Bäume und Bäche in der Obermünsterstraße? Was heute kaum vorstellbar klingt, könnte schon bald Realität werden. Denn das Regensburger Obermünsterviertel – bisher vor allem bekannt für sein lebendiges Nachtleben – soll sich schon bald in eine grüne Stadtoase verwandeln.
Wir schlendern über eine verkehrsberuhigte Straße, die von einem sanft plätschernden Bachlauf sowie zahlreichen Bäumen und Sträuchern gesäumt ist. An verschiedenen Stellen laden Sitzgelegenheiten dazu ein, es sich in einem wohligen Baumschatten gemütlich zu machen.
So oder so ähnlich könnten Besucherinnen und Besucher sowie Anwohnerinnen und Anwohner im Jahr 2028 das Obermünsterviertel in Regensburg erleben. Nach langem Warten wird es nun komplett neu gestaltet – es soll sich in eine grüne Wohlfühloase im Herzen der Stadt verwandeln. Noch ist es nicht so weit, doch erste kleine Veränderungen haben im Rahmen eines sogenannten Reallabors bereits Einzug gehalten.
Wir haben mit Tanja Flemmig und Isabelle Costa von der Stadt Regensburg über die Herausforderungen, die in Bezug auf die Umgestaltung noch vor ihnen liegen gesprochen, aber auch über die Visionen und Chancen, die diese birgt. Uns hat aber auch interessiert, warum aktuell im Rahmen eines Reallabors kleine, temporäre Veränderungen stattfinden, die eigentliche Neugestaltung jedoch erst 2028 erfolgt.
Wir werfen einen Blick in die Zukunft des Obermünsterviertels.

Frau Isabella Costa, Leiterin der Abteilung Vorbereitende Bauleitplanung / Planung Innenstadt (li)
Frau Tanja Flemmig, Leiterin des Stadtplanungsamtes (re)
© Bilddokumentation, Stadt Regensburg
Die federführende Leitung und Projektkoordination der „Neugestaltung des Obermünsterplatzes und der Obermünsterstraße“ obliegt dem Stadtplanungsamt. Die Gesamtkoordination verantwortet Tanja Flemmig, Leiterin des Stadtplanungsamts. Die Projektleitung übernimmt Isabella Costa, Abteilungsleiterin Vor¬bereitende Bauleitplanung und Innenstadtplanung, gemeinsam mit ihrem Team.*
Für die Gesamtplanung sowie die bauliche Umsetzung – mit einem voraus¬sichtlichen Baubeginn im Jahr 2028 – hat die Stadt Regensburg das externe Büro terra.nova Land¬schaftsarchitekten beauftragt. Darüber hinaus steht die Stadt im engen Austausch mit den zuständigen Fachämtern, darunter dem Tiefbauamt, Gartenamt, Amt für Wirtschaft und Wissenschaft, Umweltamt und Ordnungsamt.
Zur Erprobung der Planung sowie zur Förderung einer aktiven Bürgerbeteiligung im Zeitraum bis zur baulichen Umsetzung (2025 bis 2028) hat die Stadt Regensburg im Rahmen des Re¬allabors bereits Sofortmaßnahmen umgesetzt. Diese wurden in enger Zusammenarbeit mit dem „Labor der kreativen Köpfe“ realisiert.
*Zum Team des Stadtplanungsamts gehören außerdem Andrea Wendl, Tobias Geisbüsch, Nathalie Ziereis-Luber, Verena Schmid, Till Aurig, Sylvia Wittmann und Katharina Wein, die sich mit großem Engagement in das Projekt eingebracht haben.
