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Weihnachten 2020 wird nicht einfach. Familienbesuche oder menschliches Miteinander – das Corona-Virus bremst alle aus. Doch auch heuer werden wir Weihnachten feiern. Und bei vielen werden an den Feiertagen wieder Kindheitserinnerungen wach.    

Der Regenstaufer Gerhard Kemmeter ist Jahrgang 1938. Seine frühesten Erinnerungen reichen zurück in die Zeit des Zweiten Weltkriegs und in die Nachkriegsjahre. „Regenstauf war damals das ärmste Nest“, sagt er. Angst vor einem einsamen Fest 2020 scheint ihm übertrieben: „Da haben wir schon ganz anderes überstanden.“


Advent war eine dunkle Zeit

Weihnachtlicher Lichterglanz zur Einstimmung aufs Fest? „Von wegen“, erinnert sich Gerhard Kemmeter. Der Advent, das war in seiner Kindheit eher eine dunkle Zeit. Nur an einen Adventskranz erinnert er sich. Allerdings war das kein prächtiges Schaustück, sondern ein einfacher Fichtenkranz. Die vier kleinen Kerzen brannten nur an den Adventssonntagen, sie mussten schließlich für den ganzen Advent reichen. „Nachgesteckt wurde da sicher keine“, sagt Kemmeter.

Kein Foto unterm Christbaum

Den pensionierten Schulrektor und ehemaligen Ortsheimatpfleger kennen viele Regenstaufer als begeisterten Fotografen. Blättert er im Album mit seinen Kindheitsfotos, finden sich darin Studioaufnahmen oder einzelne Fotos, die den Buben auf der Straße, beim Baden am Regen oder auf der Dult zeigen. Ein Foto unterm Christbaum, wie sie heute zigfach in den Familien entstehen, gibt es jedoch nicht. Kemmeter weiß auch warum. Weihnachten spielte sich in der Stube ab. Ein Blitzlicht gab es bei den Aufnahmen, die mit einer Fotobox entstanden, nicht. Fürs Blitzlicht wurde die entsprechende Vorrichtung auf einen Besenstiel gebunden und hochgehalten, eine umständliche Praxis, die beim Hausgebrauch eher keine Rolle spielte.

Abenteuer Fliegeralarm

Seine frühesten Kindheitseindrücke, die Kemmeter zum Thema Weihnachten einfallen, das sind dünne Aluschnipsel, die Bomber bei ihrem Überflug über Regenstauf abwarfen. Die Aluschnipsel sollten das Radar der Flugabwehr stören. Kaum waren die Bomber weg, sammelten die Regenstaufer Kinder die Alufäden ein. Sie schmückten während der Kriegsjahre als Lametta-Ersatz manchen Christbaum.

1943 durfte der kleine Gerhard mit Lodencape und Fasanenfeder an seinem Filzhut den Vater in Berlin besuchen. Der tat dort als Gefreiter in einer Schreibstube Dienst. Selbst 75 Jahre nach Kriegsende hört Kemmeter noch das Sausen in der Luft, das „komische Geräusch“, das er 1943 in Berlin hörte, als dort die Bomben fielen. Warnten in Regenstauf die Sirenen vor anfliegenden Bombern, ging der Bub mit seiner Mutter in einen der Felsenkeller am Schlossberg. „Für uns Kinder war das ein Abenteuer“, erinnert er sich. Ein Kinderfoto zeigt den Fünfjährigen mit Lederhose und Kinderkirm, als er sich aufmacht zu einer Luftschutzübung. In der Kirm nahm er das mit, was ihm am wichtigsten war, seinen Teddybären.

Tabak für Spielzeug

Der Militärdienst des Vaters in Berlin machte den Regenstaufer Buben während der Kriegsjahre besonders zu Weihnachten zu einem privilegierten Kind. Mit dem Vater diente dort in der Schreibstube ein Sohn der Spielwarenfirma Arnold aus Nürnberg, mit dem sich Vater Pepp anfreundete. Die Eltern, Pepp und Mariele Kemmeter, betrieben ein Schreib- und Tabakwarengeschäft in der Hauptstraße 66½, heute Hausnummer 6. Mutter Mariele schickte dem Vater Päckchen mit Tabakwaren und der teilte mit dem Spielzeugfabrikanten. Als Gegenleistung bekam Gerhard Kemmeter zu Weihnachten Pakete aus Nürnberg. Spätestens am 2. Weihnachtsfeiertag kamen die Freunde des kleinen Gerhard und wollten mit dessen Geschenken spielen. Statt Strümpfen oder neuer Schuhe, wie sie die Freunde unter dem Christbaum gefunden hatten, gab es bei ihm Schuco-Blechautos. Mal hatten diese Autos eine funktionierende Gangschaltung, mal eine Hupe. Selbst an einen Märklin-Baukasten kann sich der 82-Jährige erinnern. An Freunden, die zu Besuch kamen, mangelte es nie. Zählt Kemmeter nur die Kindheitsfreunde der Familien aus der unmittelbaren Nachbarschaft zusammen, kommt er auf 24.

