Von der gestrigen Stadtratssitzung hatten sich viele neue Informationen dazu erhofft, wie es nun mit dem Galeria Kaufhof-Gebäude weitergeht. Stattdessen fand ein Großteil der Sitzung unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Mehr als zwei Stunden wurde hinter verschlossenen Türen über die Zukunft des Gebäudes debattiert.
Viele Besucherinnen und Besucher fanden am gestrigen Donnerstag, den 30. Januar, ihren Weg in das Gebäude der Stadt Regensburg, um der Stadtratssitzung beizuwohnen. Dann sollte nämlich über das weitere Vorgehen in der Kaufhof-Debatte gesprochen werden.
Macht die Stadt Gebrauch von ihrem Vorkaufsrecht? Kann sich die Stadt den Kauf und die Sanierung überhaupt leisten? Welche Möglichkeiten stehen ihr noch offen? Und was sind die nächsten Schritte?
Fragen über Fragen. Doch viel sollten die Zuschauer nicht mitbekommen.
Das wünscht sich die Stadt für den Neupfarrplatz
Zu Beginn des Tagesordnungspunkts „Galeria Kaufhof-Gebäude“ fasste Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer noch einmal die wichtigsten Informationen zusammen – vieles davon war bereits bekannt. Sie verwies auch darauf, dass die Stadt einen Fachanwalt hinzugezogen habe.
Darüber hinaus erläuterte sie noch einmal, warum sie ein arabisch/islamisches Kulturzentrum im Herzen Regensburgs nicht sehe, warnte aber gleichzeitig vor der Gefahr der Fremdenfeindlichkeit und verwies darauf, dass die meisten muslimischen Mitbürger ein wichtiger und fester Bestandteil unserer Gesellschaft seien.
Sie ging ebenfalls kurz auf den Inhalt des Kaufvertrags ein und verwies darauf, dass im Kaufvertag nicht viele Informationen enthalten seien, wie das Kulturkaufhaus aussehen sollte. Es sei aber beschrieben, dass zum Beispiel ein Barber-Shop oder ein Halal-Lebensmittelshop Teil des Konzeptes wären.
Die Stadt selbst wünsche sich an der Stelle einen Mix aus Gewerbe, Handel, Dienstleistung und Kultur – etwas, das einen Mehrwert für die Bürger bietet.
Muss die Stadt den vollen Preis zahlen?
Immer wieder Thema ist auch die hohe Summe, die die Investorengruppe bezahlt hat. Es kursieren zwischen 30 und 40 Millionen Euro. Aus diesem Grund prüfe ein Gutachterausschuss aktuell den Verkehrswert. Die Prüfung konnte jedoch noch nicht abgeschlossen werden, da der Gutachterausschuss noch nicht ins Gebäude konnte.
Kommt ein gerichtlicher Gutachter allerdings im Nachhinein auf einen höheren Verkehrswert als der Gutachterausschuss der Stadt festgesetzt hat, dann muss die Stadt diesen höheren Betrag bezahlen – plus die Gerichts- und Maklerkosten.
Diese Möglichkeiten hat die Stadt
Oberbürgermeisterin Maltz-Schwarzfischer stellte drei Möglichkeiten heraus, die der Stadt nun offenstehen.
Vom Vorkaufsrecht Gebrauch machen
In Bezug auf das Vorkaufsrecht verwies sie darauf, dass sich das Gebäude im Sanierungsgebiet Altstadt befinde, was grundsätzlich ein Vorkaufsrecht der Stadt begründen würde. Aktuell laufe die Prüfung jedoch noch.
Stadt unter Druck: Nutzung muss im Vorfeld definiert werden, sonst drohen Strafen
Die Stadt muss in dem Fall jedoch ein Nutzungskonzept ausarbeiten, das sie vor Ablauf der Frist am 10. März vorlegen muss. Bei diesem muss sie dann auch bleiben. „Wenn die Stadt dem Objekt nicht diesen festgesetzten Zielen zuführt, dann droht ihr eine Strafzahlung in Höhe der Differenz zwischen dem Kaufwert und dem festgestellten Verkehrswert“, erklärt die OB.
Das würde eine Abwendungserklärung bedeuten
Unter bestimmten Umständen kann der Stadt außerdem das Vorkaufsrecht abgesprochen werden. Etwa im Fall einer sogenannten Abwendungserklärung. Damit kann der Investor nämlich erklären, dass er die von der Stadt ausgegebenen Ziele selbst erfüllt.
An der Stelle blieb die Frage offen, wie genau dieses Konzept umzusetzen ist. Ist etwa nur festgelegt, dass ein festgelegter Prozentanteil etwa Handelsgewerbe, Dienstleistungen und Kultur umfassen muss? Oder wird genau festgelegt, welche Geschäfte und Einrichtungen exakt dort Platz finden sollen? Denn in Variante Eins könnte ein Investor das Ganze einfach umsetzen und schlichtweg eine muslimische Variante davon eröffnen.