Das Obermünsterviertel erstrahlt bereits in neuem Glanz
Im Rahmen der Sofortmaßnahmen wurden bereits seit dem 19. Mai dieses Jahres erste Umgestaltungen im Obermünsterviertel umgesetzt. Es wurden unter anderem mobile Sitzgelegenheiten in farbenfrohem Design mit integrierter Begrünung sowie mobile Baumpflanzungen installiert – alleine 13 Bäume, 24 Hochbeete und eine Vielzahl neuer Sitzbänke sind neu im Viertel. „Anwohnerinnen und Anwohner haben uns schon darauf angesprochen, dass sie sich darüber freuen, jetzt Grün vor ihren Fenstern zu haben“, erzählt Isabella Costa, Projektleitung für die Umgestaltung des Obermünsterviertels. Wer sich zum jetzigen Zeitpunkt jedoch bereits große kühlende Schattenflächen durch die Bäume erwartet, muss sich noch etwas gedulden, denn vorerst haben dort mobile, kleinere Pflanzen Platz gefunden. Darüber hinaus wurden Maßnahmen zur Förderung nachhaltiger Mobilität umgesetzt: über 50 neue Fahrradabstellmöglichkeiten, eine Fahrradreparaturstation sowie Angebote zum Sharing von E-Rollern und Lastenrädern stehen ab sofort zur Verfügung. „Wir haben alles bewusst klimaresilient und pflegeleicht gestaltet – von der Auswahl der Stauden und Pflanzen bis hin zu den Sitzgelegenheiten. Das Parklet „Aufgetankt“ der Firma Livable Cities hat außerdem einen eigenen Wassertank und Solarpanelen – da wir auch sehr auf Nachhaltigkeit achten“, erläutert Costa.
Im Rahmen der Verkehrsberuhigung wurde eine Durchfahrtsunterbrechung beschlossen. Zudem sind seit dem 22. Mai alle öffentlichen kostenpflichtigen Parkplätze in der Gegend Geschichte. Stattdessen wurden auf dem Obermünsterplatz 22 Bewohnerparkplätze sowie zwei öffentliche Behindertenparkplätze eingerichtet. Ziel war es, die Obermünsterstraße von lärm- und emmissionsintensivem Parksuch- und Durchgangsverkehr zu befreien. Die Zufahrt aus westlicher Richtung von der Oberen Bachgasse in die Obermünsterstraße ist mithilfe eines neuen Pollers gesperrt. Es gibt verschiedene Lieferzonen, sodass Anlieferungen trotzdem weiterhin problemlos erfolgen können.
Die offizielle Eröffnung der Sofortmaßnahmen fand in Form eines Straßenfestes in der Obermünsterstraße am Samstag, den 07. Juni, statt.

So sah die Obermünsterstraße zu Beginn des Jahres aus. © Bilddokumentation, Stadt Regensburg
Verkehrsberuhigung: Ruhe vs. Parkplätze
Auf die Rückfrage, wie die bereits umgesetzten Maßnahmen von Besuchern, Bewohnern und Geschäftsbesitzern angenommen werden, berichtet Flemmig, dass das Feedback überwiegend sehr positiv ist. „Als noch nicht einmal alles fertig aufgebaut war, sind die ersten bereits auf den Stühlen gesessen“, sagt sie rückblickend.
