Zum Jahreswechsel brachte Porsche das Facelift des 911er auf den Markt – den 992.2. Was möchten Sie damit tun? Auf die Rennstrecke, durchs Land cruisen, geschäftlich Reisen oder zumeist auf kurvigen Landstraßen räubern? Porsche bietet verschiedene Modelle mit unterschiedlicher Leistung und Ausrichtung an – und natürlich auch für verschieden große Budgets! Wir haben diesmal die Basisversion, den Carrera getestet.
Basisversion ist hierbei jedoch wirklich irreführend, denn Power und Sportlichkeit gibt es im Überfluss, wie man lesen wird. Basis vielleicht, weil im direkten Leistungsvergleich darüber die Geschwister S, GTS, Turbo, Turbo S, GT3 und GT2 und auch der T rangieren. Letzterer hat zwar neben etwas Leichtbau den gleichen Motor, kann aber übrigens neben dem GT3 als einziger 11er noch als Handschalter bestellt werden. Man mag es kaum glauben, aber hier liegt es tatsächlich an den Kunden und in den modernen Fahrzeugen scheint handgerissen und fußgekuppelt nur noch von ganz wenigen Enthusiasten (wie dem Autor) gewünscht zu sein. As time goes by. Hier formt der Markt den Hersteller.
Mein erster eigener moderner Elfer war ein 996 Carrera – Baujahr 1999, meine große Liebe. Gut 25 Jahre später darf es zumindest zum Test also wieder mal das „Einstiegsmodell“ sein. Dazu sei angemerkt, dass wir die anderen Elfer der aktuellen Generation auch schon alle auf der Straße nutzen durften und somit auch den Vergleich ziehen können. Ganz klar: Wo früher der Sprung auf die starken Versionen noch wirklich groß war, präsentiert sich der Carrera heute einfach scharf dran. Die Grenzen verschwimmen viel weiter. Optisch sind bis auf den Turbo zudem alle gleich breit – was vorher wirklich ein Unterscheidungsmerkmal war. Und Leistung? Genug! Wie im knapp 86 PS stärkeren S regiert auch hier der 3 Liter große und turbobeatmete 6-Zylinder Boxer (what else?) mit nur etwas kleineren Ladern samt Abstimmung und generiert satte 394 PS. Im Facelift wurden nun also 9 PS zusätzlich freigeschalten und damit auch weitere 4 km/h Spitzengeschwindigkeit, die nun bei 294 km/h liegt. Und klar brillieren die Turbolader, sprechen unfassbar schnell und ohne Loch an und schieben schon ganz unten im Drehzahlkeller das Auto nach vorne. 450 NM liegen maximal an der Kurbelwelle an, ein bärenstarkes Drehmo¬ment. Drehzahl? Kann er! 7500 U/min erfreuen im Maximum. Das ist viel für Turbos und hört sich auch danach an. Trotz Turbine, Ottopartikelfilter und rechtlicher Vorschrift zur Schallminimierung hat der Fahrer ein durchaus kerniges Sounderlebnis, das die Porschesoundingenieure auch in den Innenraum vordringen lassen. Eine optionale Sportabgasanlage schafft hier dank Klappen noch etwas Freiheit und ersetzt eckige Endrohre durch ovale Ausgänge. Ein absolutes Optikupgrade. Im 4,1 Sekunden geht es damit auf 100 km/h. Bei 130 km/h haben wir auf ebener Strecke 8,8 Liter auf 100 km verbraucht – er ist eben breit und die Karosserie des 11ers ist über die Jahre deutlich gewachsen (4,54m x 1,85 - ohne Spiegel!). Leer wiegt der Carrera 1.520 kg.
Serienmäßig an Board ist dabei ein adaptives Dämpfersystem (PASM), das zusätzlich via Knopfdruck verschieden hart eingestellt werden kann. Hier wankt nichts und hier poltert nichts, es passt sich den Anforderungen und dem Untergrund unmittelbar an – egal ob man gerade komfortabel reisen möchte oder seine Reifen (vorne 235er hinten 295er, optional 245/305er) an die Grenze des Grips peitschen möchte. Und ja, das fordert das Auto eben. Neben dem Fahrer scheint es selbst einen absoluten Vorwärtsdrang zu besitzen und wer will, schaltet das 8-Gängige Doppelkupplungsgetriebe (PDK) via Lenkwippen selbst und freut sich den optimalen Drehzahlbereich zu finden. Das schnell adaptierende PDK kann das natürlich besser schneller und wer es länger radikal treiben möchte, schaltet auf Sportplus und erhält die direkteste Gasannahme samt aggressiven Schaltpunkten und maximal straffen Fahrwerk. Wer es gemütlich und ruhig für Langstrecke möchte, erhält im Normalmodus ein angenehm straffes, spurtreues und direktes Fahrwerk, das Bodenwellen und Löcher sehr gut ausgleicht. Entspannt bei 180? Aber sicher!
Im Inneren glänzt der Elfer typisch mit einem wunderschön gestylten und perfekt verarbeiteten Innenraum. Vor dem Facelift wurde noch über eine Schlüsselattrappe (fest installiert zum Drehen), gestartet, natürlich links vom Lenkrad. Jetzt findet sich dort ein Startknopf. Signifikant und in Foren genüsslich diskutiert, ist das Wegfallen des eigenständigen, quasianalogen Drehzahlmessers.
Jetzt werden alle Instrumente auf dem großen Display vor dem Fahrer angezeigt. Bei anderen Marken wird dies begrüßt, hier scheiden sich die Geister. Zu lange sind wir eben von Porsches 5er-Instrumenten-Gestirn im Elfer geprägt worden. Ein Vorteil jetzt: die Darstellungsmöglichkeiten wachsen. Man kann sich eben andere Inhalte in der nun ununterbrochenen Fläche zeigen lassen. Auch kann man im Carrera nun kostenlos aussuchen, ob man eine Rücksitzbank haben möchte oder lieber sportlich ein paar Kilos für Sitze spart, die eben wirklich eh nur für Kinder als Notsitz taugen. Elfer eben. Es lebe der Sport!
Fazit: Der 911 setzt seit langem den Maßstab, wenn es um Sport und ein alltagstaugliches Fahrzeug geht. Zeitlos im Design, wertig in allen Materialien, dynamisch eine Bank – und wie gerade die letzten 10 Jahre zeigen: unfassbar gut im Werterhalt. Gestartet wird bei 136.300 Euro, ab hier wird optioniert. Soweit man eben noch etwas benötigt, denn schon die Basis ist: Goldstandard!
Nick Lengfellner I filterMagazin