Genehmigung für Änderung der baulichen Nutzung notwendig
Ein weiterer Ansatz, den die OB nennt, wäre eine Anpassung der baulichen Nutzung des Gebäudes. Die Investoren müssten hierfür eine Änderung der Nutzung beantragen, die dann von der Stadt geprüft werden muss. In der Baugenehmigung von 1970 ist jedoch festgelegt, dass das Gebäude seiner ursprünglichen Nutzung entsprechen muss, was bedeutet, dass jede Abweichung einer Genehmigung bedarf.
„Wenn die Investoren etwas ändern wollen, müssen sie sich jede Änderung von der Stadt genehmigen lassen“, erklärt die OB.“ In einem förmlich festgelegten Sanierungsbereich sei das so festgelegt.
Bebauungsplan
Die Stadt könne zudem ein neues Konzept ablehnen, wenn der Bauantrag die Zielvorstellung der Stadt konterkariert. Darüber hinaus könnte die Stadt eine Veränderungssperre verhängen, selbst wenn der Bauantrag bereits eingereicht wurde, so die Oberbürgermeisterin. Diese Sperre würde dann für ein Jahr gelten. Wie es nach diesem Jahr weitergeht, ließ die OB offen.Öffentlicher Teil der Sitzung unterbrochen
An der Stelle wollte die Oberbürgermeisterin dann den öffentlichen Teil der Sitzung bereits wieder beenden – noch bevor die Fragen der Parteien beantwortet wurden, noch bevor ein Diskurs entstehen konnte. Michael Lehner, Fraktionsvorsitzender der CSU, beantragte dann, den nicht-öffentlichen Teil im Nachgang zu besprechen. Nach einer kurzen Diskussion und einer Abstimmung entschied jedoch eine kleine Mehrheit, dass sowohl die Presse als auch Bürgerinnen und Bürger nach draußen mussten.
Bürger und Presse warten zwei Stunden im Gang
Ohne zu wissen, wie lange der nicht-öffentliche Teil dauert, warteten diese in den Gängen des Stadt-Gebäudes. Nach einer dreiviertel Stunde verließen die ersten das Gebäude. Einige erzählten, dass sie sich extra den Abend freigehalten hätten, um sich in der Stadtratssitzung über den aktuellen Stand zu informieren. Ohne weitere Informationen zu erhalten, wie lange es noch dauern würde, besprach der Stadtrat sich also weiter. Im Gespräch mit Bürgerinnen und Bürger konnte man das Unverständnis klar heraushören. Obwohl viele Verständnis dafür aufbrachten, dass manche Dinge nicht in einer öffentlicher Sitzung diskutiert werden können, konnten die meisten nicht nachvollziehen, dass man den öffentlichen Teil nicht zunächst abgeschlossen hatte – und dann die Wartenden noch nicht einmal zwischenzeitlich richtig informierte.
Erst nach über zwei Stunden, in denen die Wartenden am Gang gestanden oder sich zwangsweise auf die Treppen gesetzt hatten, durften alle wieder hinein. Zwischendurch war verständlicherweise etwas zu Essen für die Debattierenden geliefert wurden. Die Zuschauer konnten also zunächst den Stadtratsmitgliedern beim Verzehr ihrer Pizzen zusehen und auf den Fortgang der Stadtratssitzung warten. Auf der Galerie, die zuvor mit zahlreichen Interessierten besetzt war, saßen nun nur noch vier Personen.
„Es wurde im Prinzip alles besprochen“
Nachdem irgendwann wieder alle Platz genommen hatten, kündigte die Oberbürgermeisterin an, dass im Prinzip alles zur Thematik Galeria Kaufhof besprochen wurde. Sowohl die Freien Wähler als auch die ÖDP sowie das Bündnis Sahra Wagenknecht zogen ihre Anträge – über die zuvor im nicht-öffentlichen Teil diskutiert wurde – zurück. Es fielen Worte wie etwa, dass sich die Parteien nun gut informiert fühlten oder dass in den vergangenen Wochen viel geklärt werden konnte.
Die CSU bestand dann jedoch darauf, dass die Oberbürgermeisterin den Fragenkatalog der CSU im öffentlichen Teil der Sitzung beantworte – was diese auch so umsetzte.
So fasst die Oberbürgermeisterin noch einmal die drei Möglichkeiten zusammen, die der Stadt zur Verfügungen stehen und verwies auf die Folgen und Risiken, die „wir gerade nicht öffentlich besprochen haben“.
Welche Kosten würden auf die Stadt zukommen?
