Am gestrigen Freitag war Bundeskanzler Olaf Scholz zu Besuch in Regensburg. Im voll besetzten marinaforum tauschte er sich mit Besucherinnen und Besuchern aus und stand ihnen Rede und Antwort. Am Ende war sogar noch Zeit für Selfies.
Das marinaforum in Regensburg war am gestrigen Freitag, den 31. Januar, voll besetzt. Der Grund dafür: Bundeskanzler Olaf Scholz hatte seinen Besuch angekündigt. Laut SPD seien so viele Anmeldungen eingegangen, dass beinahe eine größere Location angemietet werden musste. Die Sicherheitsvorkehrungen waren entsprechend hoch.
Greenpeace-Aktivisten demonstrieren friedlich vor dem marinaforum
Bereits vor Beginn der Veranstaltung hatten sich vor dem marinaforum Greenpeace-Aktivisten versammelt. Sie forderten mehr Umwelt-Schutz, auch seitens der SPD, und sprachen auch mit Passanten über die Klima-Thematik. Die Versammlung verlief die ganze Zeit über friedlich.

Hohe Polizeipräsenz und strenge Kontrollen
Neben den Aktivisten erwartete die Besucher bei ihrer Ankunft bereits eine hohe Polizeipräsenz. Um in das Gebäude hinein und in die Veranstaltungshalle zu gelangen, musste dann jeder an zahlreichen Sicherheitskontrollen vorbei. Auch ein Polizeihund war im Einsatz. Insgesamt waren Sicherheitskräfte im niedrigen dreistelligen Bereich anwesend.
Warten auf Kanzler Scholz
Bald war klar: Der Bundeskanzler wird es nicht rechtzeitig schaffen. Befürchtungen, dass er gar nicht mehr kommen würde, wurden jedoch bald ausgeräumt und wie zwischenzeitlich angekündigt war er dann um 20:00 Uhr auf der Bühne.
Ein guter Tag für Bundeskanzler Olaf Scholz
Die Veranstaltung wurde von der Bundestagsabgeordneten Dr. Carolin Wagner moderiert, die in ihrer Einleitung die Errungenschaften der SPD hervorhob. Als der Bundeskanzler die Bühne betrat, ging es zunächst um das von Friedrich Merz eingebrachte „Zustrombegrenzungsgesetz“, über das die Bundestagsabgeordneten – und auch der Bundeskanzler – einige Stunden zuvor noch abgestimmt hatten. Das Ergebnis: Der Bundestag hat das Gesetz abgelehnt. Der Gesetzentwurf erhielt 338 Ja-Stimmen, 349 Nein-Stimmen und 5 Enthaltungen. Ein guter Tag für Olaf Scholz, der Merz für dieses Vorgehen scharf kritisierte und seine Glaubwürdigkeit in Frage stellte.
Friedrich Merz steht aktuell in der Kritik, weil die CDU/CSU-Bundestagsfraktion unter seiner Führung einen Antrag zur Verschärfung der Migrationspolitik einbrachte, der mit Unterstützung der AfD eine Mehrheit fand. Dieses Vorgehen wird von vielen als Tabubruch angesehen, da es die bisherige klare Abgrenzung der Union zur AfD und die viel beschworene „Brandmauer“ infrage stellt.
„Wie kann man jemandem trauen, der sein Wort gebrochen hat?“, fragte der Bundeskanzler die Besucher in Regensburg. Zudem warnte er vor einem möglichen Erstarken rechter Kräfte in Deutschland, wenn demokratische Parteien nicht klare Grenzen gegenüber extremen Kräften ziehen – so wie es gerade in Österreich geschehe. Dort besteht aktuell eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass der nächste Kanzler von der rechtspopulistischen FPÖ gestellt wird.
Fragen aus dem Publikum: Von Migration und Rechtsruck bis zu Rente und KI
Nach seiner Rede stellte sich Scholz den vielseitigen Fragen der Bürgerinnen und Bürger:
Künstliche Intelligenz (KI)
Ein KI-Professor stellte die Frage, warum immer mehr Regulierung für die KI in Deutschland entstehe und wie Scholz die Zukunft von KI sehe. Dieser betonte, dass Deutschland im globalen Wettbewerb nicht schlecht aufgestellt sei, aber eine bessere Finanzierung von Technologie und Forschung nötig sei. „Viele erfolgreiche Wissenschaftler sind in der USA an KI-Modellen beteiligt. Das sagt uns: So schlecht sind wir nicht. Auch unser Ausbildungssystem ist global wettbewerbsfähig“, findet der Kanzler.
Bezüglich der Finanzierung verwies er auch auf Star Gate. In das Projekt würden hunderte Milliarden investiert werden, aber von privaten Investoren, nicht vom Staat, so Scholz.
