Jahrhundert-Hochwasser, Überschwemmungen, Wirbelstürme, Hagel, Waldbrände und Dürreperioden – die Zahl der Extremwetterereignisse nimmt weltweit dramatisch zu. Alleine in 2024 verursachten Naturkatastrophen in Deutschland Schäden in Höhe von 5,5 Milliarden Euro. Doch Umweltschutz scheint angesichts aktuellerer Themen an Aufmerksamkeit zu verlieren.
Die Schadensbilanz ist erschreckend und Versicherer weltweit schlagen Alarm. Laut Münchner Rück betrugen die Schäden durch Naturkatastrophen weltweit rund 320 Milliarden Euro, nur rund 140 Milliarden davon waren versichert. 11,000 Menschen kamen ums Leben. Dennoch scheint das Thema derzeit wieder in den Hintergrund zu rücken. Dabei geht es um nicht weniger als um unsere Zukunft. Die Herausforderungen sind gewaltig. Es bedarf nicht nur der Klimaanpassung durch verstärkten Katastrophenschutz, sondern auch der Eindämmung von Treibhausgasen, dem Schutz der Wälder und Meere sowie dem Erhalt der Artenvielfalt. Investitionen in Milliardenhöhe werden benötigt, vor denen Länder weiterhin zurückschrecken. Doch können wir uns die Alternative leisten?
Wie ernst nehmen die Parteien das Thema und welche Konzepte haben Sie parat? Wir haben mit Union, SPD, Grünen und Co. gesprochen.
Filter Redaktion:
Bereits im ersten Halbjahr 2024 verursachten Klimakatastrophen in Deutschland einen Schaden von rund 7 Milliarden Euro. Welche konkreten Maßnahmen planen Sie, um die Bevölkerung und Infrastruktur vor Gefahren durch Hitze, Überschwemmungen, Erdrutsche und anderen schwerwiegenden Klimaereignissen zu schützen?
CSU, Peter Aumer:
Das Jahr 2024 und die Naturkatastrophen haben die Schwachstellen unseres Regelungssystems offengelegt. Um auch in Zukunft bei Großeinsatzlagen und Katastrophenereignissen auf der Ebene von Bund, Land und Kommune handlungsfähig zu bleiben, ist es notwendig, dass Bund und Länder die Regelungen über die Zusammenarbeit im Bereich Katastrophen-, Bevölkerungs- und Küstenschutz prüfen und gemeinsam anpassen. Die CDU/CSU fordert eine Stärkung der Einsatzkräfte wie zum Beispiel des Technischem Hilfswerks und der Feuerwehren. Darüber hinaus sehen wir den Bedarf für eine Prüfung und wenn nötig einen Ausbau von Warnmittel sowie eine Angebotspflicht für Elementarschadensversicherungen. Gerade die Hochwässer in Bayern und die nach wie vor ausstehenden Zahlungen des Bundes zeigen die fehlende Handlungsfähigkeit der Ampelregierung auf diesem Gebiet.
SPD, Dr. Carolin Wagner:
Neben Anstrengungen im Bereich des Klimaschutzes wie CO2-Reduzierung in der Wirtschaft oder dem Deutschlandticket als Puzzle-Stück für die Mobilitätswende sollen ganz konkret Versicherungen verpflichtet werden, eine Elementarschädenversicherung anzubieten. Die würde viele Bürgerinnen und Bürger vor massiven Schäden schützen. Der Abschluss einer Gebäudeversicherung ohne den Schutz gegen Elementarschäden wird dadurch nicht mehr möglich und alle Versicherten sind damit gegen die Auswirkungen von Naturkatastrophen, Stark- und Extremwetterereignisse abgesichert. So wird auch sichergestellt, dass möglichst viele in das Versicherungssystem einzahlen, um die individuellen Kosten möglichst niedrig zu halten. Das ist solidarisch und hilft sofort.
Bündnis 90 / Die Grünen, Stefan Schmidt:
Die Klimakrise treibt uns an unsere Belastungsgrenzen. Hierzulande sind 400.000 Menschen von Hochwasser bedroht. Kurzfristig brauchen wir einen guten Katastrophenschutz und eine bessere Hochwasserschutzpolitik. Mittel- und langfristig hilft nur eine umfassende Klimaschutzpolitik. Denn auf ihre Erfolge sind wir bei Klimaereignissen wie Hochwasser angewiesen. Dazu müssen wir deutlich mehr Geld in Klimaschutzmaßnahmen investieren. Wir müssen auch die Potenziale des natürlichen Klimaschutzes fördern, z. B. mit Blick auf Moore, Auen und Wälder, damit diese CO2 binden können. Jeden Euro, den wir beim Klimaschutz sparen, müssen wir morgen wegen Hochwasser und Dürre doppelt und dreifach bezahlen.