Das klingt zunächst alles sehr gut, doch insbesondere in puncto Verkehrsberuhigung zeigt sich immer wieder, dass sich die Geister hier häufig scheiden. Flemmig bestätigt, dass es immer jemanden gibt, der am liebsten mit seinem Auto direkt vor dem Geschäft oder der Arztpraxis parken möchte. „Aktuell scheint es auch noch nicht bei allen Bürgerinnen und Bürgern angekommen zu sein, dass sich die Verkehrsführung im Bereich Obermünsterstraße geändert hat, und so versuchen einige nach wie vor, in das Viertel einzufahren und müssen dann umständlich umdrehen“, schildert sie. „Im Gespräch haben uns Anwohnerinnen und Anwohner erzählt, dass die Verkehrsberuhigung von Anfang an dennoch spürbar mehr Ruhe brachte – und sie sich bereits jetzt sicherer und wohler fühlen.“
Flemmig verweist darauf, dass das Peterswegparkhaus darüber hinaus nur wenige Gehminuten entfernt sei und betont, dass Menschen mit Behinderung selbstverständlich weiterhin Parkplätze direkt in der Obermünsterstraße beziehungsweise dem Obermünsterplatz zur Verfügung stehen würden. Auf den Hinweis, dass Parkhäuser allerdings häufig relativ teuer seien, entgegnet sie, dass es heute kaum noch eine Stadt gebe, in der man so kostengünstig oder gar kostenlos in der Innenstadt parken könne. Sie betont gleichzeitig, dass das langfristige Ziel sei, dass Menschen kostengünstig an der Mobilitätsdrehscheibe (am ehemaligen Eisstadion) parken können und von dort aus in nur zehn Gehminuten in der Innenstadt seien. Zusätzlich fährt in kurzen Taktfrequenzen auch der Elektrobus Emil kostenlos ins Zentrum. An der Mobilitätsdrehscheibe kostet das Parken aktuell einen Euro für zwölf Stunden. Wer komplett kostenfrei parken möchte, versucht aktuell noch sein Glück am Dultplatz. Doch auch das könnte künftig nicht mehr möglich sein, da auch dieser im Rahmen der Verkehrsberuhigung langfristig bewirtschaftet wird. Ziel ist eine einheitlich gestaffelte Parkraumbewirtschaftung, um „ein Ungleichgewicht zu den anderen Parkmöglichkeiten zu verhindern“, beschreibt die Amtsleiterin des Stadtplanungsamts. Geplant seien jedoch auch hier kostengünstige Tarife. „Zudem sollen erschwingliche Parkplätze für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer entstehen, die in der Altstadt tätig sind.“
Ein Parkplatz am Haidplatz
„Veränderung schafft zunächst immer auch Unmut. Aber ich bin der festen Überzeugung, dass wir mittelfristig auch diejenigen erreichen können, die einer Verkehrsberuhigung aktuell noch skeptisch gegenüberstehen“, unterstreicht Flemmig und erinnert: „Vor 50 Jahren war am Haidplatz ein Parkplatz, das kann sich heute keiner mehr vorstellen – auch die Gastronomen nicht.“ Dass dort heute wieder Autos parken, ist für die meisten wohl tatsächlich kaum noch vorstellbar.
Mitreden sollen die, die wirklich vor Ort sind
Die hohe Akzeptanz der Maßnahmen kann auch daher rühren, dass eine sehr hohe Beteiligung der Bürger erfolgt ist und weiterhin stattfindet. Im Juli des vergangenen Jahres fand bereits eine öffentliche Auftaktveranstaltung mit rund 100 interessierten Bürgerinnen und Bürgern statt. Im Anschluss daran wurde eine Kerngruppe aus etwa 25 Anwohnerinnen und Anwohnern, Eigentümerinnen und Eigentümern sowie Gewerbetreibenden gebildet, die seither aktiv in den Planungsprozess eingebunden ist und eigene Ideen und Vorschläge einbringen kann. Ergänzend dazu wurde eine weitere sogenannte Expertengruppe ins Leben gerufen, die sich aus Vertreterinnen und Vertretern verschiedener Verbände und Institutionen zusammensetzt, darunter der Arbeitskreis Kultur Regensburg, die Altstadtfreunde, Transition Regensburg e. V. sowie der ADFC (Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club). Für beide Gruppen fanden bereits zwei sogenannte „Planungskneipen“ statt, bei denen sich die Bürgergruppe und die eingeladene Expertengruppe mit der Stadtverwaltung austauschten und gemeinsam diskutierten. Der nächste offizielle Beteiligungstermin ist für Ende September 2025 geplant. „Wir lassen dabei jedes Feedback in unsere Planung einfließen – von der Frage, ob mehr Räume für Spielplätze nötig sind bis hin zur Auswahl der Materialien. Ein besonders geäußerter Wunsch war die Einrichtung eines Quartiersparks am Obermünsterplatz. Auf dieser Grundlage erstellen wir digitale Visionen, die zur Diskussion gestellt werden – letztlich entscheiden die Bürgerinnen und Bürger selbst, welche Variante sie bevorzugen und in welcher Ausgestaltung“, erläutert Costa.