Post-Covid-Syndrom
Bezüglich der Thematik Post-Covid räumte er ein, dass es in der Forschung noch zu wenige Fortschritte gebe, aber die Regierung Mittel bereitstelle, um Therapien und Medikamente schneller verfügbar zu machen.
Rechtsruck in der Jugend
Eine Besucherin aus Sachsen thematisierte den Rechtsruck der Jugend und führte in diesem Zusammenhang auch die Rolle der Sozialen Medien an. Sie fragte, ob Scholz etwa für ein Verbot der Plattform tiktok wäre. Scholz betonte zwar, dass viele heute nicht mehr Radio hören oder Fernsehen schauen und sich stattdessen über Social Media informierten und er durchaus eine Gefahr darin sehe. Er plädierte aber für mehr Aufklärung und politische Bildung anstelle eines Verbotes bestimmter Plattformen. Wichtig sei, dass auch dort gut und seriös aufgeklärt werde. Daher habe auch er selbst tiktok.
„Als ich groß wurde, gab es im Fernsehen noch ein Testbild“, scherzte Scholz und erntete dafür einige Lacher aus dem Publikum. Insgesamt gab er sich betont locker und bemühte sich um eine entspannte Atmosphäre. Obwohl seine Ausführungen zum Teil klar vom Wahlkampf geprägt waren, nahm er sich die Zeit, jede Frage ausführlich zu beantworten. In manchen Momenten wirkte er dabei fast wie ein Entertainer auf der Bühne des marinaforums.
Klimaschutz
Ein weiteres Thema, das für viele Wähler aktuell zu sehr in den Hintergrund tritt, ist der Klimaschutz. Auf eine Frage dazu sprach sich Kanzler Scholz klar für neue Technologien aus. „Das ist eine High-Tech-Aufgabe, die ganz besonders gut in Deutschland gelöst werden kann und das sollte unser Beitrag gegen den Klimawandel sein.“ Deutschland müsse Technologien entwickeln, die uns und anderen Ländern helfen, Wohlstand mit geringeren Emissionen zu erreichen. Falsch sei es, zu Entwicklungsländern zu sagen: „Wir haben alle Autos, aber ihr solltet euch keine anschaffen.“
Migration und Integration
Beim Thema Migration sprach er sich für eine Balance aus Schutz für Geflüchtete und konsequenter Rückführung aus. Zudem hob er die Notwendigkeit hervor, irreguläre Migration zu begrenzen und zugleich Fachkräftezuwanderung zu erleichtern.
Rente und Arbeitsmarkt
Scholz stellte sich klar gegen eine Erhöhung des Renteneintrittsalters und zeigte sich überzeugt von der Stabilität des deutschen Rentensystems. „Frauen arbeiten in Deutschland häufiger in Teilzeit als in allen andren Ländern“, kritisierte er jedoch. Deutschland müsse familienfreundlicher werden, ist daher ein zentraler Punkt, den er forderte. Zudem sei es wichtig, qualifizierte Kräfte in Deutschland in Arbeit zu bringen.
Islamisches Kulturkaufhaus im ehemaligen Kaufhof-Gebäude
Zum aktuellen „Dauerbrenner“ in Regensburg – der möglichen Eröffnung eines islamischen Kulturkaufhauses im ehemaligen Kaufhof-Gebäude – äußerte er sich zurückhaltend, da ihm hierzu konkrete Informationen fehlen würden.
Kanzler Scholz: Kämpferisch und fast nahbar
Insgesamt zeigte sich Scholz den gesamten Abend über als ein Kanzler, der sich mit Sachlichkeit und klaren Standpunkten den Fragen der Bürgerinnen und Bürger stellte. Insbesondere in der Debatte um den Umgang mit der AfD sowie zur Rolle Deutschlands in Europa und der Welt fand er deutliche Worte. Kämpferisch und für seine Verhältnisse relativ nahbar zeigte er sich am gestrigen Freitag in Regensburg. Sein Auftritt wurde vom Publikum immer wieder mit Applaus begleitet.
Zeit für Selfies
Nach dem Austausch mit dem Publikum stand Scholz noch für Selfies bereit. Sehr viele nutzten die Gelegenheit, um sich gemeinsam mit dem Bundeskanzler ablichten zu lassen.Nachdem er sich dann noch den Fragen der Presse stellte, war um dreiviertel 10 Schluss. Ziemlich schnell leerte sich das marinaforum in Regensburg und die Besucher, die zum Teil von weit weg angereist waren, verließen das Gebäude. Auch wenn nicht alle Fragen beantwortet werden konnten, so zeigten sich die meisten zufrieden mit dem Besuch von Bundeskanzler Scholz.
Marina Triebswetter / RNRed