Laut Umweltbundesamt entstehen über 80 Prozent der Treibhausgasemissionen in Deutschland aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe. Der Weg in eine nachhaltige Zukunft kann also nur mithilfe erneuerbarer Energien erfolgen. Doch um den Standort Deutschland wettbewerbsfähig zu halten, müssen diese auch bezahlbar sein. Trübe Aussichten für die Energiewende?
Bezahlbare Energie ist eine Notwendigkeit sowohl für die Wirtschaft als auch für Privathaushalte in Deutschland. Um die gesteckten Klimaziele zu erreichen sollte diese auch noch sauber sein. Der Ausbau erneuerbarer Energien wird jedoch oft durch bürokratische Hürden behindert. So vergehen von der Planung bis zur Genehmigung eines Windrads gut und gerne mal fünf Jahre, und dann muss es schließlich noch gebaut werden. Für die neue Bundesregierung wird die Versorgung Deutschlands mit günstiger und sauberer Energie ein zentrales Thema sein. Wir haben daher die Parteien zu ihren Konzepten befragt.
Filter Redaktion:
Welche konkreten Schritte planen Sie, um den Ausbau erneuerbarer Energien zu beschleunigen, Deutschlands Energieunabhängigkeit zu stärken und gleichzeitig bezahlbare Energie für alle sicherzustellen?
CSU, Peter Aumer:
Bezahlbare, saubere und sichere Energie ist Grundvoraussetzung für Privathaushalte und eine funktionierende Wirtschaft. Bereits in der Regierungszeit von CDU und CSU konnte ein Zubau der Erneuerbaren Energien um 40 Prozent gemessen am Stromverbrauch Deutschlands erreicht werden. Die Energiepolitik der Ampel scheitert an der mangelnden Verteilung und Speicherung der Energie. Deutschland braucht dringend den Netzausbau. Ohne diesen gefährdet ein unkoordinierter Zubau Erneuerbarer Energien unsere Versorgungssicherheit. Eine sich allein an Gigawatt-Ausbauzielen messende Energiepolitik ist kein marktwirtschaftlicher Ansatz, sondern bloße Schaufensterpolitik. Um Privatverbraucher und Unternehmen finanziell zu entlasten, wollen wir mit den CO2-Einnahmen die Stromsteuer dauerhaft und für alle auf das europäische Minimum senken und die Netzentgelte mindestens halbieren.
SPD, Dr. Carolin Wagner:
Wir haben in den letzten drei Jahren Planung, Genehmigung und Bau von Erneuerbaren massiv beschleunigt. Im ersten Halbjahr 2024 deckten sie rund 58 Prozent des Bruttoinlandstromverbrauchs – ein Rekord! So muss es weitergehen.
Die Menschen vor Ort müssen deutlich mehr von den Erlösen aus erneuerbaren Energien profitieren. Mit dem Ausbau geht eine Wertschöpfung in Millionenhöhe einher, die in die Kassen der Kommunen fließen sollen und etwa für den ÖPNV, soziale Einrichtungen oder Kulturfeste genutzt werden können.
Herzstück der Versorgung müssen die kommunalen Stadtwerke und Bürger:Innengenossenschaften sein: Energie ist Teil der öffentlichen Daseinsfürsorge und darf nicht den Märkten unterworfen sein. Für niedrige Produktionspreise ist zudem ein Industriestrompreis notwendig.
Bündnis 90 / Die Grünen, Stefan Schmidt:
Für eine saubere, sichere und bezahlbare Energieversorgung müssen wir erneuerbare Energien massiv aus- und ein leistungsfähiges Stromnetz aufbauen: Bis 2030 brauchen wir 80 Prozent erneuerbaren Strom, langfristig 100 Prozent. Dafür müssen Solaranlagen auf Dächern zum Standard und Windanlagen deutlich schneller gebaut werden. Wir brauchen Anreize, damit der Strom dann verbraucht wird, wenn viel davon im Netz ist. Speichermöglichkeiten müssen wir erleichtern. Damit Energie dauerhaft günstig bleibt, brauchen wir das Klimageld. Einnahmen aus dem CO2-Preis werden so wieder an die Menschen ausgezahlt. Wer wenig CO2 verbraucht, profitiert am meisten. Stromsteuer und Netzentgelte müssen wir senken.
