Leere Schaufenster, geschlossene Cafés – dieses Bild ist vielen Regensburgerinnen und Regensburgern längst vertraut. Manche haben sogar den Eindruck, dass sich das Problem weiter zuspitzt. Immer wieder ist vom „Altstadtsterben“ die Rede. Gleichzeitig entstehen immer wieder neue Konzepte und Nutzungen. Trügt also der Eindruck, dass sich die Lage in der Altstadt verschärft?
Wie stark ist Regensburg vom Altstadtsterben betroffen? Wir haben mit der Stadt Regensburg und den Oberbürgermeisterkandidaten von SPD und CSU über die Situation in der Innenstadt gesprochen – über die aktuellen Herausforderungen für Kaufleute, Galeria Kaufhof als den aktuell wohl bekanntesten Leerstand, aber auch über Perspektiven für eine lebendige Innenstadt. Denn diese gibt es: Auch aktuell finden laufend Neueröffnungen in unserer Domstadt statt – spannende Konzepte, von denen viele lange gar nichts mitbekommen...
Die schwierige Situation der Einzelhändler und Gastronomen
Die Herausforderungen, mit denen Einzelhändler und Gastronomen heute betroffen sind, sind vielfältig: Das Kaufverhalten hat sich verändert – schnell und bequem soll es sein und am liebsten online. Gleichzeitig steigen Mieten und Betriebskosten. Für viele rechnet sich ein Standort in der Altstadt kaum noch.
Hinzu kommen strukturelle Probleme: Während man früher problemlos einen Parkplatz inmitten von Regensburg fand, steht heute das Thema Verkehrsberuhigung im Fokus. Was für die einen ein Rückschritt ist, sehen andere als Chance: Eine höhere Aufenthaltsqualität, weniger Lärm und eine schönere Innenstadt: All das soll mehr Menschen ins Zentrum locken.
Zwar gibt es Parkhäuser, doch viele beklagen, dass diese durch die veränderte Verkehrsführung schwerer zu erreichen sind, rund um die Altstadt entstehen immer wieder Staus. Sie befürchten, dass gerade für Autofahrer der Weg in die Innenstadt zunehmend unattraktiv wird.
Um dem entgegenzuwirken, plant die Stadt Regensburg eine sogenannte Mobilitätsdrehscheibe am Unteren Wöhrd. Dort soll ein kostengünstiger Parkplatz entstehen, von dem aus Besucher entweder über einen kurzen Fußweg oder bequem und kostenlos mit dem E-Bus „Emil“ direkt ins Stadtzentrum gelangen können.
Problematik Baustellen
Neben der Verkehrsproblematik setzen auch teils über Jahre andauernde Baustellen Gastronomie und Einzelhandel immer wieder zu. Altstadtkümmerer Stephan Bergmann ist dieses Problem bewusst: „Aktuell sind etwa das Sombrero und Mirelle’s Juicery am Zieroldsplatz von einer langwierigen Baustelle betroffen, die spürbar Umsätze schmälert.“ Auch in der Goliathstraße, Brückstraße, am Viereimerplatz und in der Schwarze-Bären-Straße beeinträchtigen Bauprojekte das Umfeld und die Betriebe in der Nachbarschaft. Einige mussten bereits aufgeben – so gilt etwa die Dauerbaustelle in der Brückstraße als ein entscheidender Grund für die Schließung der Moccabar.
Ein Ende ist nicht in Sicht: Die Stadt Regensburg plant weitere umfangreiche Maßnahmen – unter anderem in der Drei-Kronen-Gasse und Am Brixener Hof (2026/2027) sowie in der Obermünsterstraße und am Obermünsterplatz (2028/2029). Hinzu kommen weitere städtische Maßnahmen wie Kanalsanierungen, aber auch private Maßnahmen, unter anderem von der REWAG oder der Telekom. Sanierungen in der Altstadt seien ebenfalls an der Tagesordnung.
Das sagen die Oberbürgermeisterkandidaten der SPD und CSU
Die beiden Kandidaten um das Regensburger Oberbürgermeisteramt, Dr. Astrid Freudenstein (CSU) und Dr. Thomas Burger (SPD), blicken unterschiedlich auf das Thema Altstadtsterben. So findet Dr. Freudenstein, dass die Altstadt, ebenso wie andere große Städte, unter Druck stehe: „Viele kaufen gern im Internet ein, dadurch verändert sich der Einzelhandel in der Altstadt natürlich. Regensburg ist eine traumhaft schöne Stadt und hat deshalb mehr als andere Städte die Möglichkeit, das aufzufangen. Die Altstadt wird immer mehr Erlebnisraum, wo die Menschen weggehen und feiern.“ Darin sieht Dr. Freudenstein auch eine Chance für die Stadt.
„Es gibt kein Altstadtsterben in Regensburg“
Auch Dr. Burger möchte die Altstadt stärken, „um Regensburg als lebens- und liebenswerte Stadt zu erhalten und noch weiter zu stärken. Trotzdem ist er im Gegensatz zu Dr. Freudenstein überzeugt: „Es gibt kein Altstadtsterben in Regensburg.“ Er beschreibt, dass die Leerstandsquote für eine funktionierende Einzelhandelslandschaft im Bereich bis zu fünf Prozent sogar als notwendig erachtet werde, „um ein Atmen zu ermöglichen“. In Regensburg liege diese Quote in den letzten Jahren stabil bei sieben bis acht Prozent, in Deutschland bei zehn Prozent. „Wir befinden uns aktuell in einer Phase, in der die Geschäftseröffnungen beziehungsweise -erweiterungen deutlicher ins Gewicht fallen als freiwerdende Handelsflächen. Insbesondere vor dem Hintergrund andauernder wirtschaftlicher Herausforderungen und der erst vor wenigen Jahren überstandenen Corona-Pandemie ist dies eine positive Nachricht.“, zeigt sich der Oberbürgermeisterkandidat optimistisch.