Die Spielkameraden

Außer seinen ganz besonderen Weihnachtsgeschenken, erinnert sich Kemmeter, hatten alle Familien ähnlich viel, oder eben ähnlich wenig. Nur die Kinder im unmittelbar benachbarten Thomas Wiser Haus hatten noch weniger: „Die liefen von März bis Oktober mit kurzen Hosen und barfuß.“ Kontakt zu den Kindern vom Waisenhaus, wie das Wiser Haus damals genannt wurde, hatten die Regenstaufer Nachbarskinder kaum. Doch manchmal, erinnert sich Kemmeter, hätten er und seine Freunde mitbekommen, dass die Kinder von mancher Schwester, nicht von allen, sehr streng erzogen wurden.

Nicht nur beim Umgang mit den Waisenkindern rieten Erwachsene den Kindern zur Vorsicht. Auch den Kontakt zu den evangelischen Kindern sah der damalige Pfarrer nicht gerne. Dennoch ist der Fischer Horst, der aus einer evangelischen Familie stammt, seit frühester Kindheit einer der engsten Freunde Kemmeters: „Wir haben uns da einfach nicht an die Vorgaben gehalten.“Weil sich gegen Tabak so gut wie alles eintauschen ließ, genoss Gerhard Kemmeter als Kind ein weiteres Privileg: „Ich musste niemals hungern.“ Genau erinnert er sich in den ersten Nachkriegsjahren an die Männer, die ihre Zigaretten einzeln im Tabakgeschäft der Eltern kauften. Ein Nachbar ist ihm besonders in Erinnerung. Etwa 50 kleine Tabakbeutel wurden damals in einem Karton ins elterliche Geschäft geliefert. Beim Versand rutschten oft ein paar Tabakbrösel in den Karton. Ein „Verlust“, auf den der Nachbar dringend wartete. Er erinnerte Kemmeters Vater: „Gell, Pepp, die Brösel gehören mir für mei Pfeif.“

Armenhaus Regenstauf

Ärmlich ging es damals her im Marktflecken Regenstauf. Die Männer arbeiteten im Sägewerk Damrosch und im Ziegelwerk Puchner oder mussten ins Kalkwerk nach Regensburg oder in die Maxhütte fahren. Die Frauen fanden einen Arbeitsplatz in der Konservenfabrik Pfannenstiel oder in der Rohrmattenfabrik. Gedanken über zu üppiges Essen an den Weihnachtstagen oder gar schon in der Adventszeit musste sich keiner machen. An Weihnachtsplätzchen erinnert sich Gerhard Kemmeter aber auch in seiner Kindheit. Damals hießen sie aber noch „Stückerl“ und wurden von seiner Mutter frühestens in der Woche vor Weihnachten gebacken. Und in der Konditorei Ebenbeck seines Onkels Karl, die während der Kriegsjahre mehr schlecht als recht weiter geführt wurde, gab es in den letzten Tagen vor Weihnachten „ganz hervorragende Lebkuchen“.

Ein Ende ist in Sicht

Mit ihren Jahrzehnten an Lebenserfahrung lassen Gerhard Kemmeter und seine Frau Renate das Weihnachtsfest ganz ruhig auf sich zukommen. Ob sie es, wie sonst üblich, bei der Tochter in Regensburg feiern können, ist noch ungewiss. „Einsam werden wir aber nicht sein, es gibt ja schließlich Telefon“, sagt Kemmeter. Enkel Linus meldet sich oft mehrmals täglich. Der 82-Jährige blickt zuversichtlich ins neue Jahr: „Auch wenn wir uns heuer wegen Corona einschränken müssen, ein Ende der Pandemie ist ja abzusehen. Auch wenn wir nicht genau wissen wann.“

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