Seitdem bekannt wurde, dass das ehemalige Galeria Kaufhof-Gebäude im Herzen Regensburgs von einer Investorengruppe aus Nahost gekauft wurde, die dort nach derzeitigem Stand ein islamisches Kulturkaufhaus errichten möchte, ist in Regensburg eine hitzige Diskussion entbrannt. Was bisher alles passiert ist, welche Möglichkeiten die Stadt jetzt hat und wie es weitergeht.
Am Wochenende des 4. Januar kursierten in den Medien plötzlich Gerüchte, dass ein islamisches Kulturzentrum im ehemaligen Galeria Kaufhof-Gebäude entstehen soll. Eine Investorengruppe aus Nahost habe das Gebäude gekauft. Sofort war eine Debatte entfacht. Fragen kamen auf. Scheinbar war nicht einmal der Stadtrat informiert. Auch die zweite Bürgermeisterin Dr. Astrid Freudenstein erfuhr erst davon, als die Informationen über den neuen Käufer über die regionale Zeitung bekannt wurden – obwohl sie über die Weihnachtsfeiertage die offizielle Vertretung der Oberbürgermeisterin war.
Was genau ist geschehen? Wer steckt hinter dem Kauf? Und warum wusste niemand davon? Alles unklar. Wir fassen daher die Geschehnisse im Januar seit Bekanntwerden der angeblichen Investorenpläne zusammen. Wir haben mit Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer und Bürgermeisterin Dr. Astrid Freudenstein bezüglich der Hintergründe und ihrer Einschätzung der Situation jeweils separat gesprochen. Zudem haben wir Bürgerinnen und Bürger befragt, welche Nutzung sie sich im ehemaligen Kaufhof-Gebäude wünschen würden.
7. Januar: Spontane Pressekonferenz
Nachdem zahlreiche Medienanfragen die Stadt erreicht hatten, setzte OB Maltz-Schwarzfischer kurzfristig für den 7. Januar eine Pressekonferenz an. Viel erfuhren die Pressevertreter dort jedoch nicht. Auch die Oberbürgermeisterin selbst schien ratlos. Sie gab jedoch bekannt, dass der Kaufvertrag seit dem 10. Dezember im Rathaus liege. Laut der Aussage der Oberbürgermeisterin habe die Stadt versucht, die neuen Eigentümer telefonisch zu erreichen. Das sei ihr jedoch nicht gelungen.
Auf Rückfragen zum Inhalt des Kaufvertrags sagte die OB, dass darin von einem „muslimischen Kulturkaufhaus“ – später hieß es „arabisch/islamisches Kulturkaufhaus“ – die Rede sei. Informationen bezüglich des Kaufpreises oder weitere Details gab Maltz-Schwarzfischer nicht preis. Auch im filter-Interview äußert sich die Oberbürgermeisterin nicht weiter dazu, da „Vertragsinhalte Dritter nicht ohne Zustimmung öffentlich gemacht werden dürfen (Datenschutz)“. Öffentlich kursiert immer wieder ein Preis zwischen 30 und 40 Millionen Euro.
Zweifel werden laut
Gleichzeitig wurden verschiedene Spekulationen laut. An einem echten Interesse der Investorengruppe kamen – sowohl seitens der Bürgerinnen und Bürger als auch der Parteien – Zweifel auf. Maltz-Schwarzfischer betonte in der Pressekonferenz, dass sie sich an den verschiedenen kursierenden Spekulationen nicht beteiligen möchte, findet jedoch klare Worte für das Verhalten: „Es ist wenig seriös, sich mit Konzepten erst an eine Tageszeitung zu wenden, ohne die Stadt vorher zu kontaktieren.“ In einem solchen Fall wäre zu erwarten gewesen, dass ein Käufer den direkten Kontakt zur Stadt sucht, um seine Pläne frühzeitig mit ihr abzustimmen.