11.000 Quadratmeter Leerstand
Ein Thema scheint allerdings für beide OB-Kandidaten schmerzlich: Der Leerstand des ehemaligen Galeria Kaufhof-Gebäudes. Dr. Burger spricht von einer ganz besonderen Herausforderung hinsichtlich des leerstehenden Gebäudes „mit seinen ehemals rund 11.000 Quadratmetern“. Dieses stelle laut dem Politiker jedoch einen Sonderfall dar und werde seiner Einschätzung nach in dieser Form nicht wiederkommen – „das Format hat sich überholt“. Dennoch bleibt an der Stelle eine große Fläche, die bisher dem Einzelhandel zur Verfügung stand – und nun eine Lücke hinterlässt. Dr. Burger sieht dort für die Zukunft keinen reinen Einzelhandel mehr, sondern vielmehr „einen breiten Nutzungs-Mix aus den Bereichen Handel, Gastronomie, Kunst/Kultur, Wirtschaft, Wissenschaft und Wohnen“.
Dr. Burger und Dr. Freudenstein betonen unisono, dass das Thema Chefsache sei. „Aber leider gibt es dazu keinerlei Information der Oberbürgermeisterin“, merkt die Oberbürgermeisterkandidatin der CSU kritisch an.
Galeria Kaufhof: Wie geht es weiter?
Auf Rückfrage bei der Stadt Regensburg, ob bereits etwas über dessen künftige Nutzung bekannt sei, äußerte sie lediglich: „Klare Zielsetzung der Stadt bleibt, eine möglichst baldige Zwischen- und Nachnutzung am Standort zu ermöglichen. Das liegt aber vordringlich im Verantwortungsbereich der Eigentümer und Besitzer der Gesamtimmobilie.“ Dieser sei laut aktuellem Stand der Stadt Regensburg nicht der ominöse neue Käufer, sondern weiterhin der vorherige Eigentümer, die Kaufhof Regensburg GmbH. Der Stadt sei bis heute nicht bekannt, dass ein tatsächlicher Verkauf stattgefunden habe. Mit dem Noch-Eigentümer stehe die Stadt laufend in Kontakt. Zu den Inhalten der Gespräche möchte sie sich jedoch nicht öffentlich äußern.
Was bleibt?
Viele Geschäfte wie zum Beispiel die Confiserie Hussel am Neupfarrplatz, der BubbleTea-Laden in der Pfauengasse oder das Sausalitos in der Gesandtenstraße mussten ihre Türen für immer schließen. Und das sind nur einige der zurückliegenden Schließungen. Die Liste lang, andererseits haben jedoch viele Gebäude bereits Nachmieter gefunden. Der Altstadtkümmerer freut sich außerdem darüber, dass „diverse Mietverträge in den zurückliegenden Monaten verlängert wurden“.
Was kommt?
Obwohl häufig über Schließungen in der Stadt berichtet wird, gibt es ebenso zahlreiche Neueröffnungen, mehr als man vielleicht vermutet.
Bereits eröffnet haben unter anderem:
- Schöne Handlung am Kohlenmarkt (ehem. Christa)
- Vini in der Brückstraße (ehem. Moccabar)
- Ramencado am Viereimerplatz
- Die neue Markthalle in der D.-Martin-Luther-Straße
- Subway am Arnulfsplatz
- Cloud 9 in der Maximilianstraße
- Illirian‘s Corner in der Pfauengasse (ehem. Vinzenz Murr-Filiale)
- ARA BY NK in der Weiße-Lilien-Gasse (ehem. Dönastie)
- Café Friedel Zwo in Stadtamhof 5
Diese Neueröffnungen stehen noch bevor:
- Gloria in der Simadergasse (ehem. Gloria-Kino, Eröffnung voraussichtlich im Herbst)
- Gewürzmühle im Goliathhaus (ehem. Schuhbeck-Fläche, Neueröffnung steht kurz bevor)
- Leo‘s Candy Shop in der Pfauengasse
- Vodafone am Neupfarrplatz (ehem. Eilles-Laden)
- Spaghetteria (ehem. Hypo-Vereinsbank-Gebäude an der Ecke Tändlergassse, Eröffnung voraussichtlich im Oktober)
- Green Heaven in Stadtamhof 10 (ehem. Quartier)
Neueröffnungen aus dem Bereich Kultur & Bildung:
- AKUSO, Haidplatz 3 / Rote-Hahnen-Gasse
- Foschjung Kinderlabor, Stadtamhof 20
Neues Leben im Gloria-Kino
Eine ganz besondere Neueröffnung steht noch im Herbst dieses Jahres an: In das ehemalige Gloria-Kino inmitten der Regensburger Innenstadt kehrt wieder Leben ein. Statt Filmkunst setzt der neue Inhaber nun auf Dolce Vita. Schon ab 7 Uhr morgens kann man hier künftig bei einem Espresso an der Theke echtes italienisches Lebensgefühl genießen. Dieses besondere Konzept für das Gloria hat sich in Regensburg bereits bekannte Gastronom überlegt.

Ein letzter Blick auf das Gloria-Kino inmitten der Regensburger Innenstadt. © Peter Ferstl
Eine Reportage von Marina Triebswetter I filterMAGAZIN