Umweltschutz beginnt mit einem bewussten Umgang mit unserer Natur. Die Ressourcen unseres Planeten sind endlich und bereits heute verbrauchen wir jährlich mehr Rohstoffe, als die Natur im selben Zeitraum nachproduzieren kann. Wie wollen sich die Parteien künftig dafür einsetzen, dass natürliche Ressourcen nachhaltiger verwendet werden?
Der sogenannte „Erdüberlastungstag“ fiel 2024 auf den 1. August. Dieser Tag bezeichnet den Zeitpunkt, an dem weltweit alle Rohstoffe verbraucht wurden, die die Natur innerhalb eines Jahres erzeugen kann. Somit bräuchten wir bereits heute 1,7 Planeten, um unseren Ressourcenbedarf zu decken. Gleichzeitig produzieren wir jährlich Millionen Tonnen von Müll, die unsere Umwelt verschmutzen und zahlreichen Tieren das Leben kosten. Dass diese Gleichung nicht aufgehen kann und wir auf eine rasante Ausbeutung unseres Planeten zusteuern, ist klar. Doch welche Rahmenbedingungen wollen die Parteien nach der Bundestagswahl setzen, um einen nachhaltigeren Umgang mit natürlichen Rohstoffen zu gewährleisten? Wir haben die Regensburger Kandidaten befragt.
Regensburger Nachrichten:
Deutschland steht vor der Herausforderung, den Ressourcenverbrauch zu reduzieren, um nachhaltig wirtschaften zu können. Derzeit ist unser ökologischer Fußabdruck jedoch weiterhin zu groß, etwa durch hohen Rohstoffverbrauch und Wegwerfmentalität. Welche Schritte wollen Sie unternehmen, um die Kreislaufwirtschaft zu stärken und den Verbrauch von Ressourcen in Industrie und Alltag deutlich zu senken?"
CSU, Peter Aumer:
Unser Auftrag ist, mit den uns gegebenen Ressourcen schonend und effizient umzugehen. Es geht um unsere wirtschaftliche Souveränität, Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit, um unseren Lebensstil und Wohlstand. Wir denken in Kreisläufen und reduzieren den Ressourcenverbrauch.
Wirtschaften ja, aber nachhaltig. Wir wollen eine verantwortungsvolle Kreislaufwirtschaft. Unsere Aufgabe ist es, Stoffkreisläufe zu schließen – bei Stoffen, aber auch bei Wasser, Wärme oder Kohlenstoff. Gleichzeitig stärken wir die „Shared Economy“.
Technologie- und materialoffen recyceln. Dazu bauen wir rechtliche Hemmnisse ab, setzen auf Modularität und innovatives Produktdesign und ermöglichen einen breiten Technologiemix.
SPD, Dr. Carolin Wagner:
Die SPD-Bundestagfraktion setzt sich seit Jahren für den Umbau unserer Wirtschaft in eine konsequente Kreislaufwirtschaft ein. Wir müssen unsere Rohstoffe gebrauchen und nicht verbrauchen. Eine lineare Wirtschaftsform können wir uns nicht mehr leisten. Weder ökologisch noch ökonomisch. Die Kreislaufwirtschaft ist heute schon Rohstofflieferant und gleichzeitig Motor für Jobs und Wohlstand in Europa und Deutschland. Das Prinzip der Kreislaufwirtschaft muss zukünftig weit über das bisher Erreichte hinausgehen.
Wir wollen eine Produktpolitik, die einen guten Lebensstandard bei geringerem Rohstoffbedarf ermöglicht. Denn der verminderte Einsatz von Ressourcen führt zu geringeren Material- und Energiekosten, verringert die Importabhängigkeit und stärkt zugleich die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft. Die Bundesregierung hat die Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie beschlossen, die ein Bündel von Maßnahmen enthält: Gesetzesinitiativen, Förderprogramme, Forschung, Digitalisierung, Wissenstransfer. Wir brauchen einen wirksamen Mix von Maßnahmen, der verschiedene Querschnittsbereiche adressiert und viele verschiedene Akteure wie Hersteller von Grundstoffen, Produktdesigner, Handel und Konsumenten sowie bisherige Entsorger und Recyclingunternehmen einbezieht. Wir brauchen EU-weite Vorgaben für recyclingfähiges Produktdesign - Produkte müssen langlebig, reparier- und recycelbar und möglichst mit einem digitalen Produktpass ausgestattet sein, der alle notwendigen Informationen zur Kreislauffähigkeit enthält. Wir wollen eine Stärkung des Absatzes von Rezyklaten und kreislauffähigen nachhaltigen Produkten durch Nutzung der öffentlichen Beschaffung. Wir brauchen aber auch verbindliche EU-weit geltende Rezyklateinsatzquoten. Wir müssen insgesamt die erweiterte Herstellerverantwortung auf EU-Ebene stärken. Nur 13 Prozent der in Deutschland eingesetzten Rohstoffe sind derzeit Sekundärrohstoffe. Diese Zahl müssen wir zügig steigern.
Bündnis 90 / Die Grünen, Stefan Schmidt:
Die Zukunft einer nachhaltigen Wirtschaft liegt in der Kreislaufwirtschaft. Sie steht im Einklang mit den planetaren Grenzen, spart Ressourcen und vermeidet Müll. Mit der Kreislaufwirtschaft kommen wir nicht nur unseren Klimazielen näher. Sie ist auch eine wirtschaftliche Chance für neue Geschäftsmodelle, von der Wasserflasche bis zum Wohnhaus. Dafür braucht es aber die richtigen Rahmenbedingungen: mehr Materialstandardisierung und gleiche Wettbewerbsbedingungen für recyceltes Material. Wir wollen einen digitalen Produktpass, der bessere Informationen über die Materialien zur Verfügung stellt, die in einem Produkt stecken.
FDP, Ulrich Lechte:
Der Klimawandel zählt zu den größten Herausforderungen der Menschheit in den kommenden Jahrzehnten. Seine Auswirkungen sind heute schon spürbar, aber vor allem nachfolgende Generationen werden darunter leiden, wenn wir heute nicht handeln.
Diese Menschheitsherausforderung dürfen wir nicht ignorieren. Der Aufruf zu Verzicht und Askese führt aber auch nicht weiter. Denn auf diesem Weg wird uns in der Welt niemand folgen. Wir müssen darum die Herausforderung als Chance begreifen, zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit ein globales Problem als Weltgemeinschaft lösen zu können. Aber nicht durch De-Industrialisierung und sinkenden Lebensstandard einhergehen. Sondern indem wir das Wirtschaftswachstum vom CO2-Ausstoß entkoppeln. Aber dazu braucht es mehr Freiheit, statt immer neuer Verbote und Regulierungen.
Wir sind deshalb davon überzeugt, dass die Förderung von Innovationen und Forschung eine sinnvolle Maßnahme im Klima- und Resourcenschutz ist.
Freie Wähler, Regina Seebauer-Sperl:
Resourcenverschwendung findet sehr vielfältig statt.
Beispielsweise entsteht ein erheblicher Teil der Lebensmittelverschwendung bereits auf dem Feld durch Schädlinge, Pilze und EU-Normen, die Obst und Gemüse aussortieren. Wir fordern die Zulassung bewährter Wirkstoffe, um Ernteverluste zu minimieren. Zudem sollten Mindesthaltbarkeitsdaten einen empfehlenden Charakter erhalten, z. B. durch Hinweise wie „Dieses Lebensmittel ist oft länger gut!“. Umsonstregale und die Zusammenarbeit mit Lebensmittelrettungsinitiativen können ebenfalls zur Reduzierung von Verschwendung beitragen. Hier ist der Dialog mit Einzelhandelsketten dringend zu intensivieren.
Viele Produkte werden nicht recycelbar hergestellt, obwohl kleine Änderungen dies ermöglichen würden. Wir fordern die schnelle Einführung des „Rechts auf Reparatur“ mit Transparenzangaben zu Reparaturfähigkeit und Recyclinganteilen bei Massenprodukten.
Wo möglich, sollten umweltfreundliche Alternativen zu Kunststoffen (wie Biokunsttoffe auf pflanzlicher Basis, cellulose- oder pilzbasierte Materialien) gefördert werden, ohne dabei notwendige Anwendungen von Kunststoffen, z. B. im medizinischen Bereich, zu gefährden. Die Entwicklung abbaubarer oder wiederverwendbarer Materialien muss daher weiter unterstützt werden.
Ausserdem müssen wir größer denken – denn die Verschmutzung kennt keine Grenzen. Müllexporte, die auf Kosten von Mensch und Umwelt gehen, müssen gestoppt werden. In den vergangenen Jahren hat Deutschland beispielsweise über 700.000 Tonnen Plastikmüll pro Jahr in’s Ausland exportiert – knapp 20 Prozent davon nach Asien. Recycling von Plastik, Elektroschrott und Altautos innerhalb der EU muss intensiviert und die Rückgewinnung wertvoller Rohstoffe vorangetrieben werden. Ressourcenschonung und Müllvermeidung haben oberste Priorität.
BSW, Irmgard Freihoffer:
Eine große Belastung für die Umwelt und eine Quelle für unnötige CO2-Emissionen sind Produkte, die nach zu kurzer Nutzungsdauer auf dem Müll landen und zu den seit Jahren global wachsenden Bergen von Plastikmüll wesentlich beitragen. Das frisst knappe Ressourcen und Energie und ist ein erhebliches Klima- und Umweltproblem. Nicht wenige Hersteller sorgen durch minderwertiges Material oder schlechte Verarbeitung an Schwachstellen für eine verkürzte Lebensdauer ihrer Produkte („geplanter Verschleiß“). Er muss, wenn er nachweislich absichtsvoll geschieht, auch in Deutschland verboten werden. Darüber hinaus braucht es wirksame Regelungen gegen Plastikverpackungen, da die bisherigen weitgehend wirkungslos sind.
Wir wollen mit einer Kennzeichnungspflicht für die Lebensdauer den Druck auf die Hersteller erhöhen, ihre Produkte langlebiger zu produzieren. Die voraussichtliche Lebensdauer technischer Produkte soll künftig klar und gut sichtbar auf der Verpackung oder in der Produktbeschreibung stehen. Eine bewusste und gezielte Verringerung der Lebensdauer von Produkten soll verboten werden.
Wenn die Hersteller die Anzahl der Waschgänge, Rasuren oder Druckseiten angeben müssten, mit denen Kunden rechnen dürfen, bevor ein Gerät den Dienst einstellt, können Kunden ihre Kaufentscheidung danach ausrichten. Hersteller von Akku-Geräten, die einen günstigen Akku-Austausch ermöglichen, könnten eine deutlich höhere Nutzungsdauer versprechen als diejenigen, die den Akku fest verbauen.
Reparaturen von defekten Geräten wollen wir attraktiver machen – durch eine niedrigere Mehrwertsteuer und einen bundesweiten Bonus für Reparaturleistungen.
Forschung in die Optimierung der Kreislaufwirtschaft muss gestärkt werden.
Die Linke, Sebastian Wanner:
Für eine starke Kreislaufwirtschaft braucht es strengere Vorgaben für die Haltbarkeit von Produkten und Produkte ohne Sollbruchstellen. Wir wollen höhere gesetzliche Recyclingquoten umsetzen und Reparaturen müssen vereinfacht werden – auch große Firmen dürfen sich nicht entziehen. Hersteller müssen in die Verantwortung gezogen werden und Bürger:innen sollen ihre Produkte ganz einfach reparieren lassen können.
Deutschland exportiert jährlich rund 16 Millionen Tonnen Abfall. Dieser Abfall wird oft unter verheerenden sozialen und ökologischen Bedingungen im globalen Süden entsorgt und verarbeitet, er schadet dort den Menschen und der Umwelt. Wir fordern Abgaben auf Einwegverpackungen und ein einheitliches Pfandsystem in der EU. Müllexporte aus der EU und die illegale Müllverschiffung von Elektroschrott wollen wir verbieten. Die Ressourcennutzung muss öffentlich gesteuert werden, denn von den Ressourcen leben wir alle.
AfD, Carina Schießl:
Um den Ressourcenverbrauch zu senken, müssen wir zurück zu langlebigen, reparierbaren Produkten. Heute werden viele Dinge so hergestellt, dass sie nicht repariert werden können und schnell im Müll landen. Das müssen wir ändern! Hersteller sollen verpflichtet werden, qualitativ hochwertige und reparierbare Produkte zu produzieren. Statt der Wegwerfmentalität brauchen wir Produkte mit echter Qualität, die eine lange Lebensdauer haben. Reparaturen und Ersatzteile sollten wieder zugänglich sein. Das stärkt die Kreislaufwirtschaft und schützt gleichzeitig unsere Umwelt. Weniger Konsum, mehr Qualität – das ist der richtige Weg!
Wer hat Ihrer Meinung nach die besten Konzepte, um Ressourcen nachhaltig zu schonen und nachfolgenden Generationen gerecht zu werden?
Verpassen Sie nicht weitere relevante Themen, zu denen die Parteien hier auf den Regensburger Nachrichten Stellung nehmen.
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Kathrin Gnilka | filterRedaktion