Die Stadt Regensburg plant, die Verkehrsberuhigung der gesamten Altstadt – über 400 Parkplätze sollen wegfallen. Stattdessen soll am Unteren Wöhrd eine Mobilitätsdrehscheibe entstehen, mit Parkhaus, DHL-Shop und vielleicht sogar einem Hotelempfang. So könnten sich die Zukunft der Altstadt und das Leben in der Innenstadt durch die Verkehrsberuhigung verändern.
Am Donnerstag, den 10. Juli, haben Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer und Planungs- und Baureferent Florian Plajer gemeinsam mit dem stellvertretenden Leiter des Stadtplanungsamtes, Lothar Backhaus, das Maßnahmenpaket zum weiteren Vorgehen bezüglich der Mobilitätsdrehscheibe am Unteren Wöhrd und der Verkehrsberuhigung der Altstadt vorgestellt. In der kommenden Woche wird dieses auch den zuständigen Gremien des Stadtrates zur Entscheidung vorgelegt.
„Frequenz ist ganz wichtig in der Altstadt“
Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer stellt klar, dass die Stadt trotz des Plans einer Verkehrsberuhigung weiterhin belebt bleiben soll: „Frequenz ist ganz wichtig in der Altstadt“. Damit meint sie vor allem Fußgänger und Fahrradfahrer. Aber auch für Autofahrer solle die Altstadt erreichbar bleiben und nicht mobile Menschen eine Möglichkeit bieten, auch weiterhin in der Altstadt zu halten.
Dennoch soll die Verkehrsberuhigung die gesamte Altstadt umfassen – bis zum Unteren Wöhrd und die Donauinseln.
Parksuchverkehr vermeiden
„Alle Mobilitätsbedarfe wird man nicht gleichzeitig bedienen können“, räumt die OB ein, jedoch sollen mit dem Verkehrsplan einige Probleme gelöst werden – darunter der tägliche Parksuchverkehr. „Die bestehende Verkehrsführung lässt es derzeit zu, dass durch die Stadt durchgefahren werden kann. Das führt zu Lärm und Flächenkonflikten“, erläutert Planungs- und Baureferent Florian Plajer.
Das langfristige Ziel ist also, die verkehrsberuhigten Bereiche in der ganzen Stadt zu erweitern. Das erfolgt alles Schritt für Schritt und zum Teil auch im Rahmen einer Umgestaltung von einzelnen Plätzen. Für 2028 steht etwa die Neugestaltung der Obermünsterstraße an. Im Rahmen eines Reallabors für die Planung hat bereits jetzt eine Verkehrsberuhigung stattgefunden, öffentliche Parkplätze sind entfernt worden.
448 Parkplätze sollen im Rahmen der gesamten Verkehrsberuhigung in der Altstadt wegfallen. Ein Teil soll durch das Parkhaus am Unteren Wöhrd ersetzt werden. Es verbleibt ein Defizit von etwa 123 Stellplätzen.
Die Mobilitätsscheibe gilt aber allgemein als Hoffnungsträger, dass die Innenstadt weiterhin sehr gut erreichbar bleibt, die OB verweist dabei auch auf die Landkreisbewohner, die häufig auf ein Auto angewiesen seien. Besucherinnen und Besucher können entweder über einen kurzen Fußweg die Innenstadt erreichen oder kostenlos mit dem Elektro-Bus Emil, der in kurzen Taktfrequenzen vom Unteren Wöhrd abfährt, in die Stadt gelangen.
Veränderte Verkehrsführung, Radwege und mehr Sicherheit
Durch eine bewusste Verkehrsführung, die den Verkehr um die Stadt herum leitet, soll die Innenstadt sicherer gemacht werden und sich gleichzeitig die Aufenthaltsqualität erhöhen.
In der Thundorferstraße fahren aktuell Busse, Autos und Fahrradfahrer auf einer relativ schmalen Spur neben- und hintereinander, was zum einen eine Gefahr für Fahrradfahrer darstellen kann, aber auch die Busse ausbremst. Aus diesem Grund sollen Radwege installiert werden, um für den öffentlichen Nahverkehr die Geschwindigkeit und gleichzeitig die Sicherzeit für Radfahrer zu erhöhen. Somit sei gleichzeitig eine zügige Umfahrungsmöglichkeit der Altstadt geschaffen.
Es sind sowohl neue Busspuren und Vorrangschaltungen als auch barrierefreie Haltestellen im Altstadtbereich vorgesehen. Am Arnulfsplatz, am Fischmarkt und in der Thundorferstraße sehe die Stadt einen großen Verbesserungsbedarf, um die Umstiege im öffentlichen Nahverkehr zu verbessern.
