In einem offenen Brief lässt sich Joachim Wolbergs über die weitere Zusammenarbeit im Stadtrat aus. Dabei hält Wolbergs das „sichtbare Vorgehen nicht nur für völlig unprofessionell, sondern auch für nicht hinnehmbar“. Durch die wechselnde Koalition im Stadtrat kamen bereits mehrere Unstimmigkeiten auf. Joachim Wolbergs beschreibt die Zusammenarbeit und die Vorgehensweise der Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer mit sehr klaren Worten.
Das Schiffe versenken in der Regensburger Koalition geht weiter. Der Fraktionsvorsitzende und Gründungsmitglied der Fraktion „Brücke - Ideen verbinden Menschen" Joachim Wolbergs äußert sich in einem offenen Brief ganz deutlich über die aktuelle Lage im Stadtrat. Die letzte Stellungnahme zur Regensburger Koalition kam erst kürzlich von der SPD, ausgelöst durch den Bürgerentscheid zum Thema „Stadtbahn in Regensburg". Nun gehen die Unstimmigkeiten weiter. Joachim Wolbergs äußert sich gegenüber der Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer wie folgt:
„Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin,
nach dem Ende der Koalition nach vier Jahren haben Sie öffentlich angekündigt, zukünftig mit wechselnden Mehrheiten regieren zu wollen. Dies haben Sie auch in der letzten Ältestenratssitzung, an der mein Kollege Thomas Thurow teilgenommen hat, wiederholt. Dabei haben Sie auch ausgeführt, dass Sie sich jeweils zu unterschiedlichen Punkten unterschiedliche Mehrheiten organisieren wollen und dabei im Zweifelsfall auch nicht alle im Stadtrat vertretenen Fraktionen und Personen ansprechen werden, sondern nur Einzelne.
Unabhängig von der Tatsache, dass ich es für einen Kardinalfehler halte, zu glauben, man könne eine Stadt der Größenordnung von Regensburg mit wechselnden Mehrheiten regieren, halte ich das nun sichtbare Vorgehen nicht nur für völlig unprofessionell, sondern auch für nicht hinnehmbar.
Der verzweifelte Versuch mit dem Hinweis auf die bayerische Gemeindeordnung, dass es Fraktionen ohnehin nicht geben würde, verfängt dabei auch nicht, weil Sie selbst die politische Praxis nicht nur in Regensburg, sondern auch darüber hinaus, gerade in größeren Städten, gut genug kennen.
Die Folge Ihrer Ankündigung war nun nicht, was eigentlich logisch gewesen wäre, dass Sie sich eine neue, feste Mehrheit suchen und diese auch mit vertraglichen Inhalten zementieren, sondern nun nicht einmal selber mehr gewillt sind, sich Mehrheiten zu suchen. Stattdessen beauftragen Sie die Referentin und die Referenten damit, sich für Ihre Vorlagen innerhalb des Stadtrates Mehrheiten zu suchen.
Dies ist nicht nur eine nicht zulässige Zweckentfremdung der Arbeit der Referenten, die nicht dafür da sind, politische Mehrheiten zu organisieren, sondern fachlich ihre Arbeit nach bestem Wissen und Gewissen zu erledigen, sondern Sie gefährden sogar bewusst deren Wiederwahl, weil die nun von den Referenten zu leistende politische Arbeit natürlich von allen so empfunden werden muss und wird, als ob die Referenten nun beauftragt seien, Mehrheiten für die Oberbürgermeisterin und die sie tragende Fraktion zu organisieren. Sie können sicher sein, dass diese Meinung auch von allen Referenten so gesehen wird, wenn sie aus Loyalitätsgründen auch nicht ausgesprochen wird.
Die Art und Weise, wie Referenten nun Mehrheiten organisieren sollen, hat sich in den letzten Wochen mehr als deutlich gezeigt. Mehrere Referenten hatten sich an mich beziehungsweise an meine Fraktion gewandt, mit der Bitte, innerhalb kürzester Zeit (also von wenigen Tagen) zu signalisieren, ob man einem bestimmten Tagesordnungspunkt zustimmen würde oder eben nicht.
Dies auf der Grundlage von einigen Zeilen zu einzelnen Tagesordnungspunkten und immer verbunden mit dem Hinweis, dass entsprechende Stadtratsvorlagen, auch wenn sie den fertig wären, auf ihr Geheiß hin, nicht versendet werden dürften. Alternativ wurden Gespräche mit den Referenten zu den unterschiedlichsten minimalsten Zeitfenstern angeboten, die die Stadträtinnen und Stadträte wahrnehmen könnten. Alles verbunden mit dem Hinweis, Sie würden nur noch Punkte auf die Tagesordnung setzen, die sicher eine Mehrheit finden würden.
Damit wäre dann der politische Diskurs völlig aus den Sitzungen verbannt.
Diese Vorgehensweise ist unzumutbar. Sie waren selber nicht in der Lage, eine bestandsfähige Koalition über die Dauer einer Legislaturperiode zu organisieren oder sich nach dem Zerfall der Koalition feste Mehrheiten zu suchen oder wenigstens die Arbeit mit wechselnden Mehrheiten institutionell zu verankern, und nun sollen ehrenamtliche Stadträte nach den Terminplanungen von Ihnen und den Terminplanungen der Referenten, unzählige Termine mehr wahrnehmen, um Ihnen Mehrheiten zu verschaffen. Und dies soll dann auf einer Grundlage geschehen, in deren Rahmen nicht einmal schriftliche Informationen beziehungsweise Vorlagen weitergegeben werden dürfen, obwohl es in der gerade gescheiterten Koalition regelmäßig an der Tagesordnung war, dass Vorlagen, noch bevor sie den Rest des Stadtrates erreichten, an die Mitglieder der Koalition weitergeleitet wurden. Die jetzige Vorgehensweise führt dann absurder Weise dazu, dass noch weniger Zeit zur Vorbereitung für die ehrenamtlichen Stadträte verbleibt und die zur Verfügung gestellten Inhalte noch geringer ausfallen, weil innerhalb von wenigen Tagen, ohne schriftliche Vorlage, eine Zustimmung abverlangt wird. Vor diesem Hintergrund ist die jetzige Regelung mit der Zustellung der Unterlagen am Mittwoch der Vorwoche und einer Beratung innerhalb der Fraktionssitzung für alle Beteiligten eine viel komfortablere und sachgerechte Lösung. Sie wollen also jetzt mit wechselnden Mehrheiten regieren, verschlechtern aber die Arbeitsbedingungen für die ehrenamtlichen Stadträte ganz erheblich und hoffen, dass es niemand merkt.
Noch dazu kommt, dass nun Referenten, wenn sie denn nur begrenzt Zeit für ehrenamtliche Stadträte haben, was verständlich ist, anbieten, man könne Gespräche mit Amtsleitern oder anderen Vertretern der städtischen Verwaltung führen. Bisher war dies nicht möglich, weil Stadträtinnen und Stadträte nur mit Referenten oder Ihnen kommunizieren durften, sinnvollerweise aber nicht nach Belieben mit anderen städtischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Inwieweit diese Regelung nun aufgehoben ist oder es ausschließlich in Ihr Belieben und das Belieben der Referenten fällt, wann und mit wem geredet werden darf, ist nicht ersichtlich.
Zudem hat sich Ihr Stil in den letzten Wochen deutlich verändert. Sie glauben jetzt mit besonderer Härte gegenüber dem Stadtrat wechselnde Mehrheiten finden zu können. So laden Sie zu einer Vorstellung von Haushaltsplan und Investitionsprogramm und kündigen in der Einladung aber schon an, dass ausschließlich eine „kurze Diskussion“ im Anschluss daran ermöglicht werden würde.
Vollends ausgeblendet wird, dass die nun aus der Koalition verbannten CSU und Freie Wähler aufgrund der Tatsache, dass sie Bürgermeister-Positionen und damit Referenten-Positionen besetzen, immer einen Wissensvorsprung aufgrund ihrer Referententätigkeit und ihrer Zugriffsmöglichkeit innerhalb der Verwaltung und der Teilnahme an den Referentenrunden haben werden und sie trotzdem nun mit weniger Informationen und mehr Aufwand von den Fraktionen und Einzelstadträten, die die Koalition immer mit Füßen getreten hat, erwarten, dass diese Ihnen zu Mehrheiten verhelfen.
Mal ganz abgesehen davon, dass bei einem solchen Verfahren das Einbringen von eigenen Ideen und Vorstellungen nicht möglich ist.
An dieser Art, so wie sie sich jetzt abzeichnet, nun mit wechselnden Mehrheiten die Stadt zu regieren, werden wir uns definitiv nicht beteiligen.
Ich kann Sie nur auffordern, endlich und zwar selber beziehungsweise mithilfe der Sie tragenden Fraktion institutionelle Formen der Zusammenarbeit zu finden, um die Arbeit im Stadtrat, transparent und sachgerecht und im Sinne von möglichen Entscheidungen für die Stadt zu gestalten.
Mit freundlichen Grüßen
Joachim Wolbergs“
Fraktion Brücke / RNRed