Die Hilfsorganisation Sea-Eye Regensburg spricht von einem „leisen Beschluss während der parlamentarischen Sommerpause, der die Überlebenschancen von Menschen auf der Flucht gefährlich mindert“. Die Rede ist vom Vorhaben der Bundesregierung, die jährliche Förderung für die zivile Seenotrettung bereits ab diesem Jahr vollständig zu streichen.
Die Bundesregierung aus Union und SPD plant, die bisher jährliche Förderung von etwa zwei Millionen Euro an Organisationen wie Sea‑Eye, SOS Humanity, Sant'Egidio und andere ab 2026 komplett einzustellen. Nun hat der Haushaltsausschuss jedoch beschlossen, dass die finanzielle Unterstützung für zivile Seenotrettung noch früher – nämlich noch in diesem Jahr – eingestellt wird. Die Entscheidung fiel offenbar still und heimlich in der parlamentarischen Sommerpause.
Im ersten Quartal 2025 waren es laut Auswärtigem Amt noch rund 900.000 Euro, was bedeutet, dass Organisationen 2025 eine Lücke von rund 110.000 Euro füllen müssen.
Auch SPD unternimmt nichts
Sea‑Eye warnte, dass mit dem Wegfall der staatlichen Unterstützung Missionen ausfallen könnten und Rettungsschiffe womöglich im Hafen bleiben müssen.
Auf dem SPD-Bundesparteitag im Juni hatten sich die Sozialdemokraten mit großer Mehrheit für die Fortführung der zivilen Seenotrettung ausgesprochen. Der Haushaltsentwurf für 2026 enthält jedoch keinerlei Mittel – die SPD-Fraktion bleibt untätig.
Außenminister Johann Wadephul (CDU) hatte bereits Ende Juni erklärt, die Förderung für zivilgesellschaftliche Seenotretter abzulehnen. Zivile Seenotrettung bezeichnete er als eine „ungeeignete Methode“. Bundeskanzler Friedrich Merz äußerte sich bei Sandra Maischberger ebenfalls ablehnend. Zivile Seenotrettung sei „keine privatwirtschaftliche Aufgabe“.
„Es ist schockierend, wie die Bundesregierung versucht, sich weiter aus der Verantwortung zu ziehen“
„Der Streit um die zivile Seenotrettung ist ein demokratiepolitischer Kernkonflikt. Denn wer entscheidet in einer Demokratie darüber, ob Menschenrechte durchgesetzt oder preisgegeben werden – Parteitage oder Haushälter? Es ist schockierend, wie die Bundesregierung versucht, sich still und heimlich in der parlamentarischen Sommerpause weiter aus der Verantwortung zu ziehen. Die Seenotrettung ist ein zivilisatorischer Grundpfeiler unseres Umgangs mit Menschen auf der Flucht. Wir bestehen weiter auf eine Fortsetzung der Förderung“, sagt Gorden Isler, Vorsitzender von Sea-Eye e. V.
Zwischen Oktober 2023 und Februar 2025 konnten durch staatlich unterstützte Missionen von Sea-Eye zusätzlich 747 Menschen vor dem Ertrinken gerettet werden.
Sea-Eye e. V. / RNRed