FDP, Ulrich Lechte:
Der Klimaschutz ist die wohl größte globale Herausforderung unserer Zeit. Die Antwort darauf muss lauten: Zero CO2. Um die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens zu erreichen, benötigen wir ein strenges CO-2-Limit, das von Jahr zu Jahr weiter sinkt. Wir deckeln den CO2-Ausstoß und machen so Druck für den Wandel. Wie das Einsparziel erreicht wird, soll aber nicht der Staat entscheiden, sondern sollen die Bürgerinnen und Bürger und die Unternehmen bestimmen. Klimaschutz ist das Ziel. Innovation der Weg. Darum müssen wir auf eine starke Wirtschaft und die neueste Technik setzen. Ich möchte nicht darüber nachdenken, was ich alles nicht mehr darf, sondern daran denken, was wir alle dafür tun können, das Klima zu schützen.
Freie Wähler, Regina Seebauer-Sperl:
Das Schadenspotential wird hier sicherlich noch weiter steigen – nicht nur wegen des Klimawandels, sondern auch wegen immer aufwendigerer Bauweisen und steigender Baukosten. Kooperationen zwischen Bund und Ländern hinsichtlich präventiver Maßnahmen bei technischem Hochwasserschutz laufen bereits, städtebauliche Maßnahmen zum Hitzeschutz werden zunehmend berücksichtigt. Wichtig ist in diesem Zusammenhang aber eine bessere Abstimmung zwischen Bund und Ländern im Katastrophenfall unter der Zuständigkeit des BKK.
Außerdem spreche ich mich für die Einführung einer kostengünstigen, verpflichtenden Elementarschadenversicherung für Immobilienbesitzer aus, um Schadensfälle abzumildern.
BSW, Irmgard Freihoffer:
Seit Jahren gibt es einen Investitionsstau z. B. im Bereich des Hochwasserschutzes. Ebenso ist das THW unterfinanziert. In den letzten zwei Jahren wurden die Mittel für den Bevölkerungs- und Katastrophenschutz gekürzt und auch die für 2025 vorgesehenen Mittel reichen bei Weitem nicht. Nötig sind Entsiegelung von Flächen sowie weitere Resilienzmaßnahmen wie Begrünung der Städte. Investitionen in diesem wichtigen Bereich unbedingt aus der Schuldenbremse ausklammern. Zusätzlich brauchen wir Pflegeunterstützungskräfte in der Krise, Stärkung des Ehrenamts im Bevölkerungsschutz und Rücknahme der Budgetkürzungen für den Bundesfreiwilligendienst, das z. B. auch der Malteser Hilfsdienst oder der Paritätische fordern.
Die Linke, Sebastian Wanner:
Oberstes Ziel muss es sein, die Folgen der Klimakatastrophe durch eine Reduzierung der Emissionen einzudämmen. Dafür müssen wir Schuldige klar benennen: 80 Prozent der globalen CO2-Emissionen werden von nur 57 Unternehmen verursacht - Unternehmen wie diese müssen in die Pflicht genommen werden.
Der Schutz vor Umweltkatastrophen muss durch eine verbesserte Warninfrastruktur, schnelle Hilfsangebote und die Umsetzung präventiver Konzepte wie Entsiegelung, Fassadenbegrünung oder Pocket Parks geschehen. Kommunen müssen dabei unterstützt werden, Infrastruktur anzupassen und städteplanerische Maßnahmen ergreifen zu können.
AfD, Carina Schießl:
Das Klima war schon immer im Wandel und dieser natürliche Prozess lässt sich nicht mit teuren, ideologischen Klimamaßnahmen aufhalten. Statt weiter auf unnötige Klimaaktivismus-Politik zu setzen, muss der Fokus auf praktischen Lösungen liegen: effektiver Hochwasserschutz, schnelle Reaktion auf Extremwetter und eine funktionierende Infrastruktur zur Risikovorsorge. Wir brauchen keine Klimawende-Politik, die unser Land ruiniert, sondern klare Maßnahmen, die die Menschen wirklich schützen und den Staat handlungsfähig halten.
Eines sollte klar sein, ein weiter so wie bisher ist keine Lösung. Katastrophenschutz ist enorm wichtig, um uns kurzfristig vor Extremwetterereignissen zu schützen. Um langfristig die Erderwärmung zu reduzieren und bestenfallst aufzuhalten, braucht es jedoch weiterreichende Bemühungen.
Lesen Sie hier über weitere wichtige Themen und bilden Sie sich Ihre Meinung darüber, wem Sie am 23. Februar Ihre Stimme geben wollen.
Kathrin Gnilka | filterRedaktion