Lieferanten müssen sich an feste Zeiten halten
Die Altstadt soll weiterhin für Lieferverkehr, soziale Dienste und Handwerker zur Verfügung stehen. Auch Sonderregelungen sollen möglich sein, allerdings zeitspezifisch und strukturiert. So soll ein Zeitfenster für die Einfahrt von 06:00 Uhr bis 11:00 Uhr und ab 17:30 Uhr gelten. Die Stadt möchte zusätzlich an mehreren Standorten Paketstationen zur Verfügung stellen. Die Altstadt sei aktuell ein großes schwarzes Loch für Pakete – auch diese Problematik soll damit gelöst werden.
Die Stadt rät Lieferdiensten jedoch dazu, auf Lastenfahrräder umzustellen. Sie befinde sich aktuell darüber bereits im Austausch mit Lieferdiensten.
Insgesamt bleiben aber sowohl Lieferzonen als auch Kurzzeitparkplätze vorhanden, rund 48 Stück im Altstadtbereich.
Für Bewohner sieht es gut aus
Maltz-Schwarzfischer beschreibt, dass es deutlich mehr Anwohnerparkausweise gibt als Bewohnerparkplätze zur Verfügung stehen. „Auf einen Bewohnerstellplatz kommen heute drei Bewohner“, ordnet Planungs- und Baureferent Florian Plajer ein. So wird es Anwohnerinnen und Anwohner wahrscheinlich freuen zu hören, dass viele der aktuell noch öffentlichen Stellplätze in der Innenstadt in Bewohnerparkplätze umgewandelt werden. Aber auch an der Mobilitätsdrehscheibe gibt es einen separaten, ausgewiesenen Bereich, wo Anwohnerinnen und Anwohner mit ihrem Anwohnerparkausweis parken können.
Anwohner, die keinen Bewohnerparkplatz vor ihrer Wohnung haben, dürfen darüber hinaus in die Fußgängerzone einfahren, um zu be- und entladen, erläutert die Oberbürgermeisterin.
Kommt das umstrittene Parkhausmonster?
Die Verkehrsberuhigung steht schon lange auf der Agenda der Stadt Regensburg und mit der Mobilitätsdrehscheibe am Unteren Wöhrd soll diese ausgeglichen werden. Der einst kostenlose Parkplatz am ehemaligen Eisstadion in Regensburg wird bereits seit dem vergangenen Jahr bewirtschaftet, um den Bedarf zu ermitteln. Diese Ermittlung ergab laut der Stadt eine 80-prozentige Auslastung.
Der Parkplatz am Unteren Wöhrd.
Doch was soll die sogenannte Mobilitätsdrehscheibe nun alles umfassen? Zunächst war die Rede von einem Parkhaus, in dem etwa 580 Stellplätze zur Verfügung stehen, das jedoch bei Bedarf weiter ausgebaut werden hätte können. Inklusive der Stellplätze um das Parkhaus herum, wären somit maximal 1.400 Stellmöglichkeiten gegeben gewesen – so die Planungsziele im Sommer 2024. Die geplante Investitionssumme war bei etwa 18 Millionen Euro angesetzt. „Damit kommen wir hin“, bestätigt der stellvertretende Leiter des Stadtplanungsamtes Lothar Backhaus die Summe, die laut seiner Aussage sowohl das Parkhaus selbst als auch die Flächen und Planungen auf der gesamten Mobilitätsdrehscheibe umfassen. 11,4 Millionen sind dabei für das Parkhaus angesetzt. 16,70 Meter soll das Parkhaus hoch werden.
Erweiterung des Parkhauses nicht mehr möglich
Die neuen Pläne der Stadt sehen nun vor, dass das Parkhaus auf die Fläche beschränkt bleibt, die ohnehin bereits versiegelt war, weil dort zuvor das alte Eisstadion gestanden hat. Es soll also 580 Stellplätze umfassen, eine Erweiterung des Parkhauses wäre – anders als zunächst geplant – auch bei steigendem Bedarf zukünftig nicht mehr möglich.
Somit würden im Parkhaus und der Parkfläche drum herum insgesamt etwa 1.000 Parkmöglichkeiten zur Verfügung stehen, auch einen ausgewiesenen Bereich für Wohnmobile soll es geben. Doch was ist, wenn irgendwann der ÖPNV so gut ausgebaut wird, dass deutlich weniger Menschen auf den Pkw zurückgreifen? „In dem Fall kann die Parkfläche zurückgebaut werden, denn es handelt sich dabei um einen modularen Plan“, beschreibt der stellvertretende Leiter des Stadtplanungsamtes Lothar Backhaus. So sei es auch möglich, Grün- oder Aufenthaltsflächen an der Stelle zu schaffen.
