialistischen und antidemokratischen Ideen fördern. Ein Beispiel dafür ist Anna Netrebkos öffentliche Äußerung in Wiesbaden im Jahr 2023[4] sowie die Verbreitung der zur Kriegslegitimation geschaffenen Ideologie „Russkij Mir"[6] in russischen Kulturhäusern, unterstützt durch die in Europa sanktionierte Stiftung gleichen Namens. Diese Narrative wirken wie ein Nährboden für antidemokratische Entwicklungen: Sie stärken isolationistische, antiwestliche und rechtspopulistische Bewegungen in Europa und untergraben die demokratische Werteordnung.“
„Die Gesellschaft für die Gefahren russischer Propaganda muss sensibilisiert werden“
Zum Abschluss teilt Die Initiative INFRA mit:
„Mit unserer Demonstration verfolgen wir insbesondere das Ziel, die Gesellschaft für die Gefahren russischer Propaganda und ihre Verankerung in der Kulturwelt zu sensibilisieren. Wir sind überzeugt, dass Ethik und Gewissen ein moralischer Kompass für Künstlerinnen und Künstler sein müssen. Wir stellen uns ausdrücklich gegen die Verbreitung kremlnaher Narrative und imperialistischer Ideologien in Deutschland – einem Land, das seit Langem als Vorbild für einen toleranten, demokratischen und europäischen Rechtsstaat gilt. Wir möchten deutlich machen, dass wir jede Unterstützung der russischen Regierung und ihres völkerrechtswidrigen Krieges ablehnen.
Wir fordern eine klare und eindeutige Haltung deutscher Einrichtungen zu Auftritten Putin-naher Künstlerinnen und Künstler, die sich nicht glaubhaft vom Regime distanziert haben und zur Verbreitung kremlnaher Propaganda sowie zur politischen Vereinnahmung russischer Kultur im Informationskrieg beitragen. Daher fordern wir die Absage aller Auftritte von Anna Netrebko in Deutschland. Einer Unterstützerin des russischen Regimes darf keine Bühne geboten werden. Darüber hinaus setzen wir uns für ein Einreise- und Auftrittsverbot in der EU für all jene Künstlerinnen und Künstler ein, die seit der Annexion der Krim für das Putin-Regime öffentlich eingetreten sind, Propaganda verbreitet haben und sich bis heute nicht klar davon distanziert haben.“
Die Initiative INFRA / RNRed