In den vergangenen Jahren, in denen Kriege und die kränkelnde Wirtschaft die Nachrichten dominierten, ist der Klimaschutz ins Hintertreffen geraten. Natürliche Lebensräume zu schützen ist essentiell, um die Artenvielfalt zu erhalten und die Klimaerwärmung aufzuhalten. Wir haben die Parteien nach ihren Konzepten befragt.
Naturkatastrophen wie Überschwemmungen, Waldbrände und schwere Gewitter verursachten alleine in 2024 weltweit Schäden von 320 Mrd. US $. 2024 war wiederum das wärmste Jahr seit 1850 und erstmals lag die globale Durchschnittstemperatur 1,6 Grad über dem vorindustriellen Niveau. Mit dem Pariser Klimaabkommen hatten Staaten weltweit vereinbart, die globale Erderwärmung möglichst unter 1,5 Grad, im höchsten Fall jedoch unter zwei Grad zu halten. Die Klimaziele scheinen uns zu entgleiten und eine Änderung ist nicht in Sicht. Welche Schwerpunkte legen die Parteien auf unsere Umwelt und damit auf die Zukunft der Menschen weltweit? Machen Sie sich selbst ein Bild.
Regensburger Nachrichten:
Natürliche Lebensräume wie Wälder, Moore und Flusslandschaften sind nicht nur essenziell für den Erhalt der Artenvielfalt, sondern spielen auch eine Schlüsselrolle beim Klimaschutz, etwa durch CO₂-Speicherung. Dennoch stehen sie zunehmend unter Druck durch Landwirtschaft, Urbanisierung und Industrialisierung. Welche konkreten Maßnahmen wollen Sie umsetzen, um diese Lebensräume zu schützen und zu renaturieren, und wie wollen Sie dabei Zielkonflikte, z. B. mit der Landwirtschaft, lösen?
CSU, Peter Aumer:
Umweltpolitik bedeutet für uns, Wasser, Boden und Luft in den Blick zu nehmen und unsere Biodiversität zu schützen. Der Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen, von Lebensräumen und Arten ist von zentraler Bedeutung.
Wir schützen bedrohte Arten und deren Lebensräume. Hierfür werten wir Schutzgebiete qualitativ auf und stärken die Vernetzung der Lebensräume. Moderner Artenschutz erfordert eine regelmäßige Überprüfung der geltenden Schutzvorschriften, damit das Gleichgewicht der Arten gewahrt bleibt.
Moore sind unverzichtbare CO2-Senken. Wir wollen den Schutz der Moore gemeinsam mit den Grundstückseigentümern intensivieren und Anreize für Wiedervernässungsprojekte geben.
Wir unterstützen Land- und Forstwirte, Waldbesitzer, Jäger und Fischer dabei, die Ökosysteme und ihre Leistungen zu erhalten. Ein Ansatz ist der Naturschutz auf Zeit, der im Einklang mit allen Nutzergruppen aufgesetzt wird.
SPD, Dr. Carolin Wagner:
Um Natur und Ökosysteme im Einklang mit europäischen und internationalen Verpflichtungen zu schützen, braucht es effektive Maßnahmen in bestehenden Schutzgebieten und die Vernetzung ökologisch wertvoller Flächen. Als Teil der amtierenden Bundesregierung haben wir im März 2023 deswegen das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz (ANK) beschlossen, damals mit einer Finanzierung von 4 Milliarden € das größte Bundes-Umweltprojekt jemals. Ziel des ANK ist der Erhalt und die Wiederherstellung natürlicher Lebensräume wie Wälder, Moore und Flusslandschaften. Nach Verabschiedung des Aktionsprogramms wurden sukzessive Pilotprojekte ausgewählt (insbesondere im Bereich Moore und Seegraswiesen), Förderrichtlinien für Klimaschutz in Städten und auf dem Land, für "KlimaWildnis", die Vorbereitung von Moorwiedervernässungen und viele weitere Förderrichtlinien veröffentlicht, zuletzt kurz vor Weihnachten das "Klimaangepasste Waldmanagement Plus".