Auf die Rückfrage hin, ob sich jeder hier engagieren kann, erörtert Flemmig, dass hier bewusst Stakeholder vor Ort beteiligt worden seien: „Um möglichst genau abrufen zu können, was diejenigen, die selbst dort leben oder arbeiten, sich wünschen.“

Der Obermünsterplatz zum Jahresbeginn. © Bilddokumentation, Stadt Regensburg

Eindrucksvoll: So oder so ähnlich könnte der Obermünsterplatz in Zukunft aussehen. © Stadtplanungsamt
Eigene Paten für das Obermünsterviertel
Costa erzählt, dass sich einige Personen eigeninitiativ gemeldet hätten, um freiwillig Patenschaften für die Pflege der Sitzgelegenheiten der Firma Livable Cities und der zugehörigen Pflanzen zu übernehmen. „Aktuell engagieren sich bereits acht Patinnen und Paten, die sich beispielsweise um das Gießen der Pflanzen oder das Entfernen von Müll kümmern“, freut sich Costa.
Warum erfolgt die Umsetzung erst 2028?
Einige Maßnahmen wurden also bereits jetzt umgesetzt, die große Umgestaltung erfolgt jedoch erst 2028. Hier stellt sich die Frage, warum diese erst so spät stattfindet und vorweg extra ein Reallabor aufgezogen wird? Flemmig macht deutlich, dass unabhängig davon, was Neues geplant wird, es immer einen gewissen Prozentsatz an Menschen gebe, der Veränderungen zunächst kritisch gegenüberstünden. Schnell entstehen Horrorszenarien in den Köpfen der Menschen von Geschäften, die nicht mehr angefahren werden können und dadurch bankrottgehen oder Feuerwehren, die nicht mehr zum Brandgeschehen kommen. Umgekehrt gebe es laut Flemmig auch berechtigte Überlegungen und Einwände. Und genau diese soll das Reallabor sichtbar machen, da während dieser Phase laufend nachgebessert und optimiert werden kann. „Wenn ich etwas bereits baulich umgesetzt habe, dann ist es nicht mehr reversibel.“
Costa nennt als Beispiel, dass etwa getestet werden könne, ob Sitzgelegenheiten in bestimmten Bereichen überhaupt genutzt werden würden. Auch im Falle von Lieferzonen könne man nun beobachten, inwieweit diese ausreichend sind und sie gegebenenfalls in den Endmaßnahmen 2028 noch anpassen.
Viele Aspekte der Neugestaltung erfordern außerdem eine umfassende Vorarbeit, eine sorgfältige Prüfung der technischen Umsetzbarkeit sowie eine enge Abstimmung mit verschiedenen Ämtern der Stadt. Das koste laut den Expertinnen viel Zeit – und dennoch würden die Planungen hinter den Kulissen bereits jetzt auf Hochtouren laufen.
Zudem erfolgen in der näheren Umgebung bis 2028 bereits Bauarbeiten an anderen Stellen. „Die Sanierungsarbeiten in der Oberen Bachgasse und der Gesandtenstraße sind bereits abgeschlossen. Für 2026 ist die Neugestaltung des Bereichs Drei-Kronen-Gasse West und Am Brixener Hof geplant. Es ist beabsichtigt die Umgestaltung Richtung Obermünsterviertel fortzusetzen – dafür existiert bereits der Planungsbeschluss. Wenn die Stadt das Projekt abgeschlossen hat, ist das Obermünsterviertel an der Reihe. Fänden die Arbeiten alle gleichzeitig statt, würde Chaos in der Stadt entstehen“, ordnet Flemmig weiter ein.