Es wurde über die Kosten gesprochen, die auf die Stadt zukommen würden. Macht die Stadt Gebrauch von ihrem Vorkaufsrecht, tritt sie in den Kaufvertrag ein. Somit entstünden ihr zunächst die Kosten für den Kaufpreis oder den auf den ermittelten Verkehrswert reduzierten Preis. Doch das ist noch längst nicht alles. Dazu kommen Grunderwerbssteuer, Maklergebühr etc. Es fallen zudem sehr hohe Kosten für die Sanierung, aber auch für die Zwischennutzung an. Denn auch in der Zeit bis etwas Neues dort Platz darin findet, muss das Gebäude betrieben werden. Wenn kein Denkmalschutz greift, ist darüber hinaus über Kosten für einen eventuellen Abbruch oder Neubau nachzudenken.
Es kämen also insgesamt sehr hohe Kosten auf die Stadt zu. „Wir brauchen eine Prognose, ob das Gebäude wirtschaftlich weiterentwickelt werden kann, sodass ein möglicher Investor es später kauft“. Wirtschaftlichkeitsplausibilisierung wird das Ganze genannt und beschreibt ganz einfach, ob das Gebäude überhaupt wirtschaftlich betrieben werden kann.
Wie erfolgt die Finanzierung?
Die Frage der CSU, ob die Finanzierung gesichert ist, beantwortet die OB mit „ja“. Sie verweist auf eine mögliche Förderung, aber es gebe auch ein Finanzierungsmodell. „Daran würde es nicht scheitern, wenn sich der Stadtrat dafür entschließt“, fasst sie zusammen. Auf die Finanzierung selbst wollte sie jedoch öffentlich nicht näher eingehen.
Bis wann muss die Entscheidung stehen?
Laut der OB ist der Kaufvertrag vom 05.12.2024, am 10.12.2025 ist er bei der Stadt eingegangen und am 16.12.2025 lag er ihr selbst schriftlich vor. Das bedeutet, dass bis zum 10. März Gebrauch vom Vorkaufsrecht der Stadt gemacht werden muss, um so in den Kaufvertrag einzusteigen.
Machbarkeitsstudie noch nicht begonnen
Immer wieder war von einer Machbarkeitsstudie die Rede, die Ende 2024 beschlossen wurde. Wie die OB klarstellte, sei diese aber nur geplant und noch gar nicht beauftragt worden. „Am besten entwickelt man so etwas mit einem potenziellen Investor gemeinsam“, so Maltz-Schwarzfischer.
Es sei zudem eine gutachterliche Untersuchung eingeleitet worden, welche Nutzung in dem Gebäude überhaupt sinnvoll sei. Das werde noch vor der Entscheidung, wie weiter verfahren werde, vorgestellt werden – öffentlich.
Jeden Tag Zuschriften von Bürgern
Auf die Frage der CSU wie viele Bürgeranfragen zu dem Thema eingehen, antwortete Maltz-Schwarzfrischer: „Sehr viele“. Die Stadt würden täglich Bürgeranfragen erreichen, die sie alle beantworte.
Späte Einsicht?
Die CSU äußerte zudem Kritik daran, wie die Stadt und die Oberbürgermeisterin zu Beginn mit der Situation umgegangen sei. Auch die Kommunikation wurde abermalig angeprangert. Maltz-Schwarzfischer betonte jedoch, dass die Stadt nach Eingang des Kaufvertrags Informationen über diesen ohnehin nicht veröffentlicht hätte, weil es sich dabei um einen Vertrag Dritter handle. Es hätte keine Information gegeben, die geeignet gewesen wäre, dem Ganzen den „Wind aus den Segeln“ zu nehmen. „Ich kann damit nicht gleich an die Öffentlichkeit gehen. Ich muss zunächst schauen, in welche Richtung wir gehen. Erst dann kann ich dem Stadtrat etwas weitergeben“, rechtfertigt sie ihr Vorgehen.
Nachdem die Informationen an die Öffentlichkeit gedrungen seien, hätte man allerdings umgehend eine außerordentliche Sitzung einberufen können. „Das nehme ich auf meine Kappe“, räumt die OB ein.
Website mit aktuellen Infos zum Kaufhof-Gebäude
Am Ende verwies Maltz-Schwarzfischer noch darauf, dass nun eine Website zum Thema Kaufhof-Gebäude online gegangen sei. Sie sei jedoch der Meinung, dass man sich dafür einen neuen Namen überlegen müsste, weil es sich hier nicht mehr um Galeria Kaufhof handle.
Dennoch bleibt die Frage, wie es mit dem Gebäude weitergeht…
Wie die OB ankündigte, wird im Februar darüber entschieden, welchen Weg die Stadt einschlagen möchte.
Marina Triebswetter / RNRed