8. Januar: Petition mit über 35.000 Unterschriften verschwindet
Schnell erscheint eine Petition eines anonymen Initiators auf Change.org mit dem Titel: „Keine Errichtung des islamischen Kulturzentrums“. Am 8. Januar – nachdem sie bereits 35.000 Unterschriften gesammelt hatte – verschwand diese plötzlich von der Plattform. Nach wilden Spekulationen stellt sich heraus: Change.org selbst hat die Petition gelöscht. Auf Rückfrage von filter und Regensburger Nachrichten erläuterte die Sprecherin: „Change.org ist eine offene Plattform, auf der Millionen von Nutzer*innen Petitionen zu einem breiten Spektrum an Themen aus unterschiedlichen Perspektiven einreichen. Wir entfernen keine Inhalte, nur weil sie als umstritten gelten. Wir gehen jedoch gegen Petitionen vor, die gegen unsere Community-Richtlinien verstoßen – was hier der Fall war. Dazu gehören Inhalte, die u. a. Belästigung, Hassrede oder die Verbreitung von Falschinformationen beinhalten.“ Auf die Nachfrage, welcher Teil der Petition gegen welche Richtlinie konkret verstoßen habe, ging sie jedoch nicht ein.
Nur einen Tag später, am 9. Januar, erschien eine neue Petition zu dem Thema auf Change.org, die aus denselben Gründen von der Plattform gelöscht wurde. Seitdem veröffentlichte Aufrufe würden laut der Sprecherin ebenfalls überprüft werden.

Eckhaus und "Alte Wache" © Stadt Regensburg Bilddokumentation
Deshalb ist das Vorkaufsrecht von so großer Bedeutung
So undurchsichtig gestaltet sich die aktuelle Situation. Die große Frage: Kann die Stadt Gebrauch von ihrem Vorkaufsrecht machen und damit das Gebäude selbst erwerben? Auf die Frage, warum die Stadt nicht längst davon Gebrauch gemacht habe, gab die OB beim Pressetermin an, dass sie dies bereits prüfen.
Zur Erklärung: Mit dem Zugang der Mitteilung über den Kaufvertrag begann eine dreimonatige Frist, innerhalb derer die Stadt ein eventuelles Vorkaufsrecht ausüben muss – das ist in diesem Fall Anfang März. Verstreicht diese Frist ungenutzt, wird der Kaufvertrag automatisch rechtswirksam und das Gebäude geht an den neuen Eigentümer über.
Eine solche Prüfung erfolge häufig seitens der Stadt und stelle für sie keinen großen Akt dar. Auch die OB bestätigt, dass pro Jahr circa 500 bis 700 solcher Anfragen allein in Regensburg eingehen würden. „Gerade bei großen oder ungewöhnlichen Grundstücksgeschäften ist die Zeit für die Kommunen für den Prüfprozess ohnehin knapp bemessen“, findet sie. So würde auch die aktuelle Prüfung des Vorkaufsrechts noch andauern, da die gesetzlichen Voraussetzungen eines Vorkaufsrechts geprüft werden müssten. Zum aktuellen Stand können keine Aussagen getroffen werden.
„Grundsätzlich liegt die Entscheidung über die Nutzung eines Gebäudes beim jeweiligen Eigentümer. Ebenso die Entscheidung darüber, ein Gebäude zu verkaufen“, so die Oberbürgermeisterin. „Die Stadt kann unter bestimmten gesetzlichen Rahmenbedingungen abweichend von diesen Grundsätzen Einfluss nehmen. Dies ist über die Festlegung des Sanierungsgebietes ‚Zentrale Fußgängerzone' im Februar 2023 erfolgt. Damit kann die Stadt in gewissen Bereichen zum Wohle der Allgemeinheit in die Eigentumsrechte und die Vertragsfreiheit eingreifen.“ Das bedürfe jedoch einer genauen Prüfung.
Für Bürgermeisterin Dr. Freudenstein ist die Sache klar: „Es handelt sich bei dem Gebiet um ‚Sanierungsgebiet zentrale Altstadt‘, das haben wir im vergangenen Jahr beschlossen. Dort besteht ein allgemeines Vorkaufsrecht“. Wirft man einen Blick auf § 24 Baugesetzbuch (BauGB), lässt sich dort entnehmen, dass der Gemeinde ein Vorkaufsrecht beim Kauf von Grundstücken „in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet und städtebaulichen Entwicklungsbereich“ zustehe.
Kann der Preis so einfach in die Höhe getrieben werden?
Viele vermuten zudem, dass der Preis durch den Kauf der Investorengruppe künstlich in die Höhe getrieben werden soll und die Stadt bei Gebrauch ihres Vorkaufsrechts eine hohe Summe dafür bezahlen muss.