Cafés, Hotel-Check-In und Paketstation?
Es soll unter anderem eine Paketstation geben, ein Café ist vorerst nicht geplant, künftig aber auch nicht ausgeschlossen. Es gab auch Pläne, dass Hotelgäste vor Ort parken, ihr Gepäck abgeben und mit dem kostenlosen E-Bus Emil entspannt in ihr Altstadthotel fahren können. Von einem Hotelcounter mit Kofferschränken und der Möglichkeit, bereits einzuchecken, war die Rede. Doch die Umsetzung dieser Idee liege laut Maltz-Schwarzfischer beim Hotelverein, die das selbst betreiben und installieren müssten. Die Stadt würde lediglich das Gebäude bereitstellen.
Nachhaltiges Parkhaus
Backhaus, verwies auch noch einmal darauf, dass der bestehende Baumbestand nie gefährdet gewesen sei, obwohl das in der Öffentlichkeit und in den sozialen Medien immer wieder Thema gewesen sei.
Im Rahmen eines Nachhaltigkeitskonzepts ist sowohl eine PV-Anlage auf dem Parkhausdacht als auch eine Fassaden- sowie eine Dachbegrünung geplant. Darüber hinaus sollen 50 E-Ladestellen zur Verfügung stehen – mit der Möglichkeit einer späteren Erweiterung.
Wie viel kostet das Parken an der Mobilitätsdrehscheibe?
Im Moment kostet das Parken einen Euro für 12 Stunden und zwei Euro für 24 Stunden. Der Preis soll vorerst auch so bleiben. Die Oberbürgermeisterin verweist darauf, dass das Stadtwerk für die Tarife zuständig sei, betont in dem Zusammenhang aber auch, dass in diesem Fall aber kein Zwang besteht, wirtschaftlich zu arbeiten. Es soll darüber hinaus sowohl günstige Tarife für Menschen, die in der Altstadt arbeiten, geben als auch spezielle Arbeitnehmer- und Hotelgasttarife.
Fahren bald keine Autos mehr in der Stadt?
Obwohl die Verkehrsberuhigung ein klares Ziel der Stadt Regensburg ist, werden nicht von heute auf morgen alle Autos aus der Stadt verbannt werden. Laut der Oberbürgermeisterin erfolgen die Maßnahmen Schritt für Schritt und im Rahmen geplanter Umbauten.
Sie spricht von einem „Zukunftsmodell“, das auch dem Einzelhandel zugutekomme – denn mehr Grün, weniger Verkehr und eine höhere Aufenthaltsqualität könnten die Frequenz in der Altstadt steigern. Menschen hielten sich nun einmal lieber dort auf, wo es angenehm und attraktiv ist.
„Jetzt haben wir ein sehr gutes Ergebnis, das wir auch dem Stadtrat vorlegen können“, fasst Maltz-Schwarzfischer zusammen. Wie die Pläne zur Mobilitätsdrehscheibe und der Verkehrsberuhigung der Altstadt tatsächlich angenommen werden, wird sich am Dienstag, den 15. Juli, zeigen, wenn die Thematiken im Landesausschuss behandelt und abgestimmt werden.
Die Zukunft der Altstadt
Nach der Sommerpause sollen die Planungsunterlagen wieder der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden. Bürgerinnen und Bürger sollen sich dann dazu äußern können. Rückmeldungen sollen laut der Stadt Regensburg eingearbeitet werden und sie prüfe dann, ob noch Änderungen vorgenommen werden. „Wenn keine weiteren Änderungen mehr kommen, dann liegt der Ball beim Stadtwerk, das für die Umsetzung verantwortlich ist“, beschreibt die Oberbürgermeisterin das weitere Vorgehen.
Insgesamt beschreibt Plajer das Ziel, eine lebendige Innenstadt zu erhalten und zukunftsfähig zu machen: „Man soll noch lieber flanieren, verweilen und Kultur erleben“. Das wäre doch wünschenswert. Es bleibt also spannend, wie die Verkehrsberuhigung zukünftig das Leben in unserer schönen Domstadt prägen wird.
Alle weiteren Infos zur Verkehrsberuhigung in der Regensburger Innenstadt sowie zur Zukunft der Mobilitätsdrehscheibe erfahren Sie auf Regensburger Nachrichten.
Wie sich die unterschiedlichen Parteien im Landesausschuss zum Verkehrsberuhigungskonzept der Stadt äußerten, lesen Sie in voller Länge hier: Autos raus aus der Altstadt: Das halten die Parteien von den Plänen der Stadt.
Marina Triebswetter / RNRed