Einen weiteren Vorteil des Reallabors beschreiben die Expertinnen darin, dass Bänke, Pflanztöpfe und sogar Fahrradständer zum Einsatz kommen, die mobil sind und somit für kommende Projekte in anderen Bereichen der Stadt wiederverwendet werden können. „Die Elemente sind außerdem gut miteinander kombinierbar und je nach Anforderung unterschiedlich gestaltbar“, erklärt Costa.
Eine „Neue Grüne Oase“
Auch die sogenannte Grüne Oase – ein von der Initiative Transition Regensburg e. V. gestalteter, begrünter Aufenthaltsbereich am Eck zwischen der Steckgasse und der Obermünsterstraße – benötigte umgehend eine Sanierung, da ihre Verkehrssicherheit nicht mehr gewährleistet war. Zuletzt gab es dort außerdem wiederholt Probleme mit „Lärmbelästigung, Vandalismus und zuletzt Nutzungskonflikte im Zusammenhang mit der Eröffnung der umliegenden 24/7-Shops“ – so beschreibt es die Stadt Regensburg auf ihrer Website. Ein jüngster Fall mutmaßlicher Brandstiftung habe die Notwendigkeit einer Neugestaltung zusätzlich unterstrichen, heißt es dort weiter.

Im Rahmen der Sofortmaßnahmen sind bereits jetzt mobile Sitzgelegenheiten und Begrünungen entstanden. © Bilddokumentation, Stadt Regensburg
Aus diesem Grund wurde die ehemalige Grüne Oase mittlerweile bereits vollständig abgebaut. Mobile Bäume verschönern nun den Bereich, das Café von Sebastian Plate stellt übergangsweise eigene Sitzgelegenheiten zur Verfügung. „Hier können auch Menschen Platz nehmen, die dort nichts konsumieren“, betont Costa. Bereits im Spätsommer soll dann die neue Grüne Oase in ihrer endgültigen Form entstehen. Die Sofortmaßnahme wird derzeit im Kooperation mit dem Labor der kreativen Köpfe unter der Leitung von Caroline Hoffmann und einer beauftragten Architektin weiterentwickelt – mit dem Ziel, einen nachhaltigen, integrierten Begegnungsraum zu schaffen. Geplant ist eine Art begrünte Pergola oder eine ähnliche Konstruktion, unter der man gemütlich verweilen kann.
Wie bei allen Projekten arbeitet die Stadt auch in diesem Fall eng mit verschiedenen Akteuren zusammen – darunter Feuerwehr, Polizei und weitere relevante Stellen.
Das „Tag- und das Nachtgesicht“
„Obermünsterstraße und -platz haben zwei Gesichter, das Tag- und das Nachtgesicht“, beschreibt Flemmig. Deshalb sei auch die Testphase so wichtig, um bewerten zu können, wie sich die Nachtschwärmer nun hier verhalten. „Meine Hoffnung ist, dass doch etwas Respekt entsteht, wenn alles hochwertig gestaltet ist“, so Flemmig.
Hinsichtlich wiederkehrender Probleme wie Vandalismus oder öffentlichem Urinieren werden laut Costa derzeit verschiedene Maßnahmen erprobt. Dazu zählt etwa, den Bereich der „Neuen Grünen Oase“ ausschließlich tagsüber zugänglich zu machen und ihn in den Abendstunden zu schließen. Angedacht ist jedoch, das nicht mit Absperrbändern oder Ähnlichem zu realisieren. Vorgesehen sind stattdessen „raumintegrierte Lösungen, die sich gestalterisch harmonisch in den öffentlichen Raum einfügen“, so die Formulierung der Stadt. Die konkrete Ausgestaltung befindet sich derzeit noch in Abstimmung. „Herr Plate, der Betreiber des angrenzenden Cafés, hat sich bereits bereit erklärt, die Sitzgelegenheiten am Abend eigenständig zu sichern oder abzuräumen“, beschreibt Costa.