Doch ist es überhaupt so einfach möglich, den Preis künstlich in die Höhe zu treiben? Schließlich muss dieser dem Marktwert entsprechen. Auch Maltz-Schwarzfischer wies bereits in der Pressekonferenz darauf hin, dass die Stadt diesen prüfen lasse. Im Interview mit dem filter erläutert sie: „Im Baugesetzbuch wird der Gemeinde die Möglichkeit eingeräumt, im Vorverkaufsfall den Kaufpreis auf einen gutachterlich ermittelten Verkehrswert festzusetzen (gegebenenfalls herabzusetzen). Dies prüfen wir. Die Ergebnisse werden anschließend dem Stadtrat vorgelegt.“ Damit betraut ist der Gutachterausschuss Regensburg, der als zentrale Anlaufstelle für Informationen zu Grundstückswerten und Immobilienpreisen in der Stadt Regensburg dient. Für eine adäquate Prüfung müsste dieser jedoch zunächst ins Gebäude.
„Die Mitglieder des Gutachterausschusses konnten bis jetzt noch nicht ins Gebäude. Ein erst zugesagter Termin am 25. Januar 2025 wurde kurzfristig von Seiten des Anwalts des Verkäufers (Kaufhof Regensburg GmbH) abgesagt. Es wird weiterhin versucht, einen neuen Termin zu vereinbaren“, teilte die Stadt dem filter am 28. Januar bezüglich des aktuellen Standes mit.
Macht der Haushalt das mit?
Unabhängig davon, wie hoch der Kaufpreis im Falle eines Vorkaufsrechts letztendlich ausfallen würde, muss dieser in jedem Fall einen Platz im Haushalt finden. Dr. Freudenstein hat diesbezüglich bei der Kämmerei angerufen und nachgefragt, wie dieser Betrag verausgabt werden solle, ohne dass dieser in einem Haushalt vorkomme. Das stehe noch nicht fest, so die knappe Antwort. Sie vermutet, dass dafür an anderer Stelle eingespart werden müsse.
Kommunen haben allerdings auch sogenannte Sonderhaushalte, Rücklagen oder spezielle Finanzreserven, die für unvorhergesehene Ausgaben genutzt werden können. Allerdings unterliegt die Verwendung solcher Mittel strengen Vorgaben und muss in der Regel durch den Stadtrat oder die zuständigen Gremien genehmigt werden. Selbst wenn ein Sonderhaushalt existiert, müsste der Betrag dennoch im Haushaltsplan ausgewiesen werden.

© Stadt Regensburg Bilddokumentation
Ab 1920 gab es das Kaufhaus „Schocken“. In dem Gebäude in der Pfauengasse 4 war zuvor ein Textilhaus „Hammer“. Nachdem Nazis den jüdischen Besitzer im Zuge einer „Arisierung“ zwangsweise enteigneten, wurde das Kaufhaus unter dem Namen „Merkur“ weitergeführt. 1954 bis 1962 wurde es erweitert, bevor später der Abriss und Neubau beschlossen wurden.
Die Neueröffnung erfolgte 1973 – das Gebäude hieß dann nicht mehr Merkur, sondern Horten – unter dem Namen ist es heute noch vielen bekannt. Alt eingesessene Regensburgerinnen und Regensburger sprechen hingegen immer noch vom „Schocken“.
Erst in den 90ern erfolgte die Übernahme durch Kaufhof. Später erhielt der Komplex den Namen „Galeria Kaufhof“.
Hat die Stadt Kontakt zum vorherigen und jetzigen Eigentümer?
Bezüglich der Frage, ob zu den bisherigen Eigentümern, der Kaufhof Regensburg GmbH, Kontakt seitens der Stadt bestand, herrscht Uneinigkeit. Während die OB betont, dass seit der zwei Galeria-Insolvenzverfahren Kontakt bestanden habe, um einen Leerstand am Neupfarrplatz zu verhindern, äußerte Bürgermeisterin Dr. Freudenstein Zweifel daran: „Ich habe immer gesagt, dass ich das Gefühl habe, dass nicht viel Austausch stattfindet.“
Aktuell bestehe jedoch laut der OB kein direkter Kontakt – weder zu den bisherigen noch zu den zukünftigen Eigentümern. Am 23. Januar wurde der Stadt eine neue Anwaltskanzlei, die den bisherigen Eigentümer vertritt, genannt.
Hätte man den Kauf verhindern können?
Bei aller Kritik an der Kommunikation der Stadt, stellt sich doch die Frage: Hätte die Stadt den Kaufvertrag überhaupt verhindern können? Im Prinzip nein. Die einzige Möglichkeit wäre gewesen, das Gebäude bereits vorab zu kaufen. Dafür scheint aber seitens der Stadt zunächst kein Interesse bestanden zu haben.