FDP, Ulrich Lechte:
Für eine umfassende Reform von Umlagen, Steuern und Abgaben auf Energie setze ich mich ein. Denn aktuell hat Deutschland die höchsten Strompreise Europas für nahezu alle Verbrauchergruppen. Es ist wichtig, die Stromsteuer auf das EU-Mindestmaß zu senken. Die Erneuerbaren stehen für rund die Hälfte der Stromerzeugung in Deutschland. Ein steigender CO2-Preis macht fossile Energieträger zunehmend unattraktiv und begünstigt den Umstieg der Verbraucher auf erneuerbare Energien. Das müssen wir unterstützen.
Freie Wähler, Regina Seebauer-Sperl:
Grundsätzlich muss man hier das strategische Ziel „bezahlbarer Strom und sichere Energieversorgung für Industrie und Bürger“ hervorheben. Transformation hinsichtlich erneuerbarer Energien müssen wir uns leisten können und das können wir nur, wenn unsere Industrie wettbewerbsfähig ist – d. h. die Geschwindigkeit der Dekarbonisierung ist hier entscheidend und muss angepasst werden. Ein deutscher Sonderweg ist ineffizient. Die Energieversorgung Deutschlands muss auf breite Beine gestellt und technologieoffen gestaltet werden. Bei den erneuerbaren Energien muss neben dem Ausbau von Erzeugung, verstärkt der Ausbau von Speicherlösungen vorangetrieben werden, um Versorgungssicherheit zu erreichen.
BSW, Irmgard Freihoffer:
Zunächst Energieverbrauch senken. Statt hoher CO2-Abgaben, die Verbraucher belasten, längere Garantiefristen, um Produkte mit absichtlich kurzen Lebenszyklen zu verhindern. Öffentlichen Verkehr, vor allem Bahn, erheblich verbessern; wirkungslose Regelungen gegen Plastikverpackungen verschärfen; Ausbau der erneuerbaren Energien; Energiesanktionen schaden Deutschland viel und Russland wenig; für Wirtschaft und Verbraucher: weder extrem umwelt- und klimaschädliches, teures US-Fracking-Gas noch russisches Flüssiggas über Umwege z. B. Brüssel beziehen, sondern umweltfreundlicher Transport über Pipeline, dafür noch vorhandenen Nordstream 2-Strang öffnen.
Die Linke, Sebastian Wanner:
Strom- und Wärmenetze müssen in die öffentliche Hand überführt und Kommunen besser beteiligt werden. Bürokratische Hürden - gerade bei kleineren Bürgerenergieprojekten - gehören abgesenkt; denn gelebter Umweltschutz muss einfach sein.
Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist die beste Garantie für Energieunabhängigkeit. Die vorhandenen Speicherkapazitäten müssen ausgebaut werden und Investitionen in die Forschung zur Energiespeicherung sind notwendig.
Energiekosten sind schon längst zur sozialen Frage geworden. Energiearmut kann durch Preisdeckel und gezielte sozial gestaffelte Unterstützungen für Haushalte mit kleinen und mittleren Einkommen bekämpft werden.
AfD, Carina Schießl:
Die AfD steht klar gegen die grüne Energiewende, die uns mit teuren und ineffizienten Projekten belastet. Statt weiterhin auf Wind- und Solarenergie zu setzen, müssen wir bewährte Technologien wie Kernkraft und saubere Kohleverstromung ausbauen, um die Energieversorgung sicherzustellen und bezahlbar zu halten. Nur so stärken wir die Energieunabhängigkeit Deutschlands und verhindern, dass die Bürger unter überhöhten Energiekosten leiden. Wir brauchen eine vernünftige, kostengünstige Energiepolitik – ohne ideologische Experimente auf Kosten der Menschen!
Wem trauen Sie am ehesten zu, das Thema saubere und günstige Energie umzusetzen?
Kathrin Gnilka | filterRedaktion