Wilde Ideen für ein ruhiges Zusammenleben
An kreativen Ideen, um das Viertel in der Nacht sauber zu halten, mangelt es nicht – von schön gestalteten Mülleimern, die zur Nutzung einladen, bis hin zur gemeinsamen künstlerischen Gestaltung von Oberflächen. Im Rahmen eines Workshops des „Labors der kreativen Köpfe“ haben Kreativschaffende insgesamt zehn Ideen entwickelt. Ein konkretes Beispiel ist die geplante bunte Bemalung des westlichen Obermünsterplatzes rund um die CityDecks am 12. Juli – gemeinsam mit Kindern und Jugendlichen. Die Mo¬tivideen wurden im Mai im Rahmen der Kinder- und Jugendbeteiligung entwickelt.
Doch auch wilde Vorschläge sind dabei. So erzählt Flemmig, dass etwa eine „Wildpiesler-Station“ über einem Kanaldeckel vorgeschlagen wurde. Es gab zudem extra ein Team für den Jesuitenplatz, die einen Raum geschaffen haben, in dessen Inneren die Feierenden hören können, wie laut sie nachts sind – also in welcher Lautstärke etwa die Anwohner den Lärm hören. Es wurde außerdem ein sogenanntes Awareness-Team gegründet, das ein Bewusstsein für die Problematik an die Clubs herantragen soll. Die Idee dabei ist, dass Überlegungen entstehen sollen, wie die Betreiber selbst dazu beitragen können, dass weniger Lärm vor den Discotheken entsteht.
Was passiert 2028?
2028 sollen zum einen alle mobilen Bäume weichen und durch gepflanzte ersetzt werden. Ein Plan, den viele Regensburgerinnen und Regensburger begrüßen dürften. Denn immer wieder wird unsere steinerne Stadt für ihre spärliche Begrünung sowie dafür, dass zu wenige schattige Sitzplätze zur Verfügung stehen, kritisiert. Aus diesem Grund wurden in den vergangenen Jahren bereits in der ganzen Stadt mobile Pflanzen und Bäumchen installiert. Eine Entsiegelung und die Pflanzung von Bäumen in den Boden wäre allerdings etwas, das sowohl dem Mikroklima der Stadt zugutekommen würde als auch förderlich für die Versickerung bei Hochwasser sein könnte. Flemmig beschreibt, dass dieses Vorhaben jedoch nicht einfach sei. „Unter der Erde verlaufen nicht nur Kanäle, sondern auch archäologische Überreste erfordern bei der Planung besondere Rücksicht. Zudem gibt es in der oberen Straße eine Art Trogbauwerk, in dem der Kanal liegt, aber auch Wasser, Abwasser oder Gas, Elektrik, Telefon- oder Glasfaserleitungen befinden sich dort und müssen natürlich weiterhin funktionieren.“ Das sei ein weiterer Grund dafür, dass ein gewisser Zeitvorlauf benötigt werde.
Die Entsiegelung in der Altstadt stellt auch wegen des verdichteten Bodens eine echte Herausforderung dar. „Wenn ich zum Beispiel den Belag nur noch im Sandbett verlege, sagt das Fuhramt, dass sich der Belag herauskehrt, weil er nicht stabil genug ist“, ordnet Flemmig ein und ergänzt: „Es gibt jedoch Städte, die so verlegen, dass die Fugen offen bleiben und Regenwasser so besser versickern kann. Dort darf dann allerdings wiederum nicht jeder Verkehr darüberfahren. Große Lkws, die relativ häufig – auch für Bauarbeiten – in die Stadt müssen, sollten solche Flächen nicht mehr befahren. Über genau solche Fragen müssen wir diskutieren.“
Ein Bach für die Obermünsterstraße?