Eine weitere Möglichkeit, um den Verkauf erschweren zu können, wäre laut Dr. Freudenstein gewesen, ein Bebauungsplanverfahren einzuleiten und eine Veränderungssperre auf das Gebäude zu legen. „Man hätte so etwas im Stadtrat entscheiden müssen“, kritisiert die zweite Bürgermeisterin.
„Wenn der Käufer nicht in der Lage ist, den Preis zu zahlen oder wenn das Geld aus unseriösen Quellen stammt“, könne der Kaufvertag laut Dr. Freudenstein für nichtig erklärt werden. „Ich würde beim BKA (Bundeskriminalamt) nachfragen, damit es den Erwerb durchleuchtet. Wenn Zweifel an der Seriosität des Erwerbers bestehen, kann ein solches Vorgehen durchaus sinnvoll sein.“ Diesen Vorschlag habe die CSU bereits in ihren Fragenkatalog an die Stadt aufgenommen. So etwas bedarf jedoch keiner Zustimmung des Stadtrats, gehe also alleine von der Oberbürgermeisterin aus, unterstreicht sie.
Die Oberbürgermeisterin betont, dass die Stadt derzeit vor allem ihre städtebaulichen Instrumente prüfe, um auf die Entwicklung am Neupfarrplatz sachgemäß Einfluss nehmen zu können. Der Gemeinde obliege insoweit keine Aufgabe als Strafverfolgungsbehörde. Fragen bezüglich etwaigen Meldungen beim Bundeskriminalamt (BKA) könne die Stadt bereits aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht beantworten.
Die Grenzen der Planungshoheit
OB Maltz-Schwarzfischer hatte in der Pressekonferenz am 7. Januar außerdem von der Planungshoheit der Stadt gesprochen. Doch worum handelt es sich dabei eigentlich? „Planungshoheit hat die Kommune immer. Sie bestimmt etwa, hier entsteht ein Wohngebiet, dort ein Gewerbegebiet. Aber diese umfasst nicht, dass wir Baugenehmigungen willkürlich erteilen dürfen oder nicht“, erklärt Dr. Freudenstein und ergänzt: „Ein muslimisches Kulturkaufhaus kann man aus der Planungshoheit heraus nicht verhindern. Der Schutz des Eigentums stellt ein Grundrecht dar.“

© Stadt Regensburg Ferstl
„Es scheint fast, als hätten sie das Konzept gelesen“
Hinzu komme, dass das Konzept der Investorengruppe ziemlich genau das umsetze, was die Stadt vorgesehen habe: „Die Nutzung mit Shoppingmöglichkeiten und Orten der kulturellen Begegnung steht exakt so in dem Plan, den wir vor einem Jahr verabschiedet haben. Es scheint fast, als hätten sie das Konzept gelesen“, so Dr. Freudenstein. In diesem Fall erscheint es tatsächlich als äußerst unwahrscheinlich, dass die Stadt gegen die geplante Nutzung vorgehen könnte. Nur aufgrund der Tatsache, dass das Kaufhaus muslimisch wäre, könne der Bau ganz klar nicht verhindert werden. „Eine Untersagung aufgrund des religiösen Hintergrunds wäre ein Verstoß gegen die Religionsfreiheit“, so die Bürgermeisterin. Diese ist in Artikel 4 des Grundgesetzes geregelt.
Gibt es echte Konzepte für das Kaufhof-Gebäude?
Spannend ist an der Stelle die Frage, ob die Stadt bereits eine Idee hat, was im Kaufhof-Komplex entstehen könnte? Eigens für dieses Thema wurde bereits 2022 eine Task-Force gegründet. Diese habe sich laut Dr. Freudenstein bereits vor eineinhalb Jahren mit Konzepten für das Gebäude beschäftigt. „Darauf, warum jetzt die rechtliche und finanzielle Situation völlig ungeklärt ist, erwarten wir uns auch noch Antworten“, äußert sie sich kritisch.
Von der Task-Force-Galeria wurde vorgeschlagen, eine Machbarkeitsstudie zu initiieren. Diese sei laut der OB jedoch erst Ende letzten Jahres angelaufen, weshalb man sich hier noch keine Ergebnisse erwarten kann. „Die Stadt hatte sich mit dem damaligen Eigentümer 2024 darauf verständigt, eine Machbarkeitsstudie in Auftrag zu geben, um gemeinsam zu schauen, was an dem Standort möglich ist. Der Stadtrat hat daher Mitte Dezember 2024 den Beschluss gefasst, diese Studie in Auftrag zu geben“, erläutert die Oberbürgermeisterin.
