Seit 25 Jahren ist Hans Sigl auf den österreichischen und deutschen Bühnen sowie vor der Kamera zuhause: Als Schauspieler diverser TV-Produktionen – darunter der Kult-Serie „Der Bergdoktor“ –, aber auch als Kabarettist und Moderator unterhält der 56-Jährige das Publikum. In der Literatur fühlt er sich ebenfalls zu Hause und lässt seine Fans nun daran teilhaben.
Im Dezember steht er auf einer Schwandorfer-Bühne und hält eine Weihnachtslesung unter dem Motto „Hans Sigl – Weiße Weihnachten“ ab. Im exklusiven filter-Interview hat uns Hans Sigl auf seinen ungewöhnlichen Karriereweg, den Herausforderungen als Schauspieler und seinem Spagat zwischen Bühne, Kamera und Alltag mitgenommen.
„Die Bühne ist das Klassenzimmer, die Schüler sind das Publikum“
Sie haben Ihr Jurastudium abgebrochen, um Schauspieler zu werden. Können Sie uns einen Einblick in diese Entscheidungsfindung geben? War das ein plötzlicher Sinneswandel – oder war das Schauspiel schon immer Ihr Traumberuf?
Ich habe nur ein Semester Jura studiert und mich dann dafür entschieden, Lehramt zu studieren. In dieser Zeit habe ich mich vor allem mit Englisch und Psychologie beschäftigt. Während des Studiums habe ich allerdings gemerkt, dass mir der Enthusiasmus für den Beruf wahrscheinlich irgendwann fehlen wird. Ich wollte nicht mit 50 Jahren ein Lehrer sein, dem sein Beruf nicht mehr Spaß macht. Als mich ein Kommilitone dann einmal fragte, was ich gerne machen würde, wenn ich die freie Wahl hätte, sagte ich auf einmal Schauspieler – das hat mich selbst überrascht, denn das war nie ein bewusster Wunsch. Aber es bestehen tatsächlich Parallelen zwischen dem Lehramt und der Schauspielerei: Die Bühne ist das Klassenzimmer, die Schüler sind das Publikum und der Lehrer hat den Text, den er vorträgt.
Wie hat Ihr Umfeld damals auf diese Entscheidung reagiert?
Teile der Familie haben sich zuerst darüber amüsiert und gesagt, ich solle mir das ruhig anschauen, da das ja eh nur eine „brotlose Kunst“ sei. Aber darauf habe ich nicht gehört, denn als ich die ersten Probestunden in der Schauspielschule absolviert hatte, und ich gemerkt habe, was im Theater alles möglich ist, wusste ich, dass ich das durchziehe. Freunden und Kommilitonen habe ich gar nicht erzählt, dass ich Schauspieler werden möchte, um mich den Fragen zu entziehen. Sie hätten nur gewollt, dass ich ihnen darüber etwas erzähle – aber das habe ich nur für mich gemacht.
Was fasziniert Sie am Schauspielberuf und am Rampenlicht?
Mir war schon immer wichtig, dass das Publikum einen tollen Auftritt genossen und alles reibungslos funktioniert hat. Der Applaus im Theater war mir gar nicht so wichtig, Hauptsache die Menschen hatten ein tolles Erlebnis.
Ich bin ein sehr ergebnisorientierter Mensch: Wenn auf meinem Zettel steht, dass ich die Menschen verwirren soll, gelingt mir das. In dem Moment ist mir genau das wichtig und ich schaffe es auch, das so zu transportieren.
„Der Bergdoktor“ hautnah
Wie bereiten Sie sich genau auf Ihre Rolle als behandelnder Arzt verschiedener Patienten bei der Kult-Serie „Der Bergdoktor“ vor? Sprechen Sie daheim den Text laut vor oder lernen Sie diesen erst am Set?
Ich hänge mir den Text nicht an den Kühlschrank oder lerne ihn beim Spazierengehen auswendig – diese Klischees bediene ich nicht (lacht). Grundsätzlich bekomme ich die Drehbücher sehr zeitnah und habe beim Lesen schon die Szenen im Kopf, die am Ende ausgestrahlt werden. Ich präge mir diese gut ein und arbeite mit den Kollegen am Set weiter an den Texten, damit ich etwas freier in meiner Wortwahl bin. Mit der medizinischen Fachberaterin kläre ich vor Ort alle Begriffe noch einmal ab. Da ich ein fotografisches Gedächtnis habe, fällt es mir leicht, mir diese zu merken. Bei den Fachbegriffen muss ich jedoch immer an meinen alten Lateinlehrer denken, der gesagt hat, dass uns das in diesem Moment unsinnig erscheint, aber wir es später brauchen werden. Und genau so ist es jetzt.
Wie erleben Sie den „Bergdoktor-Kult“? Werden Sie häufig erkannt und angesprochen? Wie reagieren Sie in diesen Situationen?
Mit dem Smartphone hat sich viel verändert: Am Anfang hatte man immer etwas Smalltalk. Da die Menschen nicht immer einen Fotoapparat dabei hatten, war ein Foto nicht das erste, was ihnen in den Kopf kam. Doch mit der stetigen Erreichbarkeit und den Sozialen Netzwerken kommen die Menschen heute direkt auf mich zu und wollen gleich ein Foto mit mir machen – ganz ohne Smalltalk. Aber ich freue mich, wenn ich sehe, dass meine Fans die Serie gleich vor Augen haben, wenn sie mich sehen.
Wie gehen Sie mit emotionalen Szenen oder Auftritten um?
„Weinen musst nicht du, sondern das Publikum“ – das hat meine Schauspiellehrerin immer gesagt. Für mich geht es darum, die Szene so zu spielen, dass das Publikum maximalen Anteil davon nimmt. Man denkt immer, dass es besonders emotional sein muss, zu weinen. In Wahrheit ist es so, dass jeder Mensch normalerweise das Weinen zu verbergen versucht. Aber für mich ist es spannender zu zeigen, wie eine Figur mit einer Situation zu kämpfen hat.
Was würden Sie Menschen raten, die eine Karriere als Schauspieler bzw. Schauspielerin anstreben?
Jeder hat einen unterschiedlichen Ansatz, eine Szene zu spielen. Für manche ist es überaus wichtig, die Kleidung des Charakters zu tragen, für andere ist es hilfreich, über die Gefühle und die Background Story der Figur zu sprechen. Da gibt es verschiedene Ansätze – jeder muss seinen eigenen Weg finden. Ich bin eher ein pragmatischer Schauspieler, somit gerate ich nicht in die emotionale Verwirrung.
Was gibt Ihnen im Alltag Kraft und Ausgleich, sowohl psychisch als auch physisch – besonders nach einem langen Drehtag? Wie halten Sie sich fit?
Im Sommer spiele ich gerne Golf, das ist ein wunderbarer körperlicher und mentaler Ausgleich für mich. Ich mache viel Sport und gehe jeden Morgen schwimmen. Auch auf dem Laufband kann ich mit Techno-Musik meinen Kopf ausschalten. Kleine Meditationsübungen helfen mir, mental fit zu bleiben: Da sitze ich 30 Minuten einfach mal so da, mit einer Tasse Tee in der Hand, während ich die Gedanken kommen und gehen lasse.

Hans Sigl wird mit seiner humorvollen Lesung „Weiße Weihnachten“ das Publikum in eine weihnachtliche Stimmung versetzen. © fotowunder
„Die Menschen sollen in weihnachtlicher Stimmung nach Hause gehen“
Sie gehen im Dezember auf Lese-Tour und kommen dafür auch nach Schwandorf. Wie genau kann man sich die Lesung vorstellen und von wem stammen die Geschichten?
Ich werde bei der Lesung traditionelle und auch KI-generierte Geschichten vortragen. Diese haben meine Frau und ich zusammen ausgewählt. Beginnen werde ich mit der klassischen Geschichte „Ein Weihnachtsbaum“ von Hans Christian Andersen, dann geht es weiter in die moderne Richtung mit generierten Storys von der künstlichen Intelligenz.
Außerdem interagiere ich mit dem Publikum und frage dann auch so etwas wie: „Wie oft haben Sie schon von Ihrem Gatten etwas Falsches geschenkt bekommen?“ Da erhalte ich dann immer so schöne Antworten, das wird eher so Stand-up-mäßig. Mein Jazz-Trio und ich werden auch Weihnachtslieder singen. Mein Ziel ist es, dass die Menschen glücklich und in weihnachtlicher Stimmung nach Hause gehen.
Welche persönliche Verbindung haben Sie zur Literatur?
Es gibt so viele tolle Geschichten und jeder kann etwas aus diesen für sich mitnehmen. Ich bin ein „Lese-Zapper“: Ich habe immer mehrere Bücher auf dem Tisch und lese diese auch je nach Lust und Laune.
Das erwartet Fans 2026
Können Sie uns schon einen Ausblick auf 2026 geben? Welche Projekte sind in Planung?
Mein Management und ich überlegen, dass es im kommenden Jahr wahrscheinlich weniger literarische Projekte geben wird, weil ich aktuell sehr viele Termine habe. Ich denke dann eher über Stand-Up Geschichten nach. Etwas Persönlicheres.
Ansonsten wird die 20. Staffel der Serie „Der Bergdoktor“ gedreht. Wir haben in Tirol auch die Fan-Tage am Wilden Kaiser – da freuen wir uns schon sehr darauf!
Vielen Dank Herr Sigl für das interessante Interview! Wir freuen uns schon, Sie in Schwandorf live zu erleben und sind auf Ihre kommenden Projekte gespannt.
| Hans Sigl kommt mit seiner Lese-Tour am 19. Dezember 2025 um 20:00 Uhr in die Oberpfalzhalle nach Schwandorf. Mit seinem literarischen Mix aus heiteren wie besinnlichen Geschichten von Autoren wie R.M. Rilke, H.C. Andersen, Oscar Wilde, Antoine de Saint-Exupéry bis Luise Kaschnitz und Kurt Tucholsky führt der Schauspieler mit Empathie und Humor durch den Abend. |
Ein Interview von Sarah Solleder I filter Magazin