Spannend an der Stelle ist, dass bei der Neugestaltung auch Brunnen und ein Bach angedacht sind. „Hier muss vorab geklärt werden, wo das Wasser herkommt und ob das tatsächlich so umsetzbar ist. Die Straße hat nur eine begrenzte Breite und die Zufahrten für die Feuerwehr und Rettungskräfte müssen gewährleistet bleiben“, beschreibt Flemmig eine der Herausforderungen.
Costa ergänzt: „Das Thema Wasser ist sehr speziell. Geplant ist ein Kreislaufsystem, das eine unterirdische Zisterne nutzt, die wir reaktivieren möchten. Über den geplanten Bachlauf und mehrere Brunnenstellen soll das Wasser wieder zurückgeführt werden, um damit wiederum Bäume zu bewässern. Wir versuchen, alles wiederzuverwenden“, so Costa. „In gewisser Weise ist dies auch ein Testlabor für uns, da wir ein solches Format bislang noch nicht umgesetzt haben“, ergänzt die Expertin. In der Stadt gibt es wohl mehrere solcher Zisternen und wenn der Versuch hier gelingt, könnte das Konzept an weiteren Stellen umgesetzt werden. Zudem wird darüber nachgedacht, wie Wasser von Hausdächern gespeichert oder genutzt werden könnte.
Ein weiteres zentrales Ziel des Projekts – neben Aufenthaltsqualität und Klimaresilienz – ist die Barrierefreiheit. So soll es künftig beispielsweise keine bauliche Trennung zwischen Gehweg und Fahrbahn mehr geben.
Der besondere Charakter soll erhalten bleiben
Besonders wichtig ist es dem Stadtplanungsamt, dass der einzigartige Charme des Quartiers erhalten bleibt. „Im Vergleich zu vielen anderen Teilen der Altstadt hat das Obermünsterviertel einen ganz eigenen Charakter entwickelt und wir möchten, dass alle, die dort ansässig sind und das Prozedere mit begleiten, hinterher auch bleiben können. Die dort verwurzelten Geschäfte sollen weiterbestehen und so der besondere Charme des Obermünsterviertels fortbestehen“, beschreibt Flemmig das Vorhaben. „Wir möchten vermeiden, dass es zu einer Gentrifizierung kommt.“

So sah die Obermünsterstraße im Jahr 1942 aus. © Bilddokumentation, Stadt Regensburg
Was kostet die Umgestaltung?
Laut Costa belaufen sich die Kosten für das Reallabor schätzungsweise auf circa 218.000 Euro. 200.000 Euro davon wurden von R_next gefördert, 18.000 Euro hat die Stadt Regensburg selbst bezahlt. Eine valide Kostenschätzung für das gesamte Projekt 2028 könne die Stadt Regensburg aktuell jedoch noch nicht geben, weil zu viele Faktoren noch offen seien.
Es sind die Menschen
2026 sollen die Planungen durch das Stadtplanungsamt abgeschlossen sein. Bis dahin müssen noch viele technische, städtebauliche und soziale Fragen geklärt werden. Das Tiefbauamt erarbeitet anschließend die detaillierte Umsetzung.
Doch hinter dem neuen Obermünsterviertel mit viel Grün, schattigen Bäumen, gemütlichen Sitzmöglichkeiten und ruhigen Ecken steckt vor allem eins: Geduld und Beharrlichkeit. Wandel braucht Zeit, eine sorgfältige Abstimmung und auch Mut – um ein lang etabliertes Viertel neu zu denken, ohne dabei seinen Charakter zu verlieren.
Denn auch wenn das Aussehen neu gedacht wird, sind es doch die Menschen, die dort leben und arbeiten, die das Viertel zu etwas Besonderem machen – und das soll in jedem Fall erhalten bleiben. Gerade solche Orte mit einem ganz eigenen Charme machen die Vielfalt unserer schö¬nen Domstadt aus – und damit das, was sie so lebenswert macht.
Eine Reportage von Marina Triebswetter I filterMagazin