Es bleibt die Frage offen: Womit hat sich die Task-Force seit 2022 befasst? „Sie hat sich zu Beginn ihrer Tätigkeit vor allem damit beschäftigt, wie der Altstadt geholfen werden kann, wenn ein großes Kaufhaus schließen muss. Jetzt koordiniert die Projektgruppe die aktuellen Schritte der Stadt nach dem Verkauf des Gebäudes“, klärt Maltz-Schwarzfischer auf.
Sowohl seitens der Oberbürgermeisterin als auch der zweiten Bürgermeisterin kamen keine konkreten Nutzungsvorschläge. Für Dr. Freudenstein ist wichtig: „Es muss Frequenz bringen, Leben bringen“. Zudem hätte sie einen Call für sinnvoll erachtet, bei dem verschiedene Institutionen – von Vereinen bis zum professionellen Projektentwickler – zu einem möglichen Konzept befragt werden. Auch eine Bürgerbefragung schloss sie nicht aus. Um zu einer guten Lösung zu kommen, ist es ihrer Meinung nach immer sinnvoll, sich ebenso mit anderen Städten auszutauschen, die sich in einer ähnlichen Situation befinden. Ingolstadt und Nürnberg seien Städte in unserer Nähe, mit denen man sich bereits viel eher austauschen hätte können.
„Ich verstehe, dass sich viele Bürgerinnen und Bürger eine schnelle Lösungen wünschen, doch leider ist es nicht so einfach. Wir müssen jetzt alle Optionen, darunter fällt auch ein Vorkaufsrecht, sorgfältig prüfen, um im Stadtrat zum Wohle der Stadt Entscheidungen zu treffen“, so Maltz-Schwarzfischer. Dass die Stadt zur zukünftigen Entwicklung des Neupfarrplatzes bereits beständig Vorschläge „aus allen Bereichen der Gesellschaft“ erhalte und das bereits seit den ersten Insolvenzverfahren von Galeria, bestätigte die Oberbürgermeisterin. „Seit Anfang des Jahres, als der Verkauf des Gebäudes öffentlich bekannt wurde, hat sich die Anzahl an Eingaben an die Stadt wieder deutlich erhöht.“
Muslimisches Kulturkaufhaus, warum nicht?
Während die Stadt also noch an einer guten Lösung feilt, ist auch unter der Bevölkerung eine hitzige Debatte zu dem Thema entstanden. Viele lehnen ein islamisches Kulturkaufhaus am Neupfarrplatz vehement ab. Die Größe des Komplexes sowie die Nähe zum Dom werden unter anderem thematisiert. In einer Befragung in der Regensburger Innenstadt äußert sich auch ein Befragter türkischer Herkunft skeptisch. Obwohl er sich nicht allgemein gegen ein solches Zentrum ausspreche, würde er es jedoch definitiv weiter außerhalb errichten.
Wieder andere fragten sich hingegen: Was wäre eigentlich so schlimm daran? „Das wäre mal was ganz Anderes“ oder „Ich fände so einen Basar mit exotischen Gewürzen eigentlich ganz nett“, so die Antworten einiger Befragten. Mehrere zeigten sich auch besorgt über den teils diskriminierenden und fremdenfeindlichen Ton mancher Menschen, die sich gegen das Zentrum aussprachen.
Obwohl auch OB Maltz-Schwarzfischer eindringlich vor einer allgemeinen Feindseligkeit gegenüber muslimischen Bürgerinnen und Bürgern warnte und betonte, dass die meisten von ihnen friedlich in unserer Gesellschaft leben, sprach sie sich klar gegen die Pläne eines islamisches Kulturkaufhauses aus. Der Grund dafür sei die Dimension des Gebäudes. „Wir wollen einen Frequenzbringer an diesem Standort, kein abgekapseltes Zentrum“, so die OB. In diesem Punkt herrscht Einigkeit zwischen den beiden Bürgermeisterinnen. Dr. Freudenstein erklärte, dass diese Fläche fast 18 % der gesamten Einzelhandelsfläche der Altstadt ausmache. Diese Art der Nutzung in der Größe sehe sie als schwere Belastungsprobe für die Gesellschaft, weil hier unterschiedliche starke Meinungen aufeinandertreffen würden. „Diese Ecke ist ohnehin bereits in einem verheerenden Zustand – und dann noch eine Nutzung, die die Gesellschaft zutiefst spaltet, das ist nicht die Aufwertung, die wir an der Stelle brauchen.“ Sie befürchtet, dass diese Spaltung bereits jetzt der AfD im Wahlkampf zugutekommen könnte.
