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Bisweilen von den Regensburgern vergessen, zählt auch er, Christian Leberecht Schnabel, zu den historischen Größen Regensburgs. Geboren am 13. Mai 1878 war dem Sohn eines Regensburger Schmieds ein nicht unbedingt ruhmreiches, aber dennoch öffentliches Leben beschieden. Denn mit seinen zahlreichen Erfindungen und Konstruktionen war Schnabel bayernweit bekannt.

„Kennen Sie Christian Leberecht Schnabel? Ich habe ihn gekannt“, beginnt Erich Kästners „Die Fabel von Schnabels Gabel“, das sich im Gedichtband „Lyrische Hausapotheke“ befindet – einem Gedichtband, der für jede Lebenssituation und Existenzkrise ein passendes Gedicht beinhaltet. Und so lässt schon die Umgebung, in welches das Gedicht eingebettet ist, erahnen, dass es sich bei der Geschichte um Schnabels Gabel eher um eine Art Therapeutikum für Geplagte handeln muss, als um eine Geschichte über Glanz und Glorie.

Doch was hat es mit Schnabels Gabel auf sich, dass Kästner sich die Mühe machte, die Existenz derselben lyrisch zu verarbeiten? Wie erwähnt, handelte es sich bei Schnabel um eine relativ bekannte Person im bayerischen Raum, dessen Bekanntheitsgrad mit den absurden Auswüchsen seines erfinderischen Geistes korrelierte. Während Schnabel mit dem Experimentieren an Alltagsgegenständen lediglich versuchte die Dinge zu vereinfachen, verursachten seine Erfindungen allerdings eher breite Skepsis als Begeisterung im Betrachter. Als Kästner im Laufe seines Lebens dem als chronisch erfolglosen Erfinder bekannten Schnabel begegnete, verfasste er für sein Kabarett die Fabel um die Erfindung der einzinkigen Gabel durch Schnabel:

Die Fabel von Schnabels Gabel

Kennen Sie Christian Leberecht Schnabel?
Ich habe ihn gekannt.
Vor seiner Zeit gab es die vierzinkige,
die dreizinkige
und auch schon die zweizinkige Gabel.
Doch jener Christian Leberecht Schnabel,
das war der Mann,
der in schlaflosen Nächten die einzinkige Gabel
entdeckte bzw. erfand.

Das Einfachste ist immer das Schwerste.
Die einzinkige Gabel
lag seit Jahrhunderten auf der Hand.
Aber Christian Leberecht Schnabel
war der eben erste,
der die einzinkige Gabel erfand!
Die Menschen sind wie die Kinder.
Christian Leberecht Schnabel
teilte mit seiner Gabel
das Schicksal aller Entdecker bzw. Erfinder.

Die einzinkige Gabeln
– wurde Schnabeln
erklärt –
sei nichts wert.

Sie entbehrten als Teil des Bestecks
jeden praktischen Zwecks,
und man könne, sagte man Schnabeln,
mit seiner Gabel nicht gabeln.

Die Menschen glaubten tatsächlich, dass Schnabel
etwas Konkretes bezweckte,
als er die einzinkige Gabel
damals entdeckte.
Ha!

Ihm ging es um nichts Reelles.
(Und deshalb ging es ihm schlecht.)
Ihm ging es um Prinzipielles!
Und insofern hatte Schnabel
mit der von ihm erfundenen Gabel
natürlich recht.

Ob er mit dem Gedicht der Unfähigkeit des Erfinders die Krone aufsetzen, die Schwierigkeit der Einfachheit veranschaulichen oder einfach nur Zeugnis ablegen wollte, ist von der Forschung nicht geklärt – auch stellt das Gedicht das einzige Indiz für die Erfindung der einzinkigen Gabel durch Schnabel dar. Nichtsdestotrotz avancierte Schnabel mit seinen zweifelhaften Konstruktionen zum idealen Opfer der Satire und stand wenige Jahre vor seinem Tod (29. Januar 1936 in München) sogar bei Karl Valentin auf der Bühne.

Nachträglicher „Ruhm“

Trotz aller Verschmähungen und Spötteleien kann Christian Leberecht Schnabel, der sich bereits vor der Jahrhundertwende immer wieder mit Kombinationen von Essbesteck beschäftigte, eine ganz besondere Erfindung sein eigen nennen: den Göffel! Tatsächlich handelt es sich bei dem Hybrid aus Löffel und Gabel um die Erfindung eines Regensburgers und ist heute täglich mehrere Millionen Mal in Gebrauch. Selbst wenn Schnabel für diese Art von Erfindungen um die Jahrhundertwende verlacht wurde, ist der Göffel aus heutigen Vollzugsanstalten kaum mehr wegzudenken. Ebenso findet sich die einzinkige Gabel heute in verschiedenen Ensembles teurer Designer-Bestecksets. Und mal ehrlich, wurde Ihnen je von einem bedeutenden deutschen Dichter je ein Gedicht gewidmet, das bisweilen immer noch Teil des Deutschunterrichts ist?

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