Durch das Ampel-Aus konnten einige wichtige Förderrichtlinien, darunter auch die zentrale Förderrichtlinie zur Moorwiedervernässung, leider noch nicht finalisiert werden. Dabei ist gerade diese Förderrichtlinie wichtig, denn die entwässerten Moore Deutschlands tragen 7% der CO2-Emissionen bei!
Daher werden wir uns als SPD auch in der nächsten Legislaturperiode für eine Förderung der Wiedervernässung im Rahmen des ANK stark machen. Die Eckpunkte stehen fest: Moore, die in den meisten Fällen von Landwirten bewirtschaftet werden, sollen auch in Zusammenarbeit und freiwillig mit diesen Landwirten wiedervernässt werden. Neben einer Anschubfinanzierung durch das ANK müssen die teilnehmenden Landwirte daher auch wirtschaftliche Perspektiven nach der Wiedervernässung haben. Hier ist gerade viel in Bewegung.
Zielkonflikte um die Ressource Fläche werden bei diesen Projekten trotzdem entstehen. Wir wollen eine Flächenplanung, die Wildnis- und Kulturlandschaften und heimische Arten schützt und ein konfliktfreies Miteinander von Land- und Energiewirtschaft, Tourismus, Industrie, Wohnen und Naturschutz ermöglicht. Als SPD-Fraktion sehen wir eine Schlüsselstelle bei den Landgesellschaften und gemeinnützigen Flächenagenturen, die schon jetzt Ausgleichsmaßnahmen in der Fläche regeln. Durch eine Stärkung dieser Strukturen und auch der Regionalplanung sowie durch lokale Ansprechpartner könnte Konflikten vorgebeugt und Ökosysteme vernetzt werden. Zentral ist die lokale Lösung von lokalen Konflikten. Das neue Kompetenzzentrum Natürlicher Klimaschutz, die bundesweite Beratungsstelle zum ANK, arbeitet deshalb eng mit bestehenden Beratungs- und Umsetzungsstrukturen der Landschaftspflege, des Vertragsnaturschutzes, des Moor- und Bodenschutzes und weiteren regionalen Strukturen zusammen.
Bündnis 90 / Die Grünen, Stefan Schmidt:
Mit dem Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz haben wir die Naturschutzfinanzierung in Deutschland vervielfacht. Diesen Weg wollen wir weitergehen: Wir wollen die Mittel für den natürlichen Klimaschutz verstetigen, erweitern und inhaltlich fortentwickeln. Auch die Wiedervernässung von Mooren ist ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz. Dafür braucht es wirtschaftliche Anreize. Lebensräume und Tiere zu schützen heißt auch, dass weniger Tiere besser gehalten werden. Wichtig bleibt: Die Lebensbedingungen aller Tiere müssen verbessert werden. Dafür wollen wir ausreichend Geld zur Verfügung stellen.
FDP, Ulrich Lechte:
Der Schutz unserer Lebensgrundlagen ist eine der wichtigsten Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft. Auch die nächsten Generationen haben einen Anspruch auf eine lebenswerte Umwelt. Wir Freie Demokraten wollen daher mit innovativen Ideen und neuen Technologien für einen nachhaltigen Umweltschutz sorgen.
Wir Freie Demokraten sehen den Schutz der Umwelt als wesentliche Voraussetzung, um die natürlichen Lebensgrundlagen und die Sicherung der Lebensqualität zu bewahren.
Der Wald beispielsweise hat vielfältige Funktionen als Lebens- und Erholungsraum, Trinkwasserreservoir, Treibhausgassenke und Rohstofflieferant. Umweltschutz und Wirtschaftswachstum sind für uns kein Widerspruch. Denn eine gesunde Umwelt und der schonende Umgang mit den natürlichen Ressourcen sind die Voraussetzung für eine langfristig stabile wirtschaftliche und soziale Entwicklung.
Darüber hinaus wollen wir Freie Demokraten das Artensterben bestmöglich verhindern. Der Erhalt der Artenvielfalt ist eine Menschheitsaufgabe und eine ethische Verpflichtung. Er ist zugleich ökologisch, ökonomisch und medizinisch sinnvoll und notwendig. Unzählige wichtige Errungenschaften, zum Beispiel in der Technik und Medizin, kommen aus der Natur.
Leider sind invasive Neophyten für Ökosysteme und den Menschen eine zunehmende Bedrohung, die durch die Globalisierung immer größer wird. Wir müssen unsere Ökosysteme vor dem Eindringen dieser fremden Arten effektiv schützen, um die heimische Artenvielfalt zu erhalten.
Freie Wähler, Regina Seebauer-Sperl:
Unsere Natur und Artenvielfalt sind wertvoll und müssen geschützt werden. Der Schutz von Landschaften hat für mich und meine Partei hohe Priorität. Es ist unsere Aufgabe, die Natur und Kulturräume zu bewahren und nachhaltig weiterzuentwickeln. Dabei ist der Artenschutz genauso wichtig wie der Schutz der Kulturlandschaft, die durch die Landwirtschaft entstanden ist. Wir streben eine Balance zwischen dem Schutz der Umwelt und der Unterstützung der Landwirtschaft an, um sowohl die natürlichen Lebensräume zu bewahren, als auch die landwirtschaftliche Produktion nachhaltig zu gestalten - der Schutz und die Förderung der Biodiversität in unserer Kulturlandschaft kann nur erfolgreich sein, wenn wertschätzend mit den Landwirten kooperiert wird.
In der Forstwirtschaft setzen wir uns für Artenvielfalt ein und lehnen großflächige Monokulturen ab. Durch einen langfristigen Waldumbau, hin zu naturnahen Mischwäldern, kann die Artenvielfalt gesteigert und die Widerstandsfähigkeit der Wälder zu erhöhen werden.
Auch unsere Seen, Flüsse und Meere mit ihrer Tier- und Pflanzenwelt spielen eine wichtige Rolle. Ein achtsamer Umgang mit unseren Gewässern ist entscheidend, um das ökologische Gleichgewicht zu erhalten.
Wir müssen bei der Nutzung von Flächen für neue Straßen und Gebäude vorsichtig vorgehen. Es ist wichtig, dass wir unseren Kindern eine intakte Natur und Lebensqualität hinterlassen und ihnen genug Spielraum für ihre Zukunft bieten.
Unsere Meere und Ozeane sind nicht nur wichtig für die Aufnahme von CO₂, sondern auch für ihre Artenvielfalt. Leider sind sie durch Überfischung, Schadstoffe, Plastik und steigende Temperaturen bedroht. Wenn wir nicht handeln, könnte dies den Klimawandel weiter beschleunigen. Deshalb setzen wir uns dafür ein, die Meere und Ozeane zu schützen – sowohl hier bei uns, als auch weltweit.
BSW, Irmagard Freihoffer:
Wälder, Moore und Flusslandschaften sind dringend zu erhalten. In den Städten brauchen wir Nachverdichtung, um den Flächenverbauch zu verringern.
Im Jahr 2022 wurden EU-Fördermittel in Höhe von 57,5 Milliarden Euro innerhalb der EU bezahlt, davon 41,2 Milliarden an EU-Direktzahlungen, die pauschal an die Landwirte ausgezahlt wurden. Die Höhe der Fördersumme richtet sich vor allem nach Größe der Betriebe – egal ob diese nachhaltig wirtschaften oder eben nicht. Salopp ausgedrückt bekommt also der größte Bauer das meiste Geld. Doch diese Subventionspolitik, die tatsächlich noch aus der Nachkriegszeit stammt, verkennt nicht nur die ökologischen Herausforderungen, sie setzt auch dem Höfesterben nichts entgegen. Die Agrarpolitik hat die Landwirtschaft zunehmend auf Massenproduktion für billige Lebensmittel und den Export ausgerichtet. Viele Betriebe stehen unter hohem ökonomischen Druck, dem Diktat niedriger Preise, und können kaum mehr genügend Einkünfte erwirtschaften. Zwischen 2007 und 2019 gaben 17 Prozent der Landwirte ihre – meist kleineren – Höfe auf.
Ökologische Landwirtschaft muss durch entsprechende staatliche Förderprogramme und steuerliche Anreize gezielt gefördert werden. Innovative Betriebskonzepte und Anbausysteme sind dafür stetig weiterzuentwickeln, der Staat hat dies durch Forschungsmittel zu unterstützen.
Umweltverbände, die z. B. geschädigte Moore aufkaufen und wieder vernässen und pflegen, sind zu unterstützen.
Die Linke, Sebastian Wanner:
Unsere Umwelt müssen wir erhalten, denn nur eine intakte Natur sichert auch das Leben für uns Menschen. Eine wachsende biologische Vielfalt, saubere Böden und Luft, die Renaturierung von Gewässern und Mooren, dafür wollen wir die Mittel für natürlichen Klimaschutz verdoppeln. Schutzgebiete müssen ausgeweitet werden, wir fordern mindestens 5 Prozent Wildnisflächen. Die Natur soll als Rechtssubjekt anerkannt werden und Umwelt- und Tierschutzverbände sollen ein Verbandsklagerecht erhalten. Hochseegewässer wollen wir besser schützen und Tiefseebergbau, Walfang sowie der Überfischerei müssen gestoppt werden. Die Belastung der Meere und Umwelt durch Müll muss gestoppt werden, besseres Recycling, stärkere Kontrollen und wirksame Initiativen können hierbei helfen.
Landwirtschaft und Umweltschutz sind keine unvereinbaren Dinge. Wir wollen weg von großen Agrarkonzernen, die Umweltausbeutung betreiben. Landwirt:innen, die der Natur Raum geben sollen unterstützt werden, tier- und umweltgerechte Haltung wollen wir fördern. Die Kopplung von hohen Umweltstandards an Fördermitteln ist richtig, die Beantragung von Fördermitteln muss jedoch vereinfacht werden, Landwirt:innen brauchen klare Ansprechpartner:innen und weniger Bürokratie. Wer die Natur schützt, soll dafür ausreichend unterstützt werden.
AfD, Carina Schießl:
Wir als AfD stehen für echten Umwelt- und Naturschutz und lehnen den sogenannten „Klimawahn“ entschieden ab. Es ist unbestreitbar, dass Natur- und Umweltschutz Hand in Hand gehen müssen, jedoch nicht auf Kosten unserer Wirtschaft und des Lebensstandards. Der derzeitige Ausbau von Windkraftanlagen führt zur Abholzung wertvoller Wälder, die als wichtige CO₂-Speicher dienen. Zudem wird für den Bau der Windräder Beton verwendet, dessen Herstellung massenhaft CO₂ freisetzt. Der Ausbau der Photovoltaik-Anlagen verschandelt nicht nur unsere Landschaft, sondern frisst landwirtschaftlich genutzte Flächen, die für die Lebensmittelproduktion dringend benötigt werden. Die Entsorgung dieser Anlagen ist bislang ungelöst und stellt eine weitere Belastung dar. Anstatt auf ineffiziente und schädliche „grüne“ Projekte zu setzen, fordern wir sinnvolle Lösungen wie den Dual Fluid Reaktor, eine neue Technologie, die saubere Energie erzeugt, ohne langlebige, radioaktive Abfälle zu produzieren. Wir müssen für eine ausgewogene und nachhaltige Energiepolitik sorgen, die sowohl den Naturschutz als auch die Lebensmittelproduktion und den Erhalt unserer Lebensqualität berücksichtigt.
Bleiben Sie dran, um zu erfahren, wie die Parteien zu anderen wichtigen Themen stehen.
Kathrin Gnilka | filterRedaktion