In einer einberufenen Sitzung des Ältestenrats am 9. Januar sprach sich ebenfalls eine breite Mehrheit gegen ein islamisches Kulturzentrum in dieser Größe aus.

© Stadt Regensburg Effenhauser
Wünsche aus der Bevölkerung und alternative Konzepte
Die Befragten in der Regensburger Innenstadt hatten nicht nur eine klare Meinung zum Kulturkaufhaus, sondern brachten auch kreative Ideen zutage, was alternativ im ehemaligen Kaufhof-Gebäude entstehen könnte.
„Ein Outlet-Zentrum wäre super“, war eine Antwort, die in ähnlicher Ausführung öfter zu hören war. Klingt durchaus verlockend: Dann würden die Leute fortan ins Zentrum unserer schönen Domstadt pilgern, um günstige Markenkleidung zu shoppen. Das würde die Innenstadt in jedem Fall beleben. Doch wären diese Menschen auch bereit, in einem der Parkhäuser oder außerhalb der Stadt zu parken? Obwohl sich unter dem ehemaligen Edeka noch ein weiteres Deck befindet, würde dieses wohl kaum für ein weiteres Parkhaus genutzt werden, da dieses den Verkehr direkt in die Stadt führen würde – ein Vorhaben, das im direkten Widerspruch zum aktuellen Verkehrskonzept der Stadtregierung steht.
Viele der Befragten wünschten sich mehr Einkaufsmöglichkeiten, insbesondere für Kleidung und Alltagsbedarf, während andere auf kulturelle oder soziale Einrichtungen wie Proberäume für Bands und Orchester oder eine Kita setzten. Ein Fitness-Studio wurde ebenfalls ins Gespräch gebracht. Es kam zudem der Vorschlag, einen Teil des Gebäudes als Einrichtung für behinderte Menschen zu nutzen. Auch innovative Ideen wie ein begrüntes Dach, Lern- und Arbeitsräume wurden genannt. Die meisten sprachen sich für eine vielseitige Nutzung aus.
Die ganze Umfrage lesen Sie online auf Regensburger Nachrichten: „Umfrage: Das wünschen sich die Regensburger für das Kaufhof-Gebäude“.
Kommunikation Fehlanzeige?
Während in der Bevölkerung kreative Lösungen diskutiert werden, fand zwischen der Oberbürgermeisterin und der Bürgermeisterin lange kein Austausch unter vier Augen bezüglich der aktuellen Situation statt. Dr. Freudenstein konnte bis dato noch keinen Blick in den Kaufvertrag werfen. Seit dem Aus der Koalition in Regensburg finden offenbar kaum noch Gespräche zwischen Maltz-Schwarzfischer und Dr. Freudenstein statt. Die Oberbürgermeisterin war und ist laut eigener Aussage immer für Gespräche offen. Laut der Stadt fanden zudem zwischenzeitlich Sitzungen des Ältestenrates und weitere Gesprächstermine statt, um sich auszutauschen.
So geht es weiter
Am heutigen Donnerstag, den 30. Januar, wird der Stadtrat dieses Jahr zum ersten Mal tagen. Das Thema Verkauf „Kaufhof-Gebäude“ am Neupfarrplatz hat die Oberbürgermeisterin bereits auf die Tagesordnung gesetzt. Wie die Stadt mitteilte, wird es einen Bericht zum aktuellen Sachstand geben. Zudem wurden verschiedene Anträge und Fragen der Parteien an den Stadtrat eingereicht, die ebenfalls behandelt werden. Die Sitzung ist zum Teil öffentlich.
„Ich bin überzeugt davon, dass die Stadt damit geeignete Werkzeuge hat, um die Altstadt zu schützen und in unserem Sinn weiterzuentwickeln“, blickt die Oberbürgermeisterin positiv in die Zukunft.
So wollen auch wir die Hoffnung nicht aufgeben, dass an der Stelle ein Konzept entsteht, das der Innenstadt und seinen Kaufleuten guttut und Bürgerinnen und Bürger vereint – auch wenn es noch ein weiter Weg bis dahin ist.
Ein Report von Marina Triebswetter